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Journal Donnerstag, 31. Juli 2025 – Beobachtungen zum Sommerferienfeiern

Freitag, 1. August 2025

Zerstückelte Nacht ohne äußeren Anlass, ich war froh, als ich sie beenden konnte.

Große Freude über das Licht draußen: Zwischen vereinzelten Federwolken blauer Himmel, ich marschierte in Sonnenschein ins Büro. Dort war trotz aufziehender Sommerferien so richtig was zu tun, allerdings wurde aus meiner schlafgestörten Dumpfheit im Hirn richtiges Kopfweh. Darauf eine Ibu.

Ich holte eine Online-Schulung durch Gucken der Aufzeichnung nach: Geschwindigkeit auf 1,5, Überspringen mehrerer Technik-Probleme und Aufteilen in Kapitel mit Pausen für andere Erledigungen, Nachverfolgen von Links in den Schulungsunterlagen erwies sich als ideal, ich lernte etwas.

Schon für den Weg zu meinem Mittagscappuccino nahm ich wieder lieber einen Schirm mit, der Himmel hatte gemischt dunkelgrau zugezogen.

Vorm Running Sushi am Heimeranplatz stand eine lange Schlange an; als ich vorbeiging, öffnete sich gerade die Tür und eine bereits entkräftet scheinende Servicefrau rief raus: “Wer hat Reservierung?” Es hoben sich nur drei Hände so halb, eindeutiges Schule-Händeheben – und in genau diesem jugendlichen Alter sahen alle Schlangestehenden auch aus. Gestern war in Bayern letzter Schultag vor den großen Ferien, in manchen Kreisen geht man nach Freilassung wohl mit Schulfreund*innen Essen. Das bestätigte wenige Gehminuten später das Innenleben des angesteuerten Tagescafés Notting Hill auf der Schwanthalerhöhe: Es brummte vor Schulvolk ganz frisch in den Ferien, vor allem Mädchen, es wurden zur Feier des Tages Bowls bestellt.

Ich glaube, das habe ich in dem Alter auch gemacht, das gehörte mit 15, 16 zu den ersten Malen Ausgehen ohne Eltern: nach Unterrichtsschluss mit Freund*innen. In meinem Fall war das bevorzugt der Teeladen Barbara Mahrt am Anfang der Ingolstäder Harderstraße: Dort kostete die Tasse Tee Taschengeld-kompatible 50 Pfennig; man durfte sich durch die Teegläser schnüffeln (Kaminfeuer! Pfirsich-Maracuja!) und mit der Wahl eine Tasse aufbrühen lassen.

(Lehrer*innen, so bekam ich das in den vergangenen Tagen mit, waren gestern bereits durch mit Schuljahresabschlussfeiern und saßen vermutlich schon mittags in der Familienkutsche Richtung Brenner.)

Tatsächlich kam ich trocken zu meinem Mittagscappuccino und zurück, nach dem Mittagessen (Pfirsich, Nektarinen, außerdem Mango mit Sojajoghurt und Roggenkörnern), strahlte auch hin und wieder die Sonne. Bevor weitere Regenschauer ans Fenster prasselten.

Nahezu pünktlicher Feierabend: Ich wollte nochmal versuchen, die Ibáñez-Ausstellung zu Mortadelo y Filemón im Instituto Cervantes zu sehen und nahm eine U-Bahn zum Odeonsplatz. Doch wieder hatte ich Pech: Diesmal war der Saal von einer Kindertheater-Aufführung belegt (der freundliche Portero bot an, mir danach nochmal aufzusperren, aber ich hatte keine Lust auf Warten). Ich gebe nicht auf.

Beim Verlassen des Instituto Cervantes fiel mir wie schon in der Vorwoche dieses Denkmal am Marstallplatz auf.

Manns-hoher Denkmal-Stein mit Blumentöpfen davor, in Messinglettern darauf „Den Trümmerfrauen und der Aufbaugeneration Dank und Anerkennung München nach 1945 Im Wissen um Verantwortung“

Aufschrift: “Den Trümmerfrauen und der Aufbaugeneration Dank und Anerkennung München nach 1945
Im Wissen um Verantwortung“

Es verwunderte mich, denn schon lange hat historische Recherche ergeben, dass dieses Trümmerfrauen-Bild ein Mythos ist, begründet vor allem auf dem Umstand, dass beherzt räumende Frauen in Kriegstrümmern ein besonders attraktives Fotomotiv ergaben. Hier ein spannender und gut lesbarer Aufsatz dazu von Nicole Kramer aus dem Jahr 2021 im Historischen Lexikon Bayerns. Das Denkmal wurde 2013 errichtet – vielleicht war die Forschung damals noch nicht bis ins Bewusstsein der Initiatoren durchgedrungen?

Auf dem Rückweg Einkäufe im Kaufhaus (Tinte für Füller, Schreibheft) und im Alnatura. Daheim machte ich mich gleich an die Zubereitung des Abendbrots: Reichlich Romana-Salat mit süßer Zwiebel, Eiern. Dazu briet Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch Panisse, ein Restl Käse war auch noch da. Nachtisch Schokolade.

Im Bett las ich weiter in Grete Weil, Tramhalte Beethovenstraat. Ich hatte sie ja über ihren Roman Der Weg zur Grenze Ende 2023 entdeckt – den ich hier nochmal ausdrücklich empfehle.

