Archiv für Dezember 2007

Das Jahr, in dem ich das mit den Vorsätzen kapierte

Montag, 31. Dezember 2007

Ich hatte noch nie Vorsätze für‘s neue Jahr. Das lag zum einen daran, dass ich den kalendarischen Jahreswechsel nie als etwas Besonderes begriffen habe und schon im Teenageralter zu Partyflucht neigte. Zum anderen war mir nie klar, worin der Unterschied zwischen Plänen und Vorsätzen liegt: Jemand möchte mehr Sport treiben – warum tut er es nicht, sondern macht es zum „Vorsatz für‘s neue Jahr“? Eine andere will eigentlich lieber nicht rauchen – warum überlegt sie nicht, wie sie das am besten schafft und hört mit der für sie am geeignetsten Methode auf, sondern tönt, im neuen Jahr werde sie mit dem Rauchen aufhören?

Aber jetzt ist mir klar geworden, dass gute Vorsätze für‘s neue Jahr all die Dinge sind, die man sich mit „eigentlich sollte ich“ sagt. Von denen man weiß, dass sie das eigene Leben verbessern würden, die man sich aber nicht genug wünscht, um sie zu konkreten Plänen zu machen. Zeitliche Zäsuren wie der Beginn eines neuen Lebens- oder Kalenderjahres geben gerne den Impuls für die Formulierung solcher Dinge. Diese Erkenntnis half mir, zum ersten Mal im Leben gute Vorsätze zu fassen. Siehe unten.

Jahresrückblick 2007

Montag, 31. Dezember 2007

Rückblicke 2006, 2005 und 2004.

Zugenommen oder abgenommen? Weder noch – und das seit über 13 Monaten. Das vermutlich erste Mal, dass mein Körperumfang sich über so lange Zeit nicht mal um eine halbe Kleidergröße in die eine oder andere Richtung verändert. Irgendwas mache ich richtig.

Haare länger oder kürzer? Selbe Länge.

Mehr Kohle oder weniger. Mehr.

Mehr ausgegeben oder weniger? Es bleibt immer noch kaum was übrig, also mehr.

Der hirnrissigste Plan? Meinen allerersten Einkaufsbummel beim Dallmayr ausgerechnet auf den 28. Dezember zu legen.

Die gefährlichste Unternehmung? Den diesjährgen Vorsorgetermin beim Gyn sausen zu lassen. Ich verrücktes Ding, ich.

Mehr Sport oder weniger? Mehr: Mittlerweile zwei bis drei Mal die Woche Ausdauersport, ein bis zwei Mal die Woche Krafttraining.

Die teuerste Anschaffung? Kleine Reisetasche aus Leder.

Das leckerste Essen? T-Bone-Steak aus der neuen Pfanne des Mitbewohners, abends nach Arbeitstag plus zwei Stunden Aerobics.

Das beeindruckenste Buch? Graham Greene, Brighton Rock.

Das enttäuschendste Buch? Boris Akunin, The Winter Queen.

Der ergreifendste Film? Shoppen.

Die beste CD? Achnee, ich höre immer noch keine Musik. Die Frage lasse ich nächstes Jahr weg.

Die meiste Zeit verbracht mit…? Lesen.

Die schönste Zeit verbracht mit… ? Mitbewohner in Brighton.

Vorherrschendes Gefühl 2007? Geht doch.

2007 zum ersten Mal getan? Meine ganze Abteilung zu mir zum Essen eingeladen / Weihnachtsstollen gebacken / Gans gebraten.

2007 nach langer Zeit wieder getan? Aerobics betrieben.

3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? Monsterpickel‚ prämenstruelle Brustschmerzen, Dauerregen im Brighton-Urlaub.

Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Dass ein großes IT-Projekt die Mitwirkung des IT-Dienstleisters braucht (das sah dieser Dienstleister bis kurz vor Katastrophe anders).

Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe? Ein Berlin-Wochenende mit Fotositzung.

Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Ein MacBook.

Der folgenreichste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? Ich hab das für Sie geregelt.

Der folgenreichste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe? Das war ja furchtbar!

