Journal Donnerstag, 28. Juli 2022 – Meine erste Thai-Massage

Freitag, 29. Juli 2022 um 6:38

Nach gutem Schlaf zu früh aufgewacht. Nun gut, ich nutzte die zusätzliche Zeit am Morgen für Gemütlichkeit und ein wenig Blödschaun zwischen den Routine-Handgriffen.

Gestern war ein sonniger, mittelheißer Tag angekündigt: Ich ließ die Rollläden der Wohnung herunter, schloss die meisten Fenster. (Herr Kaltmamsell war früh zu seinem vorletzten Arbeitstag vor Sabbatjahr aufgebrochen.)

Mutig ging ich zu Fuß in die Arbeit. Der Rückenschmerz meldete sich zwar nach 20 Minuten, blieb aber erträglich.

Im Büro kurz getakteter Vormittag mit viel Menschlichem (aber auch Lustigem: Ich versuchte aus Anlass, eine Kollegin zur Imitation des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger zu bewegen, sie widersetzte sich).

Mittagessen: Birchermuesli mit Sojajoghurt, Aprikosen, Flachpfirsiche.

Nachmittags hatte mein Rechner Schluckauf, mehrfach sah ich den fast vergessenen Bluescreen wieder – den gibt’s immer noch. Aber mir wurde klar, wie viel stabiler Computer inzwischen laufen: Vor 25 Jahren waren Rechnerabstürze (Dos) ein ganz alltäglicher Fluch-Anlass.

Auf dem Heimweg kaufte ich in einem kleinen Westend-Laden Obst und Gemüse, gegenüber Brot.

Zu Hause packte ich nur kurz aus, hastete dann zu meinem 18-Uhr-Termin: Eine Stunde Rücken-Nacken-Massage. Ich hatte in einem Laden für Thai-Massagen gebucht, den ich vom Vorbeilaufen kannte – und der kurzfristigere Termine als Physio-Praxen anbietet.

Erster Unterschied zur Physio-Massage, die ich bis dahin als einzige kannte: Ich wurde nicht auf eine schmale, gepolsterte, sondern auf eine breite Holzliege gebeten (Familien-Esstisch?), die mit Decken gepolstert war. Eine Stunde lang knetete mich eine kräftig aussehende Frau durch, die dafür meist auf der Liege um mich herum kletterte. Sie bat mich um Bauchlage und begann an den Füßen, massierte erst mal hoch bis zum Nacken; als dabei die Brustwirbelsäule knackte, lachte sie: “Gut!”

Nächste Phase waren ausführlich Rücken, Schulter, Nacken – und was daran so an Armmuskulatur hing. Geredet wurde nicht (sehr entspannend) außer der gelegentlichen Frage “Tut weh?” (immer genau richtig stark) oder einer Entschuldigung, wenn ich aufgejault hatte (kam nur drei Mal vor). Dann auf dem Rücken liegend ausführlich Beine und Füße, aber auch Schulter, Nacken, Kopf, die gerade nicht massierten Bereiche immer geschickt mit Tuch abgedeckt. Den Abschluss machten im Sitzen nochmal Griffe an Schultern und Nacken.

Ich fand interessant, wo die Massage besonders schmerzte: Den oberen linken Rücken hatte ich ja erwartet (rumpelndes Gleiten der Hände wie über Kopfsteinpflaster), aber Waden! Innenrist rechts! Weil das ganze mit Öl passierte (regelmäßig mit Handtuch wieder abgenommen), war ich anschließend sehr flutschig. Auf dem Heimweg fühlte ich mich wohl, das sollte ich regelmäßig machen.

Fürs Abendessen sorgte ich: Feierliche Zubereitung der ersten Ernteanteil-Tomaten der Saison, nämlich aufgeschnitten mit Nektarinen und edelstem Olivenöl. Außerdem Asiasalat (Mibuna) mit Tahini-Dressing. Dazu Toskana-Brot, auch Käse. Nachtisch Süßigkeiten bis ganz knapp unter zu viel.

