Journal Mittwoch, 12. Mai 2021 – IMPF 1

Donnerstag, 13. Mai 2021 um 8:30

Gestern der ersehnte Tag: Erste Impfung gegen Covid-19. Ich hatte ja gleich im Januar die Möglichkeit genutzt, mich im Impfzentrum Bayern einzutragen (dort erfahren, dass meine Angaben mich in Prio 3 einsortierten), im Moment der Freigabe des Impfstoffs AstraZeneca für alle Altersklassen auf die Warteliste meiner Hausärztin setzen lassen – das Impfzentrum war schneller gewesen und gestern der erste Termin, der mir angeboten worden war.

Gestern also der größte Festtag seit Beginn dieser Pandemie, ich kleidete mich ensprechend festlich in mein einziges Abendkleid.

Ich hatte mich gegen eine glitzernde Abendmaske entschieden zu Gunsten des Modells, das wirklich rundum gut schließt. Auch bei den Schuhen musste ich Abstriche machen: Gestern standen mir weite Fußwege bevor, und mein künstliches Hüftgelenk ist noch nicht wieder an das Gehen in hohen Schuhen herangeführt worden – ich griff zu (Straßen-)Turnschuhen.

Die Geschichte zum Kleid: In einem früheren Berufsleben bekam ich einen Preis für meine Arbeit und zwar auf der Abendveranstaltung der jährlichen Branchenversammlung. Ich wünschte mir, dass diese Abendveranstaltung eine richtige Gala mit Abendgarderobe statt Businesskostümen wäre – vor allem mit Männern in Smokings. Mein Plan: Durch eigene Vorlage Druck erzeugen. Ich brachte die Kollegin, die den Preis mit mir entgegennahm, dazu, ebenfalls im Abendkleid zu kommen (sie griff zu ihrem schlichten und sommerlichen Brautkleid mit Spaghettiträgern) und bilde mir ein, dass in den folgenen Jahren der Dress Code langsam stieg.

Mein liebster Bildtext zum Foto oben:

Es regnete gestern fast ununterbrochen und war ausgesprochen kühl (auch das machte Turnschuhe ratsam). Ich arbeitete eine gute Stunde im Büro, dann brach ich zum Münchner Messegelände auf der anderen Seite der Stadt auf. U-Bahnen bis Messestadt Ost, von dort brachte mich der Bus mit der Aufschrift “Impfzentrum” eben dort hin.

Während Herr Kaltmamsell die leeren Messehallen mit Hangars assoziiert hatte, kannte ich sie von ihrem eigentlichen Zweck, von Messen. Es gab reichlich Personal, das Wege wies, Kurzanweisungen gab. Am Eingang wurden die Menschen in 1. und 2. Impfung sortiert, ein Bildschirm maß an der freizulegenden Stirn die Körpertemperatur. Nächste Stationen: Identitätsprüfung per Personalausweis, Unterlagen-Check (ein mitgebrachtes Formular musste ich nochmal ausfüllen, weil es ein Update vom 6. Mai gab), in der nächsten Halle wurden wir in die beiden gestern ausgeschenkten Impfstoffe sortiert: BionTech (den bekam ich) und Moderna. Ein weiterer Mensch wies mir eine Impfkabine zu, darin zwei Herrschaften, von denen sich eine am Schreibtisch mit meinen Unterlagen befasste, die andere impfte. (Keine Reaktion auf mein Abendkleid, nicht mal, als ich darauf hinwies. Zur zweiten Impfung werde ich mit Diadem einlaufen müssen.) Ich bat um einen Stich zwischen meine Pockenimpfungsnarben.

Schnelles Impf-Selfie (nur dann wirkt der Impfstoff bestmöglich), als diese beiden Herrschaften mich allein ließen mit der Anweisung, anschließend um zwei Ecken im Wartebereich 15 Minuten rumzusitzen. (Meine Haare machen mich wahnsinnig. Noch sechs Tage.)

