Journal Sonntag, 6. Juni 2021 – Schwiegers umarmt

Montag, 7. Juni 2021 um 6:26

Letzter Tag des herrlich langen Wochenendes, es stehen elf gnadenlose Fünf-Tage-Wochen an bis Urlaub. Ich werde mir zum Durchhalten dringend für jede Woche mindestens eine Unternehmung an einem Feierabend einfallen lassen müssen.

Zu Regenrauschen aufgewacht, so in etwa wird es jetzt erst mal bleiben. Aber hey: Wir hatten ein paar sonnige Tage. Ich war ein wenig benommen von unruhiger Nacht. Da wir mittags bei Schwiegers eingeladen waren, hatte ich mir für genügend Sportzeit den Wecker gestellt.

Sport wurde ein Fitnessblender-Programm für Oberkörper und Rumpf, an das ich mich nicht erinnern konnte, das ich aber mindestens einmal absolviert haben muss: Meinen Lesezeichen enthielt Bewertung und Kommentar (Sport-Lesezeichen sortiere ich mit 1-super, 2-geht oder 3-nicht nochmal und schreibe dazu, ob Warm-up und Cool-down enthalten sind). Und ich konnte mir zustimmen: War ein wiederholenswertes.

Ausgiebige Körperpflege mit Freude am schönen Bad, in dem ich mich dank Spiegel jetzt auch schminken und föhnen kann.

In sanftem Landregen und milder Luft spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell zum Bahnhof – wo wir feststellten, dass es die online recherchierte Verbindung nicht gab. Wegen irgendeiner Störung mussten wir mit der S-Bahn nach Pasing und konnten erst dort in eine Regionalbahn nach Augsburg steigen. In Augsburg wurden wir abgeholt, ich schloss auch die vollgeimpften Schwiegers endlich wieder herzlich in die Arme.

Wir hatten selbst gemachte Maibowle mitgebracht (ich bin ja immer noch ein wenig beleidigt, dass Georg Etscheit in seinem sonst sehr interessanten SZ-Artikel über Waldmeister, “Das unterschätzte Kraut”, Maibowle als “mies” bezeichnet – die geht auch gut!) und freuten uns alle viere daran. Es gab viel zu erzählen, es war so schön zusammenzusein, und es gab Gutes zu essen: Einen Salat mit Romana, Radieserln, Avocado als Vorspeise, dann Lammrücken mit Rosmarinkartoffeln und breiten Bohnen, zum Nachtisch Vanillecreme und Rotweinbirnen. Dazu gab’s spannende Geschichten von früher, also ganz früher im Sinne von ums Ende des Zweiten Weltkriegs. Wir trafen weitere Verabredungen mit den Schwiegers.

Auf dem Rückweg hatte der Regen aufgehört, die Bahnverbindung war wieder umständlich, zudem verspätet. Nach einem kurzen Handy-Aufladen daheim ging ich nochmal raus ins regenfrei Graue. Ich drehte eine Runde in der Innenstadt, die mir guttat. (Die Pandemie ist anscheinend vorbei, praktisch niemand trug Maske.)

Margeritenwiese im Hofgarten.

Zum Abendessen gab’s ein paar Käsereste mit Gurke, zum Sattessen zwei Nachtische: Nochmal Kirsch-Tapioka mit Custard und dann köstlichen Erdbeerkuchen von Frau Schwieger.

Eine Woche Wanderurlaub im Bayerischen Wald gebucht – ein rechter Schuss ins Unbekannte, wir können nur hoffen.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 5. Juni 2021 – Bad fertig #WMDEDGT

Sonntag, 6. Juni 2021 um 8:02

Ein Beitrag zu Frau Brüllens WasMachstDuEigentlichDenGanzenTag? #WMDEDGT.

Ich schlief mit wenigen Unterbrechungen bis zum Wecker um sieben.

