Journal Montag, 27. Oktober 2025 – Eigentlich nichts Erwähnenswertes

Dienstag, 28. Oktober 2025 um 6:26

Eher unruhige Nacht, wieder störte meinen Schlaf das Knarzen der Fensterrahmen im Herbstwind (der heftig wehte, aber nicht zerstörerisch stürmisch). Zum Glück schlief ich jedesmal schnell wieder ein.

Das Sauwetter mit Wind und Regen verhinderte, dass ich die nach Zeitumstellung theoretische Zusatzstunde Helligkeit am Morgen auskosten konnte, es war einfach düster.

Erste Leistung des Tages im Büro: Aus dem Tsunami an Aufträgen, die übers Wochenende in meinem Berufspostfach ankamen, NICHT sofort die ersten angepackt, sondern ERST alle Mails bis in die Gegenwart gelesen – falls Auftragdetails später geändert wurden oder sich ganze hochdringliche Bitten bereits erledigt hatten.
(Vielleicht doch lernfähig?)

Trotz des grässlichen Draußens ging ich raus auf einen Mittagscappuccino, den Schirm gegen den Wind gestemmt, der die Regentropfen vor sich her trieb, Blätterhaufen und Pfützen übersteigend.

Verzögertes Mittagessen, weil ich bei einem Termin auf Abruf war, erst spät gab es Ernteanteil-Äpfelchen sowie Mango mit Sojajoghurt. Ohnehin hatte ich auch abseits des Morgen-Tsunamis sehr viel zu tun, eher unerwartet für einen Montag.

Das Wetter draußen blieb regnerisch und windig, nach Feierabend stemmte ich dem wieder den Schirm entgegen. Mein erstes Ziel war Aldi, denn unsere Süßigkeitenbestände mussten dringend aufgestockt werden. Ab dann konnte ich meinen Schirm stecken lassen: Regenpause. Kurzer Abstecher zum Vollcorner, in Kälte ging ich heim, die meisten Menschen waren bereits mit Mütze unterwegs.

Zu Hause erwartete mich eine Crowdfarming-Lieferung Mangos und Avocados, diesmal war wirklich alles glatt gegangen, zum ersten Mal lagen auch zwei bereits essreife Avocados im Paket. Yoga, Brotzeitvorbereitung, als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell die mexikanische Ochsenschwanz-Sauce vom Sonntag mit frischem Kartoffelpü (großartig!) und Erbsen.

Im Fernsehen ließen wir einen alten Maigret-Film mit Jean Gabin laufen, den ich immer gern sehe. Sehr früh ins Bett zum Lesen, Michaela Murgia, Julika Brandestini (Übers.), Accabadora liest sich gut weg.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 26. Oktober 2025 – Oktobergold erlaufen, jüdisches Neujahrskonzert

Montag, 27. Oktober 2025 um 6:24

Um sechs (alte Zeit) aufgewacht und extra nochmal umgedreht, eine wohlige weitere Stunde geschlafen.

Auch dieses Jahr musste ich vier Uhren von Hand stellen (Badezimmer, Mikrowelle, Backofen, Analog-Wecker für Orientierung im Schlafzimmer), aber so vergaß ich den Umstand wenigstens nicht, dass die Sommerzeit zu Ende ist.

Wäschewaschen, Mutter-Telefonat, draußen gemischtes Herbstwetter inklusive Regenphasen. Egal, ich hatte Zeit und Körper für einen Isarlauf, wie schon am Samstag bereitete ich ihn mit Aufwärmen und Faszienrolle vor.

Den aufgewärmten und rollierten Körper brachte ich aber erstmal mit Herrn Kaltmamsell in unser Wahllokal im nahen Theresiengymnasium, Abstimmung über eine Bewerbung Münchens zur Austragung von Olympischen Spielen – zum ersten Mal seit Beginn meiner Wahlhilfe ohne meine Wahlhilfe, weil ich für den Nachmittag Konzertkarten hatte.

Dann spazierte ich zur nächstgelegenen U-Bahn-Station Goethestraße und ließ mich zum Odeonsplatz fahren. Auf dem ersten Viertel meiner Laufrunde regnete es immer wieder, doch dann bekam ich knallblauen Himmel und Oktobergold. Der Körper spielte gut mit, selbst die beim Rollen aufjaulenden knotigen Waden machten keinerlei Probleme – ich konnte mir gut 90 Minuten gönnen.

