Lieblingstweets April 2018

Mittwoch, 2. Mai 2018 um 20:11

Bitte entschuldigen Sie die Verspätung: Ich bin vor lauter Freizeit zu nichts gekommen.

Nachtrag: Lieblingstweetsammlungen wieder bei Anne Schüßler gesammelt.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 1. Mai 2018 – Wandern um die Ratzinger Höhe

Mittwoch, 2. Mai 2018 um 5:55

Dieses Jahr mache ich re:publica-Pause, also verbrachte ich den 1. Mai nicht in Berlin oder auf dem Weg dorthin, sondern in Bayern mit einer Wanderung. Herr Kaltmamsell und ich gingen wieder mal den Obst- und Kulturweg Ratzinger Höhe, doch zur Abwechslung in die Gegenrichtung der Wanderbeschreibung. Tatsächlich hatten wir dadurch weniger schöne Aussichten, vor allem aber mussten wir das steile Stück hinunter nach Thalkirchen mit Ausblick auf dem Simsee zwei Kilometer aufwärts gehen.

Da wir nach dem Wandern zum Abendessen einkehren wollten, zogen wir erst kurz vor Mittag los. Das gab mir Zeit, nach einem Päckchen in der Packstation zu sehen (sollte am Samstag gebracht werden, doch der Paketbote erwischte exakt die eine halbe Stunde, in der niemand daheim war). Und so lernte ich, dass es Packstationen mit der Öffnungszeit Mo.-Sa. 6.00-20.00 Uhr gibt: Ich stand vor einer verschlossenen Tür. Der Sinn einer Packstation mit diesen Zugangsmöglichkeiten fällt mir vielleicht irgendwann ein.

Der Himmel war bedeckt, und wir brauchten beide eine Jacke. Doch es blieb trocken, und die Temperatur war zum Wandern ideal. Die gemessenen 18 Kilometer waren ebenfalls genau richtig, an ihrem Ende waren wir nach viereinhalb Stunden mit einer kleinen und einer langen Pause (zum ersten Mal in Letten) gut durchgewandert, aber nicht fix und fertig. Die Blüte der Obstbäume ging gerade zu Ende, wir sahen aber noch einige wunderschöne Apfelbäume in voller Pracht.

Am Himmel und dicht über den Feldern flitzten viele Schwalben, wir erlebten zudem Amseln und Spatzen, Feldlerchen und Bussarde, sahen direkt vor uns in einer Wiese zwei Feldhasen. Und ich hörte nach vielen Jahren mal wieder einen Kuckuck.

Ich wusste tatsächlich nicht, dass Apfelblüten so viel schöner sein können als Kirschblüten.

Dafür, dass Prien am Chiemsee so tümelt und wir bei Ankunft Trachtler um die Kirche sitzen sahen, gibt es überraschend wenige normale Wirtshäuser. Genauer gesagt genau eines, nämlich im Hotel Bayerischer Hof – und das ist auch von der edlen Sorte und kein eigentliches Wirtshaus. Aber eines reichte uns ja, ich bekam das Brotzeitbrettl, auf das ich mich gefreut hatte und das ok war (kein kalter Braten, kein Pressack – in dieser Form eher ein Frühstücksteller), dazu eine Halbe Dunkles.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 30. April 2018 – Voller St. Brück und Avengers

Dienstag, 1. Mai 2018 um 8:32

Freier Brückentag, an dem ich freiwillig früh aufstand, um den arbeitenden Herrn Kaltmamsell noch sehen zu können.

Aus diesem freien Tag holte ich alles raus. Am liebsten wäre ich Schwimmen gegangen, doch wusste ich mit Blick auf meinen Zykluskalender, dass das sehr drauf ankommen würde. Sonntagabend setzte die rote Flut mit Vehemenz ein, ich plante um zu Krafttraining in den Vereinsanlagen. (Allerdings scheine ich zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren um die Krämpfe rumgekommen zu sein.)