Beim Zu-Bett-Gehen dachte ich daran, wie lang ich schon nicht mehr von Häusern und Wohnungen geträumt habe – das vermisse ich, diese Träume waren immer besonders spannend.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 27. Juli 2022 – Wenn Marieluise Fleißer La casa de Bernarda Alba geschrieben hätte

Donnerstag, 28. Juli 2022 um 6:28

Gestern hatte ich mir freigenommen, um an Trauerfeier und Beerdigung eines Mitabiturienten und früheren Chormitsängers in Ingolstadt teilnehmen zu können. Die Nacht war voller unruhiger Träume dazu gewesen.

Ich nahm bereits einen recht frühen Zug, um mich vor dem Requiem zu aklimatisieren. Bus vom Hauptbahnhof in die Innenstadt (der Ingolstädter Hauptbahnhof liegt aus militärhistorischen Gründen weit außerhalb). Ab hier beäugte ich jedes Grüppchen älterer Herren vorsichtig darauf, ob das Klassenkameraden/Mitchorsänger sein könnten – ich hatte mir klargemacht, dass das Gleichaltrige sind, dass sie nicht mehr so aussehen, wie ich sie von vor 30 Jahren im Gedächtnis habe.

Die Donau fließt auch weiterhin wie ein langer, ruhiger Fluss. Hinterm Neuen Schloss entsteht ein ganz neues Viertel, das ich mir mal ansehen möchte.

Ich trank in der Nähe des Rathausplatzes einen ausgezeichneten Cappuccino im District Five, wo ich auch ein Regal mit interessanten Weinen aus dem Burgenland entdeckte, unbekannte Weine von mir bekannten Winzern. (Ich glaube, hier war in meiner Kindheit ein Sportgeschäft. Dann hätte ich hier einst meine Ski bekommen.)

Auf dem Rathausplatz wurde gerade das Carrara-Weinfest aufgebaut, Carrara ist eine der Partnerstädte Ingolstadts.

Traditionsgaststätte mit Verbindungen zu meiner Familiengeschichte.

Im Keller des Poppenbräu befand sich in meiner Jugend eine Disco, das Dscho (Jo).

Kreuztor, rechts die vor vielen Jahren geschlossene Bäckerei Uhlmann (berühmt für ihre Brezen), die seither leer steht wie so viele Geschäfte. Eingekauft wird nämlich in einem eigenen und Parkplatz-reichen Viertel am Stadtrand, im Westpark.

Beim Fleißerhaus vorbeigeschaut.

Dieses Café gab es schon zu meinen Jugendzeiten. Links die Franziskanerkirche.

Die Post. Von hier aus rief mein Vater in meiner Kindheit die Familie in Spanien an.

Das Requiem fand im Liebfrauenmünster statt, es waren viele Weggefährt*innen gekommen. Schon davor traf ich lang nicht gesehene Menschen. Hinein ging ich, als auch meine Mutter dazustieß. Erste Überraschung: Das Münster war nicht so erbärmlich kalt, wie ich es von manch durchfrorenem Gottesdienst in Erinnerung hatte, ich hatte umsonst eigens einen Blazer dabei.

Durch das Requiem kam ich ganz gut. Zum einen genoss ich die Chormusik: Der Verstorbene hatte in einigen Chören gesungen, es kamen viele Stimmen zusammen. Und ich prägte mir ganz tief den einmaligen Anblick des Chorausschnitts ein, in dem mein Bruder jetzt neben seinem ältesten erwachsenen Sohn sang, daneben auch noch zwei langjährige ehemalige Chorgefährten von mir. Zum anderen kann ich die katholische Liturgie inzwischen schlicht als etwas Kulturelles sehen, und zwar Teil meiner Kultur. Doch gerade bei einem Requiem fiel schon sehr deutlich auf, wie stark als Prämisse vorausgesetzt wird, dass ein Leben nach dem Tod, wenn nicht sogar ein ewiges Leben nach einer Auferstehung positiv und erstrebenswert ist. Dabei weiß ich verlässlich, dass ich nicht allein damit bin, den Tod als echtes Ende mit Erleichterung zu erwarten.

Zur Beerdingung selbst auf dem Westfriedhof zog die Trauergemeinde zu Fuß – in Ingolstadt sind die Wege kurz.

Es fanden sich sehr viele Menschen ein, um Abschied zu nehmen. Ich traf noch mehr Bekannte aus meiner Ingolstädter Vergangenheit, vor allem aus Chorzeiten. (Der zauberhafte Moment, als ein Wanderfalke direkt über meinen Kopf hinweg flog.) Ein letzter Blick ins Grab, auf Sarg und Berge von Blumen.

