Journal Donnerstag, 28. November 2024 – Regenlaune, aber neue Laufschuhe

Freitag, 29. November 2024 um 6:21

Wow, war das eine üble Laune, mit der ich in den Tag startete.

Nasser asphaltierter Platz im Dunklen, von Peitschenlaternen beleuchtet, rechts weiße Zelte, links einige Dutzend schwarze Lkw-Auflieger, dazwischen ein Ganz zwischen Bauzäunen

Es regnete heftig. Das machte den Weg quer über die Theresienwiese noch freudloser, der zu diesem Jahresende mit eingezäunten schwarzen Lkw-Aufliegern zu einer düsteren Schlucht verbaut wurde. (Vielleicht doch lieber den derzeit schönere Weg außenrum nehmen?)

Im Büro sofort losgearbeitet, erstmal in einer Datenbank. Erkenntnis: Ich bin Bei-Helmstedt-denke-ich-immer-an-diese-eine-Schallplatte-mit-Heinrich-Lübke-Reden-von-Zweitausendeins Jahre alt.
(Und wenn ich solch eine grottige Laune wie gestern habe, verfluche ich mein unkontrollierbar hochassoziatives Hirn.)

Sehr unruhiger Arbeitsvormittag, aus jeder Kleinigkeit erwuchs ein Strauß Aufgaben, der erstmal sortiert werden musste (mag eine freiberufliche Beraterin Projektmanagement als Ikebana verkaufen? ich sehe Potential).

Bei dem greislichen Regen ging ich nur rüber zu Nachbars auf meinen Mittagscappuccino.

Zu Mittag gab es Mango mit Sojajoghurt und eine Banane – und während die Persimon mit Joghurt am Vortag bis zum Abend gesättigt hatte, knurrte gestern bereits zwei Stunden später mein Magen (ohne Appetit) – ich werde diesen Stoffwechsel nie verstehen.

Auch nachmittags anstrengende Arbeit mit viel Konzentration und Recherche, gleichzeitig Unterbrechungen.

Eigentlich hatte ich auch noch Kopfweh und mir war schwindlig, dennoch hielt ich an meinem Feierabendplan fest: Neue Laufschuhe. 45 Minuten Marsch durch frische Luft sollte die Malaisen doch wohl kurieren können? Nach mittelspätem Arbeitsschluss wechselte ich also in meinen Lauf-BH (zum entspannten Testen der Schuhe) und ging zum Sport Schuster. Befinden war schon nach wenigen Metern Marsch besser.

In der Laufschuh-Abteilung musste ich ein wenig auf den nächsten freien Angestellten warten, es wurde intensiv und in Ruhe beraten. Ich empfand das Warten als akzeptabel kleinen Preis dafür, dass ich mir nicht selbst einen Überblick über das derzeitige Angebot und seine Unterschiede verschaffen musste. Sondern nur in ein freundlich aufmerksames Gesicht sagen: “Vorfußläuferin, seit einiger Zeit beim Laufen Schmerzen im Vorfuß, lange Strecken, meist auf nicht asphaltierten Wegen, zuletzt Schuhe von Brooks, Größe 43 bei sonstiger Schuhgröße 41.”

Aufsicht auf drei Paar neue Laufschuhe auf Linoleumboden: Links hellrose mit dunkelrose Deko und blauer Schrift, Mitte dunkeltürkis mit rosa Deko, recht weiß mit etwas Orange an der Sohle

So sehen in dieser Saison Frauen-Joggingschuhe aus. Es wurde das mittlere Paar in Autoscooter-Ästhetik, nur eine halbe Nummer kleiner – ich muss sie ja nicht anschaun. Gelernt: Das Pendel ist wieder zu extremer Dämpfung geschwungen, Herr Berater erklärte, dass das jetzt aber Dämpfung mit gleichzeitiger Beschleunigung sei (ich so: “Mir pressiert’s net.”). Das an den Wänden ausgestellte Angebot war – für mich ganz neu – sortiert nach dem Laufuntergrund: Gelände oder Asphalt. (Außerdem weiterhin nach Damen und Herren, was ich viel weniger verstehe.)

Auf dem Rückweg passierte ich die Weihnachtsbuden an der Sendlinger Straße und am Sendlinger Tor: Es werden auch dieses Jahr Rengschburger spezial angeboten, mein Advent ist in Ordnung.

Ich kam heim in eine leere Wohnung: Herr Kaltmamsell verbrachte den Abend aushäusig. Erstmal eine Runde Yoga-Gymnastik, dann nahm ich mir den Zuckerhut aus gestern geholtem Ernteanteil vor: Eine riesige Schüssel mit Tahini-Dressing, dennoch bekam ich damit nur drei Viertel des nicht mal extra großen Zuckerhuts weg. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 27. November 2024 – Arbeitswoche abarbeiten

Donnerstag, 28. November 2024 um 6:27

Wieder vom Wecker in die Unwilligkeit geschubst worden.

