Journal Montag, 3. April 2017 – Gewitter und Besuch

Dienstag, 4. April 2017 um 9:07

Möglicherweise habe ich schon eine ganze Woche kein Foto von der Bavaria auf der Theresienwiese gepostet, Skandal.

Beim Heimgehen Gewittergrollen, wenig später wurde ich beim Radeln zur Abendverabredung eingeregnet – zum Glück mit Ansage, ich trug meinen Regenumhang.

Wundervoller Abend mit Luxemburger Besuch im köstlichen und ausgesprochen freundlichen Keko.
Trocken nach Hause gekommen.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 2. April 2017 – Hummeln im Sonnenlicht

Montag, 3. April 2017 um 6:53

Wenn sich die Wettervorhersage auf diese Weise irrt, mag ich das schon: Der Umschwung war ja schon für Samstag angekündigt gewesen, am Samstagabend wurde für Südbayern Regen angekündigt. Doch ich wachte zu blauem Himmel auf, der sich bis Sonnenuntergang über einem weiteren Frühsommertag spannte.

Zum Laufen (mit Fahrrad nach Thalkirchen, von dort nach Pullach und zurück) war ich sogar zu warm gekleidet: Ich hatte die Temperatur auf meinem Balkon als Maßstab genommen und schwitze im langärmligen Kapuzenoberteil ganz schön. Entsprechend bevölkert waren Wege und Kiesbänke, Thalkirchen war bereits Grillrauch-umwabert, die Radwege voll wie im Juli (wir müssen über ausgreifende Blade RunnerRoller Blader auf Fahrradwegen reden) (und über radelnde Eltern, die ihre Kleinkinder auf komplett verkehrsuntüchtigen Spielzeugradln dabei haben).

Ich sah einen Bussard kreisen und viele Hummeln – letztere waren mir schon vor einer Woche beim Wandern aufgefallen, auch am Samstag auf dem Friedhof (neben neugierigen Wespen).

Auf dem winterschmutzigen Balkon gesessen, Zeitung gelesen, die Vögel am Meisenknödel beobachtet. Ein Buchfink jagte mir einen Schrecken ein, als er vom Balkonsims ein zu großes Korn aufpickte: Minutenlang konnte er es weder schlucken noch fallen lassen, es schien seinen Schnabel verkeilt zu haben. Als er damit wegflog, sah ich ihn schon elendiglich verhungern. Kurz darauf hüpfte er wieder auf dem Sims herum, ohne Korn. (Ich nehme an, dass es derselbe war: Da ich nie mehr als einen Buchfink zugleich auf unserem Balkon sehe, ist es wohl immer derselbe.)

Im Bett noch lange Philip K. Dicks Do androids dream of electric sheep? gelesen, sehr angetan (der Film dreht sich zwar um dasselbe Grundproblem, seine Handlung aber ist schon sehr weit weg von der Vorlage). Doch selbst nach der Hälfte des Romans ist der Begriff Blade Runner nicht aufgetaucht.

§

Da wohne ich mitten drin und habe trotzdem nichts mitbekommen: Keine der neun Moscheen in der Landwehrstraße gibt es mehr, Münchens gläubige Muslime habe ein echtes Problem.
“Muslime haben in München kaum Platz zum Beten”.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 1. April 2017 – Führung durch den Alten Südfriedhof (Mittlerer Weg)

Sonntag, 2. April 2017 um 9:41

Dass der Alte Südfriedhof die Honoratioren der Münchner Stadtgeschichte beherbergt, wurde mir schon beim ersten Besuch klar, kurz vor der Jahrtausendwende, als ich eben nach München und nur zwei Ecken weiter gezogen war: Ich kannte die Namen auf den Grabsteinen als Straßennamen – und die wiederum bereits aus meiner Ingolstädter Kindheit, weil diese Straßennamen regelmäßig in den Verkehrsnachrichten des Radiosenders Bayern 3 auftauchten. Effnerplatz, Oskar-von-Miller-Ring, Schwanthalerstraße, Trappentreutunnel waren mir vertraut, und hier lagen sie dann, die Effners, Millers, Schwanthalers und Trappentreus. Dazu die Lindwurms, Nußbaums, Ziemssens, Pettenkofers und Reichenbachs, nach denen umliegende Straßen benannt sind. Ebenfalls vertraut waren mir sofort die Namen, die man mit den großen Brauereien der Stadt verbindet.

