Journal Freitag, 2. März 2018 – Wochenausklang mit Kuh auf Wiese und Fernsehenttäuschung

Samstag, 3. März 2018 um 8:12

Gestern recht durch den Wind, zu dem am Vormittag auch noch böses Kopfweh kam. Ich konnte mich nicht konzentrieren, schleppte mich mit viel Kraftaufwand durch Besprechungen und Aufgaben, trauerte schon um den schönen Freitagabend mit Herrn Kaltmamsell, Kuh auf Wiese und mit Wein, auf den ich mich gefreut hatte.

Am Nachmittag ging es mir zeitgleich mit dem Verzehr einer Schüssel, Mandarinen, Tarocco-Orange, harter Birne schlagartig besser – Koinzidenz oder Kausalität ist mir wurscht, ich konnte das Freuen auf den Abend wieder aufnehmen.

Keinen freien Tag am Montag beantragt, da steht zu viel an. Sollte ich auch dieses Jahr die Academy Awards live ansehen, wird das auch ohne Nachschlafen funktionieren müssen.

Nach frühem Feierabend fuhr ich zum Marienplatz, kaufte beim Hermannsdorfer ein Côte de Boeuf, im Biosupermarkt Radiccio (eigentlich nicht grün genug für die Wiese zur Kuh, doch der geplante Ruccola wurde nur in Plastikschale plus Folie angeboten) und Gorgonzola. Die Temperatur ist bis um den Gefrierpunkt gestiegen, es wird erträglicher.

Bis Herr Kaltmamsell von einer Verabredung zurückkam, meldete ich wieder einen Schwung Blogposts bei der VG Wort an und erledigte weitere Erledigungen.

Nach dem Nachtmahl guckten wir auf arte die letzten Folgen Bad Banks. Die erste Folge hatte mir am Vorabend gut gefallen: Schneller und kluger Erzählaufbau, der genug Lücken ließ, um mich für weitere Folgen bei der Stange zu halten. Doch die letzte Folge war komplett überflüssiges Nachgeklapper, das Herr Kaltmamsell zur Bemerkung brachte: “Erinnere mich daran heftiger zu protestieren, wenn du mich mal wieder zum Anschauen einer deutschen Fernsehproduktion überreden willst.” Zumindest freute ich mich zu sehen, was aus Désirée Nosbusch geworden ist.

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Bella hat ihren Vater verloren. In ihrem Blog erinnert sie sich an die gemeinsame Zeit:
“Until we’ll meet again*”.

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Nein, Hollywoodfilme müssen nicht realistisch sein. Aber gerade bei Sexszenen ist es höchste Zeit, dass ein paar Klischees auf immer verschwinden:
“Movie Sex Is the Worst: 10 Myths That Need to Go”.

Vielen Dank: Das und romantische Liebesfilme (wie Journelle einst bestechend erklärte) führen zu gefährlich falschen Vorstellungen über Beziehungen und verderben die Jugend!

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 1. März 2018 – Wintergebeutel

Freitag, 2. März 2018 um 6:48

Langsam lässt die Kälte nach und beißt nicht mehr so sehr. Auf dem Heimweg Einkäufe im Süpermarket: Der Frost hatte alle Außenaufsteller für Obst und Gemüse ins Innere vertrieben, die Tür zum Obst- und Gemüsebereich war gleich ganz geschlossen, die Kasse dort nicht in Betrieb (wodurch ich nicht die geplanten losen Datteln und Feigen bekam, die stehen hinter der dortigen Kassiererin).

Am Vortag hatte Herr Kaltmamsell mit mir überlegt, was er zum donnerstäglichen Abendessen kochen könnte. Die Überlegungen waren beendet, als er “Shakshuka?” sagte. Ich aß sie mit alles (scharfe Soßen, Tahini, Za’atar).

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Auch das sonstige Europa wird vom Winter bebeutelt. Schäferin in Cumbria zu sein, ist derzeit wohl nicht spaßig, hier Fotos auf Twitter. Ich fand sehr rührend, wie gestern auf Twitter Schäfer, Schäferinnen und Landwirte einander Bilder ihrer Herden und Arbeitsbedingungen zeigten und kommentierten – es wirkte, als nähmen sie einander so bei diesen Scheißbedingungen ein bisschen in den Arm. (Internet ist toll.)

