Journal Mittwoch, 23. Dezember 2020 – Vorweihnachtliches Putzen, Sporteln, Telefonieren

Donnerstag, 24. Dezember 2020 um 7:58

Ausgeschlafen bis fast sieben.

Putzrunde, da unsere Putzmänner drei Wochen pausieren, zum Glück diesmal halbwegs frohen Muts mit tanzbarer Musik auf den Ohren. Durch die Monate Pandemie-bedingten Selberputzens im Frühjahr weiß ich, welche Bereiche sie beim Staubwischen auslassen (alles, wofür man auf eine Leiter steigen müsste), auf diese konzentrierte ich mich. Plus Küche und Bad, Herr Kaltmamsell übernahm das ungeliebte Staubsaugen.

Draußen war es so mild, dass ich die ganzen anderthalb Putzstunden die Balkontür offenlassen konnte.

Es ist ja ein gut erforschter Umstand, dass nach Kauf eines Netzes mit Bio-Organgen umgehend die Absprache unter den Früchten beginnt, welche der Orangen über Nacht schimmlig wird. Ich war also überrascht dass vom 2,5-Kilo-Netz, das Herr Kaltmamsell am Montag mitgebracht hatte, auch gestern keine schimmlig war. Von den vier verbleibenden schälte ich mir zwei zum Porridge und entdeckte: Eine war INNEN schwarzschimmlig! Respekt, Bio-Orangen, Respekt.

Frühstück trotzdem Porridge mit Orangen, Joghurt und Ahornsirup.

Völlig überraschend bekam ich die Nachricht, dass eine verschollene und aus Gründen für tot gehaltene Freundin wieder aufgetaucht ist, lebendig. Das muss ich erst mal verarbeiten und hoffe auf direkten Kontakt. (Nachtrag für längstjährige Mitlesende: Es handelt sich um die Freundin mit dem Mahlzeit-Maschinchen.)

Am frühen Nachmittag fuhr ich zum letzten Reha-Sport vor Weihnachten. Ich ging zu Fuß bis zum Odenonsplatz in der Hoffnung, unterwegs an einem Obst-Standl Trauben zu bekommen, aber: An keinem der passierten vier Stellen, an denen ich Standl gewohnt bin, standen sie. Sie hätten auch kein Geschäft gemacht: Bei geschlossenen Läden war die Fußgängerzone leer, Schlangen gab es nur vor Corona-Tests und Schnelltests.

Im Fotoautomaten des U-Bahnhofs Odeonsplatz wollte ich das letzte Automatenfoto des Jahres aufnehmen (hier die Erklärung), ich trug seit Wochen passendes Kleingeld bei mir. Doch wie schon mehrmals fraß der Automat eine Münze ungezählt, behauptete, das sei zu wenig für ein Foto. Und dann gab der Automat das eingeworfene Geld nicht mehr her, es half kein Drücken des Wiederausgabeknopfs. Zum zweiten Mal in der jahrelangen Aktion rief ich die Servicenummer an, die im Automaten verzeichnet ist – und während ich beim ersten Mal nur eine Nachricht auf einem Anrufbeantworter hinterlassen konnte, meldete sich diesmal eine freundliche Stimme. Wir vereinbarten eine Rückzahlung per Paypal, ich gab die dafür nötigen Infos durch. Mal sehen, ob ich mich dieses Jahr nochmal zu einem Automatenbesuch aufraffe.

Sportrunde im Rehasportzentrum, anstrengend aber wohltuend. Meine LWS-Muskulatur zwickt immer wieder und lässt das Becken unrund laufen, das Nacken-Schulter-Problem will sich ebenfalls nicht bessern, Altern ist nichts für Memmen.

Jeder Epoche ihren Superhelden.

Zu Hause als Snack ein Resterl Bohnennudeln vom Vorabend.

