Journal Donnerstag, 25. März 2021 – Flucht in Serien

Freitag, 26. März 2021 um 6:47

Die Woche zieht sich unangenehm – erst Donnerstag.

Es war wirklich deutlich milder geworden, kein Frost mehr auf der Theresienwiese, ein sonniger Tag. In meinem Büro hatte ich fast durchgehend das Fenster gekippt.

Mittags gab’s gekochten Perldinkel mit roter Paprika, Tomate und Feta.

Aus dem Augenwinkeln verfolgte ich weitere Nachrichten zu Pandemie-Maßnamen in Deutschland: Es gab keine. De facto ist derzeit die hiesige Pandemie-Strategie Durchseuchung (-> viele Tote), die Infektionszahlen steigen weiter exponentiell. Einen Plan kann ich allerdings selbst hierfür nicht unterstellen, denn das setzt ein paar Grundkenntnisse der Epidemiologie voraus. Laschet und Bouffier bewiesen am Mittwoch mit ihren Aussagen, dass ihnen diese fehlen (Laschet: “Wir alle hatten die Hoffnung, (…) dass wenn der Frühling kommt, es wärmer wird, die Virusansteckungen zurück gehen und die Zahlen sinken, und wir erleben im Moment genau das Gegenteil. Das ist nervig.” NICHT WIR ALLE SCHNUCKI NUR DIEJENIGEN DIE ALLE EXPERTEN UND EXPERTINNEN IGNORIERTEN!)

Den Heimweg ging ich wieder über eine Schleife auf der Theresienwiese, die bunt war vor Menschen (und groß genug ist, dafür genug Platz mit Abstand zu bieten), die spazierten, Sport trieben, Skateboardfahren lernten, herumsaßen, sie wie ich zu Fuß oder radelnd kreuzten.

Zu Hause freute ich mich über die licht-durchflutete Wohnung mit geöffneten Fenstern und ging das diesjährige 30-Tage-Yoga-Programm von Adriene an: “Breath”.

Abendessen war aus Ernteanteil ein Salat aus Spinat, Portulak, Kerbel mit Feta. Zum Sattwerden gab’s Süßigkeiten. Eine Nachbarin brachte zum Einzug Salz und ein kleines selbstgebackenes Brot vorbei, dazu dreierlei Sauerteige: Sie hatte vor Kurzem das Brotbacken für sich entdeckt.

Übrigens hatte Herr Kaltmamsell für die Tom Kha Gai versehentlich zu frischem Kurkuma statt zu Galgant gegriffen, ihn nach Rücksprache einfach genauso verwendet, und jetzt bin ich Fan von frischen, saftigen Kurkumastücken in Suppe.

Abendunterhaltung waren die Folgen 5 und 6 von Beforeigners – genau das Richtige, um mich von der SITUATION und meiner Anspannung abzulenken. Denn ich kann zwar auch lesen, doch nur selten falle ich derzeit so richtig in ein Buch. Vielleicht sollte ich wirklich mehr Serien gucken.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 24. März 2021 – Frühlingseinsatz

Donnerstag, 25. März 2021 um 6:20

Zerhackte Nacht, aber ohne längere Pausen. Sonniger Weg in die Arbeit, die Theresienwiese überfrostet – aber ab jetzt soll’s wärmer werden.

So schnell hatte ich eine Tageszeitung selten altern sehen: Schon als ich die Süddeutsche in der Mittagspause aufschlug, konnte ich die ersten drei Seiten zu den neuen Pandemie-Maßnahmen überblättern, die Kanzlerin hatte nach erneuter Besprechung mit den Ministerpräsident*innen alles ersatzlos zurückgenommen, wir lassen den exponentiellen Anstieg also erst mal laufen. Sieht aus, als wartete ich mit Plänen für die Karwoche oder die Osterfeiertage besser noch ein paar Tage.

Zu Mittag gab’s Avocado (diesmal enthielt die Lieferung leider viele mit braunen Stellen), Hüttenkäse und Granatapfelkerne. Nachmittags noch eine Orange.

Für den Heimweg in goldener Abendsonne brauchte ich keine Mütze mehr und der Wintermantel war zu warm. Kurzer Abstecher für Einkäufe in den Supermarkt.

Zum Abendessen gab es die zweite Hälfte des Tom Kha Gai vom Vorabend, dann Schokolade.