Erst mal holte ich die Zeitung. Seit einiger Zeit werden die Tageszeitungen im Haus nicht mehr bis zur Wohnungstür gebracht – was mich beim Einzug hier irritiert hatte, doch viele Jahre erfreute. Ein freundlicher Nachbar recht weit oben, der sehr früh aufsteht, erledigt das mit dem Aufzug für die drei Abos im Haus, wenn er seine aus dem Briefkasten beim Hauseingang holt. Doch er ist seit drei Wochen im Urlaub und hat mich vor Abreise gebeten, sie statt seiner der alten Dame ganz hoch zu bringen – das mache ich doch gerne. Anders als er allerdings nicht mit dem Aufzug, ich habe ganz gerne kurz nach dem Aufstehen die Gelegenheit, den Kreislauf ein wenig hoch zu bringen.

Erst Milchkaffee, dann eine große Tasse Tee mit Milch, dazu Bloggen. Das Wetter war wunderbar sonnig, aber nicht heiß.

Ich räumte Küche und Wohnung, absolvierte zwei meiner morgendlichen Reha-Übungen (Vierfüßler Cross, Käfer), duschte mich und zog Handwerktaugliches an (Bermudas, T-Shirt, Innenturnschuhe).

Meine Eltern klingelten kurz nach zehn: Sie kamen, um nochmal bei Wohnungsherrichtung zu helfen. Beide haben vollen Impfschutz, ich hatte per Selbsttest morgens Corona-Negativität (größtenteils) sichergestellt: Zum ersten Mal seit über einem Jahr begrüßte ich meine Eltern mit einer innigen Umarmung, das war sehr sehr schön.

Meine Mutter installierte Stangenbohnen am Küchenbalkon und nahm mir ungenutzte Blumentöpfe ab. Mit meinem Vater kümmerte ich mich ums Bad: Ein alter Spiegel bekam neue Löcher in die dicke hölzerne Rückseite (es gibt extra Bohrer für große Mulden-Löcher!), dafür legten wir ihn auf den Balkontisch, das Spiegelglas mit einer Decke geschützt.

Im Bad brachte mein Vater eine Lampe über dem Spiegel an, drei Regale und den Spiegel. Ich ging ihm zur Hand (Werkzeug anreichen, beim Bohren das Staubsaugerrohr drunterhalten) und lernte unter anderem, wie man in Fliesen bohrt, ohne sie zu zerbrechen: Erst vorsichtig mit Spitz und Hammer Loch anlegen, Bohrmaschine erst ohne Schlag verwenden, bis die Glasur weggebohrt ist, dann Schlag zuschalten. Außerdem lernte ich, dass es spezielle Hohlraumdübel gibt, die sich beim Eindrehen der Schraube hinten spreizen. Abschließend holte mein Vater Dübel aus Altlöchern (auch da zeigte er mir eine Technik für Fliesen) und verschloss die Löcher.

Im Flur brachten wir einen Haken an, um den Vorhang vorm Fenster in den Innenhof dekorativ zu raffen – meine Mutter hatte eine Auswahl an Bändern und Quasten mitgebracht, aus der ich mir ein gestreiftes Band aussuchte.

Damit war kurz vor eins alles für gestern erledigt. Ich hätte meine Eltern gerne noch auf ein Mittagessen in den Schnitzelgarten eingeladen, doch sie fuhren lieber heim. Zu meiner großen Freude nahmen sie aus meinem Schlafzimmer zwei alte weiße Kommoden mit (Ikea frühe 1980er), die noch aus meinem Kinderzimmer stammten und die jetzt, da ich den fabulösen Einbauschrank habe, endgültig nicht mehr benötigt wurden. Fertig einrichten kann ich mein Schlafzimmer aber erst, wenn der Crosstrainer darin seinen Platz gefunden hat – und der muss erstmal beweisen, ob er reparierbar und wieder benutzbar ist.

Zum Frühstück kochte ich mir zwei Eier weich, aß eine Semmel vom Vortag dazu.

Ich befreite das Bad von restlichem Bohrschutt und räumte die Regale ein, versuchte mich ein weiteres Mal daran, die schwarzen Schimmelstellen in der Badewannenverfugung zu beseitigen. Wieder erwiesen sie sich dem brutalen eingewirkten Schimmelfrei-Mittel und der anschließenden Bürstenbehandlung gewachsen, ich werde recherchieren müssen.