Er ist ein Juwel, dieser Friedhof, und ich versuche meine Wege so oft wie möglich so zu legen, dass ich es passiere (sie kennen die Fotos von dem einen oder anderen Blogpost – hier ein Sommerbild, hier tief verschneit). Einen guten Überblick über Geschichte und Gräber berühmter Menschen gibt der Wikipedia-Artikel.

Vor einiger Zeit hatte ich mitbekommen, dass es Führungen über den Südfriedhof gibt, und ein Abo der zugehörigen Facebook-Seite erinnerte mich daran. Die Führungen sind gründlich und nehmen sich immer nur einen Teil des Friedhofs vor – eine gute Idee. Gestern ließen Herr Kaltmamsell und ich uns die Gräber interessanter Persönlichkeiten zeigen, die am Mittleren Weg beerdigt wurden – laut Erklärung von Florian Scheungraber die drittbeste Lage am Platz (die erstbeste waren die damaligen Arkaden am Kopf des Friedhofs, die zweitbeste die an der umgebenden Mauer). Scheungraber ist gelernter Steinmetz und als Mitarbeiter der Städtischen Friedhofsverwaltung auch offiziell Experte für diesen Ort. Wir waren eine sehr kleine Gruppe, und das bot Zeit und Raum für Detailnachfragen – ein Glück, denn Florian Scheungraber scheint schlicht alles über den Friedhof zu wissen.

Die Geschichte hinter den bestatteten Persönlichkeiten erschloss mir auf besonders reizvolle Weise die Geschichte Münchens; unser Guide stellte Bezüge her, erzählte Anekdoten (immer mit Verweis, wie historisch abgesichert oder nicht sie waren), verband all das immer wieder mit der Geschichte des Friedhofs selbst. Hier hat er auf seiner Website die gestrigen Eckpunkte zusammengefasst.

Wir bekamen sehr viele Details, alle spannend und interessant erzählt. Gemerkt habe ich mir: Alle Einflussreichen in München waren irgendwie miteinander verwandt (auch beruflich: der eine lieferte Baumaterial, der andere war Architekt, der dritte hatte den Baugrund). Und in München galt schon immer: Wer drin ist, ist drin. Zudem kenne ich jetzt den Ursprung der ewigen Wahrheiten: “Wer ko, der ko” sowie “Nix g’wieß woaß ma net.” Von einem Grabstein habe ich mein neues Berufsziel “Münchner Original”.

Es wurde sehr klar, mit welcher Leidenschaft und Akribie Florian Scheungraber die Hintergründe des Friedhofs und seiner Bestatteten recherchiert. Immer wieder verwies er auf neueste Entdeckungen, wog ab gegen vorher Recherchiertes, das dazu im Konflikt stand oder es ergänzte und bestätigte. Zum Beispiel hatte er eben die Lage und den Hintergrund des Grabs eines Vorfahren einer Dame in unserer Gruppe herausgefunden (auf ihre Bitte), bei dieser Gelegenheit, dass ein weiterer ihrer Vorfahren auf dem Alten Südfriedhof liegt. Unterm Arm hatte Scheungraber einen dicken Ordner, gefüllt mit Bildern und anderem Material, die seine Ausführungen illustrierten. Und nie klang er bei aller Begeisterung für die Details vergangener Zeiten nach Früherwarallesbesser – was ich bei Heimatkundlern ein wenig zu fürchten gelernt habe -, ganz im Gegenteil.

Zwischendurch lernte ich unter anderem, dass dieser Friedhof, der heute zentralstes München ist, im 16. Jahrhundert ganz explizit vor den Stadttoren und ganz weit draußen gegründet wurde. Oder dass die freien Wiesenflächen zwischen den Grabsteinen durch den Bombenangriff im Oktober 1943 entstanden. Sie sind weiterhin Grabstätten, nur halt ohne Steine, weswegen es auch nicht so gern gesehen wird, wenn Leute dort picknicken. Aus seiner beruflichen Tätigkeit erzählte Florian Scheungraber, wie er mit einem Kollegen regelmäßig die Standsicherheit der Grabsteine prüft (was im April 2004 zur Sperrung des Friedhofs führte: Nach einer Entfernung von Efeu im Herbst 2003 waren die Steine über den Winter wacklig geworden – der Efeu hatte sie zusammengehalten, in die entstandenen Lücken war Wasser eingedrungen und hatte Frostschäden verursacht). Als Steinmetz konnte er zudem Auskunft zum Material der Grabmäler geben: Die alten Steine, die am schlimmsten korrodiert aussehen, bestehen demnach aus sogenanntem Rosenheimer Granit – war bei seiner Entdeckung im 19. Jahrhundert wegen bläulicher Einschlüsse sehr angesagt, eignet sich aber überhaupt nicht für Einsatz unter freiem Himmel.

Nach der Führung sehe ich schon jetzt meinen liebsten Nachbarschaftsfriedhof mit anderen Augen – und verstehe auch das Verbot von Fahrradfahren und Hunden besser: Florian Scheungraber erzählte zu beidem unangenehme Vorfälle. Und so sprach er auch während unserem Spaziergang Radler und Hundebesitzer an; bemerkenswert war die Unverschämtheit, mit der die Angesprochenen reagierten – auch wenn sie nicht wissen konnten, dass Scheungraber sie von Berufs wegen zur Räson rief.

Mal sehen, wie viele weitere dieser Führungen ich erwische. Ganz abgesehen davon, dass ich jetzt von Spezialführungen zu den Themen Typografie, Botanik, kunsthistorische Entwicklung der Grabmäler träume.

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Die Kastanien vorm Balkon geben Pfötchen.

Morgens war ich durch diesen weiteren Frühsommertag (auf dem Friedhof hatte ich unter den noch laublosen Bäumen Sonnenbrand befürchtet) zum Schwimmen ins Olympiabad geradelt. Ich hatte eigens einen Umweg gemacht (die Bauarbeiten um den Hauptbahnhof zwingen weiterhin zu immer neuer Routenplanung), um nach den Kirschblüten in der Agnesstraße zu sehen: Zu meiner Überraschung waren sie noch nicht so weit.

Dafür sah der neu hergerichtete Josephsplatz prächtig aus:

Schwimmen war nur mittelvergnüglich: Mein eingeklemmter Nackennerv bewirkte, dass mir das kontinuierliche Kopfheben beim Kraulen (für optimales Atmen zur Seite) Schmerzen verursachte. Ich biss die Zähne zusammen und hielt durch, weil ich mir nicht die (ohnehin etwas gereizte) Laune dadurch versauen wollte, dass ich meine drei Kilometer nicht schaffte.

Abends (der Himmel war mittlerweile zugezogen) wurde es sehr lukullisch. Herr Kaltmamsell servierte Udon-Suppe und Tintenfischsalat, ich hatte Mohn-Käse-Streuselkuchen nach Grain de sel gebacken.

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Da schau her: Die neue Rechte möchte Latein sprechen. Lateinprofessorin Mary Beard nimmt sich die Fehlverwendung vor:
“The Latin Right”.

Rule number one is always, don’t quote Latin if you don’t know it!

(Haken ist natürlich, dass die entsprechenden Herren von ihrem Vollcheckertum überzeugt sind.)

Als Beispiel wollte ich anführen, dass ich mal jemanden kannte, der “divide et impera” oft und immer im Sinn “einen Job aufteilen, um ihn besser bearbeitbar zu machen” verwendete. Doch nun höre ich von Herrn Kaltmamsell, dass “divide and conquer” in der Informatik genau in diesem Sinn Standard ist. Gehört dann wohl doch zu den populären Uminterpretationen, die sich festgesetzt haben (siehe “Denk ich an Deutschland in der Nacht” et al.).

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 31. März 2017 – Frühsommer praecox

Samstag, 1. April 2017 um 8:30

Waren Märze schon immer so lang? Ich hatte so viel davon, dass ich höchst verwundert über den Aprilanfang erst am Samstag war.

Erst muss ich hier noch Reste vom Donnerstag aufräumen (Chronikfunktion des Blogs etc.):
Abends gab es da nämlich zum Nachtisch die ersten Erdbeeren des Jahres, die mich beim Einkaufen im Süpermarket so unverschämt angeduftet hatten. Waren aus Italien, schmeckten aber nur wenig aromatisch.
Der gleiche Himmel im ZDF ferngesehen wie schon die ersten beiden Teile (hier in der Mediathek). Überraschend gutes Drehbuch, gute Schauspieler, interessante Geschichte, keine Beleidigungen meines Verstands oder Geschmacks, so dass ich nicht wie sonst bei deutschen Fernsehproduktionen schnell wegschalten wollte.
Gutes offenes Ende.

§

Der gestrige Freitag war ein Frühsommertag, viel zu warm für März. Zwar freute ich mich sehr über die Sonne, genoß es, ohne Jacke heimlaufen zu können. Doch der erste Biergartenabend noch im März, vor Ostern? Unter Kastanien, deren Knospen gerade mal aufgesprungen sind? Das war schon sehr seltsam.

§

Mek versucht auf ebay zu handeln und scheitert auf unerwartete Weise:
“[was schön war, KW11]”

die Kaltmamsell

Lieblingstweets März 2017

Freitag, 31. März 2017 um 18:49

Diesmal sind Kurzgeschichten in Tweets dabei.

Nachtrag: Mehr Sammlungen von Lieblingstweets hat wieder Anne Schüßler gesammelt.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 30. März 2017 – korrekte Gefühle

Freitag, 31. März 2017 um 5:25

Ich wünschte, ich könnte mich über nicht bearbeitbare Anliegen einfach aufregen, doch ich ich frage mich in erster Linie, wie jemand dazu kommt (UND rege mich innerlich auf). Anfragen, zu deren Beantwortung 95% der Voraussetzungen nicht mitgeliefert werden. Oder Anrufer, die nicht mal ihren Namen nennen, eine Aussage treffen und dann warten. Ich bin sicher, dass diese Menschen erwarten, so zum Ziel zu kommen – wie ist wohl ihr Gedankengang dahinter?

Nochmal Frühling mit aller Macht und Sonne, aber mit Jahreszeit-gemäßer Frische und mit Wind.

§

Das sehe ich auf Twitter immer häufiger: “Threads” werden genutzt, um längere Gedankengänge oder Erlebnisse zu schildern. (Sie sehen am Herzchen, welche Beobachtung für mich am wichtigsten war. gez. Hulk)

via @dyfustic

Das erinnerte mich an die Gefühlspolizei, die mich zeitlebens kontrolliert und einordnet, ob ein Affekt korrekt und angemessen ist. Resultate:
Das viele Jahre lange schlechte Gewissen, weil ich doch so eine großartige Kindheit hatte, mich aber fast nur an unangenehme Gefühle erinnerte.
Schuld und Scham, weil ich solch großartige Jobs mit Erfolg und Anerkennung hatte, aber trotzdem morgens auf dem Weg in die Arbeit heulte.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 29. März 2017 – Blühende Bäume

Donnerstag, 30. März 2017 um 5:37

