Journal Dienstag, 19. April 2022 – Osterschokolade-um-die-Hälfte-Tag!

Mittwoch, 20. April 2022 um 6:25

Eher unruhige Nacht, aber erträglich.

Morgens in Turbotempo den Blogpost nachgeholt (der normalerweise zu 75 bis 90 Prozent am Vorabend erstellt ist, doch Ostermontagabend war es mir dafür zu spät), auch das sonstige Morgenprogramm verlief extra zackig, damit ich rechtzeitig in die Arbeit loskam. Es war weiterhin frisch.

Ein Impfzentrum wird abgebaut.

In der Arbeit merkte ich, dass die vier freien Tage am Stück in den Schulferien gelegen hatten, und dass alle sie frei gehabt hatten: Keine überwältigenden Mailbox-Inhalte, alles machbar.

Mittags gab es Sahnequark mit Dickmilch und viel vorgeschnittene Orangen: Am Samstag war die letzte Kiste meines adoptierten Crowdfarming-Orangenbaums eingetroffen.

Den ganzen Tag über hatte ich das eigenartige Gefühl, mich über die vier freien Ostertage überhaupt nicht bewegt zu haben. Was halt nicht stimmt: Nur am Sonntag war ich für meine Verhältnisse unbewegt, doch Freitag Schwimmen, Samstag Wandern, Ostermontag zweieinhalb Stunden Spaziergang. Was will er nur, der seltsame Körper? (Und deshalb kann er nicht verlangen, dass ich “auf ihn höre”.) Schwindlig war mir auch wie schon lange nicht mehr.

Meinen Heimweg lenkte ich für den traditionellen Großeinkauf Osterschokolade-um-die-Hälfte zu einem kleinen Edeka, bei dem ich eine Woche vor Ostern zufällig fast unangetastete große Menge Osterschokolade gesehen hatte und gedacht: Das kriegen die nie bis Ostern los. Ich hatte richtig kalkuliert.

(Zur Erinnerung: Das Feiern/Nutzen des Dienstags nach Ostern, um mich mit hochwertigen Süßigkeiten für wenig Geld auszustatten, begann ich als Studentin – ah, selige Erinnerungen an die riesigen Pasteten-Eier aus Nougat und verschiedenem Marzipan, die es ein paar Saisonen lang von Milka gab. Heute bin ich finanziell nicht mehr darauf angewiesen, doch Rituale soll man nicht brechen.)

Zu Hause erst mal eine Runde Yoga. Herr Kaltmamsell war aushäusig, ich stellte mir zum Abendessen Schinken und Wurst vom Osterfrühstück zusammen, eine Scheibe Brot dazu. Nachtisch Mutters Osterzopf mit Quark und natürlich Osterschokolade.

Meine Frage nach den tatsächlichen christlichen Glaubensinhalten in Deutschland ist zum großen Teil beantwortet: Gaga Nielsen wies mich auf eine Studie der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland von 2019 hin, die christlichen Glauben in Deutschland untersucht hatte. Die Ergebnisse überraschten mich in vielerlei Hinsicht; unter anderem hatte ich wirklich nicht erwartet, so viel Ungläubige in den Kirchen anzutreffen, also Menschen, die auf die Frage „Glauben Sie an einen Gott?“ mit „Nein“ antworteten. Das geht weit über meine Annahme hinaus, dass Gläubige mit der offiziellen Linie ihrer Konfession nichts am Hut haben.

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Eine Bekannte (heißt bei mir fast immer: jemand, die ich aus dem Internet kenne) bittet um Teilnahme an ihrer Studie an der Uni Mainz, in der Veränderungen des psychischen Wohlbefindens über die Zeit erhoben werden. Arbeit kostet nur das Ausfüllen des ersten Fragebogens, dann gibt es kurze Fragen übers Smartphone. Hier geht es zur Studienteilnahme. (Start am besten über Rechner.)

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Wie verschiedene Sorten Dübel funktionieren, live vorgeführt.
via @ankegroener

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Ich hatte angenommen, Filme mit Charly Chaplin sehr gut zu kennen – diese hinreißend komische Tanzszene mit ihm von 1918 war mir neu.