Mit Shuttlebus und U-Bahnen zurück in die Arbeit, wo ich jede Kollegin und jeden Kollegen auf meinen gepflasterten Oberarm aufmerksam machte und das Ereignis feiern ließ. Nach zwei Stunden begann der Impfarm ein wenig zu schmerzen, nichts, was mich vom Arbeiten abgehalten hätte.

Die App SafeVac (das Paul-Ehrlich-Institut begleitet damit die deutsche Covid-19-Impfkampagne finanziert vom Bundesgesundheitsministerium und trackt Nebenwirkungen) hatte ich bereits vorher runtergeladen und aktivierte sie nun.

Mittags Quark mit Kirschen aus dem Glas (lang nicht so gut wie mit Spätorangen), nachmittags eine Breze.

Es gab einiges wegzuarbeiten, bevor ich mit wenigen Urlaubsübergaben meinen Rechner für alle Fälle einpackte und mich bis nach Pfingsten verabschiedete. Herr Kaltmamsell hatte alle Einkäufe erledigt, ich spazierte einen besonders schönen Weg durchs Westend nach Hause.

Unterwegs erwischten mich allerdings Kreislaufprobleme (seit fast 20 Jahren bekannte mit Schwindel und Schweißausbruch, sehr sicher keine Impfnebenwirkung), daheim legte ich mich also erst mal flach und strich Yoga-Pläne.

Zum Nachtmahl sevierte Herr Kaltmamsell gegrillten Spargel mit Manouri und Basilikum-Öl aus dem ersten Ottolenghi-Buch (wo gegrillte Zucchini dazukommen, die wir uns aber für Sommer aufhoben).

Ausgesprochen köstlich. Der Herr hatte zudem neue Süßigkeiten besorgt, die gab es zum Nachtisch.

§

Sie kennen den Witz mit der Pointe “WILLI! WÜRG IHN!”? Hier auf Twitter eine ähnliche Geschichte, die mir hohen Respekt vor Spitzmäusen einflößt.

(Das wäre sowieso mal eine nette Runde: Witzeerzählen, aber nur die alten, die Klassiker, und nur in Form der Pointe. Wenn keiner “HAHA, richtig, DER!” sagt, gibt es keinen Grund ihn zu erzählen, weil er durch vorweg genommene Pointe schon kaputt ist. Ich würde anfangen mit: “Sagt der Frosch: Den hab ich mir eingetreten.”)

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 11. Mai 2021 – Schwieriger Tierpark-Besuch

Mittwoch, 12. Mai 2021 um 6:20

Nahezu durchgeschlafen. Es hatte schön abgekühlt, die Temperaturen an diesem grauen Tag blieben der Jahreszeit angemessen. Der angekündigte Regen kam aber nicht.

Vormittags mehr Arbeit, nachmittags weniger.

Mittags ein Gläschen vom Kochkäs, den Herr Kaltmamsell am Sonntag hergestellt hatte (wunderbar kümmelig), mit zwei roten Paprika. Nachmittags eine Hand voll Nüsse und schwarze Schokolade.

Auf dem Heimweg gezielter Abstecher in den Vollcorner. Daheim eine irrelevante Einheit Yoga, in der wieder nur geatmet wurde, ich verband das eigenmächtig mit ein paar Übungen, nach denen mir war.

Das Abendessen holte ich gestern wieder vom Servus Habibi.

Die – sehr großen – Falafel schmeckten mir besonders gut. Kein Schokoladen-Appetit.

Kampf um Eintrittskarten in den Münchner Tierpark Hellabrunn: Seit dem Wochenende versuche ich zwei Tageskarten für nächsten Montag zu kaufen, ich habe ja ab Donnerstag Urlaub. Bis gestern gab es die Karten nur bei Munich Ticket, doch Termine nach nächstem Sonntag wollten einfach nicht als buchbar auftauchen. Seit gestern kann man unterminierte Tageskarten auf der Website des Tierparks kaufen – mit dem Hinweis, dass man nur reinkommt, wenn man ein “‘Null-Euro-Ticket’ über München Ticket” für den gewünschten Besuchstag bebucht hat. Die fand ich dort aber nirgends, außerdem gehen die Termine eh nur bis Sonntag. Nun gut, jetzt habe ich zumindest mal zwei Tageskarten, vielleicht eröffnet sich irgendwann die Möglichkeit, auch einen Tag dafür zu buchen.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 10. Mai 2021 – Hochsommer im Mai

Dienstag, 11. Mai 2021 um 6:30

Das war ein eindeutiger Hochsommermorgen: Beim Aufwachen wehte von draußen lediglich die Ahnung einer Morgenkühle herein, es war schon ganz früh sehr warm.