Draußen mild und düster, es wurde mir sehr dezemberlich. Einige Energie kostete mich beim morgendlichen Fertigmachen und auf dem Arbeitsweg, mir immer wieder klar zu machen, dass der nächste Tag keineswegs schon Freitag sein würde, sondern erst Donnerstag.

Gewöhnlich emsiger Arbeitsvormittag; es gab nur wenig, vor dem ich davonlaufen wollte. Draußen wurde es sogar bis Sonnenschein hell.

Fensterbrett mit Cappuccinotasse und Wasserglas, vor dem Fenster fahles Sonnenlicht auf Straße

Mittagscappuccino im Café Colombo: Am Montag hatte mich auf meinem Arbeitsweg eine handgeschriebene Tafel davor informiert, dass das Café Ende November schließen wird, erst zum neuen Jahr mit neuem Pächter eröffnen.

Mini-Spaziergang in fahler Novembersonne.

Alter Hauseingang mit großer, hölzerner Tür, darin viel Glas und Verzierungen aus weißen Stangen

Sonnen-durchschienene Gräser an einem alten Haus

Später gab es zu Mittag Persimon und Maracuja mit Sojajoghurt – bei den derzeitigen Lebensmittelpreisen in Bio-Qualität eine 5-Euro-Mahlzeit, fiel mir auf (nur falls Sie Ihre Kantinenpreise für hoch halten).

Nachher-Haare, zur besseren Vergleichbarkeit ebenfalls in einer Online-Besprechung auf dem Bildschirm gezeigt.

Es wurde ein mittelwilder Arbeitsnachmittag; zum Glück fand ich einen Moment Muße, vor Sonnenuntergang rauszuschauen.

Moderne Bürogebäude vor blauem Himmel, von Abendsonne vergoldet

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe – auch Obst, denn die gestern erwartete Granatapfel-Lieferung wurde abgesagt: Die Früchte dieser Ernte entsprächen nicht den eigenen Qualitätsansprüchen.

Nacht. Auf einer großen Fläche stehen sehr viele bunt angeleuchete Zelte

Diesjähriges Tollwood.

Daheim nach Häuslichkeiten eine Einheit Yoga-Gymnastik, anstrengend. Zum Nachtmahl bereitete Herr Kaltmamsell auf meine Wunsch Nudeln mit sahnigen Linsen, Pilzen und Petersilie – sehr gut. Nachtisch Schokolade.

Erste Überlegungen zur Oktoberfestflucht 2025 (20.9.-5.10.): Vielleicht eine organisierte Fernwanderung in England (Anreise mit der Bahn, Wanderung selbstverständlich mit Gepäcktransport), das würde meine Wandergelüste und meine England-Sehnsucht gleichzeitig abdecken.

Im Bett begann ich die nächste Lektüre: Jonathan Lethem You don’t love me yet – weil ältester E-Book-Eintrag auf meiner Wunschliste, der sollte endlich mal weg.

§

Patrick Fealey ist Journalist und leidet seit vielen Jahren an einer schweren psychischen Krankheit, die ihn 2023 in die Obdachlosigkeit brachte. In Esquire schreibt er einen langen Artikel über seinen Alltag als Obdachloser in den USA – schwere Kost, wappnen Sie sich:
“The Invisible Man”.

The number of homeless people has grown significantly over the past couple decades. An advocacy group in New York says that the rate there is the highest it’s been since the Great Depression. Across the country, most homeless people are male and almost half of us are white. Rates are much higher among non-white populations, with Pacific Islanders, Indigenous people, and Blacks all experiencing homelessness in disproportionate numbers. Twenty-two out of every ten thousand veterans are homeless.

(…)

The toughest parts of homelessness have been surviving the poverty and the marginalization, discrimination, and hostility from the non-homeless population. It’s usually subtle, this hostility. People pull in to visit the lighthouse or the beach or wherever I am, see me, and immediately park somewhere else. All day long.

They are so afraid. I know I look disheveled, but I don’t believe there’s anything wrong with me intellectually or spiritually. I know I could look better, but I just don’t see what the big deal is.

§

Vielleicht haben auch Sie in jüngster Zeit ein Video der jungen Maori-Abgeordneten Hana-Rawhiti Maipi-Clarke im neuseeländischen Parlament und ihres Hakas gesehen. Die arte-Sendung “Mit offenen Augen” erklärt die Hintergründe, historisch, kulturell, politisch.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 26. November 2024 – Durchschnittsarbeitstag November

Mittwoch, 27. November 2024 um 6:22

Nach guter Nacht vom Wecker aus tiefem Schlaf gerissen worden, derzeit brauche ich wohl besonders viel.

Draußen war es nass und regnerisch, der Weg in die Arbeit bot eher Motive für Schwarz-weiß-Filme.

Düsteres Außen, Schmalseite eine Containers mit Türen, die ein Rot-Kreuz-Zeichen tragen, links davor in einem Unterstand eine Tragbare unter einem gelben Regenschutz

Tollwood-Eventualitäten

Auf nassem Boden vor einem mittelhohen Gebäude in düsterem Wetter ein paar geschlossene Weihnachtsmarktbuden und -karussels mit Weihnachtslichtern

Schlafende Kinderbespaßung.