§

Wenn schon Verkleidung in Anspielung auf vergangene Zeiten und Gesellschaftsschichten, vorgeführt in Vergangenheitsspiel, dann doch lieber ein Regency-Picknick in Garten des Royal Pavillion von Brighton. (Nachtrag: Achtung Altersbeschränkung für Angucken.)

Journal Mittwoch, 30. Juli 2025 – Isarhochwasser in kurzer Regenpause

Donnerstag, 31. Juli 2025

Für gestern hatte ich den Wecker auf Extrafrüh gestellt: Die Wettervorhersage hatte die Möglichkeit eines regenfreien, mittelhellen Morgens angekündigt, vielleicht hell genug für einen letzten (vorletzten? *Bambi-Augen*) Isarlauf vor der Arbeit. Ich wachte eine halbe Stunde nochfrüher auf, lauscht sofort nach draußen: kein Regenrauschen, super. Einschlafen konnte ich jetzt aber nicht mehr.

Egal, der Morgen dämmerte tatsächlich mit nur mittlerer Bewölkung: Ich war gespannt, wie meine Lerchenstrecke an der Isar bei Hochwassermeldestufe 1 aussehen würde.

Überrascht war ich beim Loslaufen erstmal über die Kälte, ich schätzte gerade mal 10 Grad. Zwar war ich noch zu verschlafen, um “notice how you feel” (die Yoga-Adriene scheint irgendwann ein eigenes Einflüsterzentrum in meinem Hirn eingerichtet zu haben), aber nichts schmerzte mehr als sonst, die Bewegung strengte mich nicht wirklich an.

Interessante Niedrighochwasseransichten; Meldestufe 1, so lernte ich dabei, bedeutet nur an einer Stelle reinlappende Isar auf meiner Lerchenstrecke.

Nur hier konnte ich nicht wie gewohnt direkt am Ufer laufen.

Wieder ein Holzschnitt.

Mutprobe nach dem Duschen: Die frisch gewaschene echte Jeans (501), die ich wegen Kälte nach Monaten aus dem Schrank zog. Zu meiner Erleichterung war sie nicht zu klein geworden, nach zwei Kniebeugen saßen auch die Oberschenkel bequem. (Nein, das wird in diesem Leben nicht mehr aufhören.)

Auch auf dem Weg in die Arbeit war der Himmel geradezu heiter, das Gehen bereitete mir so viel Freude, dass ich auf die Abkürzung mit U-Bahn verzichtete (außerdem fiel mir gestern kein Grund ein, so früh wie möglich im Büro anzukommen, es stand nichts und niemand Dringendes an).

Geordnet emsiger Vormittag, bei meinem Spaziergang ins Westend zu Mittagscappuccino war es geradezu mild und freundlich.

Das änderte sich bald wieder: Beim Mittagessen dräute der Himmel dunkelgrau. Es gab Gurke, dann Mango mit Sojajoghurt, in den ich eingeweichte Roggenkörner gemischt hatte – zum einen kaue ich sehr gern solche Körndln, zum anderen verlangsamt das mein Weglöffeln von Mangojoghurt angenehm.

Kurz nach Mittagessen prasselte der Regen bereits wieder munter. (Ich möchte bitte gerne einen schwarzen Regenschirm mit der Aufschrift in großen, freundlichen Buchtaben: “Der Bauer freut sich”.)

Den Arbeitsnachmittag brachte ich auch rum, auf dem Heimweg profitierte ich von einer Regenpause.

Heim kam ich in eine leere Wohnung: Herr Kaltmamsell verbrachte den Abend aushäusig. Ich kruschte, turnte Yoga-Gymnastik und bereitete mir zum Abendessen (Ernteanteil bereits aufgegessen) Rahmspinat mit verlorenen Eiern, einen meiner Stroh-Single-Klassiker. Zudem aß ich Salzgürkchen, Käse mit Pfirsich, abschließend Schokolade – insgesamt zu viel.

Das aktuelle Granta 172, Badlands hatte ich ausgelesen – eine eher schwache Ausgabe, mit einem über 50-seitigen Text “Wie ich mal in den Krieg in der Ukraine fuhr und mit ganz vielen Leuten redete”, den ich bald nur noch kursorisch überflog. Nächste Lektüre, endlich wieder bequem auf dem Kindle (die Zeiten, in denen mich Papierbücher nicht anstrengten, kommen wohl nicht wieder): Grete Weil, Tramhalte Beethovenstraat, gleich mal aus unerwarteter Perspektive und in überraschendem Tonfall, 1963 als “erster deutschsprachiger Roman einer Überlebenden über Exil, Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden” veröffentlicht.

Vor dem Zu-Bett-Gehen (früh sehr müde, kein Wunder) sah ich nach den Mauerseglern, die ich tagsüber nicht gehört hatte: Sie sind möglicherweise bereits fort.

§

Nils Pickert engagiert sich unter anderem bei Pinkstinks Germany gegen Sexismus und Homophobie. In Standard.at blafft er sich von der Seele:
“Neue männliche Einsamkeitskrise? Das geht doch schon seit Jahrhunderten so”.