Und dann noch ein GANZ anderes Tanzvideo. Statt Schwanensee: Echtes Lernen von der Natur. (Ich weiß nicht, wie oft ich das gestern angeschaut habe.)
via @klugscheisser

die Kaltmamsell

Journal Ostermontag, 18. April 2022 – Großes Frühstück in kleinem Kreis, Sonnenspaziergang

Dienstag, 19. April 2022 um 6:42

Gut geschlafen, zu einem weiteren herrlich sonnigen und ziemlich kalten Tag aufgewacht.

Wir nahmen einen recht frühen Zug nach Ingolstadt, Ostermontag bei meinen Eltern. Mein Beitrag zur großen Osterfrühstückstafel war lediglich ein polnischer Osterkuchen, Mazurek.

Meine Mutter war noch bekümmerter als ich über den Ausfall der Bruderfamilie wegen Corona-Erkrankung/-Quarantäne – aber dieses Risiko werden Pläne noch eine ganze Weile einkalkulieren müssen.

Dezimierte Ostertafel.

Das Osterfrühstück polnischer Art mit viel Schinken (geräuchert und gekocht), Wurst, mit Eiern, Rote-Bete-Mus und frisch geriebenem Meerrettich, mit Tee und Weißwein, Brot und Butter, schmeckte dennoch ganz hervorragend, ich aß reichlich. Zum Abschluss ein Stück Mazurek.

Wir waren voll und angeduselt, allgemeiner Rückzug zu einem Verdauungschläfchen (wie in Gabriele Tergits Effingers). Dafür fehlte mir die Bettschwere, ich setzte mich in den frühlingserwachenden Garten und las in der Sonne Zeitung, die SZ-Feiertagsausgabe.

Schon vormittags hatten wir den Osterspaziergang vereinbart: Wir wollten mit Osterköstlichkeiten inklusive Schokoladeneiern (die für die Nifften waren für ein Verstecken im Garten vorgesehen gewesen – zum dritten Mal ausgefallen) über die Felder zur Quarantäne-Familie gehen. Dafür wechselte ich in Turnschuhe, meine Eltern kannten einen schönen Feldweg. Und so spazierten wir zwischen erblühenden und ergrünenden Bäumen und Büschen und Felder, links das alles dominierende Audi-Werk, rechts der Nordrand des Donautals mit Bächen/Gräben.

Rohrmühle. Darüber und darum flitzend: Die ersten Schwalben!

Im Hintergrund Etting mit Kirchturm St. Michael.

Ich plauderte abwechselnd mit Mutter und Vater, bekam von Papa Aussichten und Wegmarken erklärt, einige hochinteressante Geschichten aus seinen Jahrzehnten als Elektriker in der Instandhaltung der Fabrik erzählt.

Treffen im Garten der Bruderfamilie mit Masken und Abstand (ich sah den Kirschbaum, dessen Früchte ich so oft genossen habe, zum ersten Mal in Blüte), Übergabe der Oster-Köstlichkeiten. Munteres Geplauder, doch auch hier hängende Flügel wegen vieler geplatzter Pläne. Dazu die Sorge um den Erkrankten und vor möglicher weiterer Verbreitung des Virus in der Familie.

Spaziergang zurück in noch mehr Sonne, aber warm war es nicht.

Am Himmel ein Thermik-kreisender Greifvogel, im Schilf eines Grabens ein Reiher.

Zurück bei meinen Eltern gab es zum Aperitif Aperol Spritz, dann zum frühen Abendessen Lammschulter aus dem Ofen mit breiten Bohnen und einem Glas Chianti. Nachtisch ein Stück klassische Philadelphia-Torte.

Mein Vater öffnete den über hundertjährigen Brandy Gran Duque de Alba, den er eigentlich zur großen Feier seines 80. Geburtstags ausschenken wollte – die von Corona verhindert wurde. Doch er meinte, es würde ihn doch zu sehr ärgern, wenn der in die Erbmasse käme und wir ihn ohne ihn tränken. Schmeckte ganz hervorragend.

So viel habe ich schon sehr lange nicht mehr an einem Tag gegessen und getrunken. Entsprechend voll und beduselt spazierten wir zum Zug zurück nach München. Zurück daheim war noch einiges für den nächsten Tag und meinem Arbeitstag vorzubereiten, ich hätte gerne noch einen Tag frei gehabt.

die Kaltmamsell

Journal Ostersonntag, 17. April 2022 – Nachdenken über tatsächlichen religiösen Glauben

Montag, 18. April 2022 um 7:24

Beim Einschlafen österlicher Glockendonner von St. Matthäus, ich schloss mal lieber das Fenster. Nachts hatte ich Gelegenheit, es wieder zu öffnen (aber insgesamt eine gute Nacht), nächster Glockendonner vor sechs, Fenster zu.

