Journal Samstag, 11. Dezember 2021 – Schlechte Laune trotz Emsigkeit

Sonntag, 12. Dezember 2021 um 7:38

Verkatert mit Kopfweh aufgewacht. Außerdem schlecht gelaunt. Draußen schneite es ein wenig auf die nassen Straßen.

Plan war Schwimmen, also hatte ich einen Corona-Testtermin an einer nahegelegenen Station. Diesmal mochte ich auch den Sport dazu und nahm eine Tram zum Dantebad. Wieder waren die Bahnen gut beschwommen, die Dantebad-Community (dass man sich hier kennt, merke ich immer wieder) ist also a) impf-vernünftig und b) schwimm-sehnsüchtig genug für die Mühen der zusätzlichen Testerei. Beim Schwimmen schneite es auf den ersten Bahnen, ich spürte das Kitzeln der kalten Schneeflocken auf Armen und Schultern. Ohne große Beschwerden absolvierte ich meine 3.000 Meter, das nahm mir aber nicht die schlechte Laune – ich habe gerade wieder den inneren Negativ-Coach am Start (der mich unter anderem auf die schlechte Zeit für die Strecke hinwies).

Auf dem Heimweg zog ich von der Tram-Station Stachus aus zu einer weihnachtlichen Einkaufsrunde los: Geschenkpapier, Weihnachtskarten – aber ein als ganz sicher geglaubtes Geschenk bekam ich nicht, ich musste später improvisieren. Auch unweihnachtliche Frühstückssemmeln kaufte ich, die gab’s daheim zum Frühstück um zwei.

Es kündigte sich sehr bald ein monumentaler Chlorschnupfen an: Ich griff daheim zur Nasenspülung mit Salzwasser, brauchte dennoch vor dem Schlagengehen Spray. (Nasenklammer habe ich sogar irgendwo, aber ich fand sie bei einem Test sehr unangenehm beim Schwimmen.)

Nachmittags im Düstern packte ich die Familiengeschenke ein, die ich schon habe und am Samstag zum diesjährigen Adventspaziergang mitnehmen kann.

Die bei Sellpy gekauften Schuhe stellten sich als viel zu klein heraus: Von dem (edlen und exklusiven) Hersteller Tracey Neuls besitze ich bereits drei Paar, glaubte deshalb, blind die bisher perfekt passende Größe 41 kaufen zu können. Doch das ist niemals ein 41er, das ist Größe 40 (ergab auch Anlegen der Sohle an ein vorhandenes, passendes Paar) – ich nehme an, man hat sich beim Prägen der Größe auf die Ledersohle vertan. Und ich nehme an, dass sie deshalb weiterverkauft wurden, die Schuhe sind praktisch ungetragen – aber dann hätte man sie halt nicht als 41 anbieten dürfen. Ähnlich verhielt es sich mit der zweiten Lieferung von Sellpy-Kleidung, die gestern eintraf: Ein Oberteil war mit Konfekionsgröße 40 angeboten worden, die überraschenden tatsächlichen Maße und ein Blick aufs Etikett zeigten, dass damit die italienische Größe 40 gemeint war – deutsche Größe 34. Da Sellpy anders als ebay nur eine Konfektionsgröße und sonst keine Maße angibt, sind solche Fehler halt gleich ein K.o. Hob meine Laune auch nicht.

Am Nikolaustag war eine weitere Crowdfarming-Lieferung eingetroffen: Andalusische Mandeln von meinem adoptierten Baum, zwei Kilo im Jutesackerl.

Ich begann eine Versuchsreihe mit dem Ziel, die Salzmandeln zu bekommen, die ich in Spanien so liebe. Mit diesem Rezept wurden sie nicht salzig genug; ich schob sie nochmal zehn Minuten in den Ofen, um ihnen zumindest Röstgeschmack zu geben. Mit diesem Rezept wurden sie besser. Ich hatte ins Wasser auch einen Teelöffel flüssiges Raucharoma gegeben, das ich aber kaum schmeckte.

Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl die mächtige Sellerieknolle aus Ernteanteil als Sellerie-Lasagne. Als Aperitif gab es den 4.-Welle-Drink Whiskey Sour mit Meyer-Zitronensaft. Und zum Nachtisch wieder große Mengen Weihnachtssüßigkeiten.