Hey Linden: Gogogogo!

Ich brauchte für den Arbeitsweg nicht nur keine Jacke, es hätte nicht mal Ärmel gebraucht. So begegnete ich auch vielen Menschen in Hochsommerkleidung, dazwischen allerdings Passantinnen, die vielleicht am Sonntag nicht vor der Tür gewesen waren: Eine Radlerin in Anorak, Stirnband, Handschuhen, und eine Dame, die in Wintermantel offen über dickem Pulli und Wollschal aus einer Haustür trat, allerdings schon nach wenigen Schritten an ihren Hals griff, um den Schal zu lockern.

Auch über dem Westend Mauersegler.

Im Büro schaltete ich sofort auf Hochsommerverhalten: Jalousien runter, Fenster zu, dafür die Tür ins Atrium offen, den von dort kommt ein wenig Frische. Allerdings ging es mir wie immer bei plötzlichem Jahrezeitewechsel: Ich empfand es als sehr warm und schwitzte den ganzen Tag, ähnlich wie ich an den ersten kalten Tagen besonders friere.

Leichter Muskelkater vom sonntäglichen Kraftsport, allerdings nicht in der regelmäßig trainierten Bauchmuskulatur, sondern in LWS und Hüftbeuger vom Gegenhalten bei speziell diesen Übungen.

Zu Mittag gab es das letzte Vollkornbrot der Packung, außerdem Orangen mit Joghurt.

Viel Arbeit in der Arbeit, die Hitze (sie erreichte wohl wirklich die angekündigten 30 Grad) entkräftete mich.

Am späteren Nachmittag zog der Himmel zu, es wurde immer schwüler, mein Kreislauf gab auf und mir wurde schwindlig. Ich ging entsprechend langsam nach Hause, Einkaufsabstecher in den Supermarkt für Abendessen, Vorräte, Brotzeit.

Daheim eine gut machbare Yoga-Einheit, bei jedem Blick auf den Bücherschrank sah ich weitere Bücher zum Aussortieren.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Spaghetti mit selbst gemachtem Kohlrabiblätter-Pesto (Sie ahnen es: Ernteanteil), dazu machte ich Rucola-Salat. Nachtisch Schokolade.

Ich mache das mit den empfohlenen drei Tagen Alkoholabstinenz vor und nach der Impfung – nicht schwer, nachdem meine Alkohollust in den vergangenen Monaten eh selten ist (aber dann freue ich mich sehr daran). Mein Impfkleid aus den Kisten mit Inhalt des künftigen Einbauschranks gewühlt, passt nach vielen Jahren ohne Einsatz noch, wenn auch straff (elastisches Material).

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 9. Mai 2021 – Silberhochzeit verpasst

Montag, 10. Mai 2021 um 6:24

Mittel geschlafen, aber ich konnte ja ausschlafen.
Draußen der angekündigte Sommertag – perfekt durch das Eintreffen der Mauersegler: Erst hörte ich das Schrillen, stürzte sofort auf den Balkon – da glänzten sie silbern im Sonnenlicht am Himmel.

Ich buk die Zitronenschnecken: Nach den 35 Minuten regulärer Backzeit mit Alufolie abgedeckt nochmal zehn – perfektes Ergebnis.

Erst aber noch eine Runde Sport (das Ab Blasting Interval Workout kann ich jetzt also auch wieder, allerdings noch mit deutlich mehr Anstrengung als vor zwei Jahren) mit sensationeller Aussicht.

Aussicht beim Warm-up.

Aussicht bei der Gymnastik.