Anruf des spanischen Onkels (älterer Bruder meines Vaters), die gute Seele meldet sich jedes Jahr. Mit meinem schwindenden Spanisch kämpfte ich mich durch einen Austausch von Herzlichkeiten und Informationen, erfuhr unter anderem, dass in Madrid die Restaurants geöffnet sind, mit begrenzter Tischzahl, mein Onkel sagte aber, sie seien fast leer.

Zum Nachtmahl servierte ich, was ich mir sonst gern als Abendessen ohne Herrn Kaltmamsell mache: Spinatsuppe aus gefrorenem Rahmspinat mit verlorenen Eiern.

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Große Freude über das gestrige SZ-Magazin: Z.B. ein Interview mit George Clooney, dieser coolen Socke, der sehr schwer nicht zu mögen ist in seinem glaubwürdigen Understatement. Und dann der herrliche Abschluss:

Aber Ihnen ist auch klar, dass ein Film, den Sie drehen, doppelt so erfolgreich ist, wenn Sie auch die Hauptrolle spielen.
Mag sein, aber ganz ehrlich: Als ich das Drehbuch zu The Midnight Sky gelesen habe, dachte ich, das kann ich nicht Brad Pitt oder Matt Damon anbieten. Die sehen einfach nicht alt genug aus für die Rolle.

Hahaha, buuuuuurn!

Sehr gefiel mir der Text von Alena Schröder, warum sie als Andenken an ihren Vater seine Stofftaschentücher behalten hat. (Folgerichtig kostenlos zu lesen.)
“Was mich die Stofftaschentücher meines Vaters lehren”.

Auch lesenswert: Ein Interview mit Luise F. Pusch über das Deutsche als Männersprache – es freut mich sehr, dass sie derzeit Aufmerksamkeit von großen Medien bekommen (auch eine coole Socke).

Und dann sah ich in einer Anzeige (!) ein Sofa, das mir ausgesprochen gefiel. Es passt zu keinem Einrichtungsgegenstand, den wir derzeit besitzen, aber möglicherweise ist mir das mangels Geschmack völlig egal. Darf ich vorstellen: Bubble 2, Dunkelgrün finde ich am passendsten. Stelle ich mir großartig in der neuen Wohnung vor (Vertrag ist immer noch nicht da, der zuständige Herr entschuldigte sich wegen Überarbeitung).

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Maik und Pierre – wen Glumm so trifft, wenn er mal wen trifft.

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Vorbildlicher Aushang einer Hausarztpraxis in Neu-Ulm, der über die Covid-19-Impfung informiert.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 22. Dezember 2020 – Warme Winde, BBC-Entdeckung

Mittwoch, 23. Dezember 2020 um 7:58

Kurz vor dem Aufwachen begegnete ich im Traum Bekannten, die ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe: Sie waren zu meiner Geburtstagsfeier gekommen (andere Wohnung als meine aktuelle, erinnerte mich eher an die meiner polnischen Großmutter), hatten zum Teil Freunde mitgebracht, die ich noch nicht kannte. Ich freute mich sehr darüber, sie alle zu sehen.

Verstärkter Muskelkater, auch an eigentlich trainierten Stellen. Ich beschloss einen Tag Sportpause. Statt dessen ein Test: Zu Fuß in die Arbeit und auch wieder heim (klappte gut, ich ging vorsichtshalber nicht zu schnell). Im Vorbeigehen den kleinsten Laubbläser jemals gesehen, eingesetzt vor einer Haustür. Klar: Wenn Tischstaubsauger, warum dann nicht auch Tischlaubbläser.

Letzter Arbeitstag des Jahres, es war noch mal viel Verteilens und Versendens. Als Brotzeit hatte ich Quark und Joghurt mit Birne dabei, danach noch ein paar Trauben.

Heimweg über letzte Einkäufe beim Vollcorner: Er war nicht so voll wie schon mal, aber auch nicht so schön leer wie vergangenen Freitag.