Es war viel Pfützenspringens.

Tram zurück nach Hause, die Route ums Maxmonument wird nach Bauarbeiten wieder bedient. Unterwegs Semmelkauf.

Daheim Körperpflege rundum, den Friseurtermin in zehn Tagen ersehne ich bereits seit zwei Wochen – ich werde den Zwei-Monats-Abstand fürs Schneiden verkürzen müssen.

Frühstück war ein Ernteanteilapfel, dann gab es zwei Körnersemmeln mit Frischkäse, Marmelade, Käse.

Am frühen Nachmittag brach ich mit Herrn Kaltmamsell bereits zum Konzertbesuch auf: Das jüdische Neujahrskonzert begann dieses Jahr schon um 15:30 Uhr und fand an einem Sonntag statt – für mich persönlich eine ideale Kombination, so käme ich viel häufiger in Konzerte.

Am Prinzregententheater trafen wir uns diesmal mit Freunden, denen wie mir vergangenes Jahr für Interesse die Information genügt hatte, dass es in München ein jüdisches Neujahrskonzert gibt. Und auch dieses Jahr wurde es zu einem ungewöhnlichen und bereichernden Erlebnis: Wieder begrüßte Daniel Grossmann, Dirigent und Gründer des Jewish Chamber Orchestra Munich, zahlreiche Ehrengäste – mit besonders innigem Applaus für Charlotte Knobloch, National Treasure. Grossmann führte wieder durch den Abend, erklärte Hintergründe und Details der Musik und ihrer Funktion in der Synagoge. Und wieder hörten wir wunderbare Musik, die mir nirgendwo anders begegnet. Ich kann mir gut vorstellen, daraus eine alljährliche Sache zu machen.

Durch diese ungemein praktische Konzertzeit kamen wir zum Abendessen zurück nach Hause. Herr Kaltmamsell hatte morgens Ochsenschwanz nach diesem Rezept auf mexikanische Art geschmort, um ihn abends mit Weizentortillas zu servieren.

Ausgesprochen köstlich. Nachtisch italienische Kekse. Früh ins Bett zum Lesen, draußen toste Sturm.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 25. Oktober 2025 – Herbstbunter Isarlauf, Verabredung in Garmisch

Sonntag, 26. Oktober 2025 um 7:53

Ausgeschlafen, nachts nur einmal von Lärm vorm Fenster geweckt worden.

Die Verabredung für den Tag hatte sich zu einer Nachmittagsverabredung konkretisiert, ich konnte meinem großen Verlangen nach einer Laufrunde nachkommen. Draußen war es immer noch ein wenig windig, am Himmel gemischte Wolken, doch längere Niederschläge zeichneten sich auf dem Regenradar nicht ab. Also raus in die Herbstbuntheit an der Isar, ich lief ab Wohnhaus über Alten Südfriedhof auf der Flaucherseite der Isar bis Maria Einsiedel und denselben Weg wieder zurück.

Diesmal beschränkte ich mich auf wenig mehr als 80 Minuten – tatsächlich weniger wegen Impf (selbst Oberarmschmerz nur bei Berührung), als wegen der Hoffnung auf eine weitere Laufrunde am Sonntagvormittag. Es war herrlich: Der Körper spielte gut mit, viele Entgegenjoggende lächelten zurück, ich bekam ordentlich was zu sehen. Regentropfen nur vereinzelt, am Stück lediglich ganz am Ende meiner Runde, als es schon egal war.

Erster Einsatz Winterlaufhose.

Es wurde in der Isar geschwommen.

Der Buchen-Königin steht der Oktober gut.

Auf dem Alten Südfriedhof waren auffallend viele Grabsteine umgelegt, abgesperrt, zum Abtransport für die Renovierung (?) bereit – ich nehme an, das sind Spätfolgen der großen Baustelle im Sommer: Die Stadt München hatte eine Stromtrasse quer durch den Friedhof gelegt.

Die Nachmittagsverabredung führte Herrn Kaltmamsell und mich nach Garmisch-Partenkirchen: Dort urlaubt gerade eine nahestehende Bloggerin aus Weiter-weg-Deutschland, und wir waren vor ein paar Monaten auf die Idee gekommen, diesen Aufenthalt für ein Treffen zu nutzen. Im Münchner Hauptbahnhofsfragment holte ich mir für die Fahrt einen Mittagscappuccino. Jetzt war das Wetter richtig greislich geworden, die Ausblicke auf der Strecke aus dem Zugfenster, sonst durchaus atemberaubend spätestens ab Starnberg, blieben – haha – überschaubar. Und wir lernten: Mehrminütige Verspätungen werden schon gar nicht mehr angesagt, bis zu geschätzt zehn Minuten werden sie als gegeben vorausgesetzt.