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Gestern fand ich endlich Zeit, die Doku über die Entwicklung des Impfstoffs von BioNTech in der arte-Mediathek anzusehen:
“Mit Lichtgeschwindigkeit zum Impfstoff
Das Projekt BioNTech”.

“Lichtgeschwindigkeit”, weil das Projekt “Light speed” genannt wurde: Şahin erzählte, wie er Anfang 2020 der Belegschaft klar machte, dass in jedem Bereich mit der größtmöglichen Geschwindigkeit gearbeitet werden musste, also mit Lichtgeschwindigkeit – nicht um die ersten auf dem Markt zu sein, sondern weil alle Modellierungen eine Pandemie von verheerenden Ausmaßen ankündigten, die nur durch wirksame Impfung gestoppt werden konnte.

Die Interviews zeigen die geistige Brillanz von Özlem Türeci und Uğur Şahin, die zusammen mit ihrer Nüchternheit, vor allem aber gepaart mit moralischen Werten und Idealismus besticht. (Und ich fragte mich mal wieder, ob vor allem der letzte Teil dieser Haltung, der die beiden ja auch als Paar zusammengebracht hat, anerziehbar ist, oder schlicht angeboren wird.)

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Eine alberne Frage auf Twitter erinnerte mich gestern an dieses Lied, ihren Sänger und an diese Zeit.

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https://youtu.be/fFDzwByMCbk

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 10. Dezember 2021 – Winterkälte, Anstoßen auf Regierungswechsel

Samstag, 11. Dezember 2021 um 7:38

Durchgeschlafen – gut. Nur bis halb fünf – nicht so gut. Nach dem Aufstehen schloss ich das Schlafzimmerfenster zu einer sternenklaren Nacht.

Auf meinem Fußweg in die Arbeit war der Himmel dann bereits mittelblau und kündigte einen sonnigen Tag an, entsprechend klirrte die Kälte und knusperte der eisige Untergrund unter meinen Schuhen. Die Sonne schien dann leider nur bis kurz vor Mittag.

Als Mittagessen gab’s Birnen (reife, holzige Biobirnen) und Hüttenkäse. Emsiger Nachmittag mit teils interessanten Querschüssen. Ich war zu sehr pünktlichem Feierabend gezwungen, weil der Büro-Strom abgedreht werden musste.

Beim Aufbrechen checkte ich die Einkaufsliste. Herr Kaltmamsell hatte Parmesan stehenlassen, also ging ich auf dem Heimweg in mittlerem, nassen Schneefall beim Vollcorner vorbei und kaufte auch weiteren Käse. Für Obst (Granatäpfel, Maracuja) machte ich noch einen Abstecher zum Süpermarket Verdi.

Beim Heimkommen und nach Ablegen meiner schneenassen Kleidung große Freude: Die beiden Esszimmer-Stühle waren geliefert worden (außerdem die eine oder andere Geschenk-Bestellung).

Eine Folge Adriene-Yoga – die ich nicht übersprungen hatte, obwohl die Vorschau in erster Linie angeleitetes Schnaufen zeigte. Adriene thematisierte darin vor allem, wie wichtig auch die entspannenderen Einheiten bei täglichem Yoga seien, ok ok ok.

Mir war schon wieder kalt trotz Zusatzpulli und Wollsocken, zur Feier des Wochenendes drehte ich die Heizungen hoch und schmolz dann halt eine Schneise in den vorletzten Gletscher. Weitergefeiert wurde mit Cremant: Jetzt stieß ich mit Herrn Kaltmamsell darauf an, dass wir Seehofer für immer und durch den Regierungswechsel Andi Scheuer (SCHEUER!) zumindest vorläufig los sind.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Ernteanteil-Rosenkohl aus dem Ofen (mit ein wenig Parmesan überstreut) und herrliches Entrecôte. Dazu gab es spanischen Rotwein Prometus aus Castilla y León. Nachtisch viel Weihnachtsgebäck.

Deutlich nach neun klingelte dann nochmal ein Bote mit Lieferung – bekam ordentlich Trinkgeld (allein schon dafür, dass er tatsächlich geklingelt und geliefert hatte, statt das Paket direkt in einen Lieferdienst-Shop zu bringen).

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Nochmal Armut, hier Erinnerungen von Ella Anschein.

https://youtu.be/dITWLkHd01g

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Der Virologe Christian Drosten in einem Tagesthemen-Interview über den Stand der Erkenntnisse zur Omikron-Variante:
“‘Wir brauchen jetzt schnelle Entscheidungen'”.