Der Tag begann wie angekündigt mit ein paar Regentropfen und kühlen Temperaturen, doch über den Tag kam die Sonne heraus und es wurde wieder jackenfrei warm.

An den Kraftgeräten im Verein spielte ich zum ersten Mal das für mich zusammengestellte Programm ganz durch (fast: eine Übung auf den Zetteln verstand ich nicht und war zu faul nachzufragen), dauerte gut zwei Stunden.

Was auch ohne Schwimmen ging: Frühstück im Café Puck (ich bestellte Ahornsirupschwämme), zu dem ich radelte.

Daheim traf ich nach Langem mal wieder einen unserer lieben Putzmänner an (die Koordination übernimmt Herr Kaltmamsell, weil er noch am ehesten montags tagsüber daheim ist) und plauderte ein wenig mit ihm.

Herr Kaltmamsell war bereits zuhause, wir waren zu Wandereinkäufen verabredet. Unterwegs machte ich einen Abstecher zum Juwelier Fridrich, um die gelöste Schließe an einer Silberkette reparieren zu lassen (ganz simpel, ich habe nur nicht das richtige Werkzeug dafür) – was mir sehr zuvorkommend, umgehend und aufs Haus erledigt wurde. Nächster Stopp im umgestalteten Bücherkaufhaus am Marienplatz: Städteführer Dublin, wir konnten aus knapp zehn auswählen.

Nun aber der lange hergeschobene Wandereinkauf: Wir brauchten beide ordentliche Wanderjacken, die auch unangenehmem Wetter standhalten, und je ein Zweitpaar Wanderhosen. Wenn’s schon mal fußläufig da ist, gingen wir ins Draußenbewegungskaufhaus am Isartor. Die Hosenauswahl ging schnell, zur Jacke hatte mir eine fachkundige Freundin bereits handfeste und begründete Kriterien mitgegeben, mich auch auf die daraus folgenden Kosten vorbereitet. Da die Tchibo-Billigjacke tatächlich ein Gelump in vielerelei Hinsicht war, sah ich eine größere Investition ein – vorausgesetzt, das teure Qualitätsprodukt hält dann auch zehn Jahre.

Und so landeten wir nach Beratung bei Jacken aus Dreifachmaterial mit Achselreißverschlüssen und eng schließender Kapuze mit Schirm. Für beide dasselbe Herrenmodell in unterschiedlichen Größen; wir werden halt damit zurechtkommen müssen, dass man uns Partnerlook unterstellt – dafür mussten wir nur einmal entscheiden und nicht zweimal.

Auf dem Heimweg in Sonne, Wärme und Menschenmassen ein paar Lebensmitteleinkäufe. Für den Abend hatten wir Kinokarten, davor machte ich uns klassische Nudeln mit Soße – wir hatten noch ein Glas selbst eingekochten Kartoffelkombinat-Sugo.

Kino war Avengers Infinity War. Ich hatte mir nichts Großartiges versprochen, doch dass ich mich so langweilte, überraschte mich dann doch. Der Film besteht von der ersten bis zur letzten Minute aus Kämpferei und Schlachten, Spannungsbogen gibt es keinen, und er ist so voll Figuren, dass mich keine einzige mehr interessierte. Nachdem Marvel mit Black Panther und davor dem Erzählstrang Galaxy Quest bewiesen hatte, dass aus dem Superhelden-Genre noch Neues herauszuholen ist, war das in meinen Augen ein tiefer Rückfall.

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Miriam Vollmer ist nicht nur promovierte und erfahrene Juristin, sondern auch eine besonders gescheite und wortgewandte Frau. Seit einiger Zeit schreibt sie das Rechtsblog Recht energisch, vor allem zu ihrem Spezialthema Energierecht, aber auch zu Internet-nahen Rechtsthemen. Hinter diesem sperrigen Titel (Robin Williams nannte die Sprache legalese) zum Beispiel verbergen sich spannende Hintergründe des Themas Meinungsfreiheit und Blog-Kommentare:
“Zum Drittwirkungsurteil des BVerfG vom 11.4.2018”.