In Südengland wurde auch gestern im Meer geschwommen.

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Apropos unangenehme Arbeitsbedingungen: In den vergangenen Wochen und Monaten packte immer mehr Pflegepersonal aus, was sie im Alltag so mitmachen – oft bis jenseits der Erträglichkeit (z.B. auf Twitter unter dem Hashtag #twitternwierueddel). Umgekehrt schreibt die Notaufnahmeschwester auf, was sie in ihrem Job hält:
“18 kleine Momente”.

Ich bin sehr dankbar für all die Menschen da draußen, die sich bei Krankheit, Unfall, Pflegebedürftigkeit aller Art um uns kümmern. Sie sollten nicht einen solch hohen Preis dafür zahlen müssen.

die Kaltmamsell

28. Februar 2018 – Klirrend mit Sonne

Donnerstag, 1. März 2018 um 6:47

Immer noch sehr kalt, gestern wickelte ich auch mein Gesicht ein, allerdings zu dem Preis, dass mein aus dem Schal aufsteigender Atem meine Brille beschlug.

Abends Langhanteltraining in einer bis zum Anschlag vollen Turnhalle. Für den Wechsel zu Übungen liegend auf dem Step und dann zu denen auf dem Boden musste ich mir jeweils erst mit vielen entschuldigenden Blicken zu den Umliegenden wieder Platz schaffen. Ich würde ja in die Montagsstunde wechseln, doch die beginnt erst um 20 Uhr – für mich ungünstig weil zu spät.

Aus gegebem Anlass fürs Techniktagebuch aufgeschrieben, warum ich meine Lieblingstweetlisten als Screenshots veröffentliche.

die Kaltmamsell

Twitterliebe Februar 2018

Mittwoch, 28. Februar 2018 um 21:12

Nachtrag: Korrektur – der Gag wäre noch besser, zeigte er das korrekte Bild: Tatsächlich war dieses hier das erste Auto im All. Danke an Joe für die Korrektur.

Nachtrag: Anne Schüßler hat wieder Lieblingstweetlisten gesammelt.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 27. Februar 2018 – Bissiges Wetter

Mittwoch, 28. Februar 2018 um 6:49

Das Wetter in München bleibt bei kalt kalt kalt, was manchen egal ist (Bild von Eisbachsurfer), doch mittlerweile meine Geduld strapaziert, wenn ich auf meinem Heimweg fast renne, um mir das Gesicht nicht vom Frost zerbeißen zu lassen und ein wenig warm zu werden.

In Brighton war’s auch kalt und schneite, Lomokev konnte trotzdem ein Bild des Swimming Clubs aufnehmen.

Abends ein Telefonat zu meinem Blog hier – ich grüße ganz besonders die Leserinnen in der Parkstadt Schwabing!

Herr Kaltmamsell hatte sich schon wieder den halben Nachmittag in die Küche gestellt, um meinen Vorschlag “Mach doch mal wieder Linsen mit Spätzle” umzusetzen.

Eine Ladung bestellter Sonderangebots-Sommerkleidung durchprobiert: Sah bis auf ein Hemd alles furchtbar an mir aus. Zumindest kam ich so ums schlechte Gewissen über neue Kleidung, die ich wirklich nicht brauche.

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Im Bundestag wird derzeit die geradezu absurde Debatte geführt, ob eine Ärztin oder ein Arzt öffentlich darüber informieren darf, dass sie Abtreibungen vornehmen. Ein Gerichtsurteil machte nämlich kürzlich klar, dass das nach §219a StGB verboten ist, weil “Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft”. Dieser Paragraph soll nun abgeschafft werden und hat eine neue Diskussion über den rechtlichen Stand von Abtreibung in Deutschland ausgelöst. Zumindest wurden viele dadurch daran erinnert, dass es immer noch den §218 gibt, der Schwangerschaftsabbrüche verbietet (aber unter bestimmten Bedingungen straffrei lässt – ein politisches Konstrukt).

Margarete Stokowski macht in ihrer Kolumne klar, wie entlarvend schon die Wort- und Argumentationswahl in dieser Debatte ist:
“Zellen schützen, Frauen quälen”.