Ich wachte zu herrlichem Sonnenschein auf, der den ganzen Ostersonntag anhielt – allerdings auch zu bleibender Kälte. Vermutlich sind 12 Grad Höchsttemperatur genau richtig für April, und ich bin das nach all den Jahren mit Talmi-Sommer im Frühling nicht mehr gewohnt.

Ostern mag ich und feiere es gern – auch als Ungläubige kann man Traditionen pflegen, und zu meiner Kultur gehört halt dieses Frühlingsfest mit Eiern, Schokoladenhasen, Glockengebimmel, weil viele Menschen feiern, dass ihr Gott einen – ebenfalls göttlichen – Sohn (von dem sie glauben, dass er gleichzeitig ein Mensch und ein Gott war) geopfert hat und der von den Toten auferstanden ist.

Sollte man mich jemals mit vorgehaltener Waffe zwingen religiös zu werden, nähme ich allerdings lieber eine Religion mit vielen Göttern und Göttinnen, vielleicht die super-integrative des antiken Roms? Sie scheint mir eine erträglichere Erklärung für das Leid in der Welt anzubieten als ein allmächtiger Gott. Auch wenn ich den Katholizismus mit drei Obergöttern und unzähligen Untergött*innen für den Volksglauben namens “Heiligen” ethnologisch nicht so recht als Monotheismus einsortieren kann.

Heutzutage aber haben zumindest in Deutschland die Heiligen ihre Bedeutung wohl verloren – zumindest wenn ich mir die offiziellen Predigten ansehe, die es in die Medien schaffen. Bei dieser Gelegenheit: Ich habe ja gelernt, dass gläubigen Christen und Christinnen die offizielle Glaubenslinie ihrer Religion meist weitgehend egal ist – wenn sie diese überhaupt kennen (fragen Sie eine durchschnittliche Katholikin mal nach ihrer Haltung zur Transubstantiation – gerne auch ohne diesen Begriff zu verwendet). Was mich wirklich interessieren würde: Was ist die tatsächliche Glaubens-Schnittmenge von Christ*innen, gerne auch aufgeteilt in Katholik*innen und Protestant*innen heute? Gibt es solche Erhebungen vielleicht sogar von den Kirchen? In Deutschland wäre eine repräsentative Auswahl für eine Umfrage ja durch die Kirchensteuer besonders leicht. Woran glauben wirklich alle oder die meisten? In welchen Punkten unterscheiden sich die Gläubigen am weitesten? Das Ergebnis wäre wahrscheinlich auch eine relevante Aussage über unsere heutige Kultur.

Gestern testeten wir unsere Idee für künftige Familientreffen bei Schwiegers aus: Herr Kaltmamsell und ich sorgten bei ihnen fürs Essen, damit die lieben und gastfreundlichen, aber halt schon nicht mehr so fitten Schwiegers weniger Mühen haben. Herr Kaltmamsell hatte Fleisch für eine Lammkrone besorgt und eine Sauce gekocht, ich brachte für die Vorspeise Räuchersaibling und Chicoree mit, das Dressing in einem Schraubglas. Und in einem Korb transportierten wir vorsichtig Schälchen mit Crème brûlée. Küche, Getränke, Geschirr stellten die Schwiegers.

Am Augsburger Zielbahnhof stellte sich heraus, dass Herr Schwager jr. tatsächlich wie verabredet im selben Zug wie wir angereist war, wegen kompletter Überfüllung der Bahn (u.a. mit reichlich Radausflügler*innen samt Gerät) waren wir nicht zueinander gekommen. Dabei war anscheinend sogar ein zusätzlicher Zugteil angehängt worden.