Neben allen Unsicherheiten steht fest: Impfen ist immer noch das wichtigste Mittel für den Weg aus der Pandemie.

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Hach die freundlichen Schweizer!

Als Gegenstück fallen mir übrigens nicht Berlinerinnen ein, sondern kastilische Kellner bis in die 1990er: Steinerne Miene, Sprechen nie leiser als Ruf-Lautstärke, Kommunikation mit der Kundschaft hauptsächlich über kurzen Blickkontakt, die Geschwindigkeit der Erfassung von Bestellwillen sowie des Servierens legten telepathische Fähigkeiten nahe.
(Einschränkung bis in die 90er, weil inzwischen auch in Spanien sehr viele Einwander*innen in der Gastro arbeiten, die diese Eingeborenenkultur durch Freundlichkeit total kaputt gemacht haben.)

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 9. Dezember 2021 – Langweiliger Donnerstag

Freitag, 10. Dezember 2021 um 6:18

Das dritte Aufwachen in der Nacht hatte dann mal eine neue Ursache: Beim Platzieren des alten Weckers, der nur zum nächtlichen Ablesen der Uhrzeit dient, hatte ich eine Taste gelöst, um halb fünf klingelte er mich wach.

Früher Aufbruch in die Arbeit, bei kompletter Dunkelheit (ahhhh Dezember). Vom Himmel fiel Schneematsch, der ziemlich rutschigen Untergrund verursachte.

In der Arbeit einen Jahresend-Klops abgearbeitet, der mir an künftigen Jahresenden hoffentlich erspart bleibt. Außerdem durch einen anderen Job viel über individuelle Führungskultur und -prioritäten gelernt.

Mittags gab es die restlichen Linsen von Montagabend (in der Mikrowelle erhitzt) und eine Birne.

Ich hatte Sportzeug dabei und für den Feierabend einen Schnelltest-Termin auf dem Weg zum Sportverein vereinbart. Doch über den Nachmittag verließ mich jegliche Lust auf das geplante Crosstrainer-Strampeln. Zumindest war ich so zu pünktlichem Feierabend gezwungen, nach dem ich in einem der beiden (!) Testzentren auf der Theresienwiese (Achtung, ausgeschildert ist nur der PCR-Test, ich musste mich durchfragen – und die Wegführung durch Metall-Bauzäune hat auf der winterdunklen Theresienwiese starke Hänsel-und-Gretel-Vibes) meinen Schnelltest-Termin wahrnahm.

Unterwegs Brotzeit-Einkäufe, daheim Yoga.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den Pakchoi aus eben geholtem Ernteanteil mit Sojabrösel, Reis und Ei in ein köstliches Pfannengericht verwandelt. Danach viel Weihnachtssüßigkeiten.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 8. Dezember 2021 – Tag 1 nach Angela Merkel

Donnerstag, 9. Dezember 2021 um 6:17

Wieder gut geschlafen, hätte gerne länger sein dürfen.

Draußen war der Boden trocken. Ich konnte fürs Büro Turnschuhe anziehen: In der Arbeit würde ich gestern viel laufen müssen. Vorm Haus hörte ich wie schon in den Tagen davor Amselflöten, das doch eigentlich erst nach dem Winter beginnt. Und aus Wiesbaden wurde gestern Rotkehlchengesang gemeldet: Möchte uns die Vogelwelt aufmuntern durch vorgezogene Frühlingsweisen – oder ist das schon wieder die Apokalypse?

In der Arbeit große Online-Infoveranstaltung zu einem wichtigem Thema, doch parallel musste ich wegen eines Jobs durchs Haus laufen.

Spätes Mittagessen nach diesem Job: Apfel, Joghurt-Sahnequark-Mischung mit dem letzten Rest flüssigem Orangen-Flammeri – der sich ausgezeichnet zum Aromatisieren eignete.

Nachmittags aß ich gegen das Magenknurren zwei große Plätzchen aus dem Kollegenkreis, die ich am Dienstag geschenkt bekommen hatte. Danach war mir auch gar nicht mehr schwindlig, ich hatte wieder Lust, meinen Plan eines weiteren Geschenkeeinkaufs umzusetzen. Also marschierte ich nach der Arbeit in die Fußgängerzone, in einsetzendem nassen Schneefall. Ich bekam ein weiteres Weihnachtsgeschenk und machte erste Bekanntschaft mit der gestern eingeführten 2G-Regel im Einzelhandel (außer lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel).

