Archiv für Juni 2009

Journal 21. Juni 2009

Montag, 22. Juni 2009

Fortsetzung der Wochenendpflichterfüllung: Freitagszeitung aufgelesen (daraus gelernt, dass die vielen Mandarinenten in München eine Besonderheit sind), Sport getrieben (Isarjoggen), Beine rasiert, Stockflecken an der Badewanne bekämpft, Wäsche gewaschen, Samstagszeitung aufgelesen.

War irgendetwas davon eine Unternehmung, auf die ich Lust hatte, auf die ich mich gefreut hatte? Woher soll denn ich das wissen?

Schlechtes Gewissen wegen versäumter Pflichten: Sonnenstrahlen zu wenig genutzt, Synchronschwimmmeisterschaft nicht besucht, nicht im Kino gewesen, keine gute Laune gehabt, nicht gebügelt.

Innige Leseempfehlung aus der SZ-Wochenendbeilage: „Sich waschen, ohne schwul zu wirken“, eine zeitgemäße Fortsetzung von “Real men don’t eat quiche“:

Im Grunde würde man sich als Mann am liebsten mit Salzsäure waschen. Oder eben gar nicht, einen Mittelweg gibt es nicht, für einen Krieger kann es keine Kompromisse geben. Als Mann benutzt man natürlich harte Zahnbürsten und freut sich, wenn jedesmal das Zahnfleisch blutet. Wenn man sich mit seinem Rasierwasser das Gesicht tupft, und es brennt wie Feuer, das ist erfrischend wie die Ohrfeige einer Frau.

Nahrung: Café con leche, Tomaten-Gurkensalat mit Feta, Chai-Latte, verschiedener Käse, Schokolade, Lachs auf Senffenchel, Radler
Wetter: Sonne und Wolken im Wechsel, abends Gewitter und heftiger Regen, ganz schön kühl

Journal 20. Juni 2009

Sonntag, 21. Juni 2009

Die doppelte Strafe für uns pflichtgetriebene Menschen: Die Erfüllung von Pflichten macht uns nicht etwa glücklich; sie verhindert lediglich, dass wir uns noch schlechter fühlen. Ich frage mich ernsthaft, wieso mich die Fortpflanzungspflichten nie erwischen konnten. Ernsthaft und in tiefer Dankbarkeit. Heute zu erledigende Pflichten: Tagebuchbloggen, Schwimmen, Einkaufen, Vergnügen, Entspannen.

Das Schwimmen war mit einem deutlichen Handycap versehen: Ich hatte mir im Schlaf die linke Schulter verlegen, konnte den Kopf kaum in diese Richtung drehen. Dadurch war weniger Kraft im linken Arm, beim Kraulen schwamm ich ganz schön schief.

Nachmittagsbesuch beim Isarrausch, wo ich einem Kochkurs beiwohnte, der der hiermit so benannten cocina bruta-Schule angehörte: Es gab French Chocolate Toast – zwei Scheiben Billigtoast, dazwischen eine halbe Tafel Billigschokolade, in verkleppertem Ei gewendet, in Butter rausgebraten. Laut dem Kochlehrer ein original australisches Rezept.

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Nahrung: Café con leche, Schokolade, Planetenpfirsich, verschiedene Käsesorten mit grüner Paprika, Zuckeraprikosen, türkischer Joghurt, asiatisches kaltes Huhn mit Sesamsauce, Chai Latte
Wetter: düster mit zwei großen Platzregen, kühl

Journal 19. Juni 2009

Samstag, 20. Juni 2009

Ein derart lautes Rauschen beim Aufwachen lässt keinen Zweifel daran, dass Fahrradfahren in die Arbeit ausgeschlossen ist. An die Hitze des Vorabends erinnert die Luft in der Wohnung durch tropische Schwüle.

Ab 10 Uhr lief die diesmonatige Wette mit mir selbst: Komme ich ohne Tablette durch die Menstruationskrämpfe? Da ich nur noch ein Stück des verlässlich wirksamen, aber verschreibungspflichtigen Medikaments besitze und mein Gyn in einer anderen Stadt sitzt, war das ein durchaus spannungsreicher Kampf. Ergebnis: Ich habe diese letzte Tablette in den nächsten Monat gerettet, ohne große Anstrengung.

– Gegen Feierabend fröhliches Geburtstagssektlein auf den Chef in unserer schicken Büroküche mit weitläufigem Stehtisch.
– Einkaufen auf und am Viktualienmarkt, Abendessen mit Mitbewohner.
– Einschlafen leider bei geschlossenem Fenster, weil das benachbarte Forschungsinstitut entweder Spätschichten fuhr oder heftig feierte: Davor lachten und lärmten Grüppchen von Menschen bis weit nach Mitternacht.