Herr Schwieger holte uns ab, Frau Schwieger wies uns in ihre Küche ein (Herr Kaltmamsell ist vor Jahrzehnten ausgezogen und kennt sich natürlich nicht mehr dort aus). Und so gab es nach einem Gläschen Sekt Chicoreesalat mit Räuchersaibling und Orangendressing, Brot dazu hatten wir noch am Münchner Hauptbahnhof besorgt, der württemberger Riesling kam aus den örtlichen Beständen. Herr Kaltmamsell servierte eine wunderbar zarte Lammkrone mit Ofenkartoffeln und grünen Bohen, dazu die extra zubereitete Sauce (“Wir sind eine Saucenfamilie.”). Im Glas ein schöner Lemberger. Zum Nachtisch fackelte ich mit dem mitgebrachten Tchibo-Flammenwerfer die Crème brûlée mit Puderzucker ab.

Alle waren sich einig, dass der Test gelungen war. Das nächste Mal trauen wir uns eine große Familienfeier zu bekochen, gewünscht wurde bereits ein “Schweinsbraten mit schöner Kruste”.

Ich hörte schöne Familiengeschichten, außerdem Aktuelles.

Wirtshausrechnung einer Leich’ 1917, die Schwester von Herrn Kaltmamsells Großvater war jung gestorben.

Kaffeeundkuchen (Osterfladen) gab es auch. Schlechte Nachrichten währenddessen: Aus meinem ersten großen Familien-Osterfrühstück seit 2020 am Montag wird nichts – Corona has landed, hoffentlich muss niemand sehr leiden. Also zum dritten Mal nur in kleinem Kreis.

Auf der Rückfahrt war der Zug deutlich leerer, um fünf waren die Ausflügler wohl noch unterwegs.

Daheim backte ich wie geplant für Ostermontag polnischen Mazurek. Es war noch Zeit für eine kurze Runde Yoga.

Für Abendessen hatte ich wieder Hunger, es gab gekochte Eier (eh), Cornichons und Butterbrot.

die Kaltmamsell

Journal Karsamstag, 16. April 2022 – Verhagelte Ratzinger Höhe

Sonntag, 17. April 2022 um 7:54

Ruhige Nacht mit nur wenigen Unterbrechungen, bis fast sieben geschlafen.

Wir zogen zu zweit früh los für die restlichen Ostereinkäufe, die sich nicht vorher hatten erledigen lassen – ungernd, denn der Samstag vor Ostern ist bei Lebensmitteln einer der beiden umsatzstärksten Einkaufstage des Jahres.

Start war der Viktualienmarkt, weil er schon früh öffnet, mit geräuchertem Saibling. Vorm Metzger, bei dem Herr Kaltmamsell Fleisch bestellt hatte, stand eine lange Schlange – jetzt mischen sich unter die echten Einkäuferinnen am Viktualienmarkt halt wieder die vielen Tourist*innen, die bloß schaun wollen oder eben beim Metzger eine Leberkässemmel kaufen.

Ich besorgte ausnahmsweise auch das Gemüse hier, schaute aber genau nach, ob in die Tüte alle meine bezahlten Einkäufe gepackt worden waren (um nicht wie schon mehrfach zuvor erst daheim Lücken festzustellen).

Beim Kustermann mussten wir nur noch wenige Minuten bis zur Öffnung um zehn warten, ich wollte dann doch mal erwachsene Schälchen für Crème brûlée.

Für Ostersüßigkeiten ging ich zum Kaufhof. Er erwies sich als gut bestückt, doch fast ausschließlich mit Schokoladen, alternativ gab es nur Marzipan – also auch hier weder Schaum- noch Fondanteier, die ich als Deko für den polnischen Osterkuchen Mazurek haben wollte. Zumindest bekam ich hier endlich Osterdeko für unsere Wohnung.

Auf dem Rückweg fanden einmal Gelegenheit und Wunsch zueinander: Ich lud Herrn Kaltmamsell auf einen Cappuccino unterwegs ein. Die Patolli “Kaffeebar” stellte sich zu meiner Überraschung als ungeeignet für einen schnellen Kaffee an der Theke heraus, wir mussten bei der Bedienung bestellen. Dafür war der Cappuccino ausgezeichnet.

Daheim Vorbereitungen für eine Wanderung, wir wollten auf dem Obst- und Kulturwanderweg Ratzinger Höhe am Chiemsee nach der Obstblüte sehen.

Der Zug nach Prien war voll wie vor der Seuche, doch noch gilt in Öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht.