Mach’s gut Markus, ich wünsche dir von Herzen genau das Leben nach dem Tod, an das du geglaubt hast.

Es hätte anschließend Gelegenheit zu weiteren Begegnungen in einer Gaststätte gegeben, doch ich hatte mich bereits mit vielen Menschen ausgetauscht und konnte nicht mehr. Ich packte all die intensiven Erlebnisse erst mal weg. (Mich hatten sehr viele nicht erkannt – ich ja viele auch nicht, es ist ganz erstaunlich, was die Jahrzehnte mit Gesichtsstrukturen anstellen können. Eine App mit Minus-30-Jahre-Filter? Gibt’s sowas? Wäre für diese Gelegenheiten sehr praktisch.)

Auf dem Rückweg aß ich um drei (Frühstück?) einen mitgebrachten Flapjack aus meiner Handtasche, ich hatte die Esssituation ungefähr so vorhergesehen. Und ich schaute nochmal in das Café vom Morgen, kaufte zwei Flaschen Wein. Mit ordentlich Glück erwischte ich am Hauptbahnhof einen Zug nach München kurz vor Türenschließen.

Fürs letzte Stück nach Hause nahm ich die Tram: Blase an der Ferse. Daheim erzählte ich erst mal Herrn Kaltmamsell, machte ein wenig Yoga (über das viele Stehen und Gehen hatte sich der neue Rückenschmerz zurückgemeldet). Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell breite Bohnen (Mischung aus Ernteanteil und Balkonernte) in Tomatensauce mit ein wenig Hirse, außerdem Käse mit Hefezopfresten. Blick an den Himmel ergab: Noch sind die Mauersegler da.

§

Ich dachte immer, dass ich’s ja im Grunde nicht weit aus Ingolstadt rausgeschafft habe, grad mal 80 Kilometer bis München – selbes Bundesland, gleicher Dialekt. Jetzt wird mir klar, dass ich’s vor fast 25 Jahren sehr wohl weit rausgeschafft habe: ins Internet. Das war das eigentliche Ausbrechen, der Paradigmenwechsel, die große weite Welt. Mein Leben nach Ingolstadt und auch Augsburg fand und findet im Web statt. Hier habe ich über die Texte von Menschen ganz andere Arten zu leben kennengelernt, ganz andere Möglichkeiten von Lebenswegen, Umgebungen, Größenordnungen, Hintergründen, Entscheidungen, Perspektiven, Voraussetzungen. Hier bin ich auf die Menschen gestoßen, die mich in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich beeinflusst haben.

Ich denke an das Gespräch mit einer Freundin (aus dem Internet), die kürzlich einige Wochen in ihrem Herkunftsdorf verbrachte und staunte, mit welchen zwischenmenschlichen Details ihre Verwandten sich beschäftigten: Jede Pflanze im Nachbarsgarten, jeder Kleidungswechsel von Bekannten, die man beim Einkaufen traf, standen nicht nur unter genauester Beobachtung, sondern wurden auch intensiv diskutiert, eingeordnet, bewertet, mit viel Meinung und Emotion. Wir waren uns einig: Weil die Leute nicht im Internet sind, sie haben ja nichts anderes. Es ist kein Scherz, dass das Web genau für mich gemacht wurde: Nichts anderes füttert meine leicht entflammbare inhaltliche Wissbegier mit genau dem für mich perfekten Maß an menschlicher Nähe und Distanzmöglichkeit.

Hier ein aktueller Blick, den mir ein Text in eine unbekannte Welt ermöglichte, in eine Bar im japanischen Hiroshima vor 25 Jahren:
“Mac und die Bar”.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 26. Juli 2022 – Sommerpause mit Regenerfrischung

Mittwoch, 27. Juli 2022 um 7:07

Wieder guter Nachtschlaf. Die Fenster in der Wohnung konnte ich erst nach Mitternacht öffnen, als ein Gewitter endlich die Luft abgekühlt hatte.

Der Morgen war dann auch regnerisch und kühl, sehr angenehm. Vor Verlassen der Wohnung ging ich auf Risiko: Ich setzte auf durchgehend kühles Wetter ohne Sonne, kippte viele Fenster, ließ keine Rollldäden herab. Für den Arbeitsweg nahm ich wieder das Rad, kam trocken vor dem nächsten Regenguss an (und merke schon nach zwei Tagen, wie viel weniger Details als zu Fuß ich unterwegs wahrnehme).

