Journal Mittwoch, 7. Oktober 2020 – Komplettübermenschung
Donnerstag, 8. Oktober 2020 um 7:14Abschiedsblick aus dem Klinikzimmer. Ich hinterließ den Kaffeekassen von Pflege und von Service ordentliches Danke-Geld.
Als der Fahrdienst in der Tür des Krankenzimmers stand, war ich bis ins Mark übermenscht von den ständig neuen und dann sofort intensiven Kontakten (Sie wollen meine Nagelhäute nicht sehen – blutig gefiesel). Und als der freundliche Herr vom Roten Kreuz im Auto dann AUCH NOCH Konversation machen wollte, hätte ich fast geweint. Zum Glück halfen meine kurzen, aber nicht zu kurzen und immer freundlichen Antworten, auf der Autobahn war es dann eh zu laut.
Regnerische Fahrt über Landstraße bis zum Tegernsee, auf den Wiesen einen Graureiher erspäht, später innerhalb von zehn Minuten fünf Marterl am Straßenrand – hier derrennt man sich wohl gern.
In der Rehaklinik übergab ich alle Unterlagen, die man mir in der Garmischer Klinik mitgegeben hatte – und stand vor einer weiteren Prüfung: Das Ergebnis meines Corona-Tests in der Klinik vorgestern sei nicht dabei, ich möge dort anrufen und es in die Rehaklinik faxen lassen. Ich brach ein kleines Bisschen zusammen und wurde vorübergehend ehrlich: Im Moment, so sagte ich, erschienen mir zwei Tage Isolation nach einem erneuten Test ausgesprochen verlockend, ob man nicht einfach das machen könne.
Natürlich übernahm letztlich doch der Business-Autopilot und rief über eine Stunde so oft in der Klinik an, bis ich die richtige Person dranhatte. Die mich informierte, dass das Testergebnis sehr wohl bei den Unterlagen sei, sie schilderte mir das genaue Aussehen des Blatts, auf dem “links unten” das Testergebnis stehe.
Bis dahin hatte ich bereits das medizinische Aufnahmegespräch gehabt, bei dem ein weiterer Abstrich genommen wurde, das aber aus ganz anderen Gründen wirklich nicht vertrauenseinflößend war. Meine Zeit im Medizinparadies Klinikum Garmisch-Partenkirchen war eindeutig vorbei.
Mein Mittagessen stand bei Ankunft kurz vor 12 bereits auf meinem Zimmer, doch ich war die Sorte von durch den Wind, die mir jeden Appetit nimmt. Ich aß zumindest das Salätchen als Medizin.
ABER! Einzelzimmer. Und es wäre doch gelacht, wenn ich die erfolgreiche Geselligkeitsvermeidung der Reha 2019 hier nicht wiederholen könnte. Es zirbelnusst und dirndelt zum Gottserbarmen in dieser Rehaklinik (die Anlage umfasst ein Gebäude namens “Therapiestadl”), mein ebenerdiges Zimmer geht auf den Parkplatz. Allerdings mit Balkon.
Neu durch Corona: Die Gespräche und Untersuchungen finden auf dem Zimmer statt. Es kamen also vorbei: Pflegerin (Aufnahme), Ärztin (Aufnahme), Pflegerin (Medikamente), Medizinische Fachangestellte (EKG).
Ich legte mich aufs Bett, um mich irgendwie zu sammeln und zu entspannen. Am besten kann ich das ja beim Sport. Oder mit Alkohol. Sonst fällt mir eigentlich nichts ein. Also versuchte ich es mit Musikhören (zu viel Reiz), döselte dann einfach zwei Stunden vor mich hin. Danach ging es mir tatsächlich besser.
Nach ein wenig Internetlesen hatte ich sogar Lust auf einen Krückengeh-Ausflug durch die Gänge, danach stand bereits das Abendessen in meinem Zimmer. Ich aß mit Appetit Karottensuppe, Schinkenbrot und Coleslaw, suchte mir aus den beigelegten Menükarten das Essen für die nächsten Wochen aus.
Ab morgen werde ich im Restaurant essen. Wegen SITUATION wird in zwei Schichten serviert, ich bin der späteren zugeteilt.
Noch wackelt mein Vertrauen in die Organisation der Einrichtung: Ausstattung wurde doppelt gebracht, eine Stunde, nachdem mir der Behandlungsplan für Donnerstagvormittag “Stationszimmer, Gewicht” angetragen hatte, klingelte das Telefon und die Stationsschwester fragte mich nach Körpergröße und Gewicht.
Abendunterhaltung nach einem ausgiebigen Telefonat mit meiner Mutter war Fernsehen, The Good Doctor.