Nahrung: Café con leche, brasilianische Mango, Salznüsse, gefüllte Hähnchenbrust mit Rohkostsalat, Milchkaffee, Sekt, Schokolade (Pernsteiner Amaretto mit Rahmkaramellen auf Vollmilchschokolade – eigenartiger Beigeschmack nach Hustenbonbon), Kuhkotelett mit grünem Spargel, dazu St. Antony Roter Bodenschatz 2008 (interessanter Cuvée aus St. Laurent und Merlot, aber noch ein wenig zu jung zum Trinken), Schwedenspeise1

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Bilder von Herrmannsdorfer Rind zum Neidigmachen von Herrn Siepert.

Wetter: regnerisch und deutlich kühler

  1. Schwedenspeise geht so simpel, dass ihr eigener Eintrag eigentlich überdimensioniert ist: Biovanillepudding nach Packungsanweisung zubereiten, unter Rühren abkühlen lassen (damit keine Haut entsteht), kurz vor dem Servieren 200 gr. Sahnequark unterrühren – oder, wie heute, Ricotta. Eigentlich gehören jetzt noch kleingeschnittene Trockenfrüchte untergehoben, das mache ich aber seit Jahren nicht mehr. []

Journal 18. Juni 2009

Freitag, 19. Juni 2009

Viel zu früh aufgewacht, putzestmunter. Was hilft mir da zu wissen, dass sich der Schlafmangel spätestens Mitte des Vormittags wie Bleigewichte auf meine Lider legen wird – ich stehe halt auf. Und lag erwartungsgemäß den ganzen Tag im Nahkampf mit dem Schlaf, bis zum Schielen vor Müdigkeit.

§

Nicht mal eine Woche nach dem Hexenstreifschuss konnte ich meine Runde in der medizinischen Muckibude bereits wie gewohnt und ohne Einschränkungen drehen. Ich glaube weiter an die Wirksamkeit der Übungen.

§

Habe der Zeitung entnommen, dass am Wochenende im Münchner Nordbad die deutsche Meisterschaft im Synchronschwimmen ausgetragen wird. Wenn ich hinginge, und ich mag Synchronschwimmen, hätte ich endlich wirklich etwas zu erzählen.

Nahrung: Café con leche, Sahnequark, Pfeffergulasch mit Rohkost- und griechischem Salat, Milchkaffee, Schokolade, Zuckeraprikosen, Blattsalate mit gebratener Ziegenrolle, Walnüssen und Planetenpfirsichen

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Wetter: Sommerlich, fast schon heiß

Journal 16. Juni 2009

Mittwoch, 17. Juni 2009

Die Semiotik von Arbeitshierarchien

Mit einem neuen, altgedienten Kollegen hatte ich einen höchst interessanten Austausch über die Zeichensysteme in Unternehmen, die die hierarchische Einordnung eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin markieren. Denn klar: Das Gehalt wächst mit dem Aufstieg, und ab einer bestimmten Chefigkeit gibt es einen Dienstwagen. Aber diese Dinge sieht ja nicht, wer zum Beispiel eine Abteilung betritt und möglichst schnell herausfinden will, wer das Sagen hat. Meiner Berufserfahrung nach gibt es in jedem Unternehmen eine ungeschriebene Hierarchiesemiotik, die bei dieser Einschätzung hilft. Hier einige Beispiele:

Quadratmeter
In konservativen Bürolandschaften lässt sich die Hierarchie allgemeinverständlich an der Architektur ablesen: Fußvolk teilt sich mit mehreren Kollegen und Kolleginnen einen Raum, eine Gruppenleiterin ist am Eckplatz mit etwas Luft darum zu erkennen, erheblich chefiger macht die Zuweisung eines Einzelbüros, Oberchefs sind die Menschen mit Vorzimmer, in der Topposition inklusive mehrköpfigem Vorzimmerpersonal. (Sonderregeln gelten für lärmreiche Branchen, in denen Führungskräfte auf erheblich niedrigeren Hierarchieebenen Schallschutz erhalten.) Verheerend für dieses Zeichensystem ist die konsequente Einführung von Großraumbüros; oft brechen heftige Kämpfe um gelernte Hierarchiemarker in Wandform aus. Ich kenne nur eine Oberchefin (Ebene direkt unter Vorstand) eines traditionellen Großunternehmens, die einen Platz mitten in ihrer Mannschaft bevorzugt und ihr standesgemäßes Einzelbüro zu einem Besprechungsraum umbauen hat lassen.