Männer bevölkern in großer Zahl die Gefängnisse, weil sie die überwältigende Anzahl von Kapitalverbrechen begehen. Sie werden häufig Opfer von Gewalttaten – hauptsächlich, weil andere Männer es mit ihrer Männlichkeit vereinbar oder sogar für zwingend erforderlich halten, anderen Männern Gewalt anzutun. Sie sterben neben biologischen Ursachen (Looking at you, Y-Chromosom!) auch deshalb früher, weil sie zu risikoreicherem Verhalten ermutigt und erzogen werden und weil sich Gesellschaften gerne ihrer Körper bedienen, wenn es darum geht, die Drecksarbeit zu machen.

(…)

Und ja, Männer sind einsam. Ihre Freundschaften drehen sich zu oft nicht um Nähe, Fürsorge und Liebe, sondern um Themen oder Beschäftigungen. Fußballfreunde. Saufkumpel. Gaming-Bros. Freundschaft ist für Männer auch der eine Typ aus dem Unikurs, der ihnen für ein Bier damals beim Umzug geholfen hat, den sie aber seit 20 Jahren nicht mehr gesehen haben.

Männer führen parasitäre Sozialbeziehungen, indem sie (notgedrungen) Zeit mit den Partnern der Freundinnen ihrer Partnerinnen verbringen. Also weniger “Hey, das ist aber mal ein interessanter, aufrichtiger, liebenswerter Kerl, mit dem würde ich gerne mehr Zeit verbringen”, sondern eher so “Ach, du auch hier, na ja dann, und du so”.

(…)

Das Ende männlicher Einsamkeit liegt nicht in der Vergangenheit, sondern in der Zukunft.

Und es liegt auch nicht in Frauen, sondern in Männern selbst. Im Halten, Lieben, Scheitern und Verzeihen. In Männern, die andere Männer auffangen, wenn sie fallen, und zur Verantwortung ziehen, wenn sie andere schlecht behandeln.

Kommen Sie mir auch hier bitte nicht mit #notallmen: Es geht um Strukturen.

Journal Montag, 21. Juli 2025 – Montäglicher Arbeits-Tsunami

Dienstag, 22. Juli 2025

Sehr unruhige Nacht: Um drei riss mich wüstes und anhaltendes Rumbrüllen mehrer Stimmen vorm Schlafzimmerfenster aus Tiefschlaf, der sich danach nicht wieder einstellte; statt dessen fluteten mich Angstwellen.

Aufstehen zum angekündigten Regenrauschen; für meinen Marsch in die Arbeit erwischte ich allerdings genau die passende Regenpause.

Nach Rechnerhochfahren überflutete mich nach Langem mal wieder ein Arbeits-Tsunami aus dem E-Mail-Postfach, zweieinhalb Stunden lang wirbelte ich recht panisch – und das, wo mein Kalender mich daran erinnerte, dass gestern der Start eines besonders dicken Arbeitsbatzens anstand. Was nicht half: Wieder war mir leicht übel, und seit ich Migräne habe, löst Übelkeit bei mir automatisch Müdigkeit aus.

Musste halt, ich berserkerte mich durch den frischen Aufgabenhaufen und fing Querschüsse auf. Um nicht irre zu werden, huschte ich auf einen Mittagscappuccino zu Nachbars.

Das Draußen übte sich in Supergreislich.

Komplexe Koordination und Planung anhand verschiedener Quellen und mit hoher Konzentration, ich fühlte mich wie eine Akrobatin (das ist nicht immer so, manchmal muss ich für dieselbe Tätigkeit alles mehrfach nachsehen und abgleichen, komme nur mühsam voran).

Mein Mittagessen schaltete ich gezielt vor eine komplett andere Sorte Aufgaben, um möglichst auch dafür den nötigen Fokus aufzubringen. Es gab Roggenvollkornbrot, Flachpfirsiche (hervorragend), das mit Umschalten und Konzentration klappte dann sogar. Binge working – fühlt sich durchaus angenehm leistungsfähig und nützlich an, aber auf Dauer – musste ich ja vor Jahren schmerzlich lernen – gehe ich an solch einem Tempo zugrunde. Diesmal lag es aber nur daran, dass ich mir die Wochenenden frei nehme.

UND: Der geplante Arbeitsbrocken erwies sich als kleines Bröckchen, das ich zudem locker auf die Folgetage verschieben konnte.

Unterhaltung auf dem Privat-Handy: Die Nifften urlauben auch dieses Jahr gemeinsam im (einem) Land ihrer Vorfahren, Kastilien. Über WhatsApp fuhr ich ein bisschen mit – mittlerweile sind sie auf dem Zieldorf bei Sepúlveda eingetroffen.

Zu Feierabend hatte sich das Wetter beruhigt, es schien sogar die Sonne und wärmte die Luft angenehm. Heimweg über Lebensmitteleinkäufe beim Vollcorner.

Zu Hause eine schöne Einheit Yoga-Gymnastik. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil schwarze Bohnen und Kartoffeln als Eintopf mit Sojahack.

Wirklich nicht hübsch, aber sehr gut (mit Sauerrahm und eingelegten Jalapeños). Nachtisch Süßigkeiten.

Früh ins Bett zum Lesen, ich erfuhr aus dem Ausstellungskatalog zu Farben Japans wie erhofft die Details, wie die große Sammlung japanischer Holzdrucke in der Bayerischen Staatsbibliothek zustande kam.