Ich genoss das Wetter: Es tröpfelte immer wieder und es wehte starker Wind, doch die Luft war sehr mild. Auch wenn ich weiß, wie apokalyptisch über zehn Grad an Weihnachten sind, freue ich mich halt über jedes Grad. (Und bedaure all Sie Fans der “trockenen Kälte”.)

Daheim aß ich Reste des Blaukraut-Salats vom Vorabend und mehr Trauben (Herr Kaltmamsell hatte sich in den Vorratskäufen verkalkuliert und das Obst zum Käsefondue zu früh besorgt).

Im Postfach ein Newsletter vom Kartoffelkombinat, es gibt wieder einen Jahresrückblick. Wenn Sie mal schaun möchten, wie das Jahr in unserer Gärtnerei verlief?

Ich ging einem Tipp nach und schaute in der arte-Mediethek eine BBC-Serie von 2013, Inside No. 9. Komische 30-Minüter mit abgeschlossener Handlung und Pointe, die beiden Folgen, die ich gestern sah, waren schon mal großartig (komplett unrealistisch, aber in realistischem Habitus inszeniert, wunderbare Drehbücher) – und arte bietet sogar Originalton an. Sieht nach Unterhaltung für die Weihnachstage aus. Außerdem erste Arbeiten am Bücherrückblick 2020 hier im Blog.

Wissen Sie noch? Wie die Schlagzeilen der vergangenen Jahrzehnte in den Wochen vor Weihnachten vor allem damit beschäftigt waren, ob es weiße Weihnachten geben würde? Jetzt dominiert natürgemäß die Corona-Pandemie, sie verschärft sich immer noch, gleichzeitig beobachte ich hilflos immer neue Bemühungen, Hygieneregeln auszutricksen. Da die menschliche Vernunft offensichtlich auf breiter Front versagt: Wenn die religiösen Bevölkerungsteile sich bitte verstärkt aufs Beten verlegen würden? (Jeder und jede im eigenen Haushalt.)

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell einen Eintopf aus weißen Bohnen mit Nudeln (Nudeln in Weihnachtsformen, ein Geschenk), ich hatte Feldsalat mit gerösteten Walnüssen dazu gemacht.

Als Drinks hatten wir Dark & Stormy (restliche Ginger Beer-Bestände vom Sommer).

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Herrliches Beispiel, wie treffend Filmmusik eine Doku-Aufnahme interpretieren kann (im Grunde ja die Kamerafahrt), am Beispiel Lkw-Stau.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 21. Dezember 2020 – Corona ermöglicht meinen ersten kabarettistischen Jahresrückblick

Dienstag, 22. Dezember 2020 um 7:47

Wecker auf halb sechs, damit mich eine leere U-Bahn zum möglichst einsamen Reha-Sport bringen konnte. Klappte alles wie erhofft.

Zeitunglesend im Bus in die Arbeit gefahren, milde Temperaturen. Vier schnell vergehende Stunden Arbeit, mittags eine Scheibe Brot und die Kerne eines riesigen Granatapfels.

Komische Rückenschmerzen, die aber eigentlich schon beim Sport. Wahrscheinlich einfach ein Muskelkaterchen vom Sonntag, als ich Ausfallschritte mit seitlichem Hantelheben verstärkte.

Ich entnahm der Einkaufszettel-App, dass Herr Kaltmamsell bereits am menschenarmen frühen Vormittag alle Einkäufe erledigt hatte, kein Anlass für Umwege. Für den Heimweg zu Fuß suchte ich statt dessen nach Straßenseiten und Abschnitten, die ich noch nicht kannte, mäanderte unter anderem durch den Bavariapark.

Daheim machte ich mir Milchkaffee (Decaf, ich Memme), es gab ihn mit zwei Scheiben vom selbst gemachten Stollen, sehr erfreulich. Lesen mit Füßehoch auf dem Bett.