Am Vormittag gab’s nach Langem wieder einen Anlass für einen Blick über München. Es regnete immer wieder – ein mehr als willkommener Anblick.

Der Heimeranplatz ist verändert.

Mittagessen: Hefezopf, außerdem italienische Aprikosen (gut!) und Banane mit Kefir.

Rückenschmerz: Ich hatte den ganzen Tag Ruhe, war allerdings auch wenig zu Fuß unterwegs, erst abends beim Heimkommen drohte er ein bisschen. Aber er gab mir endlich den Impuls, mal einen Massagetermin zu buchen: Trotz allem Dehnen, Kräftigen, Faszienrollen, Yoga hatte ich schon seit Monaten das Bedürfnis nach einem Zurechtkneten und -rücken gehabt, für das es einen externen Eingriff braucht.

In der Arbeit hatte der Anlass oben einige selten live gesehene Gesichter ins Haus gebracht, ich freute mich über die kurzen Austausche. Den Nachmittag verbrachte ich bis über beide Ohren in Datenbanken. Nach Feierabend in beruhigtem Wetter mit milder Temperatur direkt nach Hause geradelt.

Ich nahm mir nochmal die energische Yoga-Runde vom Vortag vor: Mit dem Wissen, was auf mich zukam, war ich deutlich sicherer in mancher Haltung.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch Glasnudelsalat nach Jamie Oliver mit Hack und Garnelen zubereitet, statt Koriander aber Thai-Basilikum verwendet, der sich ausgezeichnet machte. Nachtisch Süßigkeiten.

Telefonat zu Modalitäten der mittwöchlichen Beerdigung, ich möchte in dieser fremden Welt nichts falsch machen.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 25. Juli 2022 – Radeln gegen heißen Föhn

Dienstag, 26. Juli 2022 um 6:33

Die Nacht komplett durchgeschlafen – eine Rarität. Der Wecker weckte mich gründlich, ohne hätte ich tief weitergeschlafen.

Es kündigte sich ein ganz heißer Hochsommertag an. Der Morgenkaffee auf dem Balkon war aber noch herrlich frisch. Wegen dieser bescheuerten neuen Rückenschmerzen beim Gehen radelte ich in die Arbeit.

Mein Büro war vom Wochenende ordentlich sonnengeheizt, ich hatte Mühe, es über den Vormittag zu temperieren. Schlagzahl in der Arbeit hoch. Ich regelte alles, damit ich an der Beerdigung des verstorbenen Mitschülers teilnehmen kann.

Mittagessen Apfel, Hefezopf, Kefir.

Immer wieder kämpfte ich gegen den neuen linken Rückenschmerz. Nur zweimal fuhr ich den Schreibtisch hoch, um im Stehen zu arbeiten – aber das ging nicht gut aus. Das Bedürfnis zu stehen hatte ich immer wieder, aber lieber fühlt sich der Po wundgesessen an, wenn endlich mal der Schmerz fast weg war. Vorteil des Einzelbüros und der weiterhin dünnen Präsenzbesetzung: Ich hatte keine Bedenken, mich immer wieder auf den Boden zu legen, immer wieder Entspannungsübungen für den Rücken zu machen.

Nach Feierabend hinaus in große Hitze, selbst der Wind blies heiß. Ich radelte für ein paar Einkäufe zum Vollcorner, von dort wie gegen einen heißen Föhn nach Hause.

Nachdem ich in der schattigen Wohnung ein wenig abgekühlt war (und durch flaches Liegen auf dem Boden die Rückenschmerzen nachließen) genoss ich eine Runde zackiges Yoga – danach fühte ich mich den ganzen restlichen Abend schmerzfrei.

Herr Kaltmamsell hatte Teile der vielen Zucchini aus Ernteanteil zu einem Spaghettigericht verarbeitet (der Tipp war von @novemberregen gekommen).

Ausgesprochen köstlich, das merken wir uns. Herr Kaltmamsell hatte auch für frische Schokolade gesorgt, die gab es reichlich zum Nachtisch.