2007 war mit 1 Wort…? Gut.

Vorsätze für 2008? Auf Konzerte und ins Theater gehen. / Mit dem Essen aufhören, wenn ich satt bin, auch wenn der Teller noch nicht leer ist.

Kinorückblick 2007

Sonntag, 30. Dezember 2007

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Bücher 2007

Samstag, 29. Dezember 2007

Meine Buchlektüre 2007 in Lesereihenfolge. Empfehlungen sind mit * markiert, dazu eine kurze Beschreibung. Das heißt nicht, dass ich die anderen Bücher schlecht fand; Bücher, die ich schlecht fand, tauchen gar nicht hier auf, die habe ich nämlich nicht zu Ende gelesen.

1. Qiu Xiaolong, Death of a Red Heroine*
Englischsprachiger Krimi, der im Shanghai der frühen 90er spielt, im Zentrum Inspektor Chen Cao. Wie so oft in Krimis ist die Handlung Plattform für kulturelle und historische Hintergründe: China im Wandel, chinesische Verhaltenskonventionen, die einheimische Küche – alles technisch hervorragend vermittelt. Dazu kommt eine komplexe Verbrechensermittlung.

2. Jake Tilson, A Tale of 12 Kitchens*
Ein Künstler erzählt seine kulinarische Familiengeschichte, mit Collagen (Scrapbook), Rezepten, Fotos, Anekdoten.

3. Eleanor Taylor Bland, Dead Time

4. Granta 96, War Zone

5. Marina Lewycka, A Short History of Tractors in Ukrainian

6. Minette Walters, Fox Evil

7. A.L. Kennedy, Original Bliss

8. Granta 97, Best of Young American Novelists 2

9. Eickhoff, Friederike, et. al. (Hrsg.), Zeitgeister München. Wo Vergangenes lebt.

10. Friedrich Ani, Abknallen

11. Franz Kotteder, Die Billig-Lüge

12. Leena Lehtolainen, Alle singen im Chor / Auf die feine Art

13. Saša Stanišić, Wie der Soldat das Grammofon repariert*
Hochgerühmt und das zu Recht. Für Stanišić ist das Deutsch, in dem er schreibt, eine Fremdsprache, und er verwendet sie mit einer Kreativität, wie sie vermutlich eine Muttersprache nicht hervorbringt – immer im Dienst seiner Geschichte aus dem jugoslawischen Bürgerkrieg. War im Jahr 2007 das Buch, das ich am häufigsten verschenkte.

14. Jeff Noon, Vurt

15. Leonie Swann, Glennkill*
Ein Schafhirte liegt ermordet auf der Wiese, und seine Herde versucht herauszubringen, was passiert ist. Sehr clever gemacht und hochkomisch.

16. Hatice Akyün, Einmal Hans mit scharfer Soße

17. Françoise Sagan, Bonjour Tristesse*
Unter den wenigen Büchern im Haus meiner Eltern war ein Sammelband Sagan. Ich war wohl zwölf oder 13, als ich ihn gegen mütterliches Gebot („das ist noch nichts für dich“) heimlich weglas – also stückchenweise, wenn meine Eltern nicht daheim waren. Bonjour Tristesse war mir am stärksten im Gedächtnis geblieben, und beim Wiederlesen fast 30 Jahre später sah ich die Bilder vom Sommer am Meer genauso intensiv. Dazu kam ein neues Verstehen, was in einem jungen Mädchen vorgeht, das sich selbst noch nicht kennt.

18. Erich Loest, Nikolaikirche

19. Graham Greene, Brighton Rock*
Man muss Brighton nicht so lieben wie ich, muss es nicht einmal kennen, um etwas von diesem Roman zu haben. Verbrechermilieu in Südengland zwischen den Weltkriegen, wundervoll indirekt erzählte Geschichten und Gedanken, ein böser Held, wie ich ihn noch nie gelesen habe. Wie immer bei Greene irritierte mich der heftige und unsubtile Katholizismus, den er mir reindrückte, weil er so gar keine Funktion hat – doch dieses irritierend Element bewahrt das Werk vor zu großer Glätte und Brillanz, macht es vielleicht erst zum Meisterwerk.
Mein diesjähriger Brighton-Urlaub war geprägt von dieser Leseerfahrung, ich sah die Stadt mit neuen Augen, besuchte sogar bloß deshalb das erste Pferderennen meines Lebens.