Verpackungen zur Wertstoff- und zur Papiertonne gebracht, eine Kiste mit Umzugsmaterial (Pinsel, Glühbirnen in Fassungen, Moltofill, Waschmaschinenschlauchverlängerungen) in den Keller.

Jetzt hatte auch ich Feierabend und setzte mich mit Laptop auf den sonnigen, aber nicht heißen Balkon zum Internetlesen. Dabei musste ich mich mehrfach gegen Ausgesperrtwerden wehren: Wenn Herr Kaltmamsell rauskam, neigte er beim Zurückgehen in die Wohnung dazu, die Balkontür hinter sich zu verschließen.

Kurz nach fünf radelte ich nach Neuhausen, um dem Broeding die Weck-Gläser vom Mitnahme-Menü zurückzubringen. Am Himmel türmten sich dunkle Wolken, es blies Regenwind – aber ich blieb trocken.

Daheim eine Runde Yoga, bevor Herr Kaltmamsell das Abendessen servierte:

Zweimal Rind, einmal weichgemacht mit schwarzen Bohnen und Ernteanteil-Pakchoi chinesisch, einmal als Spieße mit Erdnussoße, zu allem Vollkornreis. Im Glas ein Rest Riesling vom Vorabend. Das schmeckte schon mal sehr gut, und dann gab’s auch noch Nachtisch! Herr Kaltmamsell hatte den Saft der Schattenmorellen vom Mais-Kirsch-Kuchen mit Tapioka angedickt und dazu echtes Custard gekocht – superköstlich, ich aß zwei Portionen.

Abendunterhaltung diesmal Echtzeit-Fernsehen: Das Bayerische Fernsehen zeigte Leo, eine Familiengroteske von 2006: Hochkarätige Besetzung (Gisela Schneeberger, Elmar Wepper, August Zirner, Matthias Brandt), wunderbares Drehbuch von Gerlinde Wolf, sehr schön verfilmt von Regisseurin Vivian Naefe in realistischem Setting, mit immer wahnwitzigeren Enthüllungen.

Eingeschlafen zu Regenrauschen.

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Wurde gestern durch mein gesamtes Internet gereicht: Ein ausführliches Interview von republik.ch mit Prof. Christian Drosten unter anderem zum wahrscheinlichen Ursprung von SARS-CoV-2 und den Mechanismen dahinter. Diesmal wurde Drosten auch nach den Anfängen seiner Corona-Forschung 2003 gefragt – und auch das ist superspannend.
“Herr Drosten, woher kam dieses Virus?”

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Alltäglicher offener Antisemitismus in Deutschland.

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“Das ist doch Werbung für dich!” Aber es zahlt halt nicht die Miete: Warum Berühmtheit mit viel öffentlicher Präsenz keinen Lebensunterhalt bedeutet.

Die Schriftstellerin Sharon Dodua Otoo kann sich vor Anfragen kaum retten – und lebt dennoch in ständiger finanzieller Unsicherheit.

Hier der ganze Artikel, in dem die gebürtige Britin darauf hinweist, dass in Deutschland Klassenzugehörigkeit verschwiegen wird und wie sich das auswirkt:
“Sharon Dodua Otoo: ‘Veränderung entsteht durch persönliche Erzählungen'”.

Während ich den Roman schrieb, der gerade erschienen ist, habe ich mir hier und da Geld ausgeliehen, in der Hoffnung auf eine entspanntere Situation, wenn das Buch fertig ist und die Lesungen losgehen. Bereits vor der Veröffentlichung gab es unheimlich viele Anfragen. Und immer wieder gibt es Anfragende, die selbstverständlich davon ausgehen, dass ich mich mit einem reduzierten Honorar zufrieden geben könnte, da sie selbst nicht so viel Budget zur Verfügung haben. Solche Anfragen kann es nur geben, wenn die Leute denken, ich könnte mir das leisten, auf ein angemessenes Honorar zu verzichten. Und es macht mich ziemlich wütend, dass ich mich so oft exponieren und meine Lage offenlegen muss, um ein Honorar zu bekommen, mit dem ich meine Miete zahlen, ein bisschen was für die Rente beiseitelegen und meine Kinder versorgen kann.