Ich erwischte eine Regenpause und blieb trocken.

Im Büro Gemischtes, aber alles ohne Panik-Faktor. Draußen wurde es heller, ich sah blauen Himmel zwischen bunten Wolken.

Für meinen Mittagscappuccino hatte ich gestern Begleitung. Wir spazierten allerdings erst nach Mittag im Milden ins Westend, mit angenehmer Unterhaltung. (Foto vergessen)

Dadurch sehr spätes Mittagessen am Schreibtisch: Apfel, Joghurt mit Sahnequark.

Weiter Emsiges, ich nutzte Herrn Kaltmamsell nochmal als Techniktest-Kandidaten, ich hatte dafür diesmal meinen privaten Laptop ins Büro mitgenommen.

Frau mit weißen kurzen Haaren und Brille im Büro, trägt ein Headset und blickt nach unten

Gelegenheit, ein Frisurenfoto vorher aufzunehmen, abends hatte ich nämlich einen Friseurtermin.

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner, eine Abholung in der Apotheke. Die Einkäufe lud ich nur schnell daheim ab, dann ging ich rüber zum Haareschneiden.

Überraschung beim Betreten des Salons: Es roch nach Dauerwelle. Ich sprach Herrn Haarschneider gleich nach der Begrüßung darauf an: Ja, gab er zu, denn junge Männer verlangten inzwischen regelmäßig danach. Während er meine Haare wie gewünscht fransig kürzte (ich hatte um einen Schnitt gebeten, der auch nach längerem Mützetragen gut aussieht und dafür diesmal nicht Nacken und über den Ohren kurzraspeln lassen), ließ ich mir das Ziel dieser jungen Männer mit Dauerwelle erzählen: Seiten rasiert, oben am Kopf Locken, die nach vorne über die Stirn fallen – das sei gerade total angesagt. Und er stimmte mir zu, dass seit vielen Jahren die Haartrachten junger Männer deutliche kreativer und abwechslungsreicher sind als die junger Frauen.

Weiteres erstes Mal: Ich nahm das Angebot des Herrn Haareschneiders an, beim Haarewaschen den Massageknopf des Sessels zu drücken. Ein paar Minuten lang fühlte es sich also an, als läge ich auf etwas Lebendigem, vielleicht einer Python. Eher seltsam als unangenehm.

Fürs Nachtmahl verwertete Herr Kaltmamsell die Kartoffeln aus Ernteanteil, dazu gab’s Sauerkraut, gebratene Äpfel und zwei verschiedene Blutwürste aus der Metzgerzeile des Viktualienmarkts.

Auf einem Glasteller auf weißem Tischset Salzkartoffeln, Sauerkraut, gebratene Apfelscheiben, eine Blutwurst

Sehr gutes Abendessen (ich aß zwei solche Portionen). Nachtisch Schokolade.

Im Bett Granta 169, China ausgelesen, bis zum Schluss ein Highlight der Reihe: Ich bekam einen Einblick in die Vielfalt zeitgenössischer chinesischer Literatur und Fotografie, darunter eine Satire übers Verlagswesen und die Vorgaben der offiziellen Politik (Yu Hua, tr. Michael Berry, “Tomorrow I’ll Get Past It”), die Geschichte zweier Mädchen, die sich beim Schwimmen anfreunden (Yang Shihan, tr. Helen Wang, “Hai Shan Swimming Pool”), über die Dynamik einer Dorfgemeinschaft (Literaturnobelpreisträger Mo Yan, tr. Nicky Harman, “The Leftie Sickle”), die Geschichte eines erfolglosen Filmschauspielers (Shuang Xuetao, tr. Jeremy Tiang, “Hunter”), Interviews, Fotos, die der beamtete Fotograf Fenf Li neben den offiziellen Aufträgen machte. Empfehlung!

die Kaltmamsell

Journal Montag, 25. November 2024 – Das Risiko der Geräuschlosigkeit

Dienstag, 26. November 2024 um 6:24

Halbe Stunde zu früh aufgewacht, aber nochmal eingeschlafen.

Kirchturn vor Morgenhilmen in knalligen Pastelltönen

Es wurde hell zu Almodóvar-Farben.

Ein klarer, frostiger Wintermorgen, aber weiterhin nicht böse beißend: Schöner Marsch ins Büro. Auf den letzten hundert Metern klimperte es im Saum meines langen Mantels: Der Hausschlüssel war durch ein Loch in der Manteltasche gerutscht. Ging leichter zurückzuprokeln als befürchtet, Loch sollte dennoch schnellstmöglich verschlossen werden.