§

Ich wärme hiermit meine Idee einer nationalen Stadt-Radl-Challenge auf:
Radl-Teams aus den zehn größten Städten Deutschlands müssen in den nicht heimischen Großstädten eine bestimmte Strecke (die jedes Team für seine Heimatstadt definiert) zurücklegen und dabei alle Verkehrsregeln einhalten. Das Team mit der besten Zeit gewinnt. Für München fallen mir da einige Passagen ein, die für den Radverkehr so absurd geführt sind, dass man mit Absteigen und Schieben am einfachsten durchkommt. Ob das für den Wettbewerb erlaubt ist, müsste man vorher festlegen.
Wie ich draufkomme?

Journal Samstag, 19. Juli 2025 – Hochsommer-Rückkehr / Söder hat Recht

Sonntag, 20. Juli 2025

Unruhige Nacht, zum Teil möglicherweise dem Alkohol geschuldet, ganz sicher aber der Gaudi vorm Schlafzimmerfenster. Kurz nach sechs erklärte ich bei erneuter lauter Gaudi die Nacht für beendet.

Balkonkaffee in Wollsocken und Jacke.

Durch das frühe Aufstehen war ich sehr früh fertig für meine geplante Schwimmrunde: Ich radelte auf der schönen Strecke über Hackerbrücke, Nymphemburger Straße und Gern zum Dantebad, ohne unangenehm viel Verkehr auf Straßen, Rad- und Fußwegen befürchten zu müssen.

Schon um zehn war ich im Becken. Die Bahnen wurden emsig beschwommen, doch zu meinem Glück hatte gerade eine Schicht Geräteschwimmer*innen ihr Training abgeschlossen, meine eigenen 3.100 Meter unter wolkenlosem Himmel waren fast ausschließlich von gerätefreien Menschen begleitet.

Als ich das Becken verließ, zeigte das Thermometer 25 Grad im Schatten an – perfekte Sommerhitze. Ich legte mich für eine Stunde auf die Liegewiese (nach dem Regen der vergangenen Wochen wieder ergrünt – aber halt nur die Grashalme, die noch nicht vertrocknet waren, de facto bestand der Boden weiterhin zum Großteil aus nackter Erde), hörte den Soundtrack von Blade Runner 2049, schlief sogar kurz ein.

Nach Hause radelte ich die kürzere Strecke über die Dachauer Straße von roter Ampel zu roter Ampel, Zwischenstopp am großen Edeka Stiglmaierplatz. Dort stellte man mir einen Aufsteller Eszet-Schnitten in den Weg – deren Existenz ich komplett vergessen hatte, zu denen ich aber sofort griff: In meiner Kindheit hatten sie für mich einen ungeheuren Nimbus, waren was gaaaanz was Feines. Bei uns daheim gab es sie nicht (in den Augen meiner – vernünftigen – Mutter viel zu teuer und überflüssiger Marketing-Quatsch, machten außerdem dick), aber im Nachbars-Haushalt einer Spielkameradin (wo es ohnehin viel gaaaanz Feines gab).

Das Konzept pan con chocolate kannte ich aus Spanien, wo in meinen Kindheitsurlauben ein Stück Baguette mit einem Teil einer Tafel Billigschokolade belegt (köstlich!) eine Standard-Variante merienda für Kinder war, also die zusätzliche Mahlzeit zwischen 18 und 20 Uhr, die den Hunger bis zum Abendessen nach 22 Uhr überbrückte. Schokolade war im Franco-Spanien billig wegen enger Beziehungen zu Lateinamerika, und im Urlaub ließ meine Mutter ihre Diät-Zügel ein wenig lockerer. Zu den Urlaubsritualen gehörte damals ja auch, dass man anschließend ausgiebig darüber jammerte, wie viel man im Urlaub zugenommen hatte und was man degegen zu tun gedachte. (Macht man das heute auch noch so?)

Frühstück kurz nach zwei war also gestern eine Allgäuer Dinkel-Seele mit Butter und Tomate (wenn Gutebutter eine Backzutat ist, heißt der Brotaufstrich Dickbutter), eine besonders gute Mohnsemmel mit Eszet-Schnitten – eigentlich überrascht mich, dass es die noch gibt. Nachtrag: Außerdem gab es Aprikosen und Kirschen.

Anschließend gründliche Körperreinigung von Sonnenmilch und Freibadwiesenstaub mit Waschlappen und Seife. Mir fiel auf, dass drei der vier Waschlappen, die ich besitze, eigentlich Waschhandschuhe, noch von meinem Auszug aus dem Elternhaus stammen. Ich wuchs mit Waschlappen auf, bevorzugte aber bald nach Auszug lappenlose Körperreinigung – bei mindestens täglicher Dusche bin ich ja nicht wirklich schmutzig.

Dann brachte ich erstmal die Häuslichkeit dieses Wochenendes hinter mich: Bügeln. Es fühlte sich ausgezeichnet an, das erledigt zu haben. Die Wohnung war mittlerweile sorgfältig vor Hitze verschlossen und verdunkelt, die Lufttemperatur war draußen überraschend steil gestiegen.

Zeitunglesen, bis ich Lust auf eine Yoga-Runde bekam. Blöderweise erwischte mich genau in dieser halben Stunde ein Kreislauf-Purzelbaum inklusive Schweißausbruch.