(…)

Ich glaube, dass dieser abwertende Blick damit zusammenhängt, dass unsere Gesellschaft verinnerlicht hat, dass eine Person selbst schuld ist, wenn sie arm ist. Dass sie faul sein muss, denn wenn sie arbeiten würde, wäre sie nicht arm. Ich für meinen Teil arbeite sehr, sehr viel, und habe dabei das Gefühl, es ist relativ egal, was ich mache – mit reiner Lohnarbeit werde ich nie genug verdienen, um als alleinerziehende Mutter den Lebensunterhalt für mich und meine Familie zu bestreiten.

(Hervorhebung im Original)

§

Durch Schließungen in der gefährlichsten Phase der Corona-Pandemie konnten viele lange nicht zum Friseur. Am sichtbarsten war das wohl an den Frauen, die ihre grauen Haare färben. Fotografin Elinor Carucci zeigt für den New Yorker, dass daraus aber auch eine besondere Ästhetik erwachsen ist (und viele Frauen sich danach nicht mehr die Haare färben):
“Silver Linings”.

via @ankegroener

Jeannine Carson, 53. “When I would see the silver, I would have an excited feeling, like, ‘Oh, that’s me.’ ”

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 4. Juni 2021 – St. Brück mit Fröschequaken und vergessener Musik

Samstag, 5. Juni 2021 um 8:24

Letztlich war ich doch nicht traurig, dass ich keinen Termin mehr im Schyrenbad bekommen hatte: Es war beim frühen Aufwachen deutlich kühler und bewölkter als am Vortag, es wäre also eh keine Traumrunde im Sonnenlicht durch glitzerndes Wasser geworden.

Das änderte sich allerdings nochmal, als ich statt dessen zu einer Wiederholung der donnerstäglichen Laufrunde aufs Rad stieg: Jetzt war es eindeutig warm und sonnig genug für genüssliches Freibadschwimmen. Doch auch mein Lauf war schön, auf nur spärlich bemenschten Wegen kam ich zur Ruhe.

Unter der Kennedybrücke. Das Schild “Fußgängerweg” ist verschwunden – das ohnehin ignoriert wurde.

In der Baumschule des Englischen Gartens ein geradezu biblischer Anblick: Ein grün gekleideter Gärtner mit Bart und Strohhut hatte eine Schüssel umgebunden, aus der er mit weiter Handbewegung säte.

Lärm am Spielplatz St.-Emmeram-Brücke: Vom dortigen Teich klang lautes Froschquaken. In der Luft immer wieder Pappelsamen, die sich in Windwirbeln am Boden zu Formationstanz sammelten. Auf dem Rückweg über der Isar ein startender Kormoran.

Daheim blieb ich erst mal in der verschwitzten Laufkleidung: Ich putzte endlich den Küchenbalkon (Ausräumen, Saugen, Wischen mit Schwamm, Säubern der Balkonmöbel, Zurückräumen), denn am Samstag kommen meine Eltern mit einer Pflanze, die sich am vorhandenen Rankgitter hochhangeln soll.

Ums Semmelholen hatte ich Herrn Kaltmamsell gebeten, da in meiner Laufkleidung nicht mal Platz für eine Bankkarte war (das Täschchen hinten an der Laufhose ist so winzig, dass ich selbst meinen vier-schlüssligen Bund reinzwingen muss, mein Handy trug ich beim Laufen in der Hand) und er eh einkaufen gehen wollte.

Frühstück war dann ein monumentaler Laugenzopf mit Butter und gekochtem Schinken, zudem ein Stück Kirschkuchen.

Die Schreinerei, die meinen sensationellen Einbauschrank entworfen und gebaut hat, beeindruckte mich nochmal: Die gestern eingetroffene Rechnung entsprach auf den Cent dem Kostenvoranschlag. (Immer noch knapp drei Monatsgehälter, aber sonst kommt doch bei Handwerkerrechnungen immer noch irgendwas dazu – ohne Gemeinheit, einfach weil nicht alles vorhersehbar ist. Anscheinend außer man ist ein echter, echter Profi.)