Emsiger Vormittag mit viel flexiblem Einspringen rechts und links. Zu meinen Zielen als Assistenz gehört ja Geräuschlosigkeit im Maschinenraum (ich unterstelle mir dabei durchaus Hochmut) – nur dass mir hin und wieder einfällt: Wenn ich niemanden mitkriegen lasse, wie viel Erfahrung, Schnelligkeit, Einsatz und Detailswissen hinter diesem Funktionieren vornerum steckt, gebe ich ja niemandem eine Chance, für den Fall vorzusorgen, dass ich mal ausfalle. Und dann sind alle überrascht, dass plötzlich an allen Ecken Chaos ausbricht und sich niemand auskennt. (Sie erinnern sich vielleicht: Eigentlich möchte ich mich ja so wenig unersetzlich machen wie möglich.)

Für meinen Mittagscappuccino wollte ich unbedingt weit durch die herrliche Sonne und wie angekündigt unpassend milde Luft marschieren. Ich steuerte ein italienisches Café an, das ich beim Einkaufen aus dem Augenwinkel gesehen hatte – doch es stellte sich als Pizza-Laden heraus, der noch nicht mal geöffnet hatte. Also statt dessen Cappuccino von einer Bäckerei-Theke. Wie immer bei Bäckerei-Cappuccino für meinen Geschmack zu Milch-lastig, doch erst kürzlich las ich, dass das steuerliche Gründe hat: Auf Milch ist als Grundnahrungsmittel nur 7 Prozent Mehrwertsteuer abzuführen, enthält der Cappuccino ordnungsgemäßen höheren Espresso-Anteil, werden 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Ich erfinde nichts.

Rückweg ins Büro unter blauem Himmel. Mittagessen einige Jobs später: Äpfelchen, eingeweichtes Müsli mit Joghurt.

Nachmittag mit Arbeit, die aber gut zu bewältigen, nur viel. Draußen blieb es wolkenlos sonnig, ich genoss jeden Blick durchs Fenster. UND ich musste weiterhin nicht frieren! Große Hoffnung, dass wir zu normalen Heizungs-Verhältnissen zurückgekehrt sind.

Herr Kaltmamsell diente mir wieder als Test-Gast für eine Online-Veranstaltung, die ich im Hintergrund organisiere und bei der sich Technik-Überraschungen aufgetan hatten. Die konnte ich wahrscheinlich lösen, aber Herr Kaltmamsell fragte durchaus, ob das wirklich meine Aufgabe sei. Schon waren wir wieder bei möglichen negativen Folgen meiner Geräuschlosigkeit von oben.

Am Wochenende hatte ich die Klavierstücke von zwei Wochen davor zum zweiten Mal gehört – und schon verwendete mein Gehirn ein paar Akkorde als Ohrwurm (gerechterweise genau die, über die ich mich ob ihrer Melodramatik innerlich lustig gemacht hatte). Musikhören wird immer schwieriger.

Heimweg in milder Luft über die Theresienwiese und am Tollwood vorbei.

Zu Hause schloss ich erstmal mit Nadel und Faden1 das Loch in meiner Manteltasche, turnte dann Yoga-Gymnastik. Der Ernteanteil ist so gut wie weggegessen (die Kartoffeln gibt es Dienstagabend), Nachtmahl wurde Essen, das Herr Kaltmamsell beim Vietnamesen Chi Thu holte: Reisnudeln mit viel Gemüse und Kräutern, für Herrn Kaltmamsell mit Tofu, für mich mit Frühlingsrollen. Nachtisch Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

Untere linke Ecke eines nächtlichen Fensters von innen, vage spiegelt sich ein Gesicht mit Brille, darunter zwei kleine Lichtquellen; rechts auf der Fensterbank eine schmale, hohe Vase

Die Leselampe um den Hals erwies mir wieder gute Dienste.

  1. Ich schreibe das dazu, weil ich in eine Familie eingeheiratet habe, in der Klebstoff als ernsthafte Alternative diskutiert wird. []
die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 24. November 2024 – The Room Next Door

Montag, 25. November 2024 um 6:27

Ausgeschlafen, gemütlicher Sonntagmorgen.

Sehr gemischter Himmel, aus dem auch mal ein Regenschauer kam, doch wie angekündigt stiegen die Temperaturen.

Erst nach zehn und nach dem Puderzuckern und Einpacken der beiden ersten Weihnachtsstollen machte ich mich fertig für meinen Isarlauf.

U-Bahn nach Thalkirchen, von dort lief ich nach Süden über Hinterbrühler See, hoch zur Großhesseloher Brücke, Waldwirtschaft nach Pullach und zurück. Das Wetter war in fahler Wintersonne eher grau, es lag noch ein wenig Schnee, die Wege hatten Matschflecken. Der Körper spielte ganz gut mit, doch die Lauffröhlichkeit wollte sich in den gut anderthalb Stunden nicht recht einstellen.

Aus weit erhöhter Perspektive durch ein sichtbares Gitter fotografiert: Fluslandschaft mit Schneeflecken

Blick von der Großhesseloher Brücke.

Blick von hinten auf eine Parkbank, auf der zwei Menschen sitzen. Sie steht über einem tiefen Abhang, man sieht über eine Flusslandschaft

Blick kurz vor Pullach ins Isartal.