Ich turnte bockig durch (inzwischen weiß ich, dass Hinlegen diese Kapriolen zwar etwas erträglicher macht, meist aber um den Preis, dass sie nach Aufstehen nochmal loslegen), versaute die Yoga-Matte. Schließlich bin ich gut darin, körperliche Befindlichkeiten wegzuschieben, wenn sie lediglich unannehem sind und ich eh nichts dagegen tun kann.

Für den Nachtisch schnippelte ich die letzten Erdbeeren der Saison.

Rückblick auf die Erdbeersaison. Auffallend dieses Jahr: Die Standard-Pappschachtel fürs Pfund heimischer Erdbeeren verschwindet; von allen Verpackungen kam sie nur zweimal vor.

Nachtrag: Als Aperitif Negronis. Zum Nachtmahl verwertete Herr Kaltmamsell die jungen Zucchini aus Ernteanteil und machte sie zu Blog-Salat. Die erste Aubergine der Saison aus unserer Kartoffelkombinat-Gärterei feierte er mit Braten in Scheiben.

Ganz köstlich. Nachtisch Erdbeeren mit Sahne, Schokolade.

Im Bett umständlicher Start meiner neuen Lektüre, weil nicht nur Papierbuch, das die Leselampe um meinen Nacken erfordert, sondern auch großes, dickes Buch: Thomas Tabery, Kevin Schumacher-Shoji (Hrsg.), Farben Japans, der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung.

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Ute Vogel verbloggt eine Besichtigung des Landtagsgebäudes in Düsseldorf:
“Landtag NRW: Demokratische Architektur”.

Darin verlinkt ein großartiges Video über den Bau – mir war gar nicht bewusst, dass noch 1989 dieser Doku-Stimmen-Duktus üblich war, den hätte ich in den 1970ern verortet.

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Andreas Rüttenauer deckt in der taz auf, wie genau Markus Söder mit seinen Aussagen über die DNA der hiesigen Bevölkerung trifft:
“Unser uriges Gen”.

Und wer es immer noch nicht glaubt: @cucinacasalinga hat nachgesehen.

Journal Dienstag, 15. Juli 2025 – Kunst und Literatur

Mittwoch, 16. Juli 2025

Gut geschlafen, aber viel zu früh aufgewacht – ich sah einen Müdigkeitseinbruch am Vormittag voraus (trat ein kurz nach zehn).

Diesmal marschierte ich in Jacke in die Arbeit – doch diesmal war das eigentlich zu warm, dieses seltsame schwül-kühle Wetter verunsichert mich völlig.

Büro-Start mit Schwung aus dem Postfach.

Meinen Mittagscappuccino hatte ich schon am frühen Vormittag mit einer Kollegin auf deren Anregung in der Nachbarcafeteria verschossen, also ging ich um die Zeit und in einer Gewitterpause lediglich um den Block – die schwüle Kühle war einer schwülen Wärme gewichen.

Zu Mittag gab es Nüsse und Hüttenkäse, dann ein geschätztes gutes Pfund sensationelle Kirschen: riesig, schwarz und köstlich. (Ich zahlte nach einer Weile mit Bauchweh dafür.)

Nachmittags knallten Gewitter immer wieder kübelweise Regentropfen ans Bürofenster wie Munition aus Schrotgewehren.

Für den Feierabend hatte ich wieder einen Party-Plan: Die Schwester einer Freundin in Berlin ist Künstlerin und stellt gerade in einer Münchner Galerie aus, das wollte ich endlich ansehen und nahm eine U-Bahn dorthin.

Ums Maxmonument ist gerade alles kaputt, eine Fußgänger- oder Radlführung existiert nicht.

Es freute mich tatsächlich sehr, diese Bilder auf gefundenem Papier, die ich seit vielen Jahren unter anderem von der Website der Künstlerin kenne, im Original zu sehen – und an der Materializität viel Neues zu entdecken. Die Werke der anderen Künstlerin, die ebenfalls gerade dort ausstellt, überraschten mich positiv, die werde ich mir merken.

(Die Leute in der Galerie waren ein bisschen komisch, ich poste lieber keine Details und weitere Fotos.)

S-Bahn vom Isartor zum Stachus, von dort aus ein paar Einkäufe. Daheim Yoga-Gymnastik und Häuslichkeiten. Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die ersten Ernteanteil-Zucchini als Pasta-Gericht mit Zitronenschale und frischem Basilikum – sehr gut. Zum Nachtisch nochmal Erdbeeren – vielleicht die letzten der Saison. Und Schokolade.

§

Montag hatte ich Barbara Kingsolver, Demon Copperhead ausgelesen.

Ich stürzte mich blind in die Lektüre, nachdem ich einige Monaten auf die E-Book-Datei in der Münchner Stadtbibliothek gewartet hatte. In denen hatte ich alles über das Buch vergessen, außer dass ich es lesen wollte. So dämmerte mir tatsächlich erst ganz allmählich beim Lesen, dass der Roman aber schon arg David Copperfield von Dickens glich (tatsächlich assoziierte ich erstmal Oliver Twist wegen korruptem Vormundschafts-/Jugendamt und hungrigen, ausgebeuteten Kindern) inklusive Erzählsituation. Und ich brauchte bis nach dieser Passage –

(in Dickens’ Vorlage kommt diese Weisheit von Wilkins Micawber, allerdings deutlich blumiger und witzig)

bis mir der Titel des Buchs auffiel. Dieses langsame, unverdorbene Dämmern war aber sehr schön.