Bereits am Samstag hatte ich die aktuelle Ausgabe Granta 153 ausgelesen, Second Nature. Ausgaben zum Thema Natur und Umwelt gibt es immer mal wieder, und bald war mir aufgefallen, dass sie mich eigentlich immer langweilten – obwohl mich das Thema doch überdurchschnittlich interessiert. Diesmal versuchte ich herauszufinden, woran das wohl lag. Ich vermute einen Grund darin, dass sie fast ausschließlich Sachtexte enthalten (auch diesmal mit nur einer Ausnahme) und ich Granta, “The Magazine of New Writing”, doch wegen des writing mag, und zwar fiktionalem. Diese Ausgabe enthielt zudem auch eigenartige Texte, die ich für völlig fehlplatziert hielt, z.B. den von Ken Thompson, “Aliens and Us”: Das Thema “invasive Arten” finde ich eigentlich spannend, doch sein Artikel war offensichtlich die Reaktion auf eine aktuelle Fachdebatte, die ich nicht kenne und in der er von Kolleginnen und Kollegen in der Biologie dafür angegriffen wird, dass er den Mechanismus nicht grundsätzlich negativ einordnet. Mitgenommen habe ich allerdings: Rod Mason über die Jahrhunderte, die er und seine Vorfahren in Australien lebten und welche Auswirkung das Eindringen von Europäern hatte; Sheila Watt-Cloutier, eine Inuit, über das traditionelle Leben ihrer Community und wie es sich durch die Zwangsmaßnahmen von Weißen und durch den Klimawandel verändert hat.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell das Blaukraut aus unserem Ernteanteil zu einem Salat mit Fenchel, Orangen und Feta verarbeitet (Rezept aus Nicky Stichs erstem Kochbuch Delicious Days), der genau das Richtige war: Ich aß große Mengen davon.

Abendunterhaltung:

https://youtu.be/MniTf-mpQGs

Den Berliner kaberettistischen Jahresrückblick gibt es seit über 20 Jahren und er ist eine Bühnen-Legende (Bov Bjerg, Horst Evers, Hannes Heesch, Christoph Jungmann, Manfred Maurenbrecher). Jahr für Jahr bedauerte ich, dass ich ihn schon wieder nicht live im Mehringhoftheater sehen konnte. Dieses Jahr ist alles anders: Vorstellungen mit Publikum kann es wegen der Pandemie nicht geben, die fünf Herren haben ihre Show gefilmt und auf YouTube gestellt. So kam auch ich gestern in den Genuss, und es war einer. Sogar Eintritt konnte ich zahlen!

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Nun ist da diese mutierte Variante von SARS-CoV-2, am gründlichsten nachgewiesen in UK, und sorgt für hektische Grenzschließungen und Spekulationen. Für eine fachliche Einordnung empfehle ich zum einen diesen sachlichen Twitter-Thread des Virologen Marco Binder. Darin verlinkt er auch weitere interessante (wissenschaftliche – also anstrengend zu lesende) Infos. Und zum anderen das gestrige Deutschlandfunk-Interview mit nicht nur Virologen, sondern auch Corona-Experten Christian Drosten.

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Wenn sie das allweihnachtlich gesendete Drei Nüsse für Aschenbrödel mögen, interessieren Sie sich vielleicht für die Dokumente, die das Bundesarchiv in einer virtuellen Ausstellung dazu zeigt. Herzallerliebst zum Beispiel die Bemerkungen des seinerzeit, also 1973 leitenden DEFA-Dramaturgen für Kinderfilm Klaus Richter de Vroe über die Handlung und die Unterschiede zum grimm’schen Märchen Aschenputtel:

Aschenbrödel ist trotz ihrer mißlichen Lage und der schlechten Behandlung durch Stiefmutter und -schwestern nicht unglücklich und verlassen. Sie hat nicht nur Tiere zu Freunden (besonders die Tauben und das Pferd ihres Vaters), sondern auch das Hofgesinde. Sie ist lustig, sogar “keß”, klug und temperamentvoll.