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Auf dem 2018 White House Correspondents’ Dinner hielt die Comedian Michelle Wolf vergangenen Samstag eine bösartig scharfe Rede, die in den USA Empörung auslöste. Der Auftritt ist es wert, ganz angesehen zu werden.

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https://youtu.be/DDbx1uArVOM

Oh ja, das war scharf – aber vielleicht sollten wir der US-Kollegenschaft mal einen Best-of-Zusammenschnitt von Luise Kinseher am Nockherberg zur Kalibrierung übersetzen?

Im New Yorker nimmt Masha Gessen Wolfs Satire zum Anlass, über Humor in den Zeiten von Trump nachzudenken:
“How Michelle Wolf Blasted Open the Fictions of Journalism in the Age of Trump”.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 29. April 2018 – Eine Erstkommion

Montag, 30. April 2018 um 6:17

Die gestrige Familienfeier war eine Erstkommion in der Verwandtschaft von Herrn Kaltmamsell. Ich lernte eine Menge.

Als einst sehr aktiver Ex-Katholikin war mir das Grundprinzip vertraut, doch da mich meine katholische Erziehung ziemlich beschädigt hat, kosteten mich freundliche Gefühle dabei Anstrengung. Ich bemühte mich um eine ethnologische Perspektive, die ich für religiöse Rituale in einem japanischen Shintō-Schrein automatisch hätte.

Heutzutage, so lernte ich unter anderem, wird Erstkommion in kleinen Kindergruppen über zahlreiche Wochenenden hinweg gefeiert. Zu meiner Zeit waren wir ein großer Haufen Kinder gewesen, der das an den beiden Wochenenden nach Ostern machte; der erste Sonntag nach Ostern hieß “Weißer Sonntag”. Die gestrigen Kommionkinder saßen im Halbrund auf Stühlen im Altarraum, mit dem Rücken zur Gemeinde; wir hatten damals die ersten paar Kirchenbänke besetzt. Die Kinder waren auch sehr aktiv an den Aktionen im Gottesdienst beteiligt.

Die Kirchenlieder haben sich verändert. Das Gotteslob (Buch mit Sammlung von Liedern, das in großer Zahl von der Kirche zur Verfügung gestellt wird) enthält deutlich andere Lieder. Dass die gestern daraus gesungenen eine deutliche Rolf-Zuckowski-Schmissigkeit aufwiesen, war wahrscheinlich dem Anlass geschuldet, aber früher stand diese Art Lieder ebeso wenig im Gotteslob wie die Happy Clappy Songs, mit denen ich an zahlreichen Jugendgottestdiensten mitwirkte.

Durch den distanzierten Blick musste ich sehr an die Kollegin aus Vietnam denken, mit der ich mich mal vor Weihnachten über Weihnachtszeit in Vietnam unterhalten hatte. Sie hatte die christlichen Feiern in Kirchen dort sehr gemocht: “Singe, esse Keks.” Das fasst eine christliche Abendmahlfeier gut zusammen. Die Liturgie (Reihenfolge der Gottesdienstbestandteile samt Choreografie) habe ich immer noch in den Knochen. Immerhin muss bei einer Erstkommion, anders als bei einer katholischen Taufe, nicht dem Teufel widersagt werden.

Die Kleidung der Kommionkinder war eine Betrachtung wert. In vielen Gemeinden, so habe ich mir sagen lassen, sind seit Jahrzehnten Einheitskutten üblich, um die ausufernde Materialschlacht zu bändigen. Die Kinder gestern waren individuell ausgestattet, die Mädchen erwartbar, doch die Buben sehr unterschiedlich: Zur Mehrheit mit Erwachsenenanzügen in Kindergrößen kamen Abwandlungen von weißem Dinner Jacket bis Bayernverkleidung.