Sonniger, kahler Laubwald, der Weg ist mit braunem Laub bedeckt

Isarhochufer

Gegenlicht-Aufnahme: Im Vordergrund sitzen zwei Menschen auf einer Bank, hinter ihnen erstreckt sich ein Kanal, Ufer gesäumt von kahlen Bäumen und Büschen
Isarwerk

Wegen meiner frühabendlichen Verabredung kochte Herr Kaltmamsell statt abends bereits zu Mittag: Es gab um zwei Rosenkohl-Zitronen-Pasta u.a. aus Ernteanteil-Rosenkohl, allerdings mit landwirtschaftlichen Zutaten statt dem veganen Ersatz im Rezept.

Den eher sonnigen Nachmittag verbrachte ich mit Zeitunglesen, Internetlesen, unter anderem ausführlich Bluesky (für Sie zusammengefasst: Es ging in den vergangenen zehn Tagen sehr viel um Bluesky).

Die Verabredung war eine fürs Kino: The Room next Door – endlich kam ich mal wieder in einen Film, den ich sehen wollte, seit ich den Trailer gesehen hatte, herzlichen Dank meiner Begleitung für den Anstupser.

Die beiden Freundinnen Martha und Ingrid treffen sich nach langjähriger Pause in New York wieder: Kriegskorrespondentin Martha hat Krebs und bittet die Romanautorin Ingrid, sie bei ihrem Suizid zu begleiten, mit dem sie den sicher diagnostizierten baldigen Tod vorwegnehmen will – im Zimmer nebenan. Obwohl sie sich vor nichts so sehr ängstigt wie vor dem Tod, willigt Ingrid ein.

Ich mochte das Kammerspiel sehr, diesen ersten englischsprachigen Film von Pedro Almodóvar (Korrektur: in Spielfilmlänge). Mich interessierte jedes Detail dieser Freundschaft, der Menschen, des Austauschs zwischen den beiden Frauen – auch wenn fast nichts davon durch Handlung vorgeführt wurde, sondern alles in Dialogen erzählt (fast, denn eine Erinnerung Marthas an den Irakkrieg wird als Rückblende gezeigt, das irritierte mich sehr), nahegehend gespielt von Tilda Swinton und Julianne Moore. Dazu gab es die Almodóvar-typischen Kamera-Einstellungen (z.B. Dialoge: Leinwand-füllendes Gesicht / Leinwand-füllendes Gesicht) und Quietschfarben, diesmal auch thematisiert (rosa Schnee – weil er im Sonnenuntergang fällt).

Doch meine Begleitung hatte einen ganz anderen Film gesehen, in dem ihr viel unangenehm aufgestoßen war. Im anschließenden Gespräch wies sie auf die Doppelung jeder Film-Aussage durch Dialoge und/oder Bilder hin, bezeichnete ihn als plakativ, fühlte sich als Zuschauerin nicht ernst genommen (ich gebe das hoffentlich richtig wieder). Das fand ich hochspannend, denn ich konnte ihre Wahrnehmung durchwegs nachvollziehen, nur dass sie für mich nicht im Vordergrund gestanden hatte.

Doch unterm Strich sind das Thema des Films und Almodóvar wohl wirklich keine gute Kombination: Dem Regisseur, der auch das Drehbuch geschrieben hatte, waren keine filmischen Erzählmittel dazu eingefallen – die gefilmte Rückblende bekam fast etwas Entschuldigendes.

Julianne Moore und Tilda Swinton gut anderthalb Stunden zuzusehen, empfehle ich aber so oder so.

Zurück daheim hatte ich zu meiner Überraschung keinen echten Abendbrot-Hunger, aß also nur Äpfelchen – und die allabendlichen Süßigkeiten.

§

Wie ich richtig Respekt für Hugh Grant bekam, den ich eigentlich immer als Airhead einsortiert hatte.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/s5s06x7nrdk?si=WBttFWuG0-4z3pyv

§

Instagram-Tipp: Die britischen Illustratorin Angelica Hicks stellt Mode- und Roter-Teppich-Stylings nach, und sie postet Filmchen vom Ablauf (zu dem immer, IMMER mindestens ein Happen zu essen gehört). Das ist ungeheuer kreativ und großartig.

via @kid37

(Na gut, ihre Reels auf instagem haben ein paar Millionen Aufrufe – wahrscheinlich kennt sie mal wieder jede außer mir.)

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 23. November 2024 – Wintersonne, Winterbäckerei

Sonntag, 24. November 2024 um 8:03

Gut und ausreichend geschlafen, nach dem Hellwerden verschwanden schnell die Wolken und machten Platz für Wintersonnenschein. Meine Schwimmpläne würde ich also im Dantebad umsetzen und die Sonne genießen. Check auf der Website (einmal zu oft vor verschlossenem Schwimmbad gestanden): “Aufgrund eines technischen Defekts kann es im Sportbecken und Attraktionsbecken zu Temperaturschwankungen kommen.” Jetzt war ich gespannt.

Nach dem Bloggen war die Maschine mit meiner Bettwäsche durchgelaufen, ich bestückte die Wohnung, die gerade von der Sonne zusätzlich beheizt wurde.