(…)

Aschenbrödel liebt den Prinzen, sie will ihn haben und sorgt dafür, daß er sie auch liebt, indem sie ihm zeigt, was in ihr steckt. Sie “organisiert” sich ihr Glück, ohne dabei liebenswerte weibliche Zurückhaltung ganz aufzugeben und nicht ohne Momente der Unsicherheit und Unentschlossenheit.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 20. Dezember 2020 – Neue Spazierwege im Dezembergrau

Montag, 21. Dezember 2020 um 6:09

Ausschlafen nach guter Nacht sogar bis halb acht!

Sportrunde mit abgekürztem Gymnastikteil weil keine Lust.

Frühstück Brot mit Käse (schau an, der langweilige Blaue Kornblume wird ja richtig aromatisch, wenn man ihn vor Verkauf anständig reifen lässt), Orangen mit Joghurt.

Wieder eher graues Hochnebelwetter mit lediglich Ahnung von blauem Himmel, doch auch gestern zog es mich kurz nach Mittag raus. Ich ging über die Theresienwiese, wo der Christbaumverkauf gute Geschäfte machte, sich sonst die Menschen aber verliefen.

Über die Theresienhöhe folgte ich einem praktischen Fußgänger-/Radler-Steg, der über Bahntrasse und Hansastraße zum Westpark abkürzte. Ich stellte fest, dass ich auf diesem Weg in nicht mal 40 Minuten zu Fuß am Café Gans am Wasser landete.

Das war aber genug Fußmarsch, ich nahm einen Bus zurück nach Hause.

Dort Tee und Stollen, gemütliches Lesen.

Ich stelle an mir immer mehr Alte-Leute-Geräusche fest. Damit meine ich nicht mal knackende Gelenke, die ich bereits seit 20 Jahren höre. Sondern Atemgeräusche: Beim Aufstehen vom Sitzen spanne ich anscheinend immer mehr Muskeln an, wenn ich stehe, atme ich mit leichtem Stöhnen aus. Immer häufiger folgt ein Stöhn-ähnlicher Laut dem Erheben vom Boden oder Strecken nach oben.
Endstadion ist wahrscheinlich die Geräuschkulisse, die ich bei einer Greisin in der Umkleide des Reha-Zentrums hörte: Bei ihr endete jedes Ausatmen in einem Klagelaut, auch in völliger Ruhe.

Zum Nachtmahl gab es die Reste vom Vorabend als Suppe mit gerösteten Brotwürfeln.

Die 7-Tages-Inzidenz der Corona-Fälle in München steigt weiter (wir haben die 300 gerissen), auch in Deutschland. Und das noch vor den Weihnachtstagen mit gelockerten Hygieneregeln (die in meiner Umgebung laut eigenen Aussagen sehr viele nutzen werden, unter anderem für längere Reisen zu Verwandtschaft). Ich sehe Anfang 2021 einen echten Lock-down auf uns zukommen, mit kompletter Ausgangssperre.

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Ausführliche Sammlung von Katzen in Christbäumen.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 19. Dezember 2020 – Schabernack #Verwaltungsweihnachtslieder

Sonntag, 20. Dezember 2020 um 8:53

Ausschlafen dauerte bis sieben.

Noch vor Einschalten der Cafetera knetete ich Teig fürs Roggenschrotbrot, um genügen Zeit für die hier besonders lange Stockgare zu haben.

Dann aber Morgenkaffee und Bloggen, das Tageslicht erhellte mühsam einen Hochnebel-hellgrauen Himmel. Als Sport gönnte ich mir nach dem Pflichtteil Bank- und Seitstütz längeres Crosstrainer-Strampeln. Dabei hörte ich einen schon länger vorgemerkten Podcast: Der nordenglische Landwirt James Rebanks in der Sendung von Jeremy Paxman.

Jeremy enjoys a robust encounter with the farmer and writer James Rebanks (who puts up with no bull) about the coming revolution in the English countryside.