Zur Frage, ob eine beginnende Schwangerschaft abgebrochen werden sollte, kann man unterschiedliche Meinungen haben. Die Antwort hängt von vielem ab, unter anderem davon, wie die Befruchtung zustande gekommen ist und wie lange sie zurückliegt, wie die Lebenssituation und Gesundheit der Schwangeren ist und ab welchem Zeitpunkt man den Zellen in der Gebärmutter einen Status als Mensch zuspricht, außerdem davon, wie man generell über Sexualität denkt, ob man an Gott und/oder die Hölle glaubt, und was man glaubt, Menschen zumuten zu können.

(…)

Aber um all diese Fragen geht es in der aktuellen Debatte eigentlich nicht. Es geht nicht darum, ob Abtreibung möglich sein sollte oder nicht, sondern nur um die Frage, wie leicht eine schwangere Person Informationen bekommen sollte, um diese Entscheidung treffen zu können. Wie widersprüchlich sich Konservative und Rechte in dieser Frage verhalten, wird oft schon an den Begriffen deutlich, die sie verwenden.

Wenn sie für ein möglichst strenges Abtreibungsgesetz kämpfen, reden sie dabei oft mit großer Geste von Würde und Leben, emphatischer als bei jeder Flüchtlings- und Abschiebungsdebatte.

(…)

Oft nennen sich Abtreibungsgegner “Lebensschützer”, wobei das zu schützende Leben nie das einer schwangeren Frau ist: Deren Leben soll, wenn sie überlegt, ob sie abtreibt, möglichst erschwert werden. Einen anderen Grund, erwachsenen Frauen Informationen vorzuenthalten, kann es nicht geben, außer man geht davon aus, Schwangere seien beeinflussbar wie Kinder, die die Süßigkeiten neben der Supermarktkasse haben wollen, weil sie gerade da liegen.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 26. Februar 2018 – Weitergeklirrt und Aufruf zum Schöffendienst

Dienstag, 27. Februar 2018 um 6:59

Immer noch unangenehm eisig. Auf dem sonnig-klirrenden Fußweg (die Wetter-App meldete minus 12 Grad – das ist weniger ein Klirren als eher ein Nagen und Beißen) in die Arbeit schaltete sich das Handy beim Pokémonfangen plötzlich und ohne Warnung aus – ihm war wohl einfach zu kalt geworden.

Statt früh (= pünktlich) Feierabend zu machen, um zum Sport zu kommen, besonders lang gearbeitet, Sportzeug in der Arbeit gelassen für Mittwoch. Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe, vor allem Brotzeit für die nächsten Tage.

Herr Kaltmamsell hatte zum Abendbrot ein Dinkelotto mit Roter Bete und Steinpilzen gemacht. Es gab sogar Nachtisch: Maronenpüree mit Sahne, das ich gleich mal als Profilfoto für den vielberedeten neuen Social-Media-Dienst Vero verwendete.

Ich gehörte zwar zu den wenigen Glücklichen, die es ohne große Probleme zur Kontoeröffnung brachten, doch Posten ging nicht.

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Vor einigen Tagen thematisierte ich sexuelle Belästigung und sexuellen Missbrauch an Schulen. Hauptschulblues, ehemaliger Schulleiter, berichtet aus seiner Berufsvergangenheit:
“Sexueller Mißbrauch an Schulen”.

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Was nicht ersetzt wird, hat kein Problem mit Produktionsbedingungen. In diesem Fall beim Hausbau: Die Bauingenieurin Angelika Mettke, Professorin an der Brandenburgischen Technischen Universität, hat sich auf die Wiederverwendung von Betonteilen aus Abrisshäusern spezialisiert. Hier ein Interview mit ihr:
“Angelika Mettke: ‘Intakte Gebäude abreißen und schreddern? Das kam für mich nicht in Frage'”.

“Es geht ja nicht nur um das Material; an der Entstehung dieser Gebäude haben Menschen mitgewirkt, die Gebäude geplant, gebaut und wieder abgerissen. Ich habe also den Lebensweg eines Gebäudes betrachtet und gedacht: Die ganze Energie, die darin steckt, wird ja gar nicht erfasst, das Gedankengut, da schmeißt man alles weg, nach acht bis zehn Jahren, obwohl Beton 100 bis 150 Jahre hält? Das geht doch gar nicht, dachte ich – und so fing es an.”