Fenster
Es gibt Unternehmen, die die Ranghöhe von Führungskräften durch die Anzahl der Fenster in deren Büro signalisieren. Damit wird das Privileg des Einzelbüros unabhängig von Vorzimmer weiter heruntergebrochen. Die popeligsten Einzelbüros haben zwei Fenster, die besseren drei; die höchste Stufe sind vier Fenster über Eck. Obwohl auch dies nirgendwo festgehalten ist, sind erboste Beschwerden von Menschen belegt, die sich durch Unterfensterung diskriminiert fühlten.
(Andererseits stelle ich mir vor, wie Papi abends heimkommt: „Inge, mach den Sekt auf: Ich habe ein drittes Fenster bekommen.“)

Teppich
Auch dieses Zeichensystem funktioniert nur mit Einzelbüros. Abstufungen sind, wie ich mir habe erzählen lassen: überhaupt Teppich, schlichte Auslegeware, weicher Teppich, farbiger Teppich. Es lohnt sich sicher zu recherchieren, ob dieser Aufstieg mit einer bestimmten Zusatzmöblierung des Büros einher geht, also in Form von Sofas, Beistelltischchen etc.

Schreibtischstuhl
Sie glauben doch nicht im Ernst, die Form und Ausstattung eines Schreibtischstuhls hingen von Ergonomie ab. In modernen Großraumbüros wird das Sitzmöbel zur komplexen Aussage. Sachbearbeiter lassen sich wieder auf dem schlichten Modell ohne alles nieder, ATler und erste Führungsebene können dann schon die Arme auf Lehnen ablegen, richtig chefig wird es, wenn die Rückenlehne bis zur Kopfmitte wächst, und Hackenschlagen ist angesagt, wenn man auf jemanden zugeht, der unter sich das Ganze in Leder und Chrom hat. Doch auch dieses schöne System ist zerschießbar: Bei attestierten Rückenbeschwerden kann der Betriebsrat schon mal dafür sorgen, dass auch ein kleiner Tabellenschubser das High-Tech-Gerät untern Hintern bekommt. Wenigstens auf keinen Fall mit Lederüberzug.

Arbeitsgerät
Hier dürfte man sogar mit Funktion argumentieren: Wer aufgestiegen ist, arbeitet natürlich nicht nur nine to five, sondern nimmt sich auch mal Arbeit mit nach Hause. Manche Unternehmen unterstützten das, indem sie diesen Mitarbeitern einen Laptop spendieren. Man hat allerdings auch von Leuten gehört, die dieses Gerät als reines Statussymbol einfordern, ohne es je aus seiner Stationärbuchse auf ihrem Schreibtisch zu entfernen.

Parkplatz
Ein Grenzfall im Zeichensystem der Arbeitsplatzhierarchie, da man ihn nicht beim Betreten eines Großraumbüros sehen kann. Oft sind die Parkplätze größerer Unternehmen so weit von den Bürogebäuden entfernt, dass der Weg von dort zum Arbeitsplatz eigentlich ein Wanderabzeichen wert ist. Doch manche Firmengelände haben zudem noch ein paar Parkplätze in Sichtweite der Chefbüros, gerne in einem Innenhof. Wer seinen Dienstwagen auf solch einem abstellen darf, ist ganz sicher wer.

Kennen Sie weitere solche Zeichen?

§

Nach ausgiebigen Aerobic-Hopsen war die Unterwäsche wie immer tropfnass. Dummerweise hatte ich heute die Wechselwäsche für nach dem Duschen vergessen. Hiermit kann ich vermelden: Going commando unterm Businesskostüm fühlt sich sehr unerotisch an.

Nahrung: Café con leche, Planetenpfirsiche (ui, die reifen ja nach!), Seelachs mit Asiengemüse, Rohkostsalat, Milchkaffee, Rinderbrühe, gekochtes Rindfleisch mit Meerrettich, Schokolade (Persteiner Salzmandeln in Trinidad Blend Kakao – gut!)
Wetter: buntwolkig mit heftigen Regenschauern, warm

Journal 15. Juni 2009

Dienstag, 16. Juni 2009

Es ist ja in Ordnung, „zsamgricht wiara weha Finga“1 (wie es meine Mutter formulieren würde – ich erspare Ihnen eine Auslassungsapostrophschlacht) in die Arbeit zu radeln – doch in dieser Montur im Büro als erstes dem Personalvorstand zu begegnen und einen Double Take bei ihm auszulösen war mir schon ein wenig peinlich. Wobei mir sofort weitere Sagerer meiner oberbayrisch sozialisierten Mutter einfallen: Man kann sich fühlen „wiara Packl Kunsthonig in da Sunn“2, jemand, dem es sehr schlecht geht, sieht gerne mal aus, „wiaras Leidn Christi in Schmoiz rausbachan“3. Habe heute meine Radlstrecken an so vielen blühenden Linden wie möglich ausgerichtet.