Dann präparierte ich den Balkon für den Sommer-am-Balkon-Nachmittag: Empörenderweise hatten sich die Bäume durch den neuen Teppich nicht davon abhalten lassen, Teile auf den Balkon zu schleudern; ich saugte gründlich und schrubbte Vogelkot weg.

Ausführliches Duschen und Körperpflege (haben Sie gestern auch dieses vielstimmige Plopp-plopp-plopp-plopp-plopp vernommen? Das waren zehntausende Selbstbräuner-Flaschen, die in Süddeutschland geöffnet wurden.). Zum Frühstück gab es erst mal Vollkornbrot mit Butter, weil ich schon wieder so große Lust drauf hatte (ich glaube, mein Vergnügen an saurem Brotgeschmack kommt von solchem Vollkornbrot), dann aber zwei Zitronenschnecken – köstlich.

Über meiner Wochenend-Zeitung wurde ich von den geballten Kohlenhydraten und der Wärme sehr müde – ich legte mich zu einer Siesta hin. Später am Nachmittag bekam ich doch Lust auf einen Spaziergang: Ich ging im Sommerkleid um Theresienwiese und Bavariapark.

Zum Abendessen hatte Herr Kaltmamsell aus der letzten Lieferung Ernteanteil-Kartoffeln der Saison spanische Tortilla gebraten; ich machte dazu aus dem ersten neuen Kohlrabi der Saison einen Salat mit Zitronensaft und Joghurt.

In der Abenddämmerung erfolgreich nach Fledermäusen Ausschau gehalten.

Wir hatten dann doch unsere Silberhochzeit verpasst: Ich habe Jahr und Monat im Kopf, aber nicht den Tag. Als ich gestern Herrn Kaltmamsell fragte, musste auch er nachsehen: Es wäre der Donnerstag gewesen. Nicht schlimm, der Rosentag hat für uns deutlich mehr Bedeutung, eine Hochzeit hatte es eh nicht gegeben. 2004, als ich die Geschichte bloggte, war ich ja noch anonym unterwegs. Hole ich jetzt also Fotos zur Geschichte nach:

6. Mai 1996 (ab jetzt kann ich das Datum hier nachschlagen): Frühstück im Augsburger PowWow (damals noch an der Heilig-Kreuz-Straße Ecke Klinkertorstraße) mit den zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslosen Trauzeug*innen. Ich bin sehr froh, dass ich dadurch ein Foto von diesem Lokal habe, das wohl von allen meiner Studienzeit am wichtigsten war (die Cocktails! das Frühstück! die Musik – an der ich feststellte, dass ich den Anschluss verpasst hatte, weil es mir schien, als spielte über Stunden dasselbe Lied).

Nach Unterschrift vorm Augsburger Standesamt (ich war extra ein bisschen in die Knie gegangen, um die angemessen kleinere Statur der Dame auf dem Relief zu imitieren).

Auf dem Herkulesbrunnen auf der Maximilianstraße.

Menschen sind verschieden, andere nehmen diesen Verwaltungsakt als Gelegenheit, ihre Partnerschaft größtmöglich zu feiern, wieder andere wünschen sich den Segen ihres Gottes für die Beziehung. Meine Glückwünsche sind dann ehrlich und basieren auf dem Vertrauen, dass es auch unabhängig davon Verbindendes gibt. Bei Menschen, die mir am Herzen liegen, feiere ich inzwischen auch gerne mit: Wenn ihnen das etwas bedeutet, bedeutet wiederum das mir etwas.
Während für mich halt im Vordergrund die zahlreichen Einsichten in diesem wunderbaren Interview mit der erfahrenen Scheidungsanwältin Helene Klaar stehen:
“‘Im Gesetz steht von Liebe kein Wort'”.

§

Ein Corona-Impftag aus der Perspektive einer gut organisieren Hausärztin – kein Spaß, langer Twitter-Thread.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 8. Mai 2021 – Anwandern von Pasing nach Gauting

Sonntag, 9. Mai 2021 um 8:12

Gut und lang geschlafen, zu überzeugendem Sonnenschein aufgewacht (und einer sehr lauten Mönchsgrasmücke).