Das Wetter hielt sich schon wieder nicht an die Vorhersage: Während für Karfreitag Wolken und milder Regen angekündigt waren – tatsächlich ein herrlicher Sonnentag -, hätte es am Karsamstag Kälte, aber Sonnenschein geben sollen. Wir waren also warm angezogen, hatten uns nach kurzfristiger Anpassung der Vorhersage sogar auf eine Mischung aus Sonne und gelegentlichen Schauern gefasst gemacht. Die tatsächliche Düsternis mit hauptsächlich Regen und Hagel war dann eine unangenehme Überraschung, auch wenn unsere superduper Wanderjacken uns die Nässe vom Leib hielten. Gerade als ich bereit war die Runde abzukürzen, weil die ich das Wasser von den nassen Beinen langsam Richtung Socken spürte und in dem Regen nicht mal an eine Brotzeitpause zu denken war, beruhigte sich das Wetter.

Das war wirklich erfreulich, denn wir hatten wundervolle Aussichten inklusive Regenschwaden, sahen viele Vögel, darunter mehrfach riesge Greifvögel im Start von Bäumen, aber auch Laufenten, außerdem vielfältige Blümchen und Obstbaumblüte – allerdings erst am Beginn, vielleicht schaffen wir die Runde nochmal in zwei Wochen zur vollen Blüte.

Traurige Entdeckung: Die hundertjährige Munzinger Linde, gewohnte Wegmarke im letzten Drittel, steht nicht mehr.

Blick von der Ratzinger Höhe auf den Chiemsee, kurz vor einem ernsthaften Hagelschauer – vor dem wir uns nach einer Weile doch lieber unterstellten.

Blick auf den Simssee im Regen – mit auffallend niedrigem Wasserstand.

(Den Turm der Hirnsberger Kirche im Hintergrund mit spätgothischem Satteldach sieht man beim Abstieg von Gattern schon von Weitem – wir nahmen uns vor, beim nächsten Mal einen Abstecher dorthin zu machen.)

Nach drei machten wir kurz vor Ulperting Pause. Der Regen hatte aufgehört, die Plastikbank ließ sich gut abtrocknen. Es gab Tee aus der Thermoskanne und Apfelschnecken für uns beide, ein Stück Focaccia für Herrn Kaltmamsell und Orangen (vorgeschnitten im Glas) für mich.

Vertraute Begegnung: die Charolais-Rinder von Bach.

Für die etwa 16 Kilometer brauchten wir mit der ausführlichen Pause viereinhalb Stunden. Auf den Zug zurück mussten wir wegen ungünstiger Ankunft am Bahnhof plus Zugverspätung dann doch 45 Minuten warten – wir hatten Lektüre dabei, aber es wurde ganz schön kalt. Wärme gab es dann in der vollen Bahn.

Beim Aussteigen schien in München wolkenlose Sonne, kalt war es aber auch hier. Daheim machte ich für den Ostersonntag bei Schwiegers erst mal Crème brûlée. Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell eine Variation des lauwarmen Bohnensalats, Sardellenfilets hatten wir noch im Kühlschrank.

Zum Sattwerden gab es reichlich Schokolade.

die Kaltmamsell

Journal Karfreitag, 15. April 2022 – Sonnenschwumm und Häusliches, Frühlingsbewunderung

Samstag, 16. April 2022 um 8:10

Eigentlich gute Nacht, aber halt mit einer einstündigen Schlaflücke. (Wie freue ich mich auf Zeiten, in denen mein Nachtschlaf kein Thema mehr ist.) Beim Aufwachen war das Draußen grau und regnerisch, aber weiterhin mild.

Sauerteige aufgefrischt, weil jemand mit deutlich hochgezogenen Augebrauen darauf hingewiesen hatte, dass es in diesem Haus ja nie mehr Brot gebe. (Obwohl sie seit Monaten ungefüttert im Kühlschrank standen, legten Roggen- und Weizensauerteig umgehend wieder los und warfen Blasen.)

Der Regen hatte aufgehört, zu meiner Schwimmrunde im Dantebad nahm ich das Rad. Da gestern ohnehin Tag der roten Ampel war und ich in feiertäglich ruhigem Verkehr auf Paul-Heyse-Straße, Seidlstraße, Dachauer Straße von Ampel zu Ampel stop-an-go-te, hatte ich Gelegenheit, das Gebäude der Mayer’schen Hofkunstanstalt zu fotografieren (die Aufschrift ist dann doch eine andere als die erinnerte).