Garmisch hatte ich seit meinem Krankenhaus-Aufenthalt für die Hüft-TEP nicht mehr besucht, im Regen spazierten wir aber ohne Umwege zum Treffpunkt in einem Traditionscafé. Zu großem Hallo und Wiedersehensfreude (ich hatte die Bloggerin bereits vorher im Rahmen einer re:publica persönlich getroffen) bestellte ich mir zum Frühstück Torte und freute mich daran. Gespräche unter anderem sehr informativ über konkreten Einsatz von Large Language Models in der Arbeitswelt, wo ich sie nicht vermutet hätte. Und ich bekam wertvolle Tipps für eine mögliche Oktoberfestflucht in die Pfalz.

Auch den Rückweg zum Bahnhof legten wir direkt, das Wetter machte weiterhin keine Lust auf Besichtigung vertrauter Anblicke.

Ereignislose Rückfahrt, ich aß schonmal zwei Ernteanteil-Äpfelchen, denn das Abendessen würde spät werden: Daheim machte sich Herr Kaltmamsell umgehend daran, eine Stunde später gab es tomatige Pasta e fagioli, dazu Pfälzer Weißburgunder (vorher zur Hungerüberbrückung arabische Salznüsschen). Nachtisch Kekse und Schokolade. Wir waren beide sehr müde, gingen früh ins Bett.

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Im hohen Alter wird manches schwierig, und manche Menschen werden besonders schwierig. Ein Problem kann entstehen im Konflikt zwischen Selbstbestimmung und Pflege, wie aktuell ein Gerichtsverfahren in Österreich zeigt.
“Vernachlässigungsprozess gegen drei Heimhelfer, die 80-Jährige nicht wuschen”.

Drei Angestellte eines privaten Vereins sollen eine Pensionistin nicht ausreichend unterstützt haben, sodass sie ins Krankenhaus musste. Die Angeklagten sagen, die Frau wollte keine Hilfe

Ich empfehle auch die informativen Kommentare mit weiteren Beispielen.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 24. Oktober 2025 – Doppelimpf mit Anstrengung

Samstag, 25. Oktober 2025 um 8:29

Unruhige Nacht wegen des Herbstturms – mich weckte aber nicht direkt der Wind draußen, sondern das laute Knarzen der Kunststoffrahmen meiner Schlafzimmerfenster.

Nach dem Aufstehen pflegte ich erstmal Freundschaften und Familienkontakte, bevor ich den Blogpost finalisierte – und schon wurde die Zeit knapp. Ein Glück, dass die Morgentoilette schnell ging, da ich ja am Vorabend nach dem Schwimmen geduscht hatte (und nachts nicht geschwitzt).

Marsch in die Arbeit in deutlicher Herbstkälte, aber mit schönen Anblicken.

Abarbeiten in gutem Rhythmus, zumal ich einen festen Endpunkt hatte: Mein Feierabend wurde von dem Impftermin in einer Apotheke bestimmt. Aber erstmal ging draußen mit heftigem Regen ein bisschen die Welt unter – um kurz darauf in Sonnenschein zu erstrahlen.

Innere Stimmung, warum auch immer: ungnädig.

Zu Mittagscappuccino-Zeit waren wir wieder bei blauem Himmel, ich ging hinaus ins Westend.

Hagelschauer zum Mittagessen (Apfel, Rest Ofengemüse mit ein paar Nüssen).

Mehr Weihnachtsgeschenke bestellt, ich weiß auch nicht, was dieses Jahr mit mir los ist.

Pünktlicher Feierabend für meinen Impf-Termin in der Ludwigsapotheke, Neuhauser Straße. Herr Kaltmamsell wartete dort auf mich, war selbst aber schon durch mit seinem Impf. Wenn ich schonmal da war, bat ich auch um Grippe-Impfung: Die Termine der Impf-Aktion bei meinem Arbeitsgeber wurden diesmal vergeben, während ich im Urlaub war – nichts mehr zu holen.