Ich holte aus dem Keller die Wanderstiefel, auch die letztes Jahr schweren Herzens wegen Hüftweh eingelagerten Wanderhosen – die ich nicht nur sofort fand (->System in der scheinbaren Unordnung), sondern die auch noch problemlos passten (ich glaube aber, dass nicht-dünne Menschen da eine größere Toleranzspanne haben, bei dünnen kneift oder schlackert schneller was).

Wieder ging ich zum Corona-Schnelltest in die Sendlinger Straße (letzte Woche ausgefallen wegen Feiertag), beim Verlassen des Hauses sah ich eine singende Grasmücke im Baum. In den 15 Minuten Warten auf Testergebnis hollte ich Frühstückssemmeln und Wanderbrotzeit beim Zöttl am Alten Peter.

Daheim bemerkte ich, dass meine ledernen Wanderstiefel nach über anderthalb Jahren ohne Nutzung dringend gefettet werden mussten – das holte ich schnell nach. Zum Frühstück gab es ein Laufenzöpferl und eine Seele mit Butter und Orangenmarmelade.

Es war schon Mittag, als wir eine Bahn nach Pasing nahmen (wochenends ist die S-Bahn wegen Stammstreckensperrung kompliziert); bei unserem letzten Spaziergang dort die Würm entlang hatten wir gesehen, dass es einen Radweg nach Starnberg gibt, ebenfalls die Würm entlang, dessen Länge auf den Schildern mit 21 Kilometern angeben war: Den wollten wir als erste Wanderung nach Hüft-OP und als erste Wanderung der Saison gehen, so richtig mit Rucksack.

Die Strecke war auch sehr schön, Herr Kaltmamsell fand immer wieder per Karte bachnahe Pfade als Wander-Alternativen zu den Radl-Abschnitten, die Hauptstraßen entlanggingen. Es waren deutlich weniger Menschen unterwegs als bei unserem Würm-Spaziergang vor ein paar Wochen. Kurz hinter Pasing sah ich die ersten Mauersegler des Jahres, an der Würm gab es unter anderem immer wieder Kanadagänse, manche mit ultraniedlichen Küken.

Die Würm wurde von großen und kleinen Anwohnenden bespielt: Ab Planegg sahen wir auffallend viele Kinder in kleinen Gruppen, die am Ufer und im seichten Wasser des Bachs spielten, als Spielzeug reichten Äste oder Plastiktüten, ab frühem Grundschulalter sogar ohne Erwachsenenaufsicht (draußen unbeaufsichtigt spielende Kinder hatte ich schon sehr lange nicht mehr gesehen), Jugendliche saßen zu zweit, zu dritt im Ufergras und plauderten, einzelne sahen mit mächtigen Kopfhörern über den Ohren ins glitzernde Wasser – ich stelle es mir großartig vor, diesen bezaubernden Bach als Teil des Großwerdens zu haben.

Bis Starnberg kamen wir aber nicht: Nach fast vier Stunden mit einer Pause sahen wir ein Schild, auf dem die Reststrecke nach Starnberg mit zwölf Kilometern angegeben wurde – das hätte ich allen Ernstes nicht geschafft. Auch wenn ich bislang post-operativ maximal zweieinhalb Stunden am Stück gegangen war, überraschte mich, dass ich nicht einfach wie früher weitere Stunden leicht abwanderte. (Will heißen: Geschafft hätte ich das schon irgendwie, wäre aber auf unangenehme Weise fix und fertig gewesen.) Der Bewegungstracker meines Smartphones hatte bis dahin ja auch nicht die rechnerischen neun, sondern 16 Kilometer Wanderung gemessen.

In Gauting beendeten wir also die Wanderung und gingen zum S-Bahnhof. Das letzte Stück Gauting-Starnberg sehen wir uns dann mal als Spaziergang an, laut Karte muss es besonders schön sein.