Der strahlende Sommertag war perfekt für den Anlass. Nach der Kirche fuhr unsere Festgemeinde zum Gut Schloss Sulzemoos, dortselbst sehr gutes Essen als Buffet serviert, allgemeines Mischen und Kennenlernen/Wiederkennenlernen verschiedener Verwandtschaftsstränge. Teile davon fanden sich am Nachmittag nochmal im Elternhaus des Kommionkinds zusammen: Kaffee und Kuchen. Noch vor der Abendandacht, zu der die Erstkommionkinder nochmal in die Kirche gingen, verabschiedeten sich Herr Kaltmamsell und ich; den Rest des Nachmittags verbrachte ich auf unserem Balkon in einem Sessel und las die Wochenendzeitung.

Dorfidyll am S-Bahnhof. Vor allem wollte ich festhalten, dass dieses Jahr Flieder und Kastanien gleichzeitig blühen – ungewöhnlich, sonst blüht der Flieder im ersten grünen Hauch der Bäume, deutlich später im Mai kommen die Kastanien dran.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 28. April 2018 – Berliner Verwandtschaft

Sonntag, 29. April 2018 um 6:52

Ausschlafen dauerte nicht mal bis sieben.
Keine Nachwirkungen des Alkohols vom Vorabend, hurra.

Nach gemütlichem Bloggen und Twitterhinterherlesen machte ich mich fertig für eine Laufrunde in der Sonne. Um zehn war es noch angenehm frisch, wurde aber vor allem in der Sonne zügig wärmer.

(Das Lachen ist eine Reaktion auf eine Seitenbemerkung von Herrn Kaltmamsell: Er hatte nur an den Geräuschen mitbekommen, dass ich ein Spiegelfoto von mir machen wollte.)

Der Lauf war wunderschön, aber ein wenig anstrengend. Im letzten Drittel meldeten sich nach sehr langer Ruhe mal wieder meine unteren Waden/Achillessehnen mit Schmerzen.

Beim Heimradeln sah ich, dass St. Matthäus von hunderten Motorrädern aller Art umstellt war, geordnet durch Polizeiautos: Die alljährliche Segnung.

Daheim Frühstück, Herr Kaltmamsell hatte die Baby-Artischocken auf jüdische Art mit Semmelbrösel gebraten.

Ausführliches Wegbügeln des Bergs von mehreren warmen Wochen, bis sich die “Berliner Verwandtschaft” (familiärer Fachbegriff) des Herrn Kaltmamsell verabredungsgemäß meldete: Am heutigen Sonntag steht eine große Familienfeier an, zu der der Berliner Teil bereits ein paar Tage vorher angereist war. Wir trafen die vier (Verwandtschaft unserer Generation) in der Fußgängerzone, wo sie darum baten, möglichst schnell von den Menschenmassen weggebracht zu werden: Ja, München ist über die vergangenen Jahre ganz schön voll geworden, an einem Samstag bei trockenem Wetter praktisch überall – aber mich überraschte, dass das Berlinern auffällt.

Zusammen fuhren wir mit der U-Bahn nach Thalkirchen und spazierten zum Flaucher-Biergarten. Auch der war sehr belebt, doch wir hatten keine Schwierigkeiten, einen freien Tisch zu finden. Bei Bieren, Brotzeit und fröhlichen, ausgesprochen informativen Gesprächen saßen wir bis in die Nacht.

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Gestern jährte sich zum ersten Mal ein Angebot der Londoner Verkehrsbetriebe: Menschen mit Behinderung, die man nicht unbedingt sieht, müssen nicht mehr um einen Sitzplatz bitten, sondern können sich durch einen Anstecker erkennbar machen. Vor einem Jahr berichtete BBC:
“‘Please offer me a seat’ badges launched on London transport network”.

So schlau! Seit Einführung wurden laut Transport for London 30.000 Anstecker bestellt.