Den Nachmittag verbrachte ich Zeitung lesend auf dem großen Balkon, bis der Himmel bedrohlich zuzog und grollte, ein Wind aufkam. Dazu hörte ich Musik, die ich durchs CD-Aufräumen wiedergefunden hatte, das Album Luminitza des Bălănescu Quartets, das mir vor langer Zeit eine Freundin geschenkt hatte, die wie ich die Musik von Michael Nyman mochte (ja, da gibt’s welche – das ist zum Beispiel die zum Film Gattaca). Ich freute mich über die Wiederentdeckung.

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https://youtu.be/TlfsKqHgY6Y

Die Infektionszahlen sinken weiter in München, in Bayern und mit wenigen Ausnahmen auch deutschlandweit. Ich vertraue den Zahlen erst ab Ende nächster Woche, wenn die Feiertags-Verzerrung hinter uns und die Pfingstreisenden zurück sind. Zumindest traute ich mich, für ein Mitsommernachtsessen einen potenziellen schönen Außentisch in einem Restaurant zu reservieren.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Chinakohl-Lachs-Nudeln mit dem Chinakohl aus Ernteanteil. Als Aperitif machte ich Negronis, zu dem Nudeln gab es ein Glas Riesling. Nachtisch wunderbare Erdbeeren.

Abendunterhaltung war die erste Folge der schwedischen Krimiserie Huss aus der ZDF-Mediathek. Gefiel mir ganz gut, ich mochte Setting, Struktur, auch zu weiten Teilen die Figuren. Aber ich bin halt keine Serien-Guckerin: Aha, jetzt habe ich die Serie kennengelernt – mehr interessiert mich nicht. (Dass mich eine Serie wie Beforeigners wirklich fängt, ist die große Ausnahme.)

die Kaltmamsell

Journal Fronleichnam, 3. Juni 2021 – Isarlauf im Frühsommer

Freitag, 4. Juni 2021 um 7:27

Lang geschlafen bis acht und das auch noch für derzeitige Verhältnisse gut: Nach jedem der mehreren Aufwachen gleich wieder eingeschlafen.

Draußen Fortsetzung des Frühsommerwetters ohne Hitze, ich bekam meinen ersten Balkonkaffee des Jahres und in der neuen Wohnung – und zwar auf dem großen Balkon, weil der Küchenbalkon in unangenehm praller Sonne lag.

Ausführliches Wäschewaschen und Kuchenbacken. Ich hatte einen Kirsch-Mais-Kuchen aus einem älteren Dr. Oetker-Backbuch (einem ohne “Vergnügen”) markiert, weil ich einen Teig mit Maismehl spannend fand. Vorsichtshalber erhöhte ich die 80 Gramm Honig als einzige Süßung auf 50 Gramm braunen Zucker plus 50 Gramm Honig. Da ich das Rezept online nicht gefunden habe (schlechtes Zeichen?), habe ich es aufgeschrieben. Sieht im Grunde nach einem typischen prä-veganen 1980er Vollwert-Rezept aus: Ohne Zucker und Weißmehl, dafür noch mit Butter und Eiern.

Es war schon halb zwölf, als ich zu meiner Laufrunde loskam. Dafür radelte ich zum Friedensengel und lief flußabwärts. Nach anfänglichem leichten Ziepen an allen möglichen Körperstellen lief ich mich gut warm, genoss Luft und Sonne, erhöhte auf 50 Minuten Joggen. Den Rest spazierte ich zurück zum Rad.

Von der Emmeramsbrücke aus, an der ich umkehrte.

Am Isarkanal.

Auf dem Föhringer Wehr.

Beim Zurückradeln fuhr ich gleich weiter zum Abholen Kiste mit Ernteanteil: Wegen Feiertags stand sie wieder im Westend bereit statt an unserem gewohnten Verteilerpunkt. Ich konnte sie gut eingekeilt in meinem Fahrradkorb tranportieren.

Daheim verabschiedete ich schnell noch Herrn Kaltmamsel: Er bekam gestern draußen in Riem im Impfzentrum sein zweites Impf.