Kingsolver verarbeitet fast den gesamten David Copperfield als US-Unterschichten-Drogen-Variante im sehr ländlichen Virginia: Allwissender Ich-Erzähler in Umgangssprache und aus der Rückschau, ausgebeutete Waisenkinder, zwielichtige Pflegeeltern, gesellschaftliche Hoffnungslosigkeit, aber immer wieder durchscheinend der Dickens-typische Optimismus.

Sehr klug ergänzt hat sie den zeitgenössischen Hintergrund der hausgemachten Drogensucht-Epidemie durch Oxycodon, vernachlässigte strukturame Regionen, die Psychologie von Pflegekindern. Und sie erfindet eine glaubhafte Erzählmotivation: Der Protagonist Damon schreibt als junger Mann in Therapie seine Geschichte auf. Nur selten aber wird die rückblickende Erzählsitution thematisiert, eher als Ausreißer.

Wie im Vorbild startet die eigentliche Geschichte nach ein wenig Vorgeplänkel mit dem Kind Damon und in schier unerträglichem Elend (aber mit ein paar hilfreich netten Erwachsenen). Von da an geht’s bergab, jeder Lichtschein am Horizont erlischt in immer noch einem Schicksalsschlag (oder wie die New York Times es zusammenfasst: “a relentless chain of tragedies interrupted sporadically with minor victories”). Mit der Zeit zog sich das in meinen Augen ganz schön: Dickens-Schinken lesen sich ja auch nicht mal eben weg, das war mir eine eher unangenehme Nähe zum literarischen Vorbild. Irgendwann las ich die Inhaltsangabe von David Copperfield nach, um die noch bevorstehenden Unglücke absehen zu können – und verlor fast den Mut. Doch auch ohne zu spoilern: Die späten finanziellen Nöte von Betsey Trotwood bleiben uns erspart. Worauf Kingsolver ebenfalls verzichtete: Die Ebene der Groteske, die Dickens durch einen gewissen Grad der Unzuverlässigkeit der Erzähl-Instanz schafft. In der London Review of Books beobachtet John Mullan:

Kingsolver does justice to the emotional and material deprivations of childhood in Dickens’s novel, but not to the comedy that sharpens the pain in the original.

Der Dickens-nahe Umfang des Romans (plus das lang dominante Thema Drogensucht, dessen Details mich schon seit vielen Jahren in ihrer Vorhersehbarkeit ermüden – ja ich weiß, dass das ein Vollzeitjob ist) hatte halt leider den Effekt, dass ich am Ende einfach nur froh war, den Roman rumgebracht zu haben. Fazit: Brillantes Handwerk – im englischen Sprachraum ist David Copperfield so sehr Allgemeingut, dass sich Kingsolver sehr genau auf die Finger schauen lassen musste. Auch der zeitgenössische Hintergrund wirklich gut gewählt.

Empfohlene Besprechung:
Elizabeth Lowry im Guardian:
“Demon Copperhead by Barbara Kingsolver review – Dickens updated”.

The idealism and concern with social justice that are characteristic of Kingsolver’s worldview find their natural counterpart in Dickens’s impassioned social criticism. While the task of modernising his novel is complicated by the fact that mores have shifted so radically since the mid-19th century – “immorality”, AKA extramarital sex? Who cares? – the ferocious critique of institutional poverty and its damaging effects on children is as pertinent as ever.

(…)

David Copperfield wonders “whether I shall turn out to be the hero of my own life”. Demon Copperhead poses a different question: what is heroism, anyway? When you’re a child born into a life without choices, this powerful reworking suggests, being a hero sometimes consists simply of surviving against the odds.

§

Jajaja, schreiben oder lesen Sie gern weiter Artikel über “Internet-Sucht” und warum der Zugriff auf Social Media den Untergang der Zivilisation bedeutet. Mein Internet ist seit Jahrzehnten anders.

Lesen Sie zum Beispiel bei Herzbruch, wie es mit ihrer Horror-Verletzung weiterging.
“14.07.2025 (post-Puschelparade)”

Ich freue mich extrem, dass aus dem Bitte-niemand-sehen, Bitte-keinen-Besuch noch vor wenigen Monaten ehrliche Begeisterung über fremde Menschen im Haus werden konnte.

„Das ist aber das Internet von 2010!“

Und auch ich lasse mir das halt nicht wegnehmen.

§

Wie ich von der Künstlerin Katja Kelm lernte, was Schattenfugenrahmen sind.

Journal Dienstag, 8. Juli 2025 – Lerche muss schwimmen

Mittwoch, 9. Juli 2025

Sehr früher Wecker weckte mich zu erwartetem Regenrauschen. Doch zum einen war das der weitaus geeigneteste Morgen in der Woche für einen Lauf vor der Arbeit, zum anderen besitze ich ja eine recht neue Lauf-Regenjacke, und richtig kalt war es auch nicht.

Dafür regnete es auf meiner Strecke entlang der Isar allerdings durchgehend und phasenweise kräftig. Ich kam erstmal nicht so richtig in Schwung, das Atmen fiel mir schwer. Und Aus- und Anblicke waren bei diesem Wetter auch nicht wirklich bereichernd. Aber mit der Zeit lief ich ruhiger, meine Brille blieb vor Tropfenverblindung verschont.