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@nicolediekmann fragte:

Doch mir fällt nichts ein. Denn ich weiß nicht, wie und wann die Welt sein wird, wenn “das alles vorbei” ist. Ende 2021? Das erscheint mir unwahrscheinlich, selbst wenn dann alle in Europa “ein Impfangebot erhalten” haben, fürchte ich, dass die für eine Herdenimmunität gegen die Mutationen nötige Quote zwischen 70 und 80 Prozent der Bevölkerung durch Impf-Verweigerer verhindert wird. Eine Rückkehr zu ungefähr wie vorher könnte also noch ein paar Jahren dauern. Ich weiß nicht, was mir dann wichtig sein wird.

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Der junge und fotogene Brightoner Schneider Zack Pinsent hat sich einen Anzug in Regenbogenfarben geschneidert, zeigt ihn auf instagram und reflektiert über sein Schwulsein. Den Text finde ich so gut, dass ich ihn hier übersetze (ich hoffe, ich verwende im Deutschen die angemessenen Begriffe und bitte um Korrektur, wenn nicht).

Jahrhundertelang war der Regenbogen ein Symbol der Hoffnung und Einheit, das ist auch heute so. Schwul aufzuwachsen ist verzwickt. Von Geburt an werden bestimmte Dinge vorausgesetzt: dass du Frauenherzen brechen wirst, heiraten und für die Enkel deiner Eltern sorgen. Dein ganzes Leben lang wirst du ausgerichtet auf etwas, hinter dem du nicht so richtig stehen kannst, aber du weißt nicht warum. Deine Freundinnen und Freunde vergucken sich in jemand, haben einen Freund, eine Freundin. Doch du kannst nicht recht ausdrücken, was deine Gefühle bei dem ganzen sind, du glaubst, dass deine Gefühle für andere Jungs halt die für beste Freunde sind. Dann entdeckst du, was “schwul” bedeutet, und schwul ist schlecht und wird ausgelacht, ist etwas, was du ganz sicher nicht sein willst. Deine Freunde und Freundinnen erleben erste Küsse und Beziehungen ganz offen und unbeschwert, doch du musst verstecken, wer du bist.

Als Schwule haben wir all die Meilensteine nicht erlebt, die die Grundlage für gesunde Beziehungen und Selbstwahrnehmung sind. Wer du bist, ist ein Witz, und du kannst keine Verbindung herstellen zu dem komischen Stereotyp, das allgemein akzeptiert ist, weil wir alle in eine Schublade passen müssen. Als ich heranwuchs, stand Schwulsein noch unter dem Schatten von section 28 [ein Gesetz, das von 1986 bis 2003 in Großbritannien Gemeinden, Schulen und Kommunalbehörden die „Förderung von Homosexualität“ verbot, was zur Konsequenz hatte, dass in allen Bereichen des öffentlichen Lebens nur noch negativ über Homosexualität berichtet werden durfte]. Dinge haben sich zum Positiven verändert, aber Schwulsein ist immer noch in 75 Nationen verboten, in 12 davon unter Todesstrafe. Das dürfen wir nicht vergessen – und dass der Regenbogen immer ein Zeichen der Hoffnung sein wird.

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Kathrin Passig hat sich übers Archivieren literarischer Internet-Inhalte Gedanken gemacht und auf der Konferenz “Literaturarchiv der Zukunft” vorgetragen. Hier nachzulesen.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 23. März 2021 – Ministerpräsidentenkonferenz erfindet den “Ruhetag” gegen Corona

Mittwoch, 24. März 2021 um 6:27

Nicht verschlafen, weil ich das weckende Telefon aufs Nebenkopfkissen gelegt hatte.

Fußweg in die Arbeit OHNE Schneeflocken, es blinzelte sogar ein wenig die Sonne.

Am Vormittag schlug ich vorsichtig die vorabendlichen Pandemie-Beschlüsse der Ministerpräsident*innenkonferenz MPK nach. Ich habe sie nicht kapiert – also nicht nur im Sinn von WARUM?!, glauben die wirklich, fünf Tage Daheimbleiben bringen etwas?! -, sondern auch nicht, was sie bedeuten, z.B.

Um eine Phase der Osterruhe zu entwickeln, sollen Gründonnerstag und Ostersamstag Ruhetage mit weitgehenden Kontaktbeschränkungen werden. Es gelte dann an fünf Ostertagen das Prinzip „Wir bleiben zu Hause“.