Die Lendenwirbelsäule hat sich wieder gefangen, eigentlich erinnert nur ein leichter Muskelkater in meinem Hohlkreuz an den freitäglichen Schreck.

Nahrung: Café con leche, Bananen, Putenrollbraten mit Spargel und Rohkostgemüse, Milchkaffee, Planetenpfirsiche, Schokolade, Hirse mit Zwiebeln und Tomaten, Tomatensalat mit Metzgerzwiebel (hat sich da jemand bei den Wochenendeinkäufen verschätzt?), dazu Albarello bianco, Lazio IGT 2008, Joghurt mit Lavendelhonig
Wetter: Warm, wolkig, hin und wieder Regen

  1. zusammengerichtet wie ein weher Finger []
  2. wie ein Päckchen Kunsthonig in der Sonne []
  3. wie das Leiden Christi in Schmalz ausgebacken []

Journal 14. Juni 2009

Montag, 15. Juni 2009

Im Offline-Geschäft an der Sendlinger Straße hatten sie das Modell nicht mehr, also habe ich mir diesen Helm im Online-Shop der selben Firma bestellt. Ein wenig verdutzt war ich über die automatische Mail, dass erst noch die Verfügbarkeit des Artikels geklärt werden müsse: In einem Online-Shop ist es technisch überhaupt kein Problem, ausschließlich verfügbare Artikel anzuzeigen – das weiß ich verlässlich. Hoffen wir also, dass es sich um eine rhetorische juristische Klausel handelt.

§

Auf dem Heimweg vom Neffengeburtstag (kurzes Weißwurstfrühstück für Familie und Taufpaten, bevor die eigentlichen Gäste kamen) traf ich ein ausgeschwärmtes Bienenvolk vor der Pettenkoferstraße 14 (ein Unigebäude) an. Ich bildete mir ein, in solchem Fall müsse irgendwer Bescheid bekommen, doch meine Recherche, also Twitter + ROI (Rest Of Internet) ergab, dass sich nur bei Gefahr die Behörden interessieren. Ich hatte noch im Kopf, dass ein schwärmendes Bienenvolk dem Finder gehört, wollte aber nicht extra einen Schrank dafür freiräumen und habe eigentlich auch gar keine Zeit für die Imkerei. Ein Twitterer gab mir den Hinweis auf die entsprechenden Paragrafen im BGB: §§ 961-964. Wikipedia zitiert und erläutert sie:

Das Bienenrecht im BGB wird in der Rechtslehre gemeinhin für den unbedeutendsten Regelungskreis des deutschen Privatrechts gehalten.

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§

Selbst wenn ich nicht zur Lektüre der Wochenend-Süddeutschen komme – die Wochenendbeilage hebe ich immer auf, um sie irgendwann nachzulesen. Und so musste ich heute zwei Wochen nachträglich Hilmar Klute beleidigt sein. Er nahm sich in der Titelgeschichte vom 30./31. Mai/1. Juni ausgerechnet meinen Jahrgang 1967, den „letzten geburtenstarken Jahrgang“ als Beispiel für die Generation, die mit digitalen Kommunikationsmitteln existenzielle Probleme habe, „waren sie doch zu alt geworden für myspace, flickr, StudiVZ“. Ich lade Sie ganz herzlich zu einem Gespräch mit mir ein, Herr Klute. Darin würde ich Ihnen nicht nur viele weitere Bewohner der Webwelt vorstellen, die meiner Generation angehören, wenn nicht sogar einer älteren. Und ich würde versuchen Ihnen auseinanderzusetzen, warum myspace, flickr und StudiVZ drei Anwendungsbereiche des Web sind, die wenig mehr als das Protokoll TCP/IP und den Zugriff über einen Browser gemein haben. Die apokalyptische Sicht auf technische Entwicklung ist keine Frage des Alters, sondern eine Frage der Einstellung.
Nachtrag: Hier der Artikel von Herrn Klute zum Nachlesen.

Nahrung: Café con leche, Laugenstange, Schokoladenerdbeere, Banane, Mango, Saturnpfirsich, Birne, Marmeladebrot, Schokolade (Pernsteiner mit karamelisiertem Espresso – gut), israelischer Schnippselsalat mit Brot und El Molino blanco, La Mancha DO 2008, Fudge
Wetter: Sommerlich sonnig und warm, vereinzelt Wolken


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