Kurzer aber heftiger Schreck auf dem Rückweg: Als ich für ein Foto in die Jackentasche griff, war mein Handy weg. Blitzartige innere Bilder, wie ich lang zurücklaufen musste, um es zu suchen, doch es lag wenige Meter hinter mir auf dem Boden. Jetzt war ich wirklich wach.

Ich kam mit nassem unteren Körperdrittel heim, nutzte die aufgeweichte Haut gleich mal für Fußpflege.

Der Marsch in die Arbeit bei weiterhin regnerischem Wetter machte mir unterm Schirm sowas von gar keinen Spaß, dass ich kurzerhand an der Theresienwiese zur U-Bahn hinunterging und mich den Rest des Wegs fahren ließ (zwei Stationen).

Im Büro geordnete Emsigkeit. Ich holte mir – nun ja, nicht gleich Ohrfeigen, aber Rempler ab für Ärgernisse, die irgendeine Einheit im Haus anscheinend verursacht hatte. Auf die mein Einfluss absolut Null ist, aber von weit genug weg gehöre ich halt dazu (merken für eigene Irrtümer in diesem Muster).

Mittagscappuccino im Westend. Für den Hinweg erwischte ich eine Regenpause.

Beim Cappuccinotrinken Gewerkschafts-Demo vorm Fenster – wie froh ich bin in einem Land zu leben, in dem das jederzeit und problemlos möglich ist, ich nehme es immer weniger als selbstverständlich. Auf dem Rückweg startete der Regen gerade wieder, wurde, wie es im Wetterberichtssprech heißt, “ergiebig”.

Verschiedene dringende Jobs führten zu besonders spätem Mittagessen: Ernteanteil-Gurke, gemischte Nüsse, Bananen, Kiwi, Aprikosen – alles sehr schmackhaft.

Am frühen Nachmittag ging neben Regen auch Gewitter mit Hagel nieder.

Zu Feierabend drohte der Himmel zwar weiterhin mit Regengüssen, ich nahm als Talisman einen Schirm in die Hand, doch es blieb trocken, und der Marsch nach Hause bereitete mir wieder Freude. Ich ging ohne Zwischenstopps heim, denn ich war mit Herrn Kaltmamsell zum aushäusigen Abendessen verabredet.

Seit Jahren komme ich nämlich an einem kleinen Lokal in der Nähe des Gärtnerplatzes vorbei, das sich auf türkische Mantı spezialisiert, die winzigen türkischen Teigtaschen, Lezizel, und möchte dort mal essen. Es gibt auch eine Filiale unterm Stachus – und zu der gingen wir gestern.

Ich hatte die vegetarische Variante mit Kartoffelfüllung, als Topping (neben dem Standard Tomatensauce, Joghurt, Paprikabutter) Hirtenkäse. Herr Kaltmamsell wählte die klassische Rinderfüllung. Ich war sehr hungrig und aß alles auf – eine kleine Portion hätte mich sicher auch gestättigt. Dazu Ayran, merken als Salzquelle bei Hitze.

Und nach der Pause des Heimwegs passte als Nachtisch auch noch Schokolade hinterher.

Sehr früh ins Bett zum Lesen: Ich muss Barbara Kingsolver, Demon Copperhead bald zurückgeben, und der Roman orientiert sich nicht nur in Titel und Handlung, sondern auch in seinem Umfang an David Copperfield.

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Eine halbe Stunde aktuelle Doku über den Bau des neuen Münchner Hauptbahnhofs:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/0TbaUivwGxM?si=3w8Zn6tcIPyeoMBr

via @giardino

Für mich als Anwohnerin natürlich besonders spannend: Aktuelle Aufnahmen von der Baustelle, endlich kann ich mal hinter die riesigen Bauzäune schauen.

Unter anderem hörte ich zum ersten Mal von dem Interims-Bahnhof, der 2027 bis 2037 zentrale Funktionen übernehmen soll.

Auch gelernt: Inzwischen fällt die Jahreszahl 2039, wenn es heißt dann “wird man das alles sehen”. Ich bin gespannt, ob ich dann noch hier wohne.
(Hat irgendjemand irgendeine Aussage zu Fahradparken gehört? Ich nicht.)

Journal Samstag, 5. Juli 2025 – #WMDEDGT mit Freibadschwimmen und neuem Rechner

Sonntag, 6. Juli 2025

Auch an diesem 5. des Monats fragt Frau Brüllen: Was machst du eigentlich den ganzen Tag?, #WMDEDGT, in diesem Juli gesammelte Antworten hier.

Gut und lang geschlafen. Der Morgen war so kühl, dass ich für meinen Balkonkaffee in Socken und Strickjacke schlüpfte.

Vor dem Bloggen war ich abgelenkt: Einer meiner kleinen Internet-Freunde sammelte für eine Neueingebürgerte auf Spotify deutsche Klassiker und bat um Beiträge – eine ganz bezaubernde Idee, ich sorgte für Beteiligung süddeutscher Mundart (u.a. Haindling, Hubert von Goisern) und schlimmen Schlagern meiner Kindheit.