§

Novemberregen beantwortet die Frage, “Mussten Sie Ihre Kampfkunstkenntnisse mal außerhalb einer Sporthalle anwenden?” Ich habe aus ihrer Antwort enorm viel gelernt, nicht nur über Selbstverteidigung:
“Kampfkunst im Alltag?”

Was man bei Kampfsport, Selbstverteidigung, Kampfkunst als allererstes lernt, ist: sich selbst und Situationen einschätzen. Als nächstes lernt man dann, wie man sich in der Situation am besten verhält. Und in einer enormen Vielzahl an Situationsbewertungen ist das Ergebnis: abhauen. Sich aus der Situation nehmen.

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Vielen Dank für die Empfehlung des FFP2-Masken-Modells Air Queen: Das trägt sich tatsächlich über längere Zeit deutlich angenehmer und leichter, vor allem hinter den Ohren. (Für das ständige Auf- und Absetzen im Büro oder auf einer Einkaufsrunde ist es nicht so geeignet.) Für ein paar Chargen des Herstellers Toptec gibt es allerdings eine Warnung, gleichen Sie das doch mit Ihrer Schachtel ab:
“Warnung: Mangelhafte Schutzwirkung bei FFP2 Atemschutzmasken „siegmund Air QUEEN Breeze Mask“ des Herstellers Toptec”.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 24. Juli 2022 – Sommersonntag classic: Balkonkaffee, Freibad, Biergarten

Montag, 25. Juli 2022 um 6:39

Mittelgute Nacht, aber ich bekam genug Schlaf.

Wieder war die Temperatur richtig für Balkonkaffee. Ich bloggte gemütlich, dazwischen flocht und buk ich Sonntagszopf. Schon früh zog Hochsommerhitze auf, ich radelte gegen zehn für eine Runde Schwimmen und Rumliegen ins Dantebad.

Erleichterung 1: Radfahren löste keine neuen Rückenschmerzen aus.

Das vertraute Schwimmbecken war tatsächlich mit wärmerem Wasser gefüllt als das im Schyrenbad. Als ich ankam, wurden die beiden Sportbahnen gerade sehr frequentiert, doch zum einen arrangierte man sich freundlich, zum anderen schwammen die wenigsten lange Strecken, es wurde immer wieder leer. Mich fröstelte erst nach mehr als 1.000 Metern, und selbst das war kein Vergleich zum Schlottern im Schyrenbad. Also schwamm ich vor mich hin, solange es sich gut anfühlte. Das waren dann 2.600 Meter.

Erleichterung 2: Auch das Schwimmen ging schmerzfrei. Würde ich halt Montag in die Arbeit nicht gehen, sondern schwimmen.

Die Liegewiesen des Dantebads zeigten nur noch wenig Grün, waren hauptsächlich gelb und verdorrt. Ich legte mich diesmal eher an den Rand, erkundete bei dieser Gelegenheit das Gelände ein wenig – vertraut ist mir das Bad ja vor allem vom Winter. Bald wurde mir in der Sonne so heiß, dass ich nochmal “ins Wasser ging”, wie das in meiner Kindheit hieß (meiner Erinnerung nach gab es Verhandlungen mit den Eltern, wie oft man “ins Wasser durfte”). Diesmal testete ich das zweite, das Sommerschwimmbecken, das tatsächlich kühler war.

Gemütliches Heimradeln in ziemlicher, aber nicht erschlagender Hitze.

Zu nahezu spanischer Mittagessenszeit servierte Herr Kaltmamsell in der verschatteten und angenehm temperierten Wohnung Tofu mit Lauch und grüner Paprika. Es war der von vielen Seiten empfohlene Tofu des Berliner Herstellers Treiber, der deutlich nach Sojabohnen schmeckte (was ich ja auch an gutem Sojajoghurt mag).

Außerdem aß ich Hefezopf mit Butter (eine Scheibe) und Marmelade (eine weitere Scheibe).

Anschließend Duschen mit ausführlicher Körperpflege. Den Nachmittag verbrachte ich lesend, vor allem Hannah Gadsbys Buch, auch eine Zeit auf dem Balkon – nicht allzu heiß. Gegen sechs eine Runde Yoga, anregend.