Daheim versorgte ich erst mal eine Blase an der Innenseite der linke großen Zehe (?) und machte ich mich dann an die Anfertigung von Zitronenschnecken (nächstes Mal höchstens 200 ml Buttermilch, ich kippte sehr viel Mehl nach, bis ich keinen Rührteig mehr in der Schüssel hatte, sondern Knetteig), stellte sie backfertig in der Backform in den Kühlschrank, gebacken werden sie erst Sonntagmorgen. Zum Abendessen gab es wie geplant die Reste vom Freitagabend, auch aufgewärmt sehr gut.

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Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim (wohlgemerkt: keine Politikerin, keine feministische Aktivistin, einfach eine Wissenschaftsjournalistin) wird so massiv angefeindet und bedroht, dass sie nicht mehr ohne Schutzmaßnahmen das Haus verlässt. Darüber und über Faktenleugner ein Interview mit ihr in der Zeit:
“‘Wissenschaft ist keine Demokratie'”.

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In Arztpraxen bleibt Impfstoff übrig, gleichzeitig suchen manche verzweifelt nach einer möglichst schnellen Impfgelegenheit: Diese Online-Plattform möchte beides unkompliziert und unbürokratisch zusammenbringen.
sofort-impfen.de

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 7. Mai 2021 – Schnee-Mai im Vergleich mit den Vorjahren

Samstag, 8. Mai 2021 um 8:40

Sehr gut geschlafen, Wecker fast nicht gehört.

Draußen regnete es weiter und war kalt, ich griff für den Arbeitsweg nicht nur zu Schirm, sondern nochmal zu Handschuhen.

Vor lauter Sehnsucht nach Impf hatte ich verdrängt, wie sehr ich den Nicht-Winter liebe und vermisse. Sehnsuchts-Flashes nach Tüftelimüfteli-Sommerkleidern, nach Zikadengesang, nach Sommernachtdüften erinnerten mich daran, dass ich dieses Jahr schon arg lang auf Wärme und Sonne warten muss, ein Blick in meine Blog-Posts der vergangenen Maie zeigt, wie sehr die Bäume dieses Jahr hinterher sind.

2020 war die Kastanienblüte bereits am Ende.

Na gut: 2019 fuhr ich auf dem Weg zur re:publica durch ein verschneites Thüringen.

2018 blühten Flieder, Robinien und Kastanien gleichzeitig.

2017 blühte der Raps.

2016 wurde das erste Heu gemacht.

2015 gab’s Abendessen auf dem Balkon.

2013 war ähnlich kalt wie dieses Jahr (keine Bilder zum Vorzeigen).

Mittagessen war nochmal Vollkornbrot, Apfel, Banane. Nachmittags dann ein Graupelschauer vorm Bürofenster.

Ordentlich Arbeit gestern, aber durchaus anregende. In meinem Sichtfeld gab es immer mehr Meldungen mit Impfterminen und Erstimpfungen; es kann sich nur um wenige Wochen handeln, bis das Gehackel auf Twitter um Impf-Priorisierung kippen wird ins Gezeter über Impffaulheit/-weigerung, die uns um die Herden-Immunität bringt (siehe Länder wie USA, die mit dem Impfen sehr schnell waren).

Endlich Wochenende.

Auf dem Heimweg machte ich einen Abstecher zum Vollcorner und besorgte die Lebensmittel fürs Wochenende, die Herr Kaltmamsell nicht bereits abgehakt hatte, zudem Backzutaten für den Sonntagskuchen.

Zu Hause roch es bereits appetitanregend: Herr Kaltmamsell schmorte Short Ribs in Römertopf und auf dem Herd (zum Vergleich). Zudem duftete es nach Flieder, mit dem der Herr mich überraschte – draußen blüht er zwar auch, doch der Regen der vergangenen Tage hatte ein Duften verhindert.

Ich machte erst mal eine Runde Yoga, dann richtete ich die Vorspeise an:

Ruccola aus Ernteanteil und herrlich beißend scharf. Dazu hatte ich eine Flasche spanischen Dehesa La Granja aufgemacht, einer unserer Lieblingsweine. Der Hauptgang sah dann so aus:

Nur den grünen Spargel hatte ich beigetragen, sonst wurde ich wieder rundum bekocht. Schmeckte ganz ausgezeichnet und wird genug auch für Samstag sein. Zum Nachtisch reichlich Schokolade.