Im Dantebad stellte sich heraus: Tatsächlich, Betrieb als gäbe es kein Corona mehr. Lediglich die magische antivirale Plastikwand an der Kasse stand noch – vielleicht reichte deren Magie ja für sämtliche Räume. Ich behielt die FFP2-Maske in der Sammelumkleide auf, nahm sie aber nicht, wie bisher vorgeschrieben, hinaus für den Gang zu Dusche und Becken.

Ich bilde mir ein, nie so wenig alte Frauen und Behinderte in der Umkleide gesehen zu haben – ohne Schutz sind Risikogruppen wirkungsvoll ausgeschlossen (Inzidenz in München derzeit bei 994 – also sinkend, aber immer noch in einer Höhe, die wir uns vor einem Jahr nicht vorstellen konnten).

Kaum war ich im Becken, riss der Himmel auf, es schien auf meinen 3100 Metern Schwimmen fast durchgehend die Sonne. Ich hatte mit geschlossener Wolkendecke gerechnet und mich nicht sonnengecremt, hoffte jetzt auf die Milde der Aprilsonne. Schwimmen lief gut und ungestört; ich hätte Lust auf noch ein paar Bahnen gehabt, doch auf der 31. Runde krampfte die rechte Wade plötzlich und böse. Dann halt nicht. (Zefix.)

Auf dem Heimweg besorgte ich in Schwabing Semmeln. Zu Hause ließ ich mir von Herrn Kaltmamsell erst mal Rücken eincremen (wohl nichts verbrannt), spülte dann die Nase gegen Chlorschnupfen mit Salzwasser, denn diesmal hatte sie noch während des Schwimmens verdächtig gebitzelt. Dann gab’s zum Frühstück um zwei eine weitere Runde Milchkaffe, Semmeln, Orangen. Das verschaffte mir die nötige Bettschwere, mit einer Siesta die fehlende Stunde Schlaf nachzuholen.

Draußen strahlte die Sonne vor immer wieder dramatischem Wolkenhimmel.

Den restlichen Nachmittag nutzte ich für Tüchtigkeiten: Bügeln bei offener Balkontür, Staubwischen an Putzmann-blinden Stellen, Winterschuhe gegen die Sommerschuhe im Keller tauschen, Ostermenü-Recherche, eine Runde Yoga. Dabei genoss ich immer wieder den Blick durch unsere großen Fenster nach draußen, sah Herrn Specht beim Trinken auf unserem Balkon, sah Eichhörnchen.

Fürs Nachtmahl verarbeiteten wir möglichst viel Ernteanteil: Herr Kaltmamsell machte Karottensuppe (mit Polenta-Schnittchen und Sauerrahm), ich servierte den ersten Salatkopf der Saison mit Tahini-Dressing, Kresse und Eiern.

Zum Nachtisch gingen wir erstmals raus zur freundlichen Nachbarschafts-Eisdiele in der Landwehrstraße und holten in mitgebrachten Schüsselchen (vorgekühlt, wie man es uns dort beigebracht hat) je drei Kugeln (wir sind bei 1,60 €) mit Sahne.

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Marina Weisband (Einwanderin aus der Ukraine, studierte Psychologin, Politik-erfahren, seit Jahren Beobachterin russischer Medien) erklärt sieben Minuten lang:
“Warum glauben Menschen Desinformation?” (Also unter anderem: Warum glaubt man in Russland dem Fernseher mehr als den eigenen Verwandten? Weshalb sind viele Lügen so lächerlich durchschaubar? Was können wir gegen Desinformation tun? Warum reicht Medienkompetenz nicht?)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/gyu6gAp40dU

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Scottish tour guide for Roman Wall doesn’t give a fuck. (Wir lieben Eleanor Morton als Craig.)

die Kaltmamsell

Journal Gründonnerstag, 14. April 2022 – Hausarztabenteuer und ein Abend in der Brasserie Colette

Freitag, 15. April 2022 um 9:03

Ich hatte morgens wegen Arzttermin um acht mehr Zeit und den Wecker vorgestellt. Wachte dennoch zur üblichen Zeit auf – nach einer wirklich gut geschlafenen Nacht.

Beim Verlassen des Hauses roch es wie schon am Mittwoch in herrlichem Wetter massiv nach Frühling, ich hatte heftige Wander-Assoziationen.