Fürs Abendessen steuerten wir den Hirschgarten an. Bereits die wenigen hundert Meter Fußweg zur Straßenbahn riefen die drecks Rückenschmerzen hervor. Und dann kamen wir mit der Tram auch nicht voran: ein Unfall weiter vorn auf der Strecke. Also stiegen wir in eine S-Bahn und gingen vom Bahnhof Hirschgarten zu Fuß. Herr Kaltmamsell erzählte mir zur Ablenkung detailliert von seiner derzeitigen Lektüre. Nach Ausdehnen und Hinsetzen im Hirschgarten beruhigten sich die Rückenschmerzen. Der Herr war so aufmerksam, mir erstmal weiteres Gehen zu ersparen, indem er uns zwei Radlermaß holte, zu Essen Breze und ganz frisch gegrillten (wir mussten darauf warten) Steckerlfisch.

Möglicherweiste die saftigste gegrillte Makrele, die ich je hatte.

Wir saßen wieder direkt am Gehege, Tiere wurden gesichtet (auch ganz kleine superniedliche – aber ich hatte keine Lust, mich auf Fotolauer zu legen). Der Fußweg zur Tram war schmerzfrei, ich habe das Bier im Radler als Medikament im Verdacht.

Steubenplatz um dreiviertel neun, es hatte bereits ein wenig abgekühlt.

Daheim diverses Räumen für Montag, schon beim Zu-Bett-Gehen waren die Temperaturen niedrig genug für Durchlüften über Nacht.

§

Kleinkriminelle Väter, Variante Lorenz Meyer, als Twitter-Geschichte:
“Über das Frisieren von Monatsberichten, eine Teakholzschrankwand voller Musik und den Mann, der mein Vater war…”
via @dieliebenessy

(Küsst euren Vater und macht Scheiß mit ihm, solange ihr könnt.) (Also: Wenn ihr ihn lieb habt. Muss ja nicht so sein.)

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 23. Juli 2022 – Wettlauf mit dem neuen Rückenschmerz

Sonntag, 24. Juli 2022 um 8:45

Mittelprächtige Nacht, unterbrochen durch Fensteröffnen (als es nach Mitternacht endlich ein wenig abkühlte) und Fensterschließen (als nach drei Gewitterwind aufkam).

Der Morgen war düster und abgekühlt – aber immer noch warm genug für Balkonkaffee, außerdem ergab das ideales Laufwetter.

Gestern nahm ich für meinen Isarlauf eine U-Bahn zum Odeonsplatz, ich hatte das Bedürfnis, mein 9-Euro-Ticket Juli bezahlt zu machen. Dort fädelte ich die Maske in meine Schirmmütze, die ich gegen eventuellen Regen trug (übrigens müssen wir uns mal grundsätzlich über die fehlende Aufbewahrungsfunktion von Sommer-Laufkleidung unterhalten, von einer Laufhose erwarte ich wirklich mehr als ein 2×5 cm großes Fach für den Autoschlüssel). Ich bog ein in den Hofgarten – und lief auf lauten bayerischen Gesang von der Staatskanzlei zu, bis ich an eine überraschende Absperrung kam.

Die Erklärung:

Ich trabte leichtfüßig weiter.

Schon beim Hochlaufen zum Monopteros wurde der Gegener dieses Laufs klar: Der neue Rückenschmerz links oben. Mal wurde er schwächer und ich kam in meine geliebte Laufleichtigkeit, dann wieder so böse, dass ich an Umkehren dachte, nach einer ruhigen Vorbeuge wieder erträglich.

Der Steg St. Emmeram mit Blick in beide Richtungen.

Und einer Bronze des Namensgebers.

Unterm Strich kam ich auf meine knapp anderthalb Stunden, bin aber reichlich irritiert: Was soll das und was kann ich dauerhaft dagegen tun? Denn das ist ja kein Dauerschmerz (zum Glück), und ich kann keinerlei Auslöser/Ursache ausmachen. Kommt aber replizierbar beim Gehen und Stehen.

Auf dem Heimweg in der Tram musste ich wegen vieler Mitfahrender stehen – und der Schmerz wurde ganz schlimm. Drehen, Dehnen, kontrollierte Atmung, ich war froh, als ich es zum Ausstieg und zum Semmelholen schaffte, daheim legte ich mich ohne weitere Umstände hinter der Wohnungstür erst mal flach auf den Boden. Dehnen, Entspannungsübungen für Rücken und Schultern, Faszienrolle – Schmerz weg.

Zum Frühstück gab’s Semmeln mit Käse, außerdem Granatapfelkerne mit Joghurt.