Den Gründonnerstag habe ich Urlaub genommen, doch ich ahne, dass mein Plan nicht aufgehen wird, ihn für eine Fahrt zum Wertstoffhof zu nutzen. Oder doch? Gelten die Kontaktbeschränkungen nur für private Treffen? Am frühen Nachmittag dann die Pressekonferenz der Bayerischen Staatsregierung: Gründonnerstag wird zum Feiertag erklärt. Das heißt zum einen, dass es nichts mit Wertstoffhof wird. Aber heißt es auch, dass mir kein Urlaubstag abgezogen wird? Ich bin sicher, dass Personalabteilungen und Betriebsräte derzeit rotieren.

Mittags gab es den restlichen Kohlrabi-Apfel-Petersiliensalat vom Vorabend, dazu ein Laugenzöpferl – sehr befriedigend und sättigend.

Heimweg in kalter Sonne, ich machte einen Umweg die Theresienwiese entlang. Zu Hause konnte ich mich nicht wie geplant sofort in Yoga-Kleidung stürzen: Es waren Handwerker da, die eine neue Klingel-/Gegensprechanlage einbauten (nicht nur bei uns, sondern im ganzen Haus). Also erst mal Blumen gegossen, Brotzeit für den nächsten Tag vorbereitet. Aber dann gab’s Yoga, die lange Abschlussfolge von Adrienes “Home”. Ich kam ins Schnaufen und Schwitzen.

Herr Kaltmamsell hatte vergangenen Freitag aus den Hühnerknochen eine Brühe gekocht, auf meinen Wunsch wurde sie gestern Basis einer Tom Kha Gai, statt mit Hähnchenfleisch mit Räuchertofu. Schmeckte sehr gut. Nachtisch Schokolade.

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InStyle hat ein schönes Interview mit Melissa McCarthy, die seit ein paar Monaten in Australien lebt und arbeitet:
“Melissa McCarthy Does It for the Laughs”.

Und wenn ich schon mal da war, suchte ich gleich den Trailer von Thunder Force, weil: Melissa McCarthy und Octavia Spencer als Superheldinnen? Yes please.

https://youtu.be/kJa8b8Zplv4

die Kaltmamsell

Journal Montag, 22. März 2021 – Montagsfrage zum Anfang und Grund des Bloggens

Dienstag, 23. März 2021 um 6:41

Ein bisschen zu gut geschlafen – Herr Kaltmamsell musste mich wecken, weil ich zehn Minuten Weckerklingeln überhört hatte, trotz näherer Platzierung. Ich war dann fast eine Stunde völlig schlaftrunken.

Fußweg in die Arbeit wieder durch vereinzelte Schneeflocken und scharfen Wind, den ganzen Tag über schneite es immer wieder. Gestern entdeckte ich vorm Wohnhaus die Veilchen, die ich oft auch schon im Februar gesehen hatte, aber ansonsten raffen sich nicht mal die Forsythien zum Blühen auf. Auch wenn meine Sehnsucht nach Sonne und Wärme groß ist, würde ich derzeit mit einem weiteren Talmi-Sommer und Temperaturen über 20 Grad hadern: Zu sehr schmerzten mich die in späterem Frost erfrorenen Obstbaumblüten, die es in den vergangenen Jahren mehrfach gab und die die Obsternte ganzer Landstriche in Bayerns Süden ausfallen ließen. Also jetzt lieber noch ein paar Tage Schneeflocken und Temperaturen um den Gefrierpunkt, dann langsamer Start des Frühlingprogramms.

Über den Vormittag breitete sich in meinem Körper ein leichter, wohliger Muskelkater vom sonntäglichen Krafttraining aus, gerade genug um zu merken, dass ich richtig trainiert hatte.

Im Büro fror ich fast den ganzen Tag, vielleicht ist meine Winter-Wärmeenergie dann doch aufgebraucht.

Zu Mittag gab es Avocados mit Grapefruit, nachmittags einen Apfel und Nüsse.

Der Heimweg wurde wieder durch scharfen Wind vereist. Zu Hause absolvierte ich nochmal die Runde Yoga vom Vortag. Davor hatte ich die Waschmaschine an den Geschirrspüler-Wasserhahn gehängt um zu waschen. (Die Hausverwaltung wird einen Installateur schicken, “aus dem Hahn kommt gar kein Wasser und am anderen Eckventeil angeschlossen läuft sie” überzeugte, dass es nicht an der Waschmaschine liegt.)