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Vermutlich eine Folge der Zeichenzahlerweiterung auf 280: Twitter wird immer mehr als Plattform für Erzähltexte genutzt, mithilfe von “Threads”, also einer zusammenhängenden Kette von Tweets. Aktuelles Beispiel: Ein Feature über “The Zone Rouge” mit vielen Fotos und weiterführenden Links.

One of the most chilling abandoned places in the world is France’s Red Zone, or “Zone Rouge”. Over 100 years ago, the First World War so devastated the landscape here that people are still forbidden to enter, & the zone has become a ghostly & overgrown place.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 27. April 2018 – Blödes Nägelschneiden und Beifang aus dem Internet

Samstag, 28. April 2018 um 7:53

Wecker früh gestellt, um vor der Arbeit noch ein Dreiviertelstündchen auf dem Crosstrainer zu strampeln.

Sonniger Tag, morgens noch frisch, erst im Lauf des Nachmittags wärmte die Luft bis auf Jackenlosigkeit.

Auf dem Heimweg ein Abstecher zum Süpermarket, der freitagabendlich belebt war – ich sorge mich ja schon um deren Geschäfte, weil doch alle Hinterhofmoscheen in der Landwehrstraße schließen mussten. Auf der Einkaufsliste: Zitronen, Knoblauch, Gemüse (was halt als Beilage gut aussieht, es wurden rote Spitzpaprika und Mini-Artischocken), Obst (dito: spanische Orangen, deutsche Lageräpfel, ein Granatapfel), Gewürzoliven als Aperitif, Fleisch (ich entschied mich für das halbe T-Bone-Steak, das schön marmoriert und abgehangen aussah), Fladenbrot.

Abendessen wurde das Steak mit gebratenen Paprika und Brot, dazu ein Glas mallorquinischer Rotwein. Zum Nachtisch holte uns Herr Kaltmamsell zum ersten Mal in der Saison Eis aus der nächsten Eisdiele.

Um mal wieder in die besonders trivialen Alltagsdetails zu tauchen: Der Körperpflegeaspekt, der mich am meisten ankäst, ist das Nägelschneiden. Ich habe meine Fingernägel gerne sehr kurz, das bedeutet Kürzen mindestens einmal pro Woche. Aus Gewohnheit und Ungeschick1 verwende ich dafür einen Nagelknipser; damit die Nägel danach ordentlich aussehen und ich mit keiner Kante irgendwo hängen bleibe, feile ich sie nach. Und nochmal. Und da steht noch ein Fitzelchen vor, also nochmal. Am nächsten Tag in der Arbeit verhakelt sich aber schon wieder ein Nagel in der Strumpfhose, also muss ich nochmal nachbessern (zu den Werkzeugen in meiner Schreibtischschublade gehört auch eine kleine Nagelfeile). Seit vor Jahren meine Fingernägel zu splittern begannen, klebe ich sie nach dem Kürzen mit einem klaren Lack zusammen.

Das dauert alles nicht mehr als 20 Minuten, doch diese Pflicht nervt mich kolossal. Am liebsten hätte ich dafür ein Maschinchen. Ich stelle mir etwas im Format eines Nageltrockners vor, nur dass es die Nägel in… sagen wir fünf Minuten glatt kürzt und lackiert. Wenn ich daran denke, was auf der Hannover Messe so gezeigt wurde, sollte das technisch kein Problem sein, ein kognitives System würde schnell lernen, sich auf die individuelle Hand einzustellen.

Herr Kaltmamsell scheint gerade neue Kosenamen für mich zu testen (bislang hatte er, wenn überhaupt, zu “Engelein” aus Die Nacht vor der Hochzeit gegriffen). Gestern probierte er es mit “Hase” – und krümmte sich dann verstört, als ich konsequenterweise mümmelnde Hasenzähnchen machte. Ja was?