Zu Hause eine Runde Yoga mit Umpf.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell mürbe Äpfel aus Ernteanteil erhitzt, Kartoffeln aus Ernteanteil als Pü – und Blutwurst. Zu meiner besonders großen Freude hatte er welche gefunden, die ordentlich Speckwürfel enthielten – ich hatte schon befürchtet, dass das Streben der Metzgereien nach einem “gesunden” Angebot diese endgültig vertrieben hätten.

Abendunterhaltung: Das RTL-Special zum verstorbenen Mirco Nontschew.

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Nach 16 Jahren ist Angela Merkel seit gestern nicht mehr Bundeskanzlerin. Anders als offensichtlich viele kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie sie den heutigen Tag danach wohl verbringen wird – ich kann mir ja auch nicht vorstellen, wie man 16 Jahre lang derart bescheuert viel arbeiten kann. Von ihr Abschied genommen und von der politischen Kultur, die mit ihr geht, habe ich ja schon bei der Ankündigung ihres Rückzugs. (Zur Sicherheit: Mit sehr, sehr vielen ihrer politischen Entscheidungen und Ausrichtung bin ich nicht einverstanden, vor allem die Landwirtschafts- und Klimapolitik haben ihre Regierungen in meinen Augen gründlich verkackt.) Wirklich rührend fand ich das Abschiedsfilmchen von Emanuel Macron.

Und nun zur Nachfolgeregierung.

Wie twitterte @Buddenbohm gestern: “Heute viel Freude an der Demokratie.”

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Werbung für Impfen, Volltreffer vom Zentralrat der Juden.

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Wenn wir mit einem Flugzeugnotfall so umgingen wie mit der Pandemie oder der Klimakatastrophe.

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https://youtu.be/UB5TVho53AA

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 7. Dezember 2021 – Durchgeackert

Mittwoch, 8. Dezember 2021 um 6:23

Schlaf mit nur einer Unterbrechung, doch der Wecker brauchte mehr als fünf Minuten, bis ich auf ihn reagierte (mein Hirn so: “Hahaha, ich träume schon wieder, dass der Wecker klingelt. Netter Versuch!”).

Der erste Blick nach draußen zeigte Schneelandschaft mit Schneefall, Herr Kaltmamsell machte sich als S-Bahn-Pendler vorsichtshalber eine Viertelstunde eher auf den Weg. Auf meinem Arbeitsweg hatte der Schneefall aufgehört, es wurde eifrig geräumt – und dadurch ganz schön glatt.

In der Arbeit nutzte ich einen unaufmerksamen Moment, um einen besonders unangenehmen und komplizierten Klops anzupacken. Während ich Tickets gegen die technischen Probleme dabei aufgab, suchte ich in der Vergangenheit des Themas nach Lösungshinweisen. Ehe ich mich versah (und trotz einiger völlig anders gelagerter Querschüsse), war Mittag.

Mittagessen: Apfel (Ernteanteil), Hüttenkäse, Granatapfelkerne.

Dann weitergeackert und sehr, sehr viel weggeschafft – davon das meiste nur in Präsenz zu erledigen, und vieles davon ermöglichte Teammitgliedern, von daheim zu arbeiten. Ich jonglierte mit so vielen verschiedenen Themen, dass ich bei einem externen, unbekannten Anruf kurz vor fünf nur mit Anstrengung die Konzentration für eine professionelle Meldung aufbrachte. (War dann ein vertrauter Dienstleister, der über mein Gestammel herzlich lachte.)

Bei Feierabend war ich so erledigt, dass ich mich schier nicht zum Heimgehen aufraffen konnte.

Letztendlich natürlich doch. Heimweg über Lidl (da gibt’s einfach großartig schweinische Weihnachtssüßigkeiten, unter anderem Mini-Marzipan-Butterstollen mit Schokoladenüberzug – Weihnachts-Cakepops!) und Vollcorner (Birnen und viel Feldsalat – Herr Kaltmamsell hatte sich Feldsalat zum Abendessen gewünscht).