Gulasch geht nicht in kleinen Portionen, Abendessen war also Sonntagsessen Teil 2. Dazu hatte ich aus Ernteanteil-Kohlrabi einen Salat mit Apfel gemacht (obwohl er in dem Rezept sowohl als “gesund” als auch “leicht” angekündigt war – was mich sonst zuverlässig abschreckt), schmeckte sehr gut. Herr Kaltmamsell hatte auch Feldsalat besorgt, gab’s als weitere Beilage.

Vorher ein Anruf mit erlösender Information: Meine Eltern haben beide Impftermine, noch vor Ostern.

Joël stellt seit einige Wochen eine Montagsfrage. Gestern lautete sie:
“Warum bloggst du und wie hat das damals bei dir alles angefangen?”

Ich blogge so lange (fast 17 Jahre, konsequent als tägliches Tagebuch seit August 2013), dass es zu meinem Leben gehört. Vogel fliegt, Fisch schwimmt, ich blogge. Und ich bringe die Energie dafür immer noch täglich auf, weil ich nicht muss. Weil ich weiß, dass ich jederzeit “heute schien die Sonne, sonst war nichts” als Tagespost veröffentlichen könnte, wäre auch ok. Aber irgendwas ist halt dann doch immer. Und mittlerweile ist das Blog für mich das zentrale Nachschlagewerk eigener Vergangenheit geworden, ich tue meinem künftigen Ich gerne den Gefallen, die spätere Vergangenheit nachschlagbar zu machen (außer in den Belangen, die hier nicht auftauchen, die ich aber manchmal zum Festhalten als nicht-öffentliche Einträge hinterlege).

Wie es angefangen hat, weiß ich nicht mehr so recht. Von Blogs erfuhr ich im Web im brandeins-Forum, in dem ich seit 2000 mitdiskutierte, zunächst erschien mir das Format besonders attraktiv für Herrn Kaltmamsell und seine abseitigen Interessen wie US-amerikanische Radio-Shows der 1930er und 40er oder Verlagsgeschichte von Superhelden-Comics: Wenn er darüber bloggte, würde er schnell die paar weiteren Menschen finden, die sich ebenfalls mit diesen Themen beschäftigten.

Wie fast alle las ich erst mal Blogs, unter anderem die persönlichen Blogs von Anke Gröner, Don Dahlmann, stattkatze und Lyssa, Link-Blogs wie Industrial Technology and Witchcraft, Antville-Gemeinschaftsblogs wie tug (trunken & genau), Alltags-Blogs von Menschen in den USA oder UK. Bis ich recht schnell auch sowas haben wollte und Herrn Kaltmamsell um Unterstützung bat. Mich reizte der Technik-Aspekt und der Austausch mit ähnlich gesonnenen Leuten, die ich auf anderem Weg niemals kennengelernt hätte – wie ich es bereits im Forum erlebt hatte.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 21. März 2021 – Keine Lust auf eisiges Draußen

Montag, 22. März 2021 um 6:53

Nach gutem Schlaf zu früh aufgewacht. Ich angelte nach meiner Brille, schob mir ein weiteres Kissen unter den Kopf und schaute vom warmen Bett aus eine Weile den kahlen Park im Morgengrauen an.

Am Vormittag gönnte ich mir endlich mal wieder ausführliches Krafttraining, Aufwärmen auf dem Crosstrainer (während Herr Kaltmamsell draußen ein Runde joggte und nicht unter dem Lärm leiden konnte).

Geduscht und angezogen brachte ich mehr Aussortiertes in den Keller, wo es auf den Transport zum Wertstoffhof wartet, ging kurz raus zur Wertstoffstonne – es war beißend kalt zwischen den vereinzelten Schneeflocken. Dazu kam bleigrauer Himmel (Farbton Januar in Berlin), mich zog es gar nicht zu einem Spaziergang raus.

Zum Frühstück aß ich den Rest Ofengemüse vom Vorabend (schmeckte auch kalt sehr gut, merken), einen Apfel, Nusskuchen.

Ein Stündchen bügeln, diesmal im Wohnzimmer mit neuem Süd-Ausblick, das war besonders schön. Vorm Haus kurze Übergabe der entliehenen Krücken, leider braucht die Entleiherin sie wieder. Austausch von Zu- und Umständen.

Kalt war es, wir mussten rundum Heizungen aufdrehen, um die Wohnung auch nur Pulli-und-Socken-gemütlich zu machen. Ich las das Granta 154 aus, einige gute Texte darin. Nach draußen zog es mich auch deshalb nicht, weil die neue Wohnung noch aufregend ist, ich wohne einfach gern.

