Journal 12. Juni 2009
Samstag, 13. Juni 2009Bemerkungen zum Verkehr
Eine Vollbremsung, meine Damen und Herren, eine Vollbremsung ist für Radfahrer keine Option. Als ich also auf dem Weg in die Arbeit aus einer Seitenstraße von links einen Lastwagen preschen sah, konnte ich, unterwegs mit hoher Geschwindigkeit bergab auf einer mehrspurigen Haupt- und Vorfahrtsstraße, nicht einfach kräftig in die Bremshebel greifen – der abrupte Stopp hätte mich über den Lenker in den Laster katapultiert. Statt dessen musste ich darauf vertrauen, dass kontrolliertes Bremsen mich rechtzeitig zum Stehen bringen würde. Was zum Glück auch eintraf, doch meine Knie zitterten auch noch zwei Stunden später.
Es scheint der Moment gekommen zu sein, mich über die Münchner Radler auszulassen, die ein veritabler Schmerz im Hinterteil sind. Sie mögen sich nach der obigen Schilderung wundern, warum die Radler Ziel meines Ärgers sind und nicht die Lenker motorisierter Fahrzeuge. Das ist, weil ich nämlich eine Theorie habe. Die geht so: Münchner Autos und Lastwagen verhalten sich schlicht, als existierten Fahrradfahrer nicht. Beim Rechtsabbiegen zum Beispiel halten sie grundsätzlich quer über der Radlerspur oder dem Radweg, um Fußgänger passieren zu lassen. Beim Linksabbiegen werden ausschließlich entgegenkommende Kraftfahrzeuge berücksichtigt. Parkend am Straßenrand wird nur nach Kraftverkehr ausgeschaut und dann dem zufällig passierenden Radler die Fahrertür ins Vorderrad geknallt.
Nur: Daran gebe ich den Münchner Fahrradfahrern die Schuld. Mindestens 30 Prozent leiden offensichtlich unter einer Rechts-Links-Schwäche und fahren auf der falschen Straßenseite (so viele Briten, Südafrikaner, Australier oder Japaner kann es unmöglich in München geben). Zwischen 70 und 80 Prozent sind farbenblind, was sich an der sehr erratischen Beachtung der Ampelschaltung zeigt. Höchstens 8 Prozent signalisieren ihren Abbiegevorsatz per Handzeichen. 90 Prozent der Münchner Radfahrer fühlen sich mit der Straßenverkehrsordnung nicht gemeint. Das Ergebnis aus Kraftfahrersicht: Radler können jederzeit, in jeder Form, aus jeder Richtung auftauchen – sie sind nicht berechenbar. Die Konsequenz kann Paranoia sein oder, und dafür haben sich die Kraftfahrer in München offensichtlich entschieden, konsequente Verdrängung. Radfahrer? Welche Radfahrer?
Hoffentlich bringe ich morgen die Disziplin auf, mir endlich einen Helm zu kaufen. Weiß jemand, warum Fahrradhelme so völlig anders aussehen als anderen Helmarten? Und erheblich weniger Fläche zu schützen scheinen? Spricht etwas gegen sowas?
(Wenn ich schon bescheuert aussehe, dann bitte auf meine ganz eigene Art.)
Selbstverständlich gibt es auch Zuckerl auf den Radwegen der Münchner Innenstadt: Heute fuhr ein gutes Stück der Ludwigstraße vor mir ein junger Mann auf einem Akrobatikfahrrad (heißen die noch BMX?) – da diese Räder nicht als Transportmittel konzipiert sind, konnte er sich nicht setzen und wackelte in einer verrenkt stehenden Position mit unbequem gerecktem Kopf daher. Sehr lustig anzusehen.
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Mittagessen mit den wenigen diensthabenden Abteilungskolleginnen. Das Tischgespräch führte von den Vor- und Nachteilen verschiedener Körpergrößen über das ideale Verhältnis von Körpergröße in Partnerschaften unter besonderer Berücksichtigung physiotherapeutischer Aspekte zu der Idee, einen zu großen Größenunterschied als Risikofaktor in Krankenkassenbeitragsbemessungen zu definieren. (Ulla Schmidt: Feel free…)
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Nach einem Hexen-Streifschuss am Vormittag verspannte sich Stück für Stück der gesamte Rücken. Ich überlegte hin und her, ob die medizinische Muckibude, die ich für einen Abendbesuch eingeplant hatte, sich in diesem Fall gut oder schlecht auswirken würde. Als wehrlose Sklavin der Härte gegen mich selbst und des Pflichtbewusstseins entschied ich mich natürlich für den Besuch. Schon das Radeln zur Bude war allerdings unter diesen Umständen – speziell. Ich fragte vorsichtshalber einen Trainer um Rat, der mich zwar nicht gleich heim schickte, aber für heute die Hälfte meiner Maschinen verbot. Daheim Entspannung per Alkohol.
Nahrung: Café con leche (der so und nicht anders heißt, weil er mit spanischem café gemacht ist), Apfel, Banane, Rindsroulade mit Soße, Rohkostsalat, Automatenkakao, Pacharán, Salzkaramell, Maccheroni mit Sauce Bolognese, dazu Osoti Vendimia Seleccionada Rioja Cosecha 2006
Wetter: Sonne und Wolken im Wechsel