Nach einer ganz kurzen Siesta (Fresskoma) machte ich mich zu einer kleinen Runde in die Innenstadt auf, aber diesmal holte mich der Rückenschmerz schon nach wenigen hundert Metern so böse ein, dass mir leicht übel wurde. Ich kehrte um, Gehen war offensichtlich keine Option.

Bügeln mit Musik auf den Ohnen aber ging; alle zwei Bügelstücke hängte ich mich in einer Yoga-Vorbeuge aus. Draußen kam immer wieder die Sonne heraus, ich setzte mich zum Zeitunglesen auf dem Balkon. Eine Folge Yoga, diese nur mit Entspannung.

Ich setzte Hefeteig für Sonntagszopf an, Herr Kaltmamsell kam von einem Ausflug heim, er hatte zum Abendessen Vichyssoise mit Lauch aus Ernteanteil vorbereitet. Ich hatte sogar Lust auf Alkohol, es gab Moscow Mules.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 22. Juli 2022 – Meine gescheiterten Fix und vierzig, jetzt aber wirklich letzter Krankheitstag

Samstag, 23. Juli 2022 um 8:40

Unruhiger Schlaf. Mein Unterbewusstsein machte mir klar, wie sehr mich der Tod des ehemaligen Mitschülers mitnimmt. Außerdem plagten mich die seltsamen oberen Rückenschmerzen links jetzt auch im Liegen. Strecken im Stehen mit anschließender Yoga-Vorbeuge verschaffte immer wieder Linderung.

Noch vor sechs erklärte ich die Nacht für beendet. Und musste einsehen, dass ich halt immer noch nicht gesund war. Gestern gab es nichts Arbeitsseitiges, das mich mehr belastete als das Kränkeln, also meldete ich mich nochmal krank. (Außerdem hatte ich den Arbeitsrechner eingepackt und konnte zu meiner Entspannung immer wieder reinlinsen.)

Ich versuchte es mal wieder mit Milchkaffee auf dem angenehm kühlen Balkon. Und legte mich dann wieder hin, nicht zum Schlafen, sondern einfach zum Liegen. Das tut man nämlich beim Genesen.

Mit Hochsommerausblick hörte ich die aktuelle Podcast-Folge von Fix und vierzig (der Untertitel “für Frauen ab 40 und alle, die es werden wollen” ist allein schon wundervoll), Thema “19. Wie können wir die Diätkultur überwinden, Melodie Michelberger?”. Die Standard-Eingangsfrage an den Gast machte mich wieder traurig, denn wie immer kam als Antwort auf “Was machen die 40er besser als die 30er?” eine Geschichte von Selbstfindung, Selbstverwirklichung, Überwindung falscher Ziele, Finden der richtigen, von Durchstarten in ein erfülltes Leben etc. pp. Und ich denke (mit durchaus gemischten Gefühlen) zurück an die wahnsinns Energie, die ich in den 30ern hatte, die Verve, mit der ich mich in Neues stürzte, die Lust an Einfluss, an der Macht, Dinge zu bewegen, gerade als Frau. Wie ich mich im Agenturleben zunächst geradezu wie von der kurzen Leine gelassen fühlte und vor Power nur so sprühte. Wie ich mich auch auf die Gesellschaft von Menschen stürzte, neugierig war. Was mich dann alles unterm Strich so kaputt machte (inlusive dem einen oder anderen Depressionstief zu viel), dass ich in den 40ern immer kleiner wurde, mich immer mehr zurückzog, bitte nichts mehr bewegenmüssen wollte, kein Potenzial entfalten, sondern einfach meine Ruhe. Mit Mitte 30 hätte ich sehr wahrscheinlich deutlich mehr Leistungen aufzählen können als Mitte 40, als ich gerade alles bisher scheinbar Erreichte hingeschmissen hatte und einer wiedergefundenen Freundin in England mein Leben zusammenfasste: “I’m a complete failure.” ABER! Mein Lidstrich ist heute deutlich sicherer und schöner als in den 30ern.