§

Wird seit zwei Tagen durch mein Internet gereicht, ist aber auch zu wahnwitzig:
Die Frau aus USA, die ihr erstes Baby ohne Hilfe im Bad eines türkischen Hotelzimmers zur Welt brachte, erzählt als Twitter-Thread, wie das war. Mit viel “lol” und Gifs.

Ich hatte erst mal gewartet, ob sich das Ganze nicht als Hoax herausstellt – hat es nicht. Geschichten über Frauen, die ihre Schwangerschaft komplett verdrängen und von den Wehen überrascht werden, gibt es ja immer wieder; das ist der erste mir bekannte Fall, dass eine danach selbst darüber schreibt.

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Sie interessieren sich für aktuelle wissenschaftliche Projekte in Deutschland? So im Allgemeinen? Dann empfehle ich Ihnen den Newsletter des idw – Informationsdienstes Wissenschaft.

Allein schon wegen so großartiger Themen und Überschriften wie
“Frust im Quantensystem”,
“Wie lassen sich antike Gerüche rekonstruieren?”,
“Das Babel-Projekt I – Epistemische Funktionen von Metaphern im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess”.
Letztere Tagung würde mich arg interessieren.

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Ein großer Spaß gestern: Kathrin Passig lebt mit dem Umstand, dass Veranstalter ihr aus Hilflosigkeit irgendwelche Arbeitgeber auf die Namensschilder drucken. Ihre Lösung: Sie hat ein Programm in ihre Website integriert, das schöne Arbeitgeber zusammenbaut, bei jedem Aufruf einen neuen – jetzt müssten Veranstaltungsorganisatorinnen etwas fürs Namensschild finden. Die Techniktagebuch-Redaktion und Twitter durften beisteuern, jetzt kann man Stunden damit verbringen, Kathrins Kontaktseite immer wieder neu zu laden.

Wer würde nicht hier arbeiten wollen?

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In unserer westlichen Kultur gibt es ja schon länger die Sehnsucht nach “ursprünglicher Natur” – die unter anderem den Umstand verleugnet, dass wir seit vielen Jahrhunderten (also weit vor der Industrialisierung der Land- und Forstwirtschaft) in einer Kulturlandschaft leben, hinter der ein ausgeklügeltes, menschengemachtes System steckt. Die Sehnsucht ist so groß, dass in den Niederlanden ein großes Stück Land östlich von Amsterdam “der Natur überlassen” wurde (ich muss das als Zitat anführen, weil dieses Ansinnen außer Acht lässt, dass und wie sehr der Mensch Teil der Natur ist und keineswegs außerhalb steht).

50 Jahre nach Einrichtung des Reservats zeigte sich, wie “sich selbst überlassene” Natur halt auch aussieht: Tausende Tiere verhungerten. Der Guardian fasst zusammen:
“Dutch rewilding experiment sparks backlash as thousands of animals starve”.

Oostvaardersplassen was only created in 1968 when an inland sea was drained for two new cities. An industrial zone turned into a marshy haven as it lay undeveloped during the 1970s. Dutch ecologist Frans Vera devised the innovative use of wild-living cattle and horses to mimic the grazing of extinct herbivores such as aurochs, and Oostvaardersplassen became an internationally renowned rewilding reserve, celebrated in a 2013 Dutch film called The New Wilderness.

Aber so “natürlich” wollen die Bürger ihre Natur dann doch nicht:

For two months, protesters have tossed bales of hay over fences to feed surviving animals as the Dutch Olympic gold medal-winning equestrian Anky van Grunsven joined celebrity illusionist Hans Klok in condemning the “animal abuse” on the reserve. Ecologists and rangers received death threats from the rising clamour on social media.

Der Artikel widmet sich ausführlich dem Verlauf des Projekts bis heute, auch den weiterhin positien Ergebnissen.

§

Ein Aktivist für die Sache wirklich nachhaltiger Kulturlandschaft ist James Rebanks, der @herdyshepherd. Der New Yorker hat ihn besucht:
“The Tweeting of the Lambs: A Day in the Life of a Modern Shepherd”.