Im Abendgrauen eine Runde Yoga, kurz vor Ende der 30 Tage “Home” wurde es nochmal anstrengend.

Das Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell, seit nachmittags roch es appetitlich aus der Küche: Es gab Rindergulasch mit Böhmischem Knödel. Die Tagesschau vermeldete 30 Prozent höhere Infektionszahlen als am Sonntag davor, die Pandemie entwickelt sich weiterhin, wie diejenigen Expert*innen, deren Prognosen seit einem Jahr stimmen, als Warnung vor Lockerungen vorhergesagt hatten.

Abendunterhaltung waren die Folgen 3 und 4 von Beforeigners – ich war weiterhin begeistert vom Drehbuch, das mich immer wieder überraschte und dessen Erzählökonomie ich schätzte. Ausgezeichnete Schauspieler und Schauspielerinnen hat die Serie zudem.

Aufräumen für Putzmann-Besuch, die putzbaren Bereiche sind im Vergleich zur Vorwoche deutlich größer geworden.

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Ich kann schon auch über Fußball lachen!

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 20. März 2021 – Fernsehfund

Sonntag, 21. März 2021 um 7:44

Unruhige Nacht für uns beide. Während Herr Kaltmamsell schon vor sechs aufgab, versuchte ich mit Erfolg nochmal zu einzuschlafen und wachte erst nach sieben auf.

Zubereitung des Morgenkaffees mit diesem Ausblick vom Küchenbalkon.

Ich sehnte mich arg nach schweißtreibendem Sport – aber QuietschKlackerKnarz. Deshalb schob ich den Crosstrainer in die Küche, an den am weitesten von Herrn Kaltmamsells Arbeitsplatz entfernten Ort in der Wohnung. Wozu ich bald um des Herrn Hilfe bat, denn die Rollen am Crosstrainer gaukeln einen deutlich einfacheren Transport vor, als er dann tatsächlich war. Ich strampelte mit schönem Ausblick, immer wieder fiel Schnee.

Mittägliche Einkaufsrunde, draußen war es mindestens so kalt, wie es aussah: Semmeln beim Bäcker, Zutaten fürs Abendessen beim Basitsch, im Blumenladen am Stephansplatz kaufte ich eine Lage Primeln, zu denen mich diese Schüssel gelockt hatte.

Zum Frühstück gab’s eine Semmel mit Avocado und zwei Scheiben Nusskuchen. Mit einer Siesta Schlaf nachgeholt.

Einrichtungsdinge gestern: Ein Loch gebohrt zur Stabilisierung eines Buchregals, im Bad Hinterlassenschaften der Vormieter überm Waschbecken entfernt, und zwar einen riesigen Flüssigseifenspender, einen Magnetseifenhalter und zwei Halterungen, deren Zweck sich nicht erschließen ließ. Nach Internetrecherche entfernte ich die mannigfaltigen Kleberreste mühevoll, aber letztlich erfolgreich mit der Rasierklinge (Werkzeug zur Kochfeldreinigung).

Zeitunglesen im Sessel, bis es Zeit fürs Abendessenkochen war (Herr Kaltmamsell überließ die Küche mir): Es gab Pastinaken und Karotten aus Ernteanteil als Ofengemüse, dazu Sauerrahm mit Kresse. Drinks: Highballs aus Ginger Ale und Canadian Whisky.

Abendunterhaltung: Die Medienseite der Süddeutschen Zeitung hatte mich auf eine norwegische Fernsehserie in der ARD-Mediathek aufmerksam gemacht, deren Grundannahme sich sehr interessant las – Beforeigners. Weltweit tauchen Menschen aus der Vergangenheit im Meer auf, zu vielen tausenden. Die Serie spielt einige Jahre später in Oslo, wo Menschen aus der Steinzeit, der Wikingerzeit und aus dem 19. Jahrhundert Teil der Gesellschaft geworden sind, bei Weitem nicht integriert. Hauptfiguren sind ein Kriminalkommissar mit (natürlich) persönlichen Problemen und die erste Polizistin mit “multitemporalem” Hintergrund. Wir sahen zwei Folgen an, und ich freute mich sehr daran, wie das Thema Einwanderung und Diversität über diese Analogie durchgespielt wird, die Herkunftsort mit Herkunftszeit ersetzt – inklusive nEhMEn uNS dIe fRauEn WEg, falsch ausgesprochenen Namen und völlig un-stereotyper Genderverteilung im Ermittlerpaar (die Zeitreisende war Wikinger-Kriegerin).