Der neue Hausarzt (Internist) ließ sich meine Klimakteriumsbeschwerden erzählen, schickte mich aber doch zum Gyn, denn dort gebe es die tiefe Fachkenntnis, die für die Einstellung einer Hormonersatztherapie nötig sei (ich bekam die Empfehlung für drei Praxen, auf einem Zettelchen als Ausdruck vorbereitet). Seine Aufgabe sah er darin, mögliche andere Ursachen meiner Beschwerden auszuschließen. In der daraus folgenden Fragerunde gab ich auch meinen Appetit- und daraus resultierenden Gewichtsverlust zu Protokoll.

Bei der Rundum-Erfassung durch eine freundliche und routinierte Medizinische Fachangestellte MFA musste ich auf die Frage nach meinem Körpergewicht komplett passen (“Ich habe keine Ahnung.”), konnte mich wegen Körperveränderung nicht mal mit einer Schätzung behelfen (eine Waage besitze ich ja seit vielen Jahren nicht mehr). Woraufhin mich die Angestellte auf die Praxiswaage stellte, ich sie aber rechtzeitig bitten konnte: “Bitte das Ergebnis nicht sagen.” (Wegen vieler lieber nicht aufzumachender Fässer.)

Als ich zur Durchsprache der Laborergebnisse an der Theke einen Termin vereinbarte, wurde ich gefragt: „Möchten Sie zu uns kommen oder per Video-Sprechstunde?“ Sie können sich vermutlich meine leuchtenden Augen vorstellen. Möglicherweise ist die neue Hausarztpraxis exakt die richtige für mich.

In der Arbeit nahm mir die Arbeit die einstündige Verspätung schwer übel und fiel mich vielfältig an, alles eilig, alles dringend oder menschlich.

Zu Mittag gab es übrige Grie Soß (SO gut!) mit kalten Kartoffeln und einen Apfel.

Obwohl ich eine Stunde später angetreten war, machte ich freitäglich gewohnt um halb fünf Feierabend – damit wahrscheinlich UNTERSTUNDEN!

Auf dem Heimweg Einkäufe, zu meiner Überraschung war die Osterware des großen Edekas im Forum Schwanthalerhöhe bereits so leer gekauft, dass ich keine Deko-Süßigkeiten für den polnischen Osterkuchen Mazurek mehr bekam – ich werde am Samstag nochmal losmüssen.

Das Wetter war sensationell, alles saß draußen, viele bare Arme und Füße, Sandalen waren durchaus angemessen.

Nachtmahl gab’s aushäusig, wir hatten in der Brasserie Colette reserviert. Ich zog mir dafür ein hübsches Bluserl an, Herr Kaltmamsell trug neue Jeans (er war gestern meinem Tipp gefolgt und hatte sich beim Hirmer – endlich – zu gut sitzenden beraten lassen), dann spazierten wir in herrlicher Abendluft durchs Glockenbachviertel und viel feierabendliches Volk ins Restaurant.

Keine Impfkontrollen, keine Masken – letztere hatte ich für Kundschaft in der Gastronomie eh albern gefunden, weil die Infektion durch Aerosole die Unterscheidung zwischen Sitzen am Platz und Aufstehen zum Klo unlogisch machte. Wir beide hatten uns zur (relativen) Sicherheit der anderen morgens noch gestestet.

Das derzeitige Monatsmenü orientierte sich an der Auvergne, das wollten wir, und zwar inklusive Weinbegleitung. Aber erst mal ein Glas Cremant, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte. Dazu gab es wie immer Cornichons und Brot mit Butter.

Das Menü startete mit Räucherlachs und ein wenig Linsen mit Salzzitrone.

War ok – wir lernten nichts, was wir über Räucherlachs nicht schon wussten. Dazu gab es einen elsässer Riesling Domaine Ostertag, der mir gut gefiel (also nicht sehr Riesling-typisch schmeckte).

Interessant war der Zwischengang: Patranque ist eine rustikale Auvergner Speise aus Roggenbrot und Käse, in der Pfanne rausgebraten. Hier serviert mit besonders köstlichen roten Zwiebelchen.

Schmeckte mir sehr gut. Auch der Wein dazu war spannend: Es gab einen betont un-blumigen, un-duftigen weißen von der Rhône aus autochthonen Reben: Château de Montfaucon Comtesse Madeleine Lirac 2020.

Gleich mal gemerkt.