Vergnüglich und lehrreich anzuhören. Paxmans Fragen bringen James Rebanks dazu darzulegen, dass eine zukunftsträchtige Form der Landwirtschaft nicht ohne Veränderung anderer gesellschaftlicher Parameter geht – wie alle, die sich intensiv mit dem Thema beschäftigen, war er schnell auf die Vernetzung mit und Abhängigkeiten von scheinbar fernen Faktoren gestoßen. Nicht nur deshalb empfehle ich diese 28 Minuten.

Brot gebacken, es gelang sehr gut.

Zum Frühstück holte ich die Kerne aus einem riesigen, reifen Granatapfel, gab davon Herrn Kaltmamsell ab, aß meine plus einer Mandarine und einer Birne mit Joghurt.

Zeitungslektüre im Sessel am Fenster. Ich schwankte, ob ich noch an die frische Luft wollte – war dann aber neugierig auf den Hofgarten und Monopteros.

Die geschlossenen Geschäfte in der Innenstadt hatten die samstägliche Besetzung der U-Bahn ausgedünnt, ich stieg am Odeonsplatz aus.

Doch der Englische Garten, stellte ich fest, war nicht Innenstadt: Statt immer wieder Ahnung von blauem Himmel gab es hier dickeren, unangenehm kalten Nebel.

Ich beendete meinen Spaziergang bald, weil ich dafür nicht warm genug angezogen war, und steuerte den U-Bahnhof Universität an.

Daheim wärmte ich mich mit Tee auf, aß frisch gebackenes Brot, das jetzt genug für einen Anschnitt abgekühlt war. Aufs Bett mit Füßehoch, restliche Zeitungslektüre. Außerdem folgte ich einem weiteren eingemerkten Link zu einem neuen Online-Format auf YouTube vom ZDF: Inside PolitiX. Daraus sah ich mir an: “Wirecard und Guttenberg: Brauchen wir Lobbyismus – oder muss das weg?” Gut gemacht!

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/6BPQR082yhA

Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell den Schweinehals, den er über die vergangenen Tage gepökelt hatte: Gekocht mit Karotten und Kartoffeln aus Ernteanteil, zudem mit Püree aus getrockneten Erbsen.

Im Fernsehen ließen wir dazu Notting Hill laufen, der sich zum Glück ganz gut gehalten hat.

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Große Erheiterung gestern auf Twitter: #Verwaltungsweihnachtslieder. Ein paar Lieblinge:

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 18. Dezember 2020 – Weitere Corona-bedingte Veränderungen

Samstag, 19. Dezember 2020 um 8:12

Früher Wecker, aber noch früher aufgewacht. Dadurch hatte ich sogar einen gemütlichen Morgen, bevor ich zur Öffnung um sieben ins Reha-Zentrum fuhr.

Die Vorsichtsmaßnahmen für den Reha-Sportraum waren verschärft worden: Ich musste eine Liste von Verpflichtungen unterzeichnen (davor bestanden sie lediglich in Hinweisen des Personals), darunter Abstandsgebot, durchgehendes Tragen von Maske (hatte ich eh, doch es war erlaubt gewesen, an Geräten die Maske abzusetzen – was einige taten), Fernbleiben bei Erkältungssymptomen. Und ab sofort wird beim Betreten des Raums Temperatur gemessen.

Mir bleiben noch vier Termine Nach-Reha, und ich hatte mit dem Gedanken gespielt, nach einer Fortsetzung auf Selbstzahler-Basis zu fragen – schließlich stehen hier Hilfsmittel und Geräte zur Verfügung, die ich daheim nicht habe. Doch bei der derzeitigen Infektionslage (Münchens stetig steigende 7-Tage-Inzidenz liegt jetzt bei 274) halte ich Innensport für ein leicht vermeidbares Risiko.

Auf den (fast leeren) U-Bahn-Fahrten zum und vom Sport las ich die Titelgeschichte des gestrigen SZ-Magazins (€):
“An der Maschine”.