(Zweckpessimismus: Wenn die Serie mir gefällt, bedeutet das, dass sie nicht kompatibel mit dem Programmprofil ist und nach der ersten Staffel wieder abgesetzt wird. Meh.)

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 19. März 2021 – Weiterhin Schnee, erstes Kuchenbacken in neuer Küche

Samstag, 20. März 2021 um 8:47

Schon wieder verschlafen (um 10 Minuten), ich muss meinen Smartphone-Wecker näher heranrücken.

Draußen hielt sich der Winter, den ganzen Tag über schneite es immer wieder.

Hübsch, aber an einem 19. März komplett unnötig: verschneiter Bavariapark.

Im Büro ohne Ausweichbewegungen sofort die Panik-Aufgabe vom Vortag angegangen (mir war nachts ein Work-around eingefallen, der zum gewünschten Ergebnis führen konnte): Drei Stunden ultra-konzentriertes Arbeiten, jetzt sollte das hoffentlich erledigt sein.

Der Donnerstag fühlte sich ja abschließend wie Superdeppen-Fiasko an, dabei hatte er mit einem für mich typischen Erfolgserlebnis begonnen: Ich hatte ein komplexes, mittelgroßes Unternehmensproblem gelöst, das kaum jemand als Problem auf dem Schirm gehabt hatte. Gestern wurde ich cc gesetzt, wie jemand meine Lösung gleich praktisch anwendete, und das freute mich sehr. (Doppelte Arroganz: Ich fühle mich ersetzbar, weil ja ohne mich niemand diese Probleme hat, die ich ans Licht zerre. Und wenn sie ohne mich explodiert wären, hätte sie sicher auch niemand als wirklich schlimm empfunden – nur ich, SUPER-SHERLOCKINE, erkenne die ganze Tragweite.)

Heimweg in einem weiteren Schneegestöber, auch solche Anblicke halte ich für unangebracht:

Ich machte mich sofort ans Backen des ersten Kuchens in neuer Küche, eines “So backst du saftigen Nusskuchen besser als deine Oma”. Tatsächlich hatte mir nur das schlichte Rezept gefallen, der Text passt eh nicht dazu und sieht nach 90 Prozent SEO aus zur Maximierung von Traffic, den bereits seit vielen Jahren Algorithmen zusammenstellen statt Redakteurinnen. Nusskuchen besser als meine Oma zu backen, und hier fange ich gar nicht erst mit den Gender-Stereotypen an, die sich selbst 2021 backende Opas nicht vorstellen können, ist die einfachste Übung der Welt, denn meine spanische Yaya buk überhaupt keinen Kuchen (Kuchen kaufte man in Spanien zumindest damals zu besonderen Anlässen beim Bäcker oder in der Pastelería und machte ihn nicht selbst), meine polnische Oma ließ Kuchen grundsätzlich zu lange im Ofen, ihre waren immer sehr trocken.

Herr Kaltmamsell hatte sich Nusskuchen gewünscht, er bekam Nusskuchen (wenn auch mit gemahlenen Mandeln, weil die halt noch da waren). Die Handgriffe und Orte beim Backen müssen sich noch einrütteln in der neuen Küche. Ich fürchte, unser Brotkasten wird rausfliegen: Nimmt viel zu viel Platz weg an strategisch wichtigen Plätzen, wird dafür viel zu wenig genutzt.

Alkohol zum Einläuten des Wochenendes: Prosecco mit Aperol. Herr Kaltmamsell servierte das besonders hübsche und wohlschmeckende Nachtmahl:

Tahini-Hähnchen auf Hummus mit Kichererbsen-Chips, Frühlingszwiebeln und Knoblauch.

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Auch diese Folge maiLab empfehle ich sehr: “Wie sicher ist AstraZeneca wirklich?”

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https://youtu.be/oBLQmE-nG60

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In den meisten Hetero-Familien sind es die Mütter, die sich um die Haushaltslogistik kümmern, meist vom Rest der Familie ohne Anerkennung als selbstverständlich hingenommen. Ich weiß, dass sehr viele davon träumen, einfach mal ein paar Tage das ständige Hinterherräumen und -putzen bleiben zu lassen, um diesem Rest vor Augen zu führen, dass es nicht von allein passiert. Eine, @MissPotkin, hat es durchgezogen – und zum Glück für uns alle dokumentierte sie es auf Twitter.

die Kaltmamsell