Zum Foto meinte Rebanks auf Twitter:

I could write the manual of what photographers ask shepherds to do on photo shoots. For some reason you always have to stare in to the distance :-)

  1. Falls ich noch was auf der Liste “lebenslanges Lernen” brauche: “Fingernägelschneiden mit Nagelschere” wäre ein Punkt. []
die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 26. April 2018 – Kurze Abkühlung

Freitag, 27. April 2018 um 5:04

Jetzt war sie da, die angkündigte Kälte (na ja: 11 bis 13 Grad); nach zwei Wochen offener Fenster hatte ich morgens das Bedürfnis, das Schlafzimmerfenster zu schließen, und ich brauchte eine Jacke für den Weg in die Arbeit. Es regnete auch ein bisschen, allerdings für die Böden nicht genug.

Nach Feierabend holte ich den Ernteanteil des Kartoffelkombinats vom Verteilerpunkt: Herr Kaltmamsell, der das sonst (wie so vieles Haushaltliches) erledigt, war beruflich verhindert.

Daheim Wäschefürsorge (ich hatte die Waschmaschine so terminiert, dass sie bei meiner Heimkehr durch war), Maniküre. Die Karotten aus dem Ernteanteil schälte und schnippelte ich, um sie gekocht zu einem Karottensalat zu verarbeiten. Zum Abendessen richtete ich mir den Salatkopf an, mit Schnittlauch-Joghurt-Dressing und einem gekochten Ei. Danach gab’s noch ein Eis.

§

Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass im Web genug Platz für jede Sorte Blogs ist, unter anderem für Werbeblogs UND Geschichtenblogs – jede und jeder, wie sie mögen. Doch ich kann verstehen, dass man als werbefreie Bloggerin ungehalten werden kann, wenn alle möglichen Leute wiederholt behaupten, Bloggen sei nur mit Werbung möglich. Die sonst so duldsame Mademoiselle Readon ist verärgert:
“Fünf Minuten oder lieber keine Werbepause”.

(…) hätte Thomas Mann jedem Zauberberg ein paar Herrenunterhosen beigelegt, wäre er eben Verkäufer von Unterhosen mit Text gewesen.

Ich wiederhole mich: Sicher können Sie Werbetexte/bezahlte Posts auf Ihrem Blog veröffentlichen, um damit Geld zu machen – ich muss sie ja nicht lesen. Und selbstverständlich sollen Sie durch Werbung, Sponsoring, Produktvorstellungen, Warengeschenke vom Bloggen leben können – ich finde das Ergebnis nicht lesenswert, ABER ICH MUSS ES JA AUCH NICHT LESEN.
Am lesefreundlichsten ist eine Bitte im Blog um freiwillige Geld- oder Sachspenden: Das wirkt sich am wenigsten auf die Texte aus (auch wenn ich annehme, dass Sie ein gespendetes Buch oder eine gespendete Mahlzeit aus Höflichkeit nicht verreißen werden, selbst wenn das Geschenk ein Reinfall war).
Aber behaupten Sie bitte nicht, dass Bloggen ja ein so teures Hobby sei. Ich zitiere mich einfach mal selbst:

Ich hatte noch nie Probleme mit der Finanzierung meines Blogs: Die Domain und das Webhosting kosten bei all-inkl 7,95 Euro im Monat, die Kosten fürs Internetnutzen (bei uns eine Pauschale inklusive Festnetztelefon und Mobilanschluss von Herrn Kaltmamsell) rechne ich nicht, denn die hätte ich ohne Bloggen auch – dann halt nur fürs Lesen. Menschen, die statt Bloggen als Hobby Netflix gucken, zahlen auch mindestens 8 Euro im Monat. (… Und bei einem Hobby den zeitlichen Aufwand geldwert zu berechnen, ist ein wenig paradox.)

§

“How 50 Famous Female Characters Were Described in Their Screenplays”.

die Kaltmamsell