Wie schon seit dem Vortag beschäftigte mich innerlich das Lebenszeichen eines ehemaligen engen Freundes, mit dem ich zuletzt vor fast 30 Jahren Kontakt hatte: Alle möglichen Erinnerungen aus dieser Freundschaft meldeten sich, die in den letzten Jahren meiner Schulzeit begonnen hatte (wie fing sie eigentlich an? er war zwar auf dieselbe Schule gegangen, aber zwei Klassen über mir, und er hatte zum Beginn unserer Freundschaft bereits Abitur). Ich erinnerte mich an sehr viele Dinge, mit denen er mein Leben beeinflusst hat, die ich von ihm lernte.

An diesem Wochenende war der Plan Schwimmen und Wandern (Herr Kaltmamsell räumte dafür mit Anstrengung einen Tag frei), da es am Sonntag nicht so heiß werden sollte, fiel auf Samstag Schwimmen. Gründliches Sonnencremen, Herrn Kaltmamsell versorgte meinen Rücken. Ich hatte große Lust auf Radeln durch die sommerliche Stadt, konnte nur auf Verkehr ohne LALÜ!-Schrecken hoffen. Das klappte auch hinaus zum Dantebad.

Die Schwimmbahnen waren trotz bereits regem Freibad-Betrieb übersichtlich belegt, ich kraulte ungehindert und gedankenverloren 3.100 Meter. Abduschen, erneutes Eincremen, für eine gute Stunde legte ich mich aufs Gras.

Blick auf die Betontribüne über dem 50-Meter-Becken, das auch im Winter beschwommen wird. Im Sommer ist ein weiteres 50-Meter-Becken hinter mir gefüllt, doch das Wasser darin ist genau das Bisschen kälter, das mich frieren lässt. Ich bin durchaus ein bisschen traurig, dass ich nicht mehr im Schyrenbad schwimmen kann, weil mir mittlerweile sein 50-Meter-Becken zu kalt ist.

Auf den Ohren hatte ich beim Sonnenbaden den Soundtrack von Blade Runnder 2049, den ich für eine ganz hervorragende Weiterführung des Blade Runner-Soundtracks von Vangelis halte – obwohl Hans Zimmer dahintersteht (und Benjamin Wallfisch; es heißt ja, dass die Soundtracks vom Zimmer Hans immer so gut sind wie seine Praktikanten).

Ereignisloses Heimradeln Stop and go von roter Ampel zu roter Ampel, jetzt suchte ich bereits wieder bei jedem Anhalten Schatten.

Daheim in der vedunkelten Wohnung nach Auspacken Frühstück kurz nach halb drei: Walnussbrot mit Butter und Tomate, dann eine Mango (von dunkelgrün und hart zu dunkelgrün und innen matschig und braun gereift) und Pfirsiche mit Sojajoghurt.

Dann aber packte ich endlich mein neues MacBook Air aus und die Inbetriebnahme an, ich zitiere die gesamte Gebrauchsanleitung auf einem mitgelieferten A5-Einseiter mit Abbildungen von Tastatur und Schnittstellen:

Das MacBook Air schaltet sich automatisch ein, wenn du es aufklappst.
Der Systemassistent unterstützt dich bei Konfiguration und Inbetriebnahme.

Und also geschah es.

Nach einem Zwischenschritt ging ich unter die Dusche, reinigte und pflegte Haut und Haar.

So eine Migration von vollem alten auf leeren neuen Rechner dauert ja eine Weile. Ich hatte ein Auge darauf, während ich die angesammelte Sommerkleidung bügelte, gut anderthalb Stunden. Dazu hörte ich die Neueingebürgerten-Playlist, hatte dabei natürlich weitere Ideen (Reinhard Meys “Über den Wolken” war noch nicht drin!). Und ich hatte endlich alles weggebügelt.

Bis zum Ende der Rechner-Migration war immer noch hin, ich las Zeitung und turnte Yoga-Gymnastik (beim konstanten Geplapper von Adriene fiel es mir manchmal schwer, die eigentlichen Cues zu erwischen).

Zum Nachtmahl verwandelte Herr Kaltmamsell die Agretti aus Ernteanteil in ein Pastagericht mit gerösteten Pinienkernen, Knoblauch, Parmesan, ich machte den restlichen Ernteanteil-Salat mit Tahini-Dressing an.

JETZT war die Rechner-Migration abgeschlossen, ich klickte mich durch die Inbetriebnahme-Schritte des neuen Rechners. Da ich bei sowas ausgesprochen unentspannt bin, ging Herr Kaltmamsell in seinem Zimmer in Deckung. Als sich gleichmal mein E-Mail-Programm Thunderbird nicht starten ließ, holte ich ihn zu Hilfe. Wir lösten das Problem, er konnte mir dann auch gleich bei Seltsamkeiten des Starts meines Office-Programms Libre Office helfen. Dafür, dass ich mich so anstellte, ging die Einrichtung aber flott und glatt.

Nachtisch Süßigkeiten, im Fernsehen ließen wir Men in Black 3 laufen, immer wieder schön.

Ich bildete mir ein, bereits kürzer werdende Abende am früher dunklen Himmel zu erkennen. Schön war eine recht früh einsetzende Kühle, wir konnten schon vor dem Schlafengehen Fenster und Türen öffnen.

Im Bett las ich weiter Barbara Kingsolver, Demon Copperhead – der Roman wird immer David-Copperfield-iger, die Handlung schiebt den armen Protagonisten immer tiefer in die Scheiße.