An den Termin und die Impfung waren wir nur über einen Tipp gekommen – ich kann mir die Weigerung der meisten Hausarztpraxen und Apotheken nicht erklären, und es macht mich wütend, dass auch dieses Jahr ordentlich Anstrengung dazu gehört, an eine Corona-Impfung zu kommen: Selbst wenn die Empfehlung der Stiko erst für Menschen über 60 lautet (so das Verweigerungsargument), gibt es keine Kontraindikation für (nahezu) den gesamten Rest. Und selbst wenn die Krankenkassen die Impfung nur gemäß Stiko zahlen (was ich sogar nachvollziehen könnte), wünsche ich mir zumindest das Angebot, selbst dafür aufzukommen – sonst sind sie doch auch mit IGeL (Individuelle Gesundheitsleistungen) für Selbstzahlende schnell bei der Hand. Außerdem wird der Corona-Impfstoff vom Bund weiterhin kostenlos zur Verfügung gestellt!

Daheim noch schnell Yoga, bevor der Corona-Impfarm zu schmerzen beginnen könnte (die einzige Impf-Nebenwirkung, die ich bislang hatte – und wer bisher die Corona-Impfung problemlos vertrug, wird nachgewiesenermaßen sehr, sehr wahrscheinlich auch bei den folgenden Impfungen keine Nebenwirkungen spüren). Außerdem hatte Herr Kaltmamsell recherchiert, dass Yoga nicht unter das Sportverbot nach Impf fällt – bei dem ich ohnehin beschlossen hatte, dass es bei keinen Nebenwirkungen nur für 12 Stunden gilt. Was die empfohlene Alkohol-Abstinenz betrifft: We are risk takers, auf meinen Freitagabend-Alkohol hatte ich mich arg gefreut.

Es gab zum ersten Glas Rotwein Nüsschen und Oliven, während Herr Kaltmamsell zum klassischen, aber schon seit Monaten nicht mehr stattgefundenen Freitagsabendessen T-Bone-Steak briet, Ernteanteil-Spinat garte, aus Ernteanteil-Kartoffeln Gratin zubereitete. Hervorragendes Abendessen, die Aroma-Bombe auf dem Teller war der Spinat. Nachtisch Schokolade und Kekse.

Früh ins Bett, dort las ich Hertha Hurnaus, Gabriele Kaiser, Maik Nowotny (Hrsg.), Maschinenräume. Hinter der Kulisse der Wiener Ringstraße aus.

Eine großartige Idee, die nicht-öffentlichen Räume hinter den berühmtesten Gebäuden zu zeigen, unter den Bildern besonders atemberaubend die riesigen Säle unter den Dächern, und zu erklären, wie sie konstruiert und betrieben wurden. Die Aufsätze dazu berichten die Geschichte der Bebauung an der Ringstraße und erklären die Ingenieurskunst der Betriebsräume: Ich hatte mir tatsächlich noch nie Gedanken über die Belüftung eines Museums, Parlaments oder Theaters gemacht und lernte wundervolle Begriffe wie “Luftbrunnen”. Allen ans Herz gelegt, die sich für Wien, europäische Baukunst des 19. Jahrhunderts oder auch nur ungewöhnliche Architekturfotografie interessieren.

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Das bekam sogar ich als junge Frau ab, die sonst glücklich unbelästigt blieb, und war schwerstens genervt: Catcalling. Einmal drehte ich mich in Spanien sogar zum “Tschtsch!”-absendenden Mann um und blaffte ihn an, von welcher Wirkung er eigentlich ausgehe?! Dass ich ihm um den Hals falle?! In meiner Erinnerung grinste er verdutzt und schief, antwortete, dass doch bloß als Kompliment gemeint sei! Ich fluchte ihn kurz an und zog ab.

Doch die Frage bleibt und ist durchaus eine systematische Untersuchung wert: Warum machen Männer das?1 Das hat die Uni Salzburg getan, hier ein Bericht im Standard über die Ergebnisse:
“Studie zu Catcalling: Was Männer gemeinsam haben, die Frauen belästigen”.

„Lächel doch mal für mich“: Eine neue Studie zeigt, dass Empathielosigkeit und Gefühlskälte entscheidende Merkmale bei Männern sind, die Catcalling betreiben

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Dass echte Individualität und Unabhängigkeit extrem schwierig sind, wussten wir eh. Für netzpolitik.org dröselt Carla Siepmann auf, worin die Illusion auf Social-Media-Plattformen besteht:
“Individuell uniform”.