20. Ondřej Undéty (Hrsg.), Berlin oder so. Kleine Großstadtgeschichten*
Eine Sammlung wirklich hervorragender Geschichten aus verschiedenen Berliner Blogs.

21. J.K. Rowling, Harry Potter and the Deathly Hallows

22. Granta 98, The Deep End

23. Minette Walters, The Tinder Box

24. Sujata Massey, The Samurai’s Daughter

25. Marjane Sartrapi, Persepolis 2. The Story of a Return

26. Marcus Hammerschmitt, Das geflügelte Rad

27. Jasper Fforde, The Eyre Affair*
Das geht möglicherweise nur in England: Ein utopischer Roman, in dessen Welt sich 1985 alles um Bücher und Literatur dreht. Außerdem ist der Krimkrieg noch nicht zu Ende. Die Literatur-Detektivin Thursday Next ist einem Schurken auf der Spur, der Figuren aus Romanen kidnappt. Highlight: Die regelmäßige Aufführung von Richard III mit Publikumsbeteiligung – im Stil von Rocky Horror Picture Show – Shows.
Zeitreisen gibt‘s auch, aber in diesem ersten Band nur als Nebensache. Vielleicht hätte Fforde es bei diesem einen belassen sollen.

28. Jessica Valenti, Full Frontal Feminism*
Ach, der amerikanische Feminismus ist so wunderbar lebendig und vielfältig. Und so schreibt Frau Valenti, eine der Gründerinnen und Autorinnen des Blogs Feministing ein mitreißendes und witziges Buch darüber, warum Feminismus nötig und gut ist, gerade für junge Frauen. Und sie räumt bei dieser Gelegenheit mit einer ganzen Reihe handelsüblicher Vorurteile auf. Gegen den oft leichtfertig ausgesprochenen Satzanfang „Ich bin ja keine Feministin, aber…“ steht in großen, freundlichen Buchstaben auf der Rückseite des Buches „You‘re a feminist. I swear.“.

29. Ernest Hemingway, For Whom the Bell Tolls

30. Banksy, Wall and Piece*
Politische Kunst mit Witz, hervorragende Fotos.

31. Qiu Xiaolong, A Loyal Character Dancer

32. Matt Ruff, Bad Monkeys

33. Sujata Massey, The Pearl Diver

34. Jasper Fforde, Lost in a Good Book

35. Astrid Paprotta, Die ungeschminkte Wahrheit

36. Wolf Schneider, Glück!

37. Roddy Doyle, The Deportees

38. Franz Hohler, Es klopft

39. Minette Walters, The Dark Room

40. Bernhard Jaumann, Saltimbocca

41. James and Kate Salter, Life is Meals

42. Kathrin Passig, Alex Scholz, Lexikon des Unwissens*
Begründete Empfehlung hier.

43. Granta 99, What happened next

44. Manfred Weber (Hrsg.), HohlSPIEGEL

45. Sujata Massey, The Typhoon Lover

46. Mercè Rodoreda, Auf der Plaça del Diamant

Nachtrag: 47. Astrid Paprotta, Feuertod

Neues von früher

Freitag, 28. Dezember 2007

Jetzt im Alter packt mein Vater (in Madrid geboren und aufgewachsen, mit 18 Jahren nach Deutschland gezogen) immer wieder Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend aus. Das freut mich sehr, denn früher hatte er nur ein paar Standardanekdoten, die er immer wieder erzählte (der Esel Sevillano, der ihn beim Kühehüten austrickste / die gewalttätigen, bigotten Salesianer, bei denen er zur Schule ging / was er so alles mit den Straßenkatzen anstellte / seine Elektrikerlehre / wie er in der Bodega seines Onkels aushalf), und reagierte auf Nachfragen extrem abweisend.