Der Hauptgang gefiel uns beiden am besten: Gebratene Kaninchenleber, Ravioli mit Kaninchenschenkel gefüllt, dazu gelbe Bete und Feldsalat.

Auch den Rotwein dazu mochte ich sehr: ein Beaujolais Jean Foillard Morgon 2020.

Nachtisch war eine Apfeltasche mit Buttereis, schön fruchtig.

Der Süßwein dazu war ein Rivesaltes Ambré 17 ans, nett.

Für Espresso zum Abschluss spazierten wir heim, es war immer noch schön mild, die Leute saßen weiterhin draußen. Zu Hause machte ich uns (koffeinfreien) Espresso, dazu ein Glas 33 Jahre alten spanischen Brandy Cardenal Mendoza (wunderbar!) aus dem Bestand des besten Freunds meines Vaters, der seine Sammlung auflöst (der Korken war bereits so mürbe, dass er auseinander brach und ich den unteren Teil vorsichtig mit dem Korkenzieher entfernen musste – zum Glück in einem Stück und ohne Bröselei).

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Sollten Sie jüdischen Freund*innen/Nachbar*innen das christliche Osterfest erklären wollen: Hier eine ausführliche Anleitung.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 13. April 2022 – Vorgezogener Grie-Soß-Tag

Donnerstag, 14. April 2022 um 6:44

Deutlich bessere Nacht: keine Löcher und Schlaf bis Weckerklingeln.

Gestern war auch der frühe Morgen nicht mehr frostig, ich kam auf dem Weg in die Arbeit mit einer leichten Jacke aus.

Arbeit mit weniger Druck und Parallelbeschäftigung, das war angenehm.

Mittagessen: Laugenzöpferl, Banane, Orange.

Die nächste Reihe Fensterwände am Heimeranplatz-Neubau.

Halbwegs pünktlicher Feierabend, Heimweg durch milde Frühlingsluft. Die Theresienwiese wurde rege für Sport und Geselligkeit genutzt.

Zu Hause Yoga, eine fordernde Folge, das Gelaber versuchte ich auszublenden.

Herr Kaltmamsell hatte schon gestern Grie Soß zum Nachtmahl zubereitet, weil wir am Gründonnerstagabend auswärts essen.

Kartoffeln aus Ernteanteil, die Grie Soß schmeckte diesmal ganz besonders gut, ich konnte die einzelnen Kräuter richtig rauskosten (ein weiteres Argument gegen Verwendung des Zerstörers) – und holte mir sogar eine zweite Portion. Nachtisch Süßigkeiten.

Vor Monaten schon hatte ich beim Erscheinen des Buchs Rosemary Mosco Pigeon Watching gekauft, Untertitel “Getting to Know the World’s Most Misunderstood Bird”. Denn die Einstellung zu Tauben ist im Hause Kaltmamsell gespalten: Während ich die Tiere interessant finde, sie ganz gerne beobachte, auch Individuen wiedererkenne, den Flug von Gruppen über den Nußbaumpark schön finde – reagieren andere hier mit großer und recht konsequenter Abwehr. Also schlug ich vor, dass wir einander abwechselnd aus diesem Buch vorlesen (deshalb Kauf auf Papier) und über Tauben lernen könnten, als Teil des Vogelbeobachtens, das wir ja beide reizvoll finden.

Nur dass es halt in unserem gemeinsamen Leben keinen rechten Slot dafür gibt einander vorzulesen. Gestern ergriff Herr Kaltmamsell die Initiative und trug zumindest schon mal Eingangszitate und Vorwort vor. (Interessantes Vorleseproblem: Das Buch enthält neben schönen Illustrationen auch Info-Kästen – an welcher Stelle liest man die vor?)

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Mal was ganz Anderes, die Welt ist ja nicht kleiner geworden:
Am 5. Mai wird in Nordirland gewählt, und die Umfragen (ich weiß…) deuten auf einen historischen Sieg von Sinn Féin hin:
“‘Historical shift for Northern Ireland’: what a Sinn Féin win would mean”.

Das ist die Partei, die für ein vereinigtes Irland steht (und gerne mit “parlamentarischer Arm der IRA” beschrieben wird).

With the Scottish National party dominant in Holyrood, a Sinn Féin win would leave both Scotland and Northern Ireland’s legislatures led by parties advocating an exit from the UK.

Es folgen verschiedene Analysen der Gründe und möglichen Folgen.

die Kaltmamsell