Archiv für Dezember 2008

Adventspaziergang 2008

Sonntag, 14. Dezember 2008

Frau Mama hat liebenswürdigerweise im Hause Kaltmamsell für das passende Adventsambiente gesorgt. Ich ergänzte lediglich Rechner und verschnupfte Taschentücher.

Dieses Jahr gab es sogar wieder Schnee auf unserem familiären Adventspaziergang. Wieder hielten meine Eltern geheim, wohin es ging. Wir parkten im Altmühltal.

Denn unser Ziel war die Domstadt Eichstätt.

Der Zauber einer bayerischen Fußgängerzone am 3. Adventsonntag um zwölf.

Essen gab es unter echtem Kirchenlatein.

Plädoyer für bescheuerte Mützen

Samstag, 13. Dezember 2008


(Der Fotoapparat war mit dem Rot komplett überfordert – und ich mit den Möglichkeiten von Photoshop Elements, dieses zu korrigieren.)

Mützen lassen jeden Menschen bescheuert aussehen. „Mütze“ sei hier alles, was auch die Ohren wärmen kann, Anderes ist „Hut“ oder „Kappe“. Warum also dieses scheinbare Problem nicht nutzen, die Bescheuertheit verstärken – und damit sympathisch machen? Wenn ich mit dieser Mütze rausgehe, sind schlechte Laune oder auch nur Niedergeschlagenheit unmöglich: Das Bommelteil zaubert mindestens jedem dritten Passanten ein Lächeln ins Gesicht, Frauen sind besonders empfänglich. Hin und wieder wird auch ein richtiges Lachen daraus. Und wie will man sich krümlig, krank, hässlich und doof finden, wenn einen auf offener Straße Menschen anlächeln oder gar anlachen? Diese Mütze bringt selbst die unbeeindruckbaren, zurückhaltenden Münchner zum Reden: Gestern im Supermarkt unterm Stachus hielt eine wagenschiebende Frau angesichts meiner Kopfbedeckung in ihrem Einkauf inne, bekam große Augen und sagte zu mir (genauer: zu einem Punkt kurz über meinem Kopf): „Also das ist aber eine witzige Mütze!“

Auch Sie sollen die Chance zu solchen Erlebnissen haben. Stricken Sie sich einfach auch so eine Mütze, mit ein wenig Strickerfahrung dauert das nur einen Nachmittag.

Rezepte habe ich ja schon viele aufgeschrieben, dies ist meine erste Strickanleitungen.1 Als nächstes läuft mir vermutlich eine Katze zu.
Anleitung nach dem Klick.
(mehr …)

  1. Eine schöne Schreibübung. Sie erinnert mich an die Freundin, die an einer amerikanischen Uni „Essay Writing“ unterrichtete. Um den Studenten zu beweisen, dass sie darin wirklich noch etwas zu lernen hatten, ließ sie sie als erstes eine Bastelanleitung für einen Papierhut schreiben. Sie erzählte, dass es höchstens drei Minuten dauerte, bis der erste fragte, ob er eine Zeichnung verwenden dürfe. Nein, nur Wörter. []

Schniefen und rotzen, gestern und heute

Freitag, 12. Dezember 2008

Möglicherweise macht mich diese erste Fetzenerkältung seit zwei Jahren milde. Fort ist die Weihnachtsdepression, in mir herrscht gelassene Aufmerksamkeit. Vielleicht ist es ja doch etwas Ernstes.

Die Jungapothekerin, die mich gestern mit meinem liebsten Symptombekämpfer bei Erkältung versorgen sollte, nämlich dem Nachtlikör von Wick, wollte mir vermutlich beweisen, wie viel besser eine echte Apotheke im Vergleich zur Online-Pharmazie ist: „Ist das für Sie?“ „Welche Symptome haben sie denn?“ „Wie lange habe Sie das schon?“ „Löst sich schon was?“ „Welche Farbe hat das Sekret?“ „Haben Sie Fieber?“ „Nehmen Sie sonst noch Medikamente?“ Ganz zauberhaft, junge Frau, ich stecke lediglich im anderthalbten Tag einer Erkältung, fünf habe ich erfahrungsgemäß noch vor mir, und jetzt rücken Sie endlich den Saft raus. Danke, die zwei Packungen Taschentücher lasse ich mir gerne dazuschenken.
(Dass das Zink – daran glaube ich, seit ich vom Glauben an Echinacea abgefallen bin –, das ich mir ebenfalls bei ihr holte, nur in Verbindung mit Ballaststoffen vom Körper aufgenommen wird, fand ich allerdings tatsächlich eine wertvolle Information.)

Ich möchte hiermit und offiziell den Entwicklern und Erfindern der Nasentropfen und des Nasensprays danken, die entdeckten, dass Oxymetazolinhydrochlorid Nasenschleimhäute abschwellen lassen kann. Bei Erkältung gönne ich es mir brav höchstens sieben Tage lang (wegen Abhängigkeitsgefahr) – die Erleichterung ist riesig.