Dann mein sinkendes Herz beim eigentlichen Thema des Podcasts, “Diätkultur”: I can’t believe I’m still discussing this shit. Meine eigene Blogserie zum Thema Diätterror begann ich vor 19 Jahren, geben Sie einfach mal “Diätterror” links ins Suchfeld des Blogs ein (Achtung: Nicht hinter allen Aussagen stehe ich noch). Es macht mich tieftraurig, dass der Podcast beweist, wie wenig weiter wir hier sind – wahrscheinlich durch instagram und Co. sogar einige Schritte zurück. (Andererseits muss ich ja nur in den Absatz drüber lesen: Warum sollte das Thema besser vorangekommen sein als ich, hahaha, Spässle.)

Selbst bin ich ja gerade aus Versehen so dünn wie möglicherweise erst einmal zuvor in meinem Leben, doch es würde meinem… sagen wir 17-jährigen Ich weder helfen, nicht mal würde es dieses Ich überraschen, wenn ich ihm mitteilte: Dünnsein macht nicht glücklich. Es erweitert die Styling-Optionen, mehr nicht.

Vormittags beschloss ich gegen die Rückenschmerzen eine Runde Yoga – die ganz wunderbar gut tat und den Schmerz linderte. Duschen und Anziehen, ich fühlte mich fit für einen kleinen Spaziergang. Vorher Telefonat mit Neffe 1, vielleicht wird ein sehr lang gehegter Reisetraum nächsten Frühling wahr.

Der Spaziergang in steigender, aber noch gut erträglicher Hitze wurde nicht so lang wie erhofft, weil mich wieder der obere linke Rückeschmerz packte, AUA! Sowas kenne ich ja sonst gar nicht – erinnere mich aber an Kolleginnen, die wegen Beschwerden, deren Beschreibung sehr gut auf meine passten, tagelang krank geschrieben waren.

Zu Hause dehnte ich mich durch alle Übungen, die mir als Schwimmerin und Yoga-nicht-mehr-ganz-Anfängerin zum Oberkörper allgemein und zum Rücken einfielen, das brachte ein wenig Besserung. Zum Frühstück kochte ich mir Porridge; als er noch “Haferschleim” hieß, war das ja magenschonende Krankenkost (und ich mache ihn eh immer mit Wasser). Es gab ihn mit einigen Löffeln Joghurt, gesüßt mit Zuckerrüben-Sirup.

Nachmittags hatte ich nur einmal das Bedürfnis mich hinzulegen. Sonst Zeitunglesen, sonstiges Lesen, das Verdauungssystem schien mir wieder eingerenkt.

Weil’s so gut getan hatte, turnte ich abends die vormittägliche Yoga-Runde nochmal, war ja auch nur ein Viertelstündchen rundum. Direkt danach wieder völlig schmerzfrei – aber nicht lange.

Nachtmahl serviert von Herrn Kaltmamsell:

Erst wurde die erste Aubergine aus Ernteanteil gefeiert: gegrillt mit Safranjoghurt. Dann gab es ein Stückchen gekochtes Rindfleisch mit Kartoffeln und Meerrettich. Endlich konnte ich wieder essen, was Herr Kaltmamsell uns kocht. Die paar Tage mit fast nichts haben mir gezeigt, wie genau kalkuliert wir beide einkaufen, so dass bei uns praktisch nie Lebensmittel verderben: Die Brotzeiten, die ich für die Woche eingekauft hatte, blieben liegen, ich musste Herrn Kaltmamsell um Aufessen bitten.

Abendprogramm: Von Festplatte die Doku von 2018 Depeche Mode und die DDR – endlich mal. Unter anderem weil darin eine Freundin vorkommt, die gestern Geburtstag hatte. (Mein claim to fame: Ich habe einige Goldene Schallplatten von Depeche Mode mit eigenen Augen gesehen. Mehrfach.)

§

Technikgeschichte wie ich sie liebe (ich bin ja der Überzeugung, dass das 20 Jahre, proprietäre und hand-gecodede alte ERP-System in der Arbeit, das am 1. Januar durch ein zeitgemäßes System ersetzt wurde, mindestens eine Doktorarbeit über die Geschichte meines Arbeitgebers und/oder des Programmierens abgeben würde).
“I’ve been sitting on a weird epic ramble about Etsy homepages from the middle 2000’s for the better part of 15 years now so I figured I would write it up as a thread”.

In Wirklichkeit verlinke ich das hier ja nur, weil ich ungemein stolz darauf bin, dass ich ca. ein Drittel davon zur Hälfte verstehe.

die Kaltmamsell