Wie angekündigt hatten sich draußen die Regenwolken verzogen, am Wochenende sind für Samstag sonnige 17 Grad angekündigt (Wanderwetter), für Sonntag Hochsommer.

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Für mich überraschend ist das Ergebnis einer aktuellen Studie:
“Latte-macchiato-Trinker wählen grün? Wahlentscheidung hängt nicht vom Lebensstil ab”.

Das wollte ich genauer wissen. Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung war leicht zu finden – warum wird sie im Artikel nicht gleich verlinkt? Und “die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt” suggeriert eine Exklusivität, die nicht stimmt: Die Studie ist kostenlos und öffentlich für jeden und jede einsehbar.
“Lebensstilvielfalten vor der Bundestagswahl 2021”.

Fazit:

Für Deutschland sind die Zusammenhänge von Lebensstil und Nähe zu einer Partei (…) nur schwach ausgeprägt. Die Nähe zu einer Partei unterscheidet sich nicht stark zwischen den Lebensstilgruppen. Keine Partei kann auf die Stimmen aus einer der Gruppen verzichten, ohne ihr Ergebnis nennenswert zu verschlechtern. Eine deutliche Trennung der Wählerschaften nach Lebensstil ist nicht zu beobachten.

(…)

Die ähnliche Verteilung der Neigung zu den Parteien über die Lebensstile erschwert es den Parteien, eine speziell auf ihre Klientel zugeschnittene Politik anzubieten. Die Lebenssituationen und die Vorlieben oder Abneigungen sind in der Wählerschaft einer Partei nicht einheitlich. Andererseits ist eine Polarisierung der Bevölkerung, wie sie die politische Landschaft der USA kennzeichnet (McCarty 2019; Klein 2020), weit weniger wahrscheinlich und das ist eine gute Nachricht.

Ich fand auch interessant, mit welchen Fragen diese “Lebensführungstypologie” (neues Wort gelernt) erhoben wurde. Wobei diese Typologie von 2019 stammt und sich vielleicht erst noch erweisen muss, ob sie einem Erkenntnisgewinn zuträglich ist.

Von allen abgefragten Begriffen wird „konservativ“ am seltensten als Selbstbeschreibung gewählt.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 6. Mai 2021 – Beifang aus dem Internetz

Freitag, 7. Mai 2021 um 6:32

Trotz gutem Schlaf morgens schwer aus dem Bett gekommen.

Nachdem mein Vater eine Lösung für das Spiegelproblem im Bad gefunden hatte (den Spiegel, den ich als ideal passend ansehe, besitze ich bereits aus der alten Wohnung, doch er ist brutal schwer und auf der unpassenden Seite mit einer Aufhäng-Vorrichtung ausgestattet) und mich auf einen Bestellknopf bei Amazon für eine Spiegelleuchte geschubst, war ich endlich ausreichend motiviert, nach einem letzten Regal fürs Bad zu suchen. Das ist jetzt auch unterwegs, beim nächsten Einsatz meines Handwerkervaters kann das Bad fertiggemacht werden.

Düsterer Tag. In die Arbeit kam ich noch trocken, doch dann regnete es immer wieder.

Zu Mittag gab es Vollkornbutterbrot (zwei Scheiben waren zu wenig, merken), Apfel, eine Banane – die erste seit einem Jahr, weil sie mir damals plötzlich nicht mehr schmeckten. Vielleicht ist ledigliche meine Toleranz weiter Richtung unreif gerutscht; sie liegt derzeit bei kurz nach raue Zähne und damit weit vor Sommersprossen.

Der Tag wurde immer düsterer, für den kalten Heimweg brauchte ich den Not-Regenschirm aus der Schreibtisch-Schublade. Es regnete so ausdauernd, wie es der Boden eigentlich noch ein paar Wochen bräuchte.