Zum Frühstück nach drei auf dem Balkon gab es zwei große Stücke Kirschkuchen.

Schmeckte immer noch ein bisschen gesund (“nicht so süß”), aber an sich wirklich gut. Das ist halt eher ein Snack-im-Freibad-Kuchen als ein Kaffeetafel-Kuchen. Danach war ich schlagartig steinmüde und legte mich zu einer späten Siesta hin, die mich allerdings nicht wirklich wacher machte.

Nachricht vom angefragten Hotel im Bayerischen Wald: Sie sind ausgebucht, ich muss neu suchen.

Mal wieder eine Runde Yoga, dann machte ich uns zum Abendessen den Ernteanteil-Salat an, schnitt eine vorhandene grüne Paprika rein. Außerdem hatte ich bei Eataly Käse gekauft, denn stellte ich dazu.

Abendunterhaltung war ein spanischer Krimi auf arte:
“Die Morde von Madrid”.
Zwar mag ich verrückte Serienmörder eigentlich nicht mehr sehen, doch wie Empfehler @malomalo berichtet hatte, sieht man interessant viel vom heutigen Madrid – nicht die Sehenswürdigkeiten, sondern das Alltagsleben in der Innenstadt, inklusive Altbauwohnungen, in denen alte Frauen leben.

Zum Schlafen quartierte ich Herrn Kaltmamsell zu mir ins Bett, damit ich bei unangenehmen Impf-Reaktionen zur Stelle sein konnte.

§

Sie hatten vermutlich wie ich abgespeichtert, dass Kreuzfahrtschiffe demnächst endgültig aus Venedig verbannt werden. Stellt sich heraus: Die Medien, die meine Quellen sind, haben lediglich die Absicht vermeldet, nicht aber, dass ein Verwaltungsgericht die Verordnung vereitelt hat. Petra Reski ist Journalistin und wohnt in Venedin. Sie stellt klar:
“Märchenstunde und kein Ende.”
Gestern legte bereits das erste schwimmende Monster wieder an.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 2. Juni 2021 – Es biergartet wieder!

Donnerstag, 3. Juni 2021 um 10:05

Schlechte Nacht, die um fünf endete.

Als Folge dumpfes Hirn, zu dem sich auch noch dunkelschwarze Stimmung gesellte.

Dabei war das gestern der erste echte Frühsommertag. Morgens brauchte ich zwar eine Jacke, musste sie aber nicht zuknöpfen. Ich startete meinen Weg in die Arbeit früher als sonst, weil ich einen Umweg plante: Ich sah beim Il Castagno an der Hackerbrücke vorbei: Wir wollten gerne dort im Biergarten (dem ehemaligen von Hacker-Pschorr, die dortigen monumentalen Kastanien müssen Hunderte von Jahren alt sein) das erste Auswärtsessen feiern, doch weder auf Website noch auf Facebook-Auftritt war ersichtlich, ob das ging. Und es sah schlecht aus: Zwar standen im Biergarten ein paar Tische, doch alle Plakate warben für Lieferessen, an der Getränke-Hütte wurde Aperol Spritz zum Mitnehmen angeboten. Also planten wir um auf Schnitzelgarten – Reservierung nur telefonisch, ich kam erst nachmittags beim siebten Versuch durch.

In der Arbeit was mit fremden Menschen gemacht. Wie sehr mich sowas stresst, merkte ich erst, als es mir danach extrem viel besser ging. Ich habe nämlich eigentlich den Verdacht, dass ich mir diesen Stress bloß einrede – denn anders als echte (!) Introverts war ich ja nicht immer so, hatte sogar viele Jahre lang so richtig Spaß an fremden Menschen, engagierte mich sehr Menschen-nah. Aber seit vielen Jahren nicht mehr, was ich mir ganz tief drinnen immer noch nicht zugestehe – so grundsätzlich kann sich doch niemand ändern. Mein großer Vorteil: Ich bin mir recht sicher, dass die Gegenüber-Menschen mein fundamentales Unwohlsein nicht bemerken, weil ich alle Mechanismen noch von früher drauf habe.