Wer in sozialen Medien unterwegs ist, der kann sich jeden Tag eine neue Box aussuchen, in die er hineinpasst oder von der er sich abgrenzen möchte: Kleidungstrends werden aufs Genaueste benannt, Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften werden kategorisiert, klassifiziert und anderen zur Schau gestellt, damit sie es bewerten. So sollen wir etwa „clean Girls“ oder „messy Girls“, Person „Type A“ oder „Type B“ sein. Deine Kategorie darfst du dir selbst aussuchen – solange du dich jener Kästen bedienst, die bereits existieren.

Diese Kategorien klingen nach Selbstverwirklichung, nach der Möglichkeit, sich neu zu erfinden. Tatsächlich aber sind sie Schablonen. Und wer eine Schablone wählt, landet zwangsläufig in der Masse derjenigen, die dieselbe gewählt haben.

(…)

Wer einen Trend bricht, riskiert Unsichtbarkeit. Der Algorithmus bevorzugt, was schon funktioniert. Also belohnt er Wiederholung, Konformität, Kopie. Und so scrollen wir durch Feeds, in denen dieselben Songs, dieselben Outfits, dieselben Typisierungen endlos variieren, wie ein digitales Déjà-vu.

  1. Wer schon wieder mit not all men kommt, darf zum Beispiel hier klicken. []
die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 23. Oktober 2025 – Die Krampffrage beim Schwimmen

Freitag, 24. Oktober 2025 um 6:40

Wieder weckte mich das Weckerklingeln in die Unwilligkeit (vier von fünf geschafft).

Zackiges Tempo im Morgenprogramm, da ich den Blogpost noch fertigschrieb und die beiden Fotos vom Abend unterbrachte.

Ich steckte Schwimmzeug ein, weil ich dringend nach überpünktlichem Feierabend ins Dantebad wollte (einzige Schwimmgelegenheit, die ich diese Woche sah), inklusive innigen Wünschen, von Krämpfen verschont zu werden, nachdem es mich beim jüngsten Versuch einer Nach-Arbeit-Schwimmrunde so böse erwischt hatte.

Arbeitsweg in angenehmer Luft und schönem Licht.

Abwechslung am Arbeitsplatz: Meine erste Tasse Tee war ein Earl Grey, WOOHOO!

Emsiger Vormittag. Meinen Mittagscappuccino nahm ich im Haus, Bewegung an frischer Luft holte ich mir mit einer Runde um den Block – gerade noch rechtzeitig, bevor der angekündigte Regennachmittag begann. Schon bei meiner Brotzeit am Schreibtisch (Äpfel, Quark mit Joghurt) prasselte es an die Fensterscheiben. Das ließ mich auf besonders leere Schwimmbahnen hoffen. Zur Krampf-Prophylaxe (da kann ich noch so oft recherchieren, “Für belastungsinduzierte Muskelkrämpfe (…) ist keine pharmakologische Therapie auf ausreichend hohem Evidenzniveau belegt.”) dehnte ich am hochgestellten Schreibtisch im Stehen immer wieder Waden, Fußsohlen, Beinrückseite.

Pünktlicher Feierabend, U-Bahn zum Westfriedhof. Es hatte aufgehört zu regnen, und ich ging von dort auf einer dicken, nassen Laubschicht, aber ohne Regenschirm zum Dantebad. Im mittel frequentierten Schwimmbecken freute ich mich über jede Etappe: Schon 1.000 Meter ohne Krampf! 1.500! 2.000! 2.500! Ich bekam tatsächlich meine üblichen 3.000 Meter voll, ganz wunderbar. Und das in einer sensationellen Herbst-Show: Die umstehenden Bäume hatten reichlich Herbstlaub ins Becken geschickt, ich sah es in der Unterwasserbeleuchtung schwebend gelb strahlen und auf dem Beckenboden in Haufen wabern – ein magischer Anblick. Ein bisschen irritiert war ich manchmal von der Bewegung eines Blatts aus dem Augenwinkel, weil ich fürchtete, gleich in eine andere Schwimmerin zu dotzen. Doch als ich mich nach meiner Schwimmrunde auszog und unter der Dusche zwei kleine Feldahorn-Blätter aus dem Badeanzug klaubte, fand ich das entzückend. (Und hoffe bereits auf eine Wiederholung nächste Woche.)