Daheim nochmal die Runde Yoga vom Vortag, diesmal ohne Ablenkung durch Elternsprechtag. Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell Teile des eben geholten Ernteanteils: Rote Bete, Kartoffeln, Lauch wurden Ofengemüse, dazu gab es Sauerrahm/Joghurt mit Ernteanteil-Schnittlauch.

§

Die britische Tageszeitung The Guardian wird 200 Jahre alt. Eine gute Gelegenheit an eine Werbung aus dem Jahr 1986 zu erinnern, die verantwortungsvolle Berichterstattung visualisiert (manipulative Berichterstattung zeigt wider besseres Wissen nur eine der Perspektiven).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/_SsccRkLLzU

§

Israel kämpft mit dem immer tieferen Graben zwischen der ultra-orthodoxen Bevölkerung und der säkularen Mehrheit. Die Massenpanik, die am Berg Meron zu 45 Toten geführt hat (sehr gute Seite Drei in der Süddeutschen zu den Hintergründen, gegen €), ist Anlass für diesen aufschlussreichen Kommentar in der Jerusalem Post:
“Meron tragedy underscores dangerous divisions in Israel – opinion”.
via @LilaR

Haredim (ultra-Orthodox), who believe in the literal truth of ancient Jewish teachings and truly desire religion to dominate their lives, cannot be expected to respect secular culture. And increasingly many make no pretense about viewing secular culture (from Ancient Greece to the Enlightenment to contemporary empiricism and liberal democracy) as an “empty cart” worthy mostly of disdain.
Secular people, meanwhile, cannot truly be expected to respect the haredi way. Liberals among them face the classic paradox of how to confront illiberalism.

§

Noch nie drüber nachgedacht – aber im Moment der Bekanntschaft sofort fasziniert: Gewolltes Nichtwissen. Zwei Max-Planck-Direktoren haben es in den Fokus der Wissenschaft gerückt.
“Nichtwissen mit Bedacht”.

Hier auch ein Interview mit den beiden, Ralph Herwtig, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, und Christoph Engel, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern:
“‘Gewolltes Nichtwissen kann als kulturelle Fähigkeit verstanden werden'”.

Ralph Hertwig: Wir unterscheiden mindestens sechs Funktionen von gewolltem Nichtwissen. Eine wichtige Funktion ist die Emotionsregulierung. Bestimmte Dinge nicht zu wissen, kann uns helfen, negative Emotionen zu vermeiden. So treffen manche Menschen zum Beispiel bewusst die Entscheidung, ihre Stasi-Akten nicht einzusehen, weil sie befürchten, Dinge zu lesen, die sie extrem traurig oder auch zornig machen würden. Beispielsweise, dass jemand, der ihnen nahesteht, mit der Stasi zusammengearbeitet hat. Eine zweite Funktion ist das Aufrechterhalten von Spannung und Überraschung: Bei einem Krimi möchten wir nicht vorab wissen, wie er ausgeht. Eine weitere Funktion betrifft den Erwerb neuer Fertigkeiten. Wenn ich mich als Anfänger ständig mit Fortgeschrittenen vergleiche, die besser sind als ich, kann das demotivierend wirken. Gewolltes Nichtwissen kann aber auch strategisch eingesetzt werden. Für jemanden, der eine Leitungsfunktion in der Politik oder Wirtschaft hat, kann es strategisch sehr wichtig sein, wahrheitsgemäß sagen zu können: „Von diesen Vorgängen habe ich nichts gewusst“. So wie Franz Beckenbauer, der im Zuge der Sommermärchen-Affäre sagte: „Ich habe immer blind unterschrieben“. Darüber hinaus kann gewolltes Nichtwissen Menschen vor bestimmten Vorurteilen schützen und so zu besseren Entscheidungen führen. Außerdem können wir gewolltes Nichtwissen als Strategie zum Informationsmanagement einsetzen. Diese Strategie hilft uns zum Beispiel mit der Informationsflut in den digitalen Medien umzugehen.

Konkretes Anwendungsbeispiel (ohne zu einem Ergebnis zu kommen):
“Harry Potter und gewolltes Nichtwissen in der Wohlfahrtsökonomie”.

die Kaltmamsell