Zu Mittag gab es eine Breze sowie Birne mit Quark.

Herr Kaltmamsell meldete sich mit Vollzug des Umzugkartons-Verschenkens: Eine junge Familie freute sich ungemein darüber, kostenlos (der Abholer hatte sich wohl vorsichtig vergewissert) komplett für ihren Umzug ausgestattet zu werden. So soll’s sein.

Pünktlicher Feierabend, ich marschierte zu Besorgungen in die Innenstadt. Zunächst suchte ich den Sonnenschein, um mich wie in den Tagen davor von ihm wärmen zu lassen, doch schnell wurde es mir dort zu warm: Ich wechselte in den Schatten, eindeutiges Sommerzeichen.

Einkäufe im Eataly, dann stattete ich mich beim Ecco wieder mit Sieben-Meilen-Sandalen aus (die letzten hatte nur drei Sommer gehalten, und das mit zweimal Reparieren), und zwar diesen. Mit schwarzer Sohle würden sie mir deutlich besser gefallen, doch ich habe keine Lust weiterzusuchen.

Daheim holte ich Herrn Kaltmamsell ab, wir gingen also in den Schnitzelgarten.

Endlich wieder Essen unter Kastaniendach! Das Publikum sah wie gewohnt aus, in den Klang der Kirchenglocken von St. Matthäus mischte sich Meisenbettelfiepen (das wir dieses Jahr ohne Fütterung nicht auf dem eigenen Balkon haben). Auch die Portionen haben sich nicht geändert.

Geändert hatte allerdings ich mich: Ich schaffte das Schnitzel nur halb und ließ mir die andere Hälfte einpacken, die Pommes schmeckten mir hingegen so gut, dass ich sie komplett verputzte, den Salat eh. Dazu eine Halbe Dunkles.

Wohliges Heimspazieren, zu Hause gab’s zur Tagesschau ein Restl Pistazieneis aus der Gefriere.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 1. Juni 2021 – Dinge loswerden

Mittwoch, 2. Juni 2021 um 6:32

Wieder ein Nacht mit Schlafpause. Mittlerweile zieht das nächtliche Aufwachen automatisch ein sinkendes Gefühl nach sich: Oh je, jetzt kommen wieder die Stunden des Wälzens. Derzeit begleitet von abwechselndem Schwitzen und Frieren.

Der sonnige Morgen fühlte sich nicht ganz so saukalt an, aber für den Weg in die Arbeit brauchte ich entschieden eine Jacke.

Als ich gerade in der Cafeteria auf meinen Vormittags-Cappuccino wartete, klingelte mein Handy (RIESENSCHRECK – das passiert im Monat höchstens zwei Mal): Der Glaser hatte die Tischplatte fertig. Ich stellte sicher, dass Herr Kaltmamsell daheim sein würde, und lotste die Tischplattenlieferung dorthin. Herr Kaltmamsell meldete bald Vollzug per Twitter-DM, der Glaser hatte auch die kaputte Platte mitgenommen.

Beim mittäglichen Hofgang (Mittagessen eine Körnersemmel sowie Birne mit Joghurt) war es in der Sonne jackenlos warm, selbst im Schatten mild – doch für ein durchgehend gekipptes Bürofenster immer noch zu kühl.

Auf dem Heimweg erledigte ich ein paar Lebensmitteleinkäufe, zu Hause trieb ich mal wieder ein bisschen Yoga.

Zum Abendessen hatte Herr Kaltmamsell Gemüse-Tofu-Grillspieße gemacht, die er mit Saté-Sauce servierte, außerdem aus den Ernteanteil-Karotten Backofen-Sticks. Schmeckte alles sehr gut.