Auf einer Münchner Intensivstation liegt ein Patient mit Covid-19. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte kämpfen um sein Leben, acht Wochen lang. Ihr wichtigster Helfer: das Beatmungsgerät SN41418. Eine Chronik.

Zunächst war ich skeptisch: Corona aus der Sicht der Beatmungsmaschine erinnerte mich an die Ideen, die ich als Zeitungsvolontärin für originell gehalten hatte (der Fußballbericht aus der Perspektive eines Maulwurfs im Rasen wurde zum Glück nie etwas). Aber dann war ich überrascht, wie gut das funktionierte. Die Maschine wurde nicht vermenschlicht/verniedlicht, statt dessen war durch die Perspektve die Sachlichkeit und Faktentiefe des Berichts gut motiviert. Auf dem Heimweg fesselte mich der Artikel von Roland Schulz so, dass ich im U-Bahnhof stehenblieb, um die letzten Absätze zu lesen. Unter anderem wird klar, welch ungeheuren Personalaufwand ein Covid-19-Fall auf einer Intensivstation verursacht, auch wenn er nicht ganze acht Wochen dort versorgt werden muss (im Gegensatz z.B. zu einem Herzinfarkt-Patienten).

Bevor ich zur Arbeit aufbrach, füllte ich noch schnell eine Maschine Wäsche. Die nach wenigen Minuten mahnend piepste und “F-17” anzeigte. Ich musste das Problem Herrn Kaltmamsell übergeben – der es, wie ich später erfuhr, durch Aus- und Einschalten behob.

Gut vier Stunden Arbeit ohne Überraschungen, zu Essen hatte ich eine rote Paprika und ein Stück Käse kleingeschnitten, dazu eine Scheibe selbstgebackenes Brot.

Das Wetter war herrlich sonnig, ich genoss den Fußweg nach Hause, auch wenn ich zum Abstandhalten zu Passanten in Paaren oder Gruppen immer wieder auf jenseits der parkenden Autos mitten auf die Straße ausweichen musste.

Im Westend entdeckt: Einen weiteren E-Roller-Parkplatz, nachdem ich vor einer Woche schonmal an einem vorbeigelaufen war.

Was ein Fehler war: Nach der Arbeit schnell das Abendessen einzukaufen. Wir hatten uns auf Artischocken mit Knoblauchmajo und Lammkoteletts geeinigt, beides musste besorgt werden (ich merke, wie verführerisch dieses Großstadtleben mit unbegrenztem Lebensmittelangebot ist – wir müssen selten mit dem auskommen, was im Haus ist, sondern können unseren Gelüsten folgen). Also machte ich eine Stippvisite beim Lieblings-Süpermarket. Eigentlich war nicht viel los, doch niemand hielt Abstand (vielleicht wurden die Boden-bedeckenden Aufkleber “Abstand!” “2 Meter!” als Ersatz fürs tatsächliche Abstandhalten angesehen), ich war sehr kurz davor, meine Einkäufe einfach abzustellen und den Laden zu verlassen. Doch weil ich auch dafür Schlangen ohne Abstand kreuzen hätte müssen, zahlte ich meine Einkäufe halt dazwischen. Den Laden muss ich leider bis Ende der Pandemie meiden.

Daheim setzte ich Brotteig und Sauerteige an (u.a. mal wieder Weizensauerteig für ein Brot zum geplanten Käsefondue an einem Weihnachtsfeiertag), las Internet und Zeitung. Herr Kaltmamsell reichte Brandy Alexander an.

Zum Abendessen die geplanten Artischocken von mir, Herr Kaltmamsell servierte die Lammkoteletts mir Süßkartoffel-Pommes aus dem Speisefön. Wein dazu ein Verdejo Quinta Apolonia Belondrade von 2014, der eher versehentlich ein paar Jahre bei uns gereift war: Das hatte ihn durchaus interessanter gemacht, ich nehme an, er hat auch durch das Holz die Alterung gut vertragen.