Zu Hause erst mal eine Runde Yoga, tat gut. Dann putzte ich ziemlich lang den Feldsalat, der lang nicht so schön war wie unserer aus Ernteanteil – viele angefaulte Blättchen. Es gab ihn mit Granatapfelkernen nach einem Teller Linsensuppe von Herrn Kaltmamsell. Nachtisch waren schweinische Lidl-Weihnachtssüßigkeiten.

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München arbeitet nach Jahrzehnten wieder an einem Stadtentwicklungsplan, dem Stadtentwicklungsplan 2040. Jetzt ist die Phase Bürgerbeteiligung gestartet: Man kann priorisieren, kommentieren, Ideen abgeben.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 6. Dezember 2021 – Geschenkekauf nach Feierabend

Dienstag, 7. Dezember 2021 um 6:29

Wieder bis halb fünf durchgeschlafen (super!), danach nochmal eingeschlafen (super!).

Nach dem Aufstehen der GAU bei der Einlagerung der sonntags gebackenen, jetzt ganz abgekühlten Christstollen: Es war zu wenig Alufolie zum doppelten Einwickeln im Haus. Da krähe ich jedes Jahr, dass Stollenbacken in Wirklichkeit eine Verschwörung der Alufolien-Industrie ist, und dann arbeitet nicht mal die Weltverschwörung zuverlässig. Ich stellte das Blech mit dem einen gar nicht und dem anderen unzureichend eingewickelten Backwerk auf die Küchen-Hängeschränke, damit sie dem Putzmann nicht im Weg waren.

Den morgendlichen Milchkaffee servierte ich Herrn Kaltmamsell mit Schoko-Nikolaus (siehe Datum), meiner stand vor der Wohnungstür.

Nachdem eine Zeit lang morgens immer eine Süddeutsche mehr als Abos im Haus vor den Briefkästen lag, gab es gestern wieder gar keine. Gleicht sich wahrscheinlich über die Zeit aus.

Draußen lustloser Schneeregen. Für den Weg in die Arbeit erwischte ich eine Pause und blieb trocken. Das war Dussel, den ein genauerer Blick beim Wechseln meiner Schneestiefel zu Büroschuhen zeigte sich deutlich lösende Klebenähte an der Sohle – nach fast 20 Jahren Tragen. Oh je, solche warmen Kunstfell-Stiefel mit dicker Sohle und geeignet für schnelles Rein- und Rausschlüpfen hat man derzeit überhaupt nicht, Ersatz wird schwierig werden.

Viel kleinteilige Arbeit in der Arbeit.

Mittags gab es das letzte Stück Empanada vom Freitag und einen Apfel. Ich buchte einen Schnelltest-Termin für Donnerstag nach Feierabend, damit ich abends im Verein eine Stunde auf den Crosstrainer kann: Einlass wie im Dantebad nur geimpft oder genesen – und getestet.

Nach Feierabend ließ ich offen, ob ich noch zum Weihnachtsgeschenkekaufen gehen würde – nur wenn mir das Gehen gefiel. Das tat es in der fast frostig kalten, aber klaren Luft, also marschierte ich bis zum Marienplatz für Geschenke, die ich lieber im Laden aussuchte. Die Fußgängerzone war fast so belebt wie am Samstag.

Daheim wartete ausreichend Alufolie auf mich (Herr Kaltmamsell hatte die Einkaufsliste abgearbeitet), ich konnte die Stollen einwickeln. Außerdem entkernte ich einen Granatapfel für die nächste Brotzeit.

Zum Nachtmahl linderte Herr Kaltmamsell den Bratwurstmangel, der sich durch das Fehlen der Christkindlmärkte ergeben hatte: Er servierte Bratwürste (je eine rote und weiße) mit Kartoffelpü (Ernteanteil) und Ofenkarotten (Ernteanteil) sowie Zwiebelsauce. Zum Nachtisch reichlich Süßigkeiten.

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Mittags in der Süddeutschen (Abteilungsexemplar) entdeckt: Der Bayerische Heimatverein hat einige Dutzend Fotos von Bauernhäusern und anderen markanten Gebäuden aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts online gestellt, die sich bislang nicht identifizieren lassen und bittet um Hilfe:
“Kennen Sie dieses Haus?”

Ist ja auch citizen science, die Fotos lohnen das Durchklicken aber auch ohne Wurzeln in dieser Gegend.