Wunderbare Anblicke auch jenseits des Beckenrands: Die zunächst bedrohlichen Ackerfurchenwolken rissen auf und ließen sich von der Abendsonne vergolden, bei jeden Atemholen auf den letzten 1.000 Metern ein neues romantisches Gemälde.

Der schöne U-Bahnhof Westfriedhof.

Zu Hause machte ich mich noch vor jedem Auspacken an die Abendessenszubereitung, Herr Kaltmamsell war aushäusig: Aus eben geholtem Ernteanteil gelbe Bete sowie restliche Quitten vom Blech. Ich hatte damit gerechnet, die Bete ohne Schälen in grobe Stücke zu schneiden, doch sie waren so verwachsen mit vielfarbiger Schale und mit Löchern, dass ich recht viel Arbeit mit ihnen hatte. In der letzten Backphase gab ich den Ernteanteil-Fenchel für 15 Minuten dazu. Das alles aß ich mit einem Zitronen-Tahini-Sößchen. Schmeckte wie die meisten meiner Kreationen eher rustikal, aber ok. Nachtisch Schokolade.

Sehr früh ins Bett zum Lesen, ich tauchte wieder ein in die Wiener Ringstraße und ihre Geschichte.

§

Stadtbild-Themen, ich weiß derzeit gar nicht, woher all die Wolken nehmen, aus denen ich falle.1
“»Mein Gesicht gehört mir« – und keinem Influencer”.

Großzügige Spenden und Geschenke für Menschen auf der Straße – das ist für viele Influencer*innen eine sichere Bank, um Likes und Reichweite zu bekommen. Aber hilft das den Menschen wirklich, denen geholfen werden soll? Oder verzweckt es Menschen für Content?

via Crocodylus

Felix Neumann hat dazu mit Martin Lauscher gesprochen, dem Leiter der Bahnhofsmission Essen.

Lauscher: Wenn wir Videos mit Leuten sehen, die wir kennen, fragen wir, ob wir es ihnen zeigen dürfen. Wir fragen nach: Wissen Sie, dass sie da im Netz zu sehen sind? Ist das für Sie in Ordnung? In manchen Fällen von Menschen mit psychischen Erkrankungen arbeiten wir auch mit deren Betreuerinnen und Betreuern zusammen. Aktuell haben wir einen Fall, in dem eine hochgradig psychisch erkrankte Frau betroffen ist. Da haben wir die gesetzliche Betreuerin informiert und sie gebeten, rechtliche Schritte im Sinne ihrer Mandantin zu prüfen.

§

Es sterben immer noch Tausende Menschen auf der Flucht übers Mittelmeer, das hat keineswegs aufgehört, nur weil es dieser Umstand nicht mehr in die Schlagzeilen schafft.
“Unbegleitet auf der Flucht”.

Viele Minderjährige fliehen allein übers Mittelmeer. Was NGOs, eine Psychologin und ein Seenotretter von ihrer Arbeit mit ihnen berichten.

§

“POV: Du bist ein Problem im Stadtbild”.

§

Die Britin Susie Dent schwärmt auf BBC4 vom Deutschen, u.a. vom Wort “Nacktschnecke”.

via @kid37

  1. War den Metaphernversuch wert, finde ich. []
die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 22. Oktober 2025 – Wie ich dann doch einmal ausflippen musste / Sauhund an den Kammerspielen

Donnerstag, 23. Oktober 2025 um 6:29

Als der Wecker mich aus hochinteressanten Träumen holte, war mein erster Gedanke: Drei von fünf Arbeitswochenwecken geschafft.

Das Aufstehen selbst gestaltete sich körperlich mühsam, meine schiefe und marode Lendenwirbelsäule plagt mich derzeit mit muskulären Schmerzen rundum, die über den Tag auch lustig die Beine runterziehen, mal das eine, mal das andere – ich weiß exakt, wie sich die Bewegungsform “hüftsteif” anfühlt.

Draußen war es düster mit nassen Straßen, doch ich sah niemanden mit Regenschirm vorm Haus. Als es gleich beim Losgehen tröpfelte, kehrte ich dennoch um und holte einen Schirm aus der Wohnung – der dann doch nur als Talisman fungierte, das Tröpfeln hörte gleich wieder auf.