Dann stürzte ich mich in ein Abenteuer: Zum ersten Mal stellte ich etwas bei ebay Kleinanzeigen ein. Wir möchten nämlich unsere vielen Umzugskartons loswerden, die derzeit das Kellerabteil verstopfen, und nahmen an, dass das am schnellsten über Verschenken auf dieser Plattform gehen würde (Basis sind die ebay-Kleinanzeigen-Verschenk-Erfahrungen von Novemberregen). Es meldeten sich innerhalb weniger Minuten Interessent*innen, ich vereinbarte mit der ersten gleich eine Abholung. Wenn dann tatsächlich jemand auftaucht (und nicht erschrickt, WIE viele Kartons das sind, weil meine genaue Aufzählung und Beschreibung der insgesamt fast 100 Stück nicht gelesen wurden), war das eine super Aktion. Ich beginne schon jetzt über Dinge in Wohnung und Keller nachzudenken, die ich noch auf diesem Weg loswerden könnte.

Mühevolle Recherche nach einem Biergarten, in dem wir Mittwochabend vor der angekündigten Wetterverschlechterung das erste aushäusige Abendessen seit acht Monaten einnehmen könnten: Die Infos auf den Websites unserer Wunschlokale waren alt (November 2020) oder verwirrend.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 31. Mai 2021 – Kaufhaus-Abschied

Dienstag, 1. Juni 2021 um 6:45

Nacht leicht zerstückelt, außerdem fuhr mein Temperaturempfinden mal wieder Achterbahn (wie dann auch tagsüber).

Ein strahlender Morgen, allerdings wieder bitter kalt.

Tagsüber war ich recht benommen, die Konzentration auf die Arbeit kostete Kraft, ich fürchtete Unsauberkeiten.

Mittags Linsensalat, den mir Herr Kaltmamsell am Sonntag gemacht hatte, und ein Apfel.

Nach der Arbeit nutzte ich erstmals die Lockerungen dank weiter gesunkener Infektions-Inzidenz: Ich kaufte im Kaufhaus am Hauptbahnhof die kleine Rührschüssel, die seit Monaten auf der Einkaufsliste stand, also seit die Vorgänger-Schüssel zerbrochen war. Sie war nicht dringend genug für Online-Kauf gewesen. Der Hertie am Hauptbahnhof steht kurz vor großem Umbau, auf allen Ebenen waren bereits viele Regale leer, erste Verkleidungen von Säulen entfernt. In den vergangenen Monaten wurden die großen Kaufhäuser am Nordbad in Schwabing und am Stachus ganz geschlossen, hier soll ein “Erlebnistempel” entstehen – die Tage des Kaufhauses, in dem man praktischerweise alles bekommt (von Lidstrich und Parfüm über Fahrradlicht, Reisekoffer, Rührschüssel, Schrauben, Mikrofasertücher, Cocktailgläser, Wecker bis Unterwäsche, Nachthemd, Nickitücherl, Feinkost, Riesling – alles Dinge, die ich bereits in diesem Hertie gekauft habe, der für mich besonders günstig liegt), sind wohl wirklich vorbei.

Jetzt war es draußen endlich warm genug, dass ich fürs letzte Stück nach Hause keine Jacke mehr brauchte.

Zum Abendessen gabe es die zweite Hälfte des Sonntagsbratens, Schweinehals mit Kartoffelnudeln. Nachtisch waren ein paar herrliche heimische Erdbeeren und Schokolade. Zur Abendunterhaltung sahen wir die arte-Doku Das Phänomen “Blade Runner” – eine gut gemachte Einordnung in die Filmgeschichte mit vielen überraschenden Hintergrundinfos zum Dreh, außerdem immer wieder Schnitten auf das heutige Los Angeles, das dem im Film imaginierten mittlerweile sehr gleicht.

§

Wir sind uns hoffentlich einig, dass die Corona-PANdemie erst zu Ende ist, wenn sie weltweit zu Ende ist? Dann habe ich leider schlechte Nachrichten: @_vanessavu zählt Meldungen auf, nach denen es in vielen asiatischen Ländern jetzt erst richtig los geht, in Taiwan, Vietnam, Malaysia.

§

In bald ganz Deutschland hat die Gastronomie wieder offen. Aber wundern Sie sich nicht, wenn’s im Lieblingslokal anders schmeckt als vorher: Viele Wirtschaften mussten sich die gesamte Belegschaft neu suchen.
“Café auf, Kellner weg”.

die Kaltmamsell