Trotz Sonnenschein bestand keine Versuchung, das Rad zum Schwimmbad zu nehmen: Draußen sah es glatt aus. Ich war auch am Freitagmorgen froh gewesen, dass Herr Kaltmamsell vernünftigerweise die Tram statt sein Radl in die Arbeit genommen hatte. (Bei mir in der Arbeit hatten selbst die beiden Hardcore-Radler*innen eine Alternative gewählt, einer erzählte von der Testrunde, die ihn überzeugt hatte.) Der schmale Grat zwischen Robustheit/Unkompliziertheit und Leichtsinn.

Dantebad-Schwimmen in herrlicher, winterlich niedriger Sonne (unter vielen Menschen, die allermeisten zum Glück freundlich), zwar zum Teil mit bösen Kreuzschmerzen, aber immer nur momentan. Kondition und sonstiger Körper 1a. Auf die Wassertemperatur hätte ich ohne Online-Hinweis gar nicht geachtet, sie erschien mir allerhöchstens minimal geringer als sonst im Winter.

Nettes Geplänkel in der belebten Gruppenumkleide (man lebt hier Community, beim Umziehen vor dem Schwimmen hatte eine bodenreinigende Dame vom Personal eine Schwimmgästin mit “Schatz” angeredet <3), alles entspannt.

Den Heimweg legte ich über Einkäufe: Tram und Bus zum Kurfürstenplatz, von dort mäanderte ich durch das poshe Jugenstil-Schwabing (viele Menschen an Außentischen mit Tassen und Gläsern – schön!) zum Café Carl in der Clemensstraße, füllte Espresso-Vorräte auf – und lernte endlich ein neutrales Wort für Cafetera/Bialetti, mit dem ich bislang den gewünschtem Mahlgrad beschrieb: Herdkanne.

Innen. Im Vordergrund eine hellblaue Tasse mit Capuccino, im Hintergrund Hocker, eine Theke mit Gebäck

Diesmal bestellte ich auch einen Mittagscappuccino, war in Ordnung.

Ausschnitt einer hellen Altbaufassade, unter einem Doppelfenster ein Halbrelief einer Fledermaus, unter dem nächsten Doppelfenster eine Schlange mit Raubkatzenkopf

Fassadenentdeckung am östlichen Ende der Clemensstraße.

Im U-Bahnhof Münchner Freiheit besorgte ich meine Frühstückssemmeln – nach langem Schlangestehen, das mich überhaupt nicht störte, denn ich fand sehr interessant, was und wie die Kundschaft vor mir einkaufte.

Kleines Abenteuer auf der Heimfahrt: Den Wunsch, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln mit großen, dichten Kopfhörern abzuschotten, kann ich gut verstehen. Aber wenn man dann beim Aussteigen die Bankkarte verliert, hat die Mitpassagierin wirklich große Mühe, von hinten mit „Verzeihung!“, „Hallo!“ darauf aufmerksam zu machen. (Ging gut aus, ich konnte die Frau antippen und ihr die Karte geben, schaffte es vor Türenschließen zurück in die U-Bahn.)

Frühstück kurz nach zwei: Äpfelchen von Schwägerins Baum, zwei Körnersemmeln mit Butter und Marmelade.

Tüchtigkeitsnachmittag: Erste Runde Stollenbacken, Küchenbalkon von der vielfältig gekletterten Bohnenpflanze befreit, Küche und Balkon von deren Resten gereinigt, Bett überzogen.

Der Sonnenschein hielt sich, ich genoss ihn bis zur Dämmerung um vier.

Zwei Laibe Stollen auf Backpapier auf Backblech, das Gebäck bezuckert

Hier ist der Stollen gebacken, gebuttert, gezuckert. Die Puderzuckerschicht gibt es erst nach völligem Abkühlen am nächsten Tag.

Eine Einheit Yoga-Gymnastik mit viel Dehnen, gestern fühlte ich mich besonders verkürzt und geballt.

Aperitiv: Immer noch nicht verschwundener grässlicher Trockenfrüchte-Rumtopf (nein, man sollte nicht 80-prozentigen Strohrum verwenden) mit viel verdünntem Orangensaft. Zum Nachtmahl verwendete Herr Kaltmamsell die Karotten aus Ernteanteil für ein Linsengericht, stückelte auch ein übriges gebratenes Schweinekotelett hinein (er war mittags bei seinen Eltern gewesen und hatte für sie gekocht). Schmeckte gut!

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Triggerwarnung: Essstörungen.
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Einige Tage lang schwankte ich, ob ich mir diesen Krautreporter-Artikel über einen Fall von Anorexie antun wollte.

Seit meinem 17. Lebensjahr habe ich mit dieser furchtbaren Krankheit zu tun, zum Glück (!) nie als selbst Erkrankte, aber als Co-Betroffene im Freundinnen- und Verwandtenkreis. Bis hin zu lebenslangen Folgen selbst nach Genesung, bis hin zu Todesfällen. Derzeit stehen in Schweinfurt eine Mutter und ein Vater vor Gericht, weil ihre 16jährige Tochter zu Hause an Anorexie zu Tode kam: “‘Wir haben uns bis zuletzt nicht vorstellen können, dass Pauline stirbt'”.
Nachtrag der Vollständigkeit halber: Die Eltern wurden wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen.