Die Nichtenmütze ist fertig, die eigentliche Erstellung benötigt tatsächlich nur einen halben Manntag. Sie inspirierte mich dazu, heute mein Ur-Exemplar dieses Modells für den Weg in die Arbeit aufzusetzen – und wieder hatte ich die Folgen vergessen (die werden ein eigener Text, inklusive Arbeitsanleitung).

Davor erlief ich ein Stück Isar, die größten Teile in völliger Einsamkeit. Das war sehr schön, kostete meinen erkältenden Körper aber so viel Energie, dass mir das spätere Einkaufen nur im Schneckentempo möglich war.

Zum abendlichen Nachtisch Apfelquark: Apfelkompott (diesmal mit ein paar Gewürznelken eingekocht) mit Sahnequark verrührt. Das Ergebnis ist überraschend viel besser als die Summe seiner Einzelteile.

Ob die Frau, die mir heute Morgen in der Tram gegenüber saß, wohl eben aus einem Tropenurlaub kam oder auch im Winter regelmäßig ins Solarium geht?

Auch Advent. Tagebuch.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Einen Tag frei genommen, den gleich mal eine anfliegende Erkältung für Symptometanz nutzt. Halbwegs ausgeschlafen. Wie deutlich ich den momentanen Erkältungsbrummschädel von einem alkoholinduzierten unterscheiden kann – obwohl ich gestern Abend auf einer Abteilungsfeier Gläser Wein getrunken habe.

Der gleiche kalte Hochnebel über München wie gestern. Ich werde trotzdem an die Isar zum Laufen gehen, eine Strecke, die ich an Wochenenden wegen Überfüllung nicht mehr laufe.

Davor Maschenprobe für die Nichtenmütze. Danach letzte Weihnachtsgeschenke und Abendessen einkaufen, Mütze stricken. Vielleicht mit eingeschobenem Erkältungsbad.

Welche Musik lasse ich meine Strickerei untermalen? Sollte sachte sein. Musik, die zu eisigem Nebel ebenso passt wie zu brütend heißen Sonntagnachmittagen. Wenn ich mehr Musik hörte, hätte ich eine ordentliche Datenbank und könnte mir aus „Love Actually“, „Hudsucker Proxy“, „Little Man Tate“, „Mr Ripley“ und „City of Angels“ das Passende zusammenstellen.

Meine jahreszeitliche Seelendüsternis hat sich entspannenderweise eine Auszeit genommen.

Ich kannte mal einen Germanisten, der sprach wie Udo Lindenberg und schrieb wie Friedrich Hölderin. Jetzt verkauft er Weinklimaschränke.

Blogwichteln: “I’ll be home for Christmas”

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Mich hat Helga von Notebook München bewichtelt, mit einer ganz zauberhaften Geschichte:

Resistent gegen Weihnachtskitsch bin ich nicht. Im Gegenteil. So eine Portion Kitsch zu Weihnachten muss sein. Die Metamorphose von der erwachsenen Frau zum sentimentalen Mädchen vollzieht sich in der Regel in vier Schritten – auch genannt Adventssonntage.

Vor dem ersten mache ich mich mit einem Seufzer auf, um die Komponenten für ein Weihnachtsgesteck zu besorgen. Nicht ohne zu betonen, dass das nun wirklich kein Mensch braucht.

Vor dem zweiten schwöre ich, keinen Fuß auf einen Weihnachtsmarkt zu setzen. Weil Weihnachtsmärkte nun wirklich kein Mensch braucht.

Vor dem dritten gehe ich mit Widerwillen Eier, Butter, Zucker einkaufen. Weil irgendjemand muss ja Plätzchen backen. Wobei die ganze Familie jedes Jahr aufs neue beteuert, dass es das wirklich nicht bräuchte.

Vor dem vierten stelle ich fest, dass mein Geburtstag mal wieder kurz vor Weihnachten liegt. Das braucht tatsächlich kein Mensch.

Mit dem Anzünden der vierten Kerze bin ich weichgespült. Wenn dann die Dickensche Weihnachtsgeschichte nicht im Fernsehen gezeigt wird, bin ich beleidigt. Ich ertrage Gedudel im Radio und bin bei „I’ll be home for christmas“ jedes Jahr aufs neue versucht, ins Auto zu steigen.

Wobei meine Eltern beileibe nicht Tränen vor Rührung in den Augen hätten. Wahrscheinlich würden sie nur alarmiert fragen: Habt ihr euch gestritten? Denn anders als ich, sind meine Eltern sehr wohl Weihnachtskitsch resistent. Und das Familienfestessen findet eh erst am 25. mittags statt. Wie es sich gehört in Bayern.