Im Büro fühlte ich mich erschlagen und müde, vielleicht gerade weil das Adrenalin der vorhergehenden Arbeitstage fehlte und ich im Grund ruhig Dinge abarbeiten konnte.

Schon bald kam ich ohnehin beruflich raus an die frische Luft und spazierte zu einer Informationsveranstaltung. Dort litt meine schmerzende Kreuz- und Hüftgegend sehr unter den provisorischen Stühlen, doch ich erfuhr Interessantes.

Auf dem Rückweg verlor der Regenschirm seine Funktion als Talisman und hielt Regen von mir fern.

Sehr später Mittagscappuccino in der hauseigenen Cafeteria, entsprechend lang stand ich dafür an.

Spätes Mittagessen (Granatapfelkerne mit Joghurt, Hüttenkäse), weil mir ein Ausflippen zur eigentlichen Essenszeit den Appetit verdarb: Eine Ermahnung war die eine Umdrehung zu viel im Wahnsinn der Kombination Bundesreisekostengesetz/Bundesrechnungshof/Reiseabrechnung-Software, und nein, ich werde auch künftig nicht überprüfen, ob das einzige bezahlbare Hotel für eine Dienstreise nach München auch wirklich innerhalb des Münchner Stadtgebiets liegt. Abbekommen hatte dieses Ausflippen jemand, die wirklich nicht Schuld an dieser Kombination trägt, das tat mir leid. (Wo ich doch sonst im Arbeitsleben versuche, dem Bild des archaischen Kouros zu entsprechen.)

Fast so früher Feierabend wie geplant: Gestern Abend war die erste Theaterabo-Vorstellung der Spielzeit in den Kammerspielen terminiert, die Energie dafür würde ich nur durch Arbeitsende vor vier aufbringen.

In der Heimeranstraße hielt ich den herbstlichen Höhepunkt der Bodenblätterbuntizität fest, einen Regenschirm brauchte ich zum Glück nicht.

Einkäufe, Umweg über Goetheplatz für Briefmarken in der dortigen Post: Zum letzten Mal, ab 18.11. gibt es dort keine Post mehr. Ich las die Ankündigung beim Warten mit sinkendem Herzen (also würde ich hier keine Weihnachtspost mehr abwickeln können), der freundliche Schaltermann wies mich auch darauf hin. Bleibt von daheim aus noch die Post am ehemaligen Hauptbahnhof.

Bis daheim war ich heiser, weil ich in eine LALÜ!!!-Flut von Polizeiautos geriet, gegen die ich zusätzlich zu Ohrenzuhalten irgendwann nur noch anbrüllen konnte (musste trotzdem weinen).

Häuslichkeiten, dann buchte ich mit Herrn Kaltmamsell an meiner Seite die Bestandteile unseres Berlin-Ausflugs – fast, denn als ich an die Kabarettkarten nicht rankam, ohne mir im Theater ein Online-Benutzerkonto anzulegen, rastete ich wieder aus. Gestern konnte ich nicht noch einen menschenfeindlichen Wahnwitz vertragen, ein weiteres Benutzerkonto mit einem weiteren Passwort (ich verwalte derzeit ungefähr 300 davon) ist absolut unnötig. Wie sich umgehend zeigte, als ich unsere Friedrichstadtpalast-Karten über Paypal kaufte: ohne Benutzerkonto.

Eine Einheit Yoga, zum etwas vorverlegten Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Ernteanteil-Karotten aus dem Ofen sowie Stangenbohnen aus dem elterlichen Garten: Sie hatten sich dieses Jahr sehr viel Zeit gelassen mit dem Wachsen, wir bekamen die gesamte Ernte des Sonntags geschenkt.

Gegeben wurde an den Kammerspielen Sauhund nach dem Roman von Lion Christ (Theaterstücke werden im Theater ja praktisch nicht mehr gespielt), die gespielte “Fassung” von Ludwig Abraham, Hannah Baumann, Florian Fischer, Elias Krischke, Annette Paulmann, Tobias Schuster, Edmund Telgenkämper, also ein Gruppendrama. Das Thema, “80er in München: gay, vom Land, lebenshungrig”, las sich schonmal attraktiv, 1h 40min Aufführungsdauer ebenfalls.