Unter anderem weiß ich aus jahrzehntelangen verzweifelten Recherchen und vom Mitverfolgen der Forschung genug über die Krankheit, dass ich die Vielfalt der Erscheinungsformen kenne – und mir zudem klar bin: Was sich wie Selbstbestimmung und Kontrolle anfühlt, ist in Wirklichkeit Kontrollverlust.

Letztlich mutete ich mir den Artikel zu – und kenne nun eine weitere Anorektikerin. Diese scheint es geschafft zu haben.
“Wenn die Tochter nichts mehr isst”.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 22. November 2024 – Losgestapft

Samstag, 23. November 2024 um 9:18

Nachts einmal von Straßengeräuschen geweckt worden, darunter Schneeräumlärm.

Es dämmerte zu einem klaren, frostigen Wintertag. Das erste Mal in dieser Saison also Stapf-Aussattung.

Ganzkörper-Spiegelselie vor weoßer Wand von jemandem in schwarzer Hose, dunkelsilbernen Schneestiefeln, dunkler Schneejack mit hochgezogener Kapuze, rechts neben der Person ein niedriger Holzschrank, auf dem eine große Vase aus dunkelgrünem Glas steht

Diesmal hatte ich mich vergewissert, dass die Ost-West-Passage über die Theresienwiese frei war: Endlich wieder Arbeitsweg in Luftlinie, der diesmal zusammefiel mit dem ersten Mal Theresienwiese im Schnee. Hier die gestrige Stapf-Strecke:

Blick durch Haustor auf Straße mit parkenden Autos un Park dahinter, alles verschneit; rechts eine gelb leuchtende Laterne

Vor einer alten, verschneiten Mauer mit vergittertem Durchbruch: Ein eingeschneites Fahrrad

Auf einer verschneiten Straßenkreuzung mit Bäuemn, alten Häusern und einer roten Ampel: ein großes oranges Räumfahrzeug

Beethovenplatz

Nasse Straßenkreuzung, im Hintergrund ein gelber verschneiter Altbau mit Türmchen, links eine Radlerin

Kaiser-Ludwig-Platz. Der Wind pustete mir hier beim Fotografieren Schneebrocken vom Baum auf die Brille.

Weiter, leerer verschneiter Platz, rechts Ruhmeshalle mit Bavaria

Kollegin Bavaria bei der Arbeit

Frostiger Boden, auf dem der Schnee sich an den Rändern der dunklen Pflastersteine sammelt

Vor verschneitem Park eine große verschneite Schneckenskulptur, daneben Menschen in Winterkleidung

Bavariapark

Blick eine Straße entlang mit verschneiten kahlen Bäumen und verschneiten Autos, im Hintergrund auf einem Hausdach rosiges Licht der Morgensonne

Anglerstraße

Verschneiter U-Bahn-Abgang, davor ein paar Schulkinder, im Hintergrund in Morgensonne eine großer Betonbau

Heimeranplatz

U-Bahnhof-Ausgang von unten, Blick hoch zu Schildern U-Bahn, S-Bahn, Unterführung, Uhr (es ist fünf vor acht), links die Silhouette einer Person vor hellblauem Himmel, am linken Rand angeschnitten ein modernes Bürogebäude

Angekommen an der Arbeit.

Im Büro unter anderem letzter Versuch, meinen Fehler wieder gut zu machen: Vergeblich, keine Kulanz auf der anderen Seite. Das bedrückte mich.

Eine andere Angelegenheit stellte sich als unerwartet kompliziert heraus, hier habe ich zum Glück Fach-Unterstützung, die mich mit “Wir finden eine Lösung” beruhigt.

Draußen schien die Sonne. Die Minusgrade erkannte ich daran, dass der Wind immer wieder Pulverschnee von Dächern an meinem Fenster vorbei blies.

Moderner Büroturm vor hellgrauem Himmel, von einem darunter liegenden Querbau weht Schnee

Mittagscappuccino bei Nachbars, Mittagessen am Schreibtisch Äpfel, Mango mit Sojajoghurt.

Während ich nachmittags weiter emisg Dinge abarbeitete, wurde es mal düster und schneite, dann gab es wieder klassischen Winterhimmel mit verschieden grauen Wolken, dazwischen blauen Flecken. Ein Nebeneffekt: Mir wurde dezemberlich, und das ist bei mir mit unkontrollierbaren Erinnerungs-Flashs inklusive starken Emotionen nichts Gutes.

Fast pünktlicher Feierabend, auf dem Heimweg (winterlich kalt, aber warm eingepackt nicht unangenehm) Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner.

Zu Hause genoss ich eine Folge Yoga-Gymnastik (derzeit turne ich alle Folgen Mady Morrison ab, die ich mir eingemerkt habe, gestern war die mit der Notiz “DIE Rücken” dran), dann war aber Wochenende.