Möglicherweise hat er jetzt im Rentenalter die Muße, Erinnerungen aufsteigen zu lassen. Vielleicht ist jetzt auch der Abstand groß genug, dass sie nicht mehr so weh tun.

Beim Weihnachtsessen begann mein Vater unvermittelt davon zu erzählen, dass in seiner von der spanischen Nachkriegszeit gezeichneten Kindheit, also in den frühen 50er Jahren, das in Ruinen liegende Madrid Einfuhrzoll für Lebensmittel verlangte. Es habe an allen Einfallstraßen in die Stadt Zollhäuschen gegeben (casa de los árbitros), an denen Zoll gezahlt werden musste und an denen das Gepäck aller Reisenden und jede Lastwagenladung durchsucht wurden. Sein Onkel, der Weinhändler, habe bei der Einfuhr des Weins aus der Gegend von Toledo durch Bestechungsgelder erreicht, dass weniger deklariert wurde, als er tatsächlich dabei hatte. Und wie das nicht mehr funktionierte, als genormte Behälter für den Weintransport eingeführt wurden.

Oder wie ihm seine Großmutter, bei der er wieder einen Sommer auf dem Land verbracht hatte, für die Heimfahrt seinen ganzen Koffer voller Mehl packte. Wie die Zöllner den Autobus durchsuchten, in dem er saß und sofort Verdacht schöpften, weil der Koffer eines Zehnjährigen so schwer war. Wie sie für das Mehl Zoll verlangten und er doch kein Geld hatte. Wie ein Mitreisender, der ihn kannte, mit Geld aushalf. Das sei „der Revilla“ gewesen, der eine Reinigung in Madrid hatte. Dem er als Elektrikerlehrling später oft die Maschinen repariert habe. Dem die Frau weggestorben sei, worauf er mit dem Dienstmädchen angebandelt habe, deren Mann ihn dann erschoss.

Und dann erinnerte sich mein Vater, wie die Großmutter vom Land seiner Familie zu Weihnachten einen Hahn schickte. Der sei einfach einem Überlandbus zum Transport mitgegeben worden, mit zusammengebundenen Füßen. Wie seine Mutter ihn geschickt habe, den Hahn abzuholen. Er habe im Büro am Busbahnhof gesagt, er wolle den Hahn für seine Mutter abholen und ihren Namen genannt. Daraufhin sei ihm das Tier ausgehändigt worden. Im patio daheim habe man dem Hahn die Füße aufgebunden und ihn losgelassen. Und so habe der Gockel seine letzten Tage im Hof des Madrider Altstadthauses in der Nähe des Bahnhofs Atocha verbracht, in dem sie damals wohnten, zu fünft in zwei ebenerdigen Zimmern, deren Fenster in diesen Hof gingen. Der Hahn sei bis Weihnachten noch gefüttert worden, dann habe ihn meine Yaya geschlachtet.

Ich freue mich sehr über diese neuen Geschichten. Vielleicht kommt es irgendwann doch noch so weit, dass ich zu Spanien Mitte des 20. Jahrhunderts nicht mehr bloß Hemingway im Kopf habe.

Weihnachtlicher Isarlauf

Mittwoch, 26. Dezember 2007

Gestern Morgen war es beim Dauerlaufen aber auch gar zu schön.

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Vom Englischen Garten,

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unter der Kennedybrücke hindurch

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wundervolle Raureiflandschaft entlang. Nachmittag mit Familie schwiegerseits in Zimmern verbracht, heute ist meine Familie dran.

Weihnachten in Bloggistan

Dienstag, 25. Dezember 2007

In Bern wird bis zuletzt gebacken.

Jojo lässt sich beim Malen seiner Weihnachtsgrüße zuschauen.

Felix wurde selbst weihnachtlich gemalt.

Die Küchengötter sammeln Weihnachtmahle.

Das Neunerliserl packt Schein und Sein des Weihnachtsfests in ihr Narrenkasterl.

Und jetzt bitte schön weiterfeiern, alle miteinander.