(…)

“In Plattenbaugebieten wie zum Beispiel in Berlin-Marzahn ist ja die komplette Infrastruktur vorhanden: Es gibt Straßen, Stromleitungen, Wasser, Abwasser, Müllentsorgung, die gesamte Versorgungstechnik, Parkplätze, Wäscheplätze, Grünanlagen: Für mich war es nicht tragbar, dass ganz Blöcke leergezogen und komplett abgerissen werden sollten, wenn doch alles drum herum, das Wohnumfeld und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel da und intakt war! Da gab es bessere Lösungen, etwa ein modernisierter Stadtteil: Geschosse abtragen und die Gebäude niedriger machen, oder die elend langen monotonen Wohnzeilen in Solitäre teilen, etwa indem man zwei oder mehr obere Geschosse oder bestimmte Aufgänge demontiert.”

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Haben Sie den Film Black Panther inzwischen gesehen? Und waren auch so begeistert über die Ausstattung? Hier ein wenig Hintergrund:
“The Afrofuturistic Designs of ‘Black Panther’”.

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Rechtgerichtete politische Kräfte versuchen in Deutschland immer mehr Möglichkeiten der Einflussnahme wahrzunehmen. Zum Beispiel in Betriebsräten, hier eine aktuelle Meldung:
“Opel-Betriebsrat zeigt sich bei rechter Gewerkschaft”.

Oder bei der Besetzung von Schöffenposten: 2019 beginnt die neue Amstzeit für Schöffen an Gerichten, dieses Jahr werden die Posten besetzt – und laut Deutschlandfunk fordert sie Afd ihre Anhänger dazu auf, sich als Schöffen zu melden. Die Folgen mag ich mir gar nicht ausmalen.

Deshalb: Wäre so ein Schöffenamt nicht etwas für Sie? So als praktische Gegendemo für unsere Verfassung? Hier die offizielle Information zum Schöffenamt auf dem Justizportal des Bundes und der Länder.
Für München beantwortet das Kreisverwaltungsreferat die naheliegenden Fragen:
“Schöffenamt: Kreisverwaltungsreferat (KVR), Hauptabteilung II Einwohnerwesen München”.
Die Bewerbungsfrist dauert in München bis 29. März.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 25. Februar 2018 – Rückreise von Bonn

Montag, 26. Februar 2018 um 6:40

Ausgeschlafen, wegen bewusst wenig Alkohol auf dem Fest keine Migränegefahr.
Gebloggt, dann machten wir uns in eisiger Sonne auf den Weg zur Tramstation. Auf dem sich direkt vor uns die Bahnschranke senkte. Ich hatte meinen Begleiter gerade dazu überredet, einen Umweg zur Fußgängerunterführung zu machsen (bei dieser Kälte werden bereits fünf bis zehn Minuten Rumstehen sehr ungemütlich), als sich die Schranke nach dem ersten durchgefahrenen Zug wieder hob.

Tramfahrt eine halbe Stunde bis Siegburg (diese Gegend ist Öffi-technisch verwirrend), wo wir noch Zeit für einen Frühstückskaffee und Brotzeiteinkäufe hatten, bevor wir uns in den ICE nach München setzten. Die meiste Zeit der Strecke waren wir umgeben von US-amerikanischen Teenagern, deren Gespräche über Gastfamilien, Bürokratie ihres Aufenthalts und Unterschiede Deutschland/USA hochinteressant waren (immer noch bestehen 25% der Sätze dieser Bevölkerungsgruppe aus “like” – geht das mal weg?). Während des Lauschens las ich die Wochenend-SZ – gekauft am Bahnhof in Siegburg, weil mir mein abonniertes Exemplar sicher geliefert worden war, allerdings vor der Wohnungstür in München lag, und ich wollte sie halt jetzt lesen.

Kurz vor Stuttgart schloss sich die Schneedecke. Daheim erst mal alle Heizkörper aufgedreht, ich war sehr froh über moderne Technik.