Doch wenn am Nachmittag des Heiligen Abends die Weihnachtsbaum-Schmuck-Krise beigelegt ist, der Begleiter und ich eine Tasse Tee trinken und froh sind, dass es doch selbstgebackene Plätzchen gibt, weiß ich, dass ich genau da bin, wo ich sein sollte: daheim.

Und irgendwann, wenn es schon dunkel ist, mache ich einen Spaziergang durch mein Viertel. München wird still an Weihnachten. Die Straßen sind leer. Hinter dem ein oder anderen Fenster brennen schon die Kerzen am Baum. Es ist eine schöne Stimmung an Heilig Abend in München. Und ich schwöre, würde ich bei diesem Spaziergang eine Engelslocke finden, ich würde glauben, das Christkind hätte sie verloren.

Meine Wichtelgeschichte steht beim Abspannsitzenbleiber. Der Hintergrund zum Nachlesen beim Initiator: das Münchner Blogwichteln.

Internationale Blogtrends

Dienstag, 9. Dezember 2008

Wenn ich schon das Privileg genossen habe, drei Tage mit der internationalen Jury der BoBs zu verbringen, kann ich ja auch von dem Einblick erzählen, den ich dadurch in die Blogtrends der teilnehmenden Sprachen bekommen habe.1

Es gibt Sprachen, die automatisch mit Blogs gegen die Beschränkung der Meinungsfreiheit assoziiert werden: Persisch, Arabisch, Russisch, zum Teil auch Portugiesisch. Interessanterweise war es den Juryvertretern und -vertreterinnen gerade dieser Sprachen wichtig darauf hinzuweisen, welche hervorragende unpolitische Blogs es bei ihnen gibt, deren besondere Qualität in der Auswahl der Themen, in der Nutzung der Gestaltungsmöglichkeiten, in bemerkenswerter Sprache liegt. Sie nahmen sich viel Zeit, Postings zu übersetzen, Zusammenhänge zu erklären, eine Vielzahl von Fragen zu beantworten.

So ging der Preis der Jury für das beste arabischsprachige Blog an Ohod, der sich auf bemerkenswerte Weise mit Kunst und Kultur in diesem Sprachraum befasst. Die hohe Textqualität und der besondere Themenmix gaben auch den Ausschlag bei der Wahl von freelancer zum besten Blog in persischer Sprache. Das beste portugiesische Blog, Querido Leitor, kommt aus Brasilien und ist ein klassisches persönliches Blog: Die Autorin ist Journalistin, Drehbuchautorin, Nuklearphysikerin mit der Text- und Themenproduktivität einer ganzen Online-Redaktion. Das beste russische Blog bietet eine alternative Sicht auf Moskau, vor allem in Bildern: MetroDream by Russos. Auch hier wurde die künstlerische Qualität der Texte betont.

In Indonesien hingegen gibt es Blogs wohl erst seit zwei Jahren. Die meisten befassen sich in erster Linie mit IT, Webtechnik, Blogtechnik, Webdesign – wie die allerersten Blogs überhaupt. Allerdings spielt schon jetzt das Thema Blogvermarktung eine große Rolle.

  1. Ich plaudere hier keine Interna der Jurysitzungen aus; die Details finden sich auch in den offiziellen Begründungen der Entscheidungen. []

Geld!

Montag, 8. Dezember 2008

Doch, ich finde die derzeitige so genannte Finanzkrise interessant. Allein schon all die schönen Hintergrundartikel, die meine hallengroßen Lücken in Wirtschaftsthemen füllen! Dennoch schiebt sich mir immer wieder die Lieschen-Müller-Sicht dazwischen. Genau die hat freundlicherweise jemand für mich aufgeschrieben, nämlich Herr Nürnberger vom SZ-Magazin am Beispiel von Michel M.:

Vorher lautete sein Motto: Geld ist nicht alles. Nachher lautete es: Aber viel Geld, das ist was anderes.

Nein, es will sich keine Schadenfreude einstellen. (Na gut, ein ganz kleines Bisschen.) Dazu baden viel zu viele das Schlamassel mit aus.

Genau das Gegenteil der Mechanismen hinter der Finanzkrise sehe ich in der Sendung Elektrischer Reporter, jetzt beim ZDF, die ich den „Menschen an den Empfangsgeräten” ans Herz legen möchte. Bildung und Technikaffinität können nämlich auch Augen zwinkern.
Folge 1 erklärt ganz bezaubernd Twitter.
In Folge 2 hörte ich zum ersten Mal von der „Demoszene”.

ITler spinnen halt auf eine ganz besondere Weise. (Hey, ich lebe mit einem C64-Fachmann zusammen!)
Der Ritterschlag für den Elektrischen Reporter sind die Kommentare: Von dieser Sorte findet man sie sonst nur in den Online-Versionen von Zeitungen.