Bunter Blumenstrauß von oben, man sieht unter anderem dicke helle Rosen

Herr Kaltmamsell überraschte mich mit einem besonders fröhlichen Blumenstrauß.

Auf einer schwarzen, spielnden Glasfläche stehen eine Flasche Noilly Prat, eine Flasche Büffelgras-Wodka, zwei gefüllte Martini-Gläser und ein leerer Glas-Rührbecher mit Strainer

Er machte uns Wodka-Martinis aus edlem polnischen Büffelgras-Wodka: Eine sehr gute Idee.

Gedeckter Tisch mit Glastellern, darauf ein Stück gebratenes Fleisch und ein halber kleiner Kürbis, dazwischen gefüllte Rotweingläser und eine Flasche Wein

Und er servierte das Nachtmahl: Den letzten Kürbis aus Erntenteil für die Saison (ich werde nachkaufen müssen, fühle mich noch stark unterkürbisiert) nach USA vegetarisch aus dem Ofen, dazu teilten wir uns ein Stück Entrecôte (mit viel gebratenem Knoblauch), im Glas ein kastilischer Rotwein. Nachtisch Vanille-Eis mit Meyer-Lemon-Curd, außerdem Schokolade.

Herr Kaltmamsell hatte bereits am Vorabend angemerkt, dass er möglicherweise schon wieder eine Erkältung bekomme. Dass er nach jahrzehntelanger Extremrobustheit plötzlich ständig krank wird, bin ich bereit, auf seinen Arbeitsplatz-, also Schulwechsel zurückzuführen: Völlig neues Infekt-Biotop, sein Immunsystem war auf das vorherige geeicht.

Zu Abendunterhaltung waren wir auf einem Weihnachtsfilmsender in den Film The Holiday von 2006 gestolpert, deutsch Liebe braucht keine Ferien – örks. Hatte ich seinerzeit im Kino gesehen (warum gehe ich eigentlich nicht mehr ins Kino?) und wegen seines Filmindustrie-Hintergrunds gemocht.

§

Endlich habe ich mir die Zeit genommen, diesen Artikel in sechs Teilen nachzulesen:
“Mein Vormieter Max Anschel”.

Durch den Eintrag auf einer Webseite findet taz-Redakteur Gereon Asmuth heraus, dass in seinem heutigen Wohnhaus einst die Familie Anschel lebte. Der Vater wurde 1944 im KZ Stutthof ermordet, Mutter und Tochter überlebten. Der 22. November 2024 ist der 80. Todestag von Max Anschel. Hier erzählt Gereon Asmuth alles, was er über die Familie herausgefunden hat: Eine Geschichte von Verrat durch Nachbar:innen. Sie zeigt auch, wie leicht heute jeder zur NS-Geschichte recherchieren kann. Und was das Wissen darüber mit einem macht.

Fand ich auf vielen Ebenen spannend: U.a. wie und mit welchen Quellen Asmuth recherchiert hat, und dass auch in der DDR die Nazi-Mentalität nach dem Krieg lange fortlebte.

Auf der verlinkten Sammelseite für die Verfolgten Europas 1933-1945, Mapping the lives, guckte ich auch nach meiner Wohnadresse: Keine Namen, das Haus wurde ja erst nach 1945 gebaut. Aber gleich ums Eck eine lange Liste.

§

Laurie Penny schreibt über
“On transphobia, memory and mourning.”

Und darin wieder kluge Gedanken:

Sex and gender are not stable ideas. What it means to be a man or a woman has changed utterly in the space of a generation. Not because of trans rights. Because of the relative success of women’s liberation, and because of the slow collapse of neoliberalism. Because women have more options now, and women’s freedom undermines the basic, brutal heteronormative bargain that has been the bedrock of capitalism: the expectation that most women, eventually, will be obliged to do the emotional, domestic and reproductive work without which society ceases to function, to do that work seamlessly and for free. A particular consensus about both gender and sex is essential to that bargain. But it turns out that that’s a bad deal for a lot of us, and a lot of us, given the option, are opting out.

Manchmal frage ich mich inzwischen, was gewesen wäre, hätte mir das Konzept non-binary beim Aufwachsen zur Verfügung gestanden. Ob ich statt zur Einstellung “ich bin eine Frau, egal ob mein Aussehen oder Verhalten zu stereotypen Erwartungen passt oder nicht” zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Doch ich wurde groß in einer durch und durch binären Geschlechterwelt, in der ich mir außer männlich oder weiblich schlicht nichts vorstellen konnte.

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Katja Berlin geht nächstes Jahr mit ihren Torten der Wahrheit deutschlandweit auf Tour, YAY!
Hier die Termine.

(Ich fand die ja schon super, als sie noch ultragenervt in einer Agentur arbeitete und sich auf Twitter abreagierte. Heute besitzt Katja Berlin drei Superyachten, fünf Satelliten im Orbit und schubst Männer, die sie fragen “kannst du denn davon leben?”, in die Arme ihrer beiden finnischen Gorillas.)

die Kaltmamsell