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Im Hamburger Abendblatt befasst sich ein Essay mit den Problemen, die der Individualverkehr mit Privatautos dadurch verursacht, dass die Riesendinger die weitaus meiste Zeit ungenutzt herumstehen:
“Es gibt kein Recht auf Parkplätze”.

Folgerichtiger Vorschlag:

Kaum etwas ist in Städten wie Hamburg so knapp und kostbar wie Platz. Müssten Autobesitzer eine marktkonforme Grundstückspacht für die zum Parken genutzten zwölf bis 20 Quadratmeter öffentlicher Fläche zahlen, würde das Autofahren in Metropolen schlagartig viel teurer. Weil es einen realistischen Preis bekäme.

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Sandra Wiegard hat einen schönen Artikel aus der Süddeutschen von 2005 ausgegraben:
“Blogs
Die große Bühne der Einsamen”.

2005 schrieb Helmut-Martin Jung:

Im Ozean der Banalitäten

Sieben Millionen Menschen sind es einer im Januar veröffentlichten Studie zufolge allein in den USA, die mehr oder weniger regelmäßig aufschreiben, was sie bewegt: Privates wie Politisches, Intimes und Irritierendes, Bedeutsames und Banales.

Jeden Tag entstehen weltweit Tausende neue Blogs. Doch die meisten dieser Internet-Tagebücher fristen ein eher trauriges Dasein irgendwo auf den Abstellgleisen des Webs, und: Selbst von den Internet-Benutzern in den USA wissen zwei Drittel gar nicht, was das sein soll, ein Blog.

(…)

Viele tun sich schwer, sehr schwer, wieder aufzutauchen aus der Blogosphäre: „Die Suchtgefahr ist nicht zu leugnen“, sagt Gabriele Farke, Autorin eines Buches über Online-Abhängigkeit, die zugleich die Internetseite onlinesucht.de betreibt.

„Es ist gnadenlos, was da in den Geständnissen rüberkommt.“ Schon früher öffneten viele in Foren schonungslos ihre Herzen, aber anonym, „das hat ja nie jemand gesehen“. Nun aber, bei den Blogs, „wünschen sich die Leute das“.

(…)

„Ist es bedenklich, wenn man von jedem neuen Hotel schon den Katalog auf INet-Anschluss checkt und auf dem Zimmer als erstes Ausschau hält, ob es einen LAN-Anschluss gibt?“, fragt sich der Blogger Stefan Nagelschmitt – auf seinem Blog.

„Oder fängt es erst wirklich an, gefährlich zu werden, wenn man nachts 2,5 Stunden in der Kälte auf einer Biergarnitur vor einem geschlossenen Kiosk sitzt, um den Access Point eines ebenfalls geschlossenen Jazz Cafés auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu nutzen?“

Wer kann das schon genau sagen? Sicher ist, das zeigen Gabriele Farkes Erfahrungen mit Online-Süchtigen, dass viele Menschen sich völlig abkapseln von ihrem früheren Leben und einfach kein Interesse mehr daran aufbringen, sich mit realen Menschen an realen Orten zu treffen.

Leben in der eigenen Welt

Besuch wird ihnen lästig, Partnerschaft und Job leiden unter dem ständigen Zwang, nur ja nichts zu verpassen, auch an dem unvermeidlichen Schlafmangel. Und in der Familie fühlen sich Süchtige als Außenseiter, die in ihrer eigenen Welt leben.

Natürlich ist es billig, sich 13 Jahre später über diese Aussagen lustig zu machen: Der Mensch ist nun mal beweisbar schlecht in Prognosen über die Auswirkung technischer Entwicklungen. Aber leider: Es wäre billig, läsen sich die meisten Einschätzungen von Online-Medien nicht heute praktisch noch genauso.

Auf der riesigen Geburtstagsfeier am Samstagaben übrigens hatte die Gastgeberin mehrere Dutzende Menschen eingeladen, mit denen sie über folgende Schnittpunkte befreundet war: Blogs, Gemeinschaftsblog, Familie, Online-Forum, Chor, Ferienhaus im Süden. Ganz offensichtlich eine Süchtige und Außenseiterin.

(Und wegen dieser Einladung musste ich das zweite #rgmuc absagen, zu dem Cucina casalinga Bloggerinnen und Twitterinnen zusammengerufen hatte.)

die Kaltmamsell