Im Fernsehen ließen wir Grease laufen, der auf sehr eigenartige Art veraltet wirkte.

Zefix! Meine wichtigtuerische Gebärmutter gibt sich nicht geschlagen: An Tag 181 nach der letzten Blutung meinte sie doch nochmal menstruieren zu müssen. Kläglich aber eindeutig.

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Falls Sie ein weiteres Beispiel für kognitive Dissonanz brauchen:
“Die Wahrheit liegt auf der Straße”.

Die Münchnerinnen und Münchner wählen mehrheitlich grün – doch gleichzeitig steigt die Zahl der zugelassen Autos. Und SUVs sind besonders begehrt.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 17. Dezember 2020 – Superquitten

Freitag, 18. Dezember 2020 um 6:26

Früh aufgewacht, genug Zeit für ausführliche Reha-Gymnastik, ich kam ins Schwitzen.

Ich brach früher als in den vergangenen Tagen in die Arbeit auf, um rechtzeitig zur virtuellen Jahresabschlussfeier im Büro und vor meiner Laptop-Kamera zu sitzen. Vorher holte ich mir für die Brotzeit eine Mozzarella-Tomaten-Stange beim Bäcker – es hatte nichts mehr für Brotzeit im Haus gegeben. Nach der Feier manuelle Arbeit, es war viel Eintütens.

Ein wundervoller Sonnentag. Heimweg zu Fuß, mäandernd durchs Westend, ich blieb immer wieder stehen und genoss das schräge Sonnenlicht vor knallblauem Himmel. Die längste Schlange, die ich sah, stand an der Ausgabe “Lebensmittel für Bedürftige” an der Auferstehungskirche – bitter.

Im Vollcorner arbeitete ich die Einkaufsliste ab. Unter “Obst” bekam ich diesmal tatsächlich echte Mandarinen. Das stellte ich allerdings erst daheim fest: Ich hatte schon einmal zu den Zitrusfrüchten hinterm Schild “Mandarinen” gegriffen, doch daheim erwiesen sie sich als Clementinen oder sowas. Denn Mandarinen riechen beim Schälen wie das Mandarinen-Aroma, das wir von Fertig-Desserts kennen und sind voller Kerne – wie gestern.

Zu Hause gab es als Snack Weihnachtsstollen. Nach ein wenig Ausruhen machte ich mich an die diesjährige Herstellung von Quitten in Sirup. Die Quitten – ebenfalls vom Vollcorner – stellten sich als die besten heraus, die ich jemals verarbeitet habe. Sie dufteten angemessen (anders als die riesigen vom türkischen Süpermarket), trugen noch Flaum, hatte keine braunen Stellen und waren so frisch und saftig, dass sie sich gut schneiden ließen.

Und als ich den Topf öffnete, um die eingekochten Quitten in die bereitgestellten Gläser zu füllen, kam mir ein so vielfältiger Duft entgegen, wie ich ihn noch nie bei diesem Kompott hatte.

Zum Nachtmahl gab es neben Postelein-Salat aus dem letzten Ernteanteil des Jahrs ordentlich Käse sowie Scheiben vom aufgetauten selbst gebackenen Brot.

Vielleicht, so denke ich, macht mir diese immer bedrohlichere Corona-Zeit so verhältnismäßig wenig aus (außer ich kriege mal wieder nicht mit, dass sie mir sehr viel ausmacht, und muss das in ein paar Jahren ausbaden), weil Durchhalten mein Lebensgefühl ist. Ich will das alles nicht und mache das beste daraus, habe über Jahrzehnte gelernt, mir dieses Leben, durch das ich halt durch muss, irgendwie erträglich zu machen. Vielleicht müssen lebenslustige Menschen das jetzt erst lernen? Für mich ist der Unterschied die Sorge um andere. (Oder ich bin einfach ein unsensibler Klotz, auch eine Erklärung.)

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Kleine Erheiterung: Alle mir nach!

die Kaltmamsell