Der Abend passte dann genau zur Beschreibung, erzählte die Geschichte von Flori aus Wolfratshausen in den 1980ern in München, freundlich und naheliegend inszeniert, mit nichts Neuem zum Thema (wobei es mir ja doch jedesmal das Herz zerreißt, wenn es um die grausige Schneise geht, die Gevatter AIDS in dieser Zeit schlug – inklusive dem unmenschlichen Sonderweg der bayerischen Politik dazu). Die Übertragung von Romanform auf die Bühne griff hauptsächlich zum Erzählmittel aufgesagter Romantext. (We want theater play.)

Einiges sah nach Sparmaßnahmen aus: Die drei hervorragenden Darster*innen Elias Krischke, Annette Paulmann (<3), Edmund Telgenkämper spielten alle Rollen, umgezogen wurde sich viel auf der Bühne, ein einziges Bühnenbild ohne Chichi oder Gewackel aus einer Wand mit Fotos aus der Zeit, die nacheinander und zum Schluss alle erschienen. Der Zuschauerraum zu 80 Prozent gefüllt, das freute mich.

Schöner Heimweg durch die ruhige, milde Herbstnacht, unter anderem vorbei an der Synagoge.

§

“The Architecture and Planning of Fascist New Towns in Sardinia”.

via @sauer_lauwarm

Weil’s darin erwähnt wird, erinnerte ich mich: Meine Tante Barbara, Schwester meiner Mutter, hatte ja nach Italien geheiratet und war exakt in einem dieser Mussolini-Orte in den pontinischen Sümpfen gelandete, Pontinia. Das prägte durch die Familienurlaube dort lange mein Italien-Bild, und ich verstand als Kind und Jugendliche wirklich nicht, was die Deutschen immer mit ihrer Italien-Begeisterung hatten.
(Später gefolgt vom Unverständnis für deutsche Grappa-Begeisterung – den ich nur als Selbstgebrannten vom Bauernhof kannte, geschmackliche Alternative zu Rattengift.)

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 21. Oktober 2025 – Arbeitstag rumgebracht

Mittwoch, 22. Oktober 2025 um 6:21

Letzter Teil der Nacht etwas unruhig, doch ich schlief bis Weckerklingeln. In der letzten Halbschlafphase hatte ich die Idee für einen Kurztripp nach Berlin gleich nach Silvester – mit Besuch des Kabarettistischen Jahresrückblicks und der neuen Glitzer-Show im Friedrichstadtpalast.

Arbeitsweg in schon arg Düsterem, ich freute mich auf die kurze Phase Morgenhelle nach Zeitumstellung – bis es dann wirklich winterdunkel wird bis März.

Emsigkeiten im Büro, einen neuen, eigentlich schnellen Auftrag schrieb ich sofort auf meine Jobliste, um schon nach 30 Minuten Arbeitstag etwas wegstreichen zu können.

Ohnehin viel zügiges Abarbeiten, einen kurze Moment lang hatte ich überhaupt nichts Ekliges auf meiner To-do-Liste.

Außerdem entwickelte sich in meinem Hirn die Berlin-Idee weiter und erhellte schonmal durch Vorfreude meinen Tag.

Mittagscappuccino im Westend, es war schön hell und überraschend mild.

Zu Mittag gab es eine Avocado, außerdem ein Stück Empanada vom Vorabend (dieser Hefeteig schmeckt auch am nächsten Tag noch richtig gut).

Der Nachmittag war anstrengend. Ich musste mich sehr ärgern (wenigstens nicht über mich, das ist das Schlimmste) und mir immer wieder vorsagen: Es hängt kein Menschenleben davon ab. Es hängt kein Menschenleben davon ab. Es hängt kein Menschenleben davon ab.

Nach Feierabend spazierte ich in weiterhin herrlicher Herbstluft und wunderschönem Licht nach Hause, Einkaufsabstecher nur in den Drogeriemarkt.

Daheim Häuslichkeiten, Yoga, Brotzeitvorbereitung.

Herr Kaltmamsell servierte den Ernteanteil-Chinakohl in zwei Varianten:

Mapo Tofu links, mit Karotten (Ernteanteil), Sojahack und Sechuanpfeffer rechts – beides hervorragend. Nachtisch nochmal Ofenquitte mit griechischem Joghurt und Honig, Schokolade.

Der Fernseher blieb sogar zur Hintergrundberieselung aus, auch fürs Berlinreisebuchen waren wir beide zu erschöpft. Lieber pflegte ich Freundschaften und ging früh ins Bett zum Lesen.

die Kaltmamsell