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“150 Unternehmen ändern Markenclaims für größte Impfkampagne aller Zeiten”.

Come impf and find out ist schon schwer zu toppen.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 5. Dezember 2021 – #WMDEDGT

Montag, 6. Dezember 2021 um 6:35

Es war der 5. des Monates, ich hatte einen Tag ohne Arbeitsgeheimnisse, also kann ich mich an Frau Brüllens #WMDEDGT (Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag) beteiligen.

Von wegen Yoga macht stark: Schon beim Aufwachen um halb sieben (nach siebeneinhalb Stunden Durchschlafen! so schön!) spürte ich ordentlich Muskelkater im Po aufziehen. Apropos ziehen: Frischen Hausanzug angezogen, Bett abgezogen, Waschmaschine gefüllt.

Es war ja noch ein paar Stunden dunkel, also Lampen im Wohnzimmer angeschaltet, Milchkaffee für Herrn Kaltmamsell und mich gemacht. Auch diesen Winter schäumt eine sonst immer gut schäumbare Milch auf einmal nicht mehr: die Bio-Eigenmarke vom Rewe, Vollmilch “traditionell hergestellt”. Kein Erklärungsansatz für die Schäumbarkeit von Milch (Eiweißgehalt, Fettgehalt, Temperatur) hat mich bisher überzeugt: Gibt es ausgerechnet dazu keine sauberen Versuchsreihen, sondern nur Theorie?

Über Milchkaffee und einem Glas Wasser gebloggt, mit einer großen Tasse Tee Twitter nachgelesen. Dazwischen Wäsche versorgt.

Gegen zehn machte ich mich mit Zähneputzen und Katzenwäsche fertig für eine Laufrunde, die erste mit Handschuhen. Plan war, über den Südfriedhof zur Isar zu spazieren und an der Wittelsbacherbrücke loszulaufen, doch es war in meiner Laufkleidung (wie hier) zu kalt zum Spazieren: Ich joggte schon auf dem Südfriedhof los.

Jetzt, wo ich wieder Isarlaufen kann, sah ich selbst die Winterbader, von denen ich bislang nur las (ist wohl während der Corona-Schließungen eine Bewegung geworden). Am Flaucher war es gleich eine etwa Dutzend-köpfige Gruppe.

Keine weiteren Fotos, weil der Akku des Handy in der Kälte wieder schlapp machte. Laufen ging gut, fühlte sich in der ersten Hälfte aber anstrengend an. Ich trabte am Ostufer bis zu Maria Einsiedel, kreuzte die Isar, lief um den Hinterbrühler See, über Flaucher und Westseite der Isar zurück zur Wittelsbacherbrücke. Das waren anderthalb Stunden ohne irgendwelche Probleme, weder mit Hüfte noch mit Achillessehnen – ein Geschenk.

Nach dem samstäglichen Regen waren die Wege allerdings ausgesprochen Herbstlaub-matschig.

Ich kaufte Semmeln beim Wimmer in der Westermühlstraße und spazierte heim. Jetzt war ich ziemlich durchgefroren: Ich ließ mir das zweite Vollbad überhaupt in der neuen Wohnung ein – das ist halt nur mittel-attraktiv, wenn der Heizkörper im Bad nicht funktioniert. War dann ok.

Zum Frühstück gab’s zwei Semmeln, außerdem die letzten beiden kleinen Orangen aus der Crowdfarming-Lieferung und eine Banane.

Der Nachmittag gehörte dem Stollenbacken, zweite Runde. In den Geh- und Backzeiten bügelte ich (mein Muskelkater führte inzwischen zu lustigem Watscheln). Und bei all dem hatte ich Musik auf den Ohren, wieder den hochinteressanten Brudefamilien-Mix auf Spotify. Dabei Nachdenken über Weihnachtsgeschenke, ich hatte Ideen (und Beratung auf Twitter, aber leider gibt es wohl wirklich keinen menschlichen Bauchinnenraum aus Lego, auch keine Monopoly-Variante “Deutsches Gesundheitssystem” – sad).

Blumengießen, Bettüberziehen. Das Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell, es gab Schaschlik.

Und zum Nachtisch den Orangenflammeri – der mit fünf Gramm mehr Stärke nicht nur nicht fest, sondern sogar Sauce geworden war, ein Rätsel.

Wir löffelten ihn halt aus den Förmchen. Und schoben noch ein wenig Schokolade nach.

Fernseher aus, sonntagabendliches Computer-Backup auf externe Festplatte.

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Als am Samstag auf Twitter #MircoNontschew trendete, fürchtete ich lediglich, dass sich wieder ein Promi fürs Querdenken stark machte. Doch es war schlimmer: Mirco Nontschew war gestorben.
Ich war in den 90ern überrascht und hatte mich darüber gefreut, dass ein junger deutscher Komiker physical comedy machte, also Gaudi bloß mit Körper und Gesicht – das war und ist in unserem Kulturkreis selten. (Und ich erinnere mich, dass an genau seinem Beispiel Herr Kaltmamsell und ich unterschiedliche Geschmäcker erkannnten: Er mag physical comedy nicht.) Ein schöner Nachruf in der Zeit.

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Wieder bei Crocodylus gefunden:
“Warum die rührselige Armuts-Doku im ORF einfach nicht gut genug ist”.

Viele Beschreibungen aus Österreich sind auf Deutschland übertragbar.

In einer Szene besucht die Journalistin eine alleinerziehende Mutter und deren Sohn zu Hause im Gemeindebau. Was er sich denn zu Weihnachten wünsche? “Nicht viel, eigentlich gar nichts,” antwortet der Bub. Die Journalistin besteht auf einer Antwort: Wenn er was auf seinen Wunschzettel schreiben müsste? Da muss er schon darüber nachdenken, sagt er. Eine kurze Nachdenkpause, trotzdem, der 12-Jährige bleibt bei seiner Antwort. Er hat keinen Wunsch. Die Journalistin ist überrascht und lacht: “Du wünscht dir nichts zu Weihnachten? Na, du bist aber wirklich bescheiden!” Nein, möchte ich ihr zurufen, schreien will ich es. Der Bub ist nicht bescheiden, der Bub ist arm.

Wer als armes Kind geboren wird, weiß um die Last, die die Eltern tragen. Die Last ist unsichtbar, sie wird nicht ansprochen, nie erklärt, nicht in Worte gefasst. Ein armes Kind weiß davon, wie es weiß, dass der Himmel blau oder Wasser nass ist. Die Armutslast der Eltern ist so naturgesetzlich wie die Schwerkraft. Jedes arme Kind hat den Wunsch, dass die Mama, der Papa nicht mehr arm sind. Und nicht, weil dann das Paradies ausbricht, und man mehr Spielzeug bekommt, als man in sein winziges Kinderzimmer stopfen kann. Nein, weil es den Eltern eine Last nehmen will.

(…)

Dabei wollen alle Eltern das Beste für Ihr Kind. Für die einen bedeutet das, Babyschwimmen besuchen, musikalische Früherziehung buchen, Lebkuchenhaus basteln. Die anderen hängen nach der Schicht noch ein paar Stunden dran, fahren Nachtschicht, gehen am Wochenende rein, die Zulage ist wichtig, die Kinder brauchen Winterschuhe. Die sind jetzt dringender als die Zeit, die man braucht um bei der Hausübung helfen zu können.

Mir bleibt immer wieder die Spucke weg, wenn Privilegierte (wie ich) kein Mitgefühl aufbringen können und achselzuckend darauf verweisen, wie viele Hilfsangebote und -gelder es vom Staat gibt. Offensichtlich können sie sich nicht vorstellen, dass das Wissen um diese Angebote zu vielen Armen überhaupt nicht durchdringt, dass in vielen Bevölkerungsschichten die ganze Informations- und Organisationsstruktur eine andere ist. Irgendwann brachte ein Tweet diese bornierte Haltung auf den Punkt: “Wenn ICH arm wäre – wäre ich nicht lange arm.” Dabei besteht die größte Anstrengung offizieller Stellen darin, an die betroffenen Leute überhaupt ranzukommen, deshalb gibt es Sozialarbeiter*innen, Streetworker, Stadtteilzentren.

In meiner ganz kleinen Welt bin ich für Hilfe nur nah genug an zwei, drei armen Menschen: Kleine Infos im Einzelfall, Unterlagen kopieren.

§

@robicellis verpasst ihren Anschlussflug und muss die Nacht am Chicagoer Flughafen verbringen. Statt sich zu grämen, holt sie in einem Twitter-Thread alles aus dieser Nacht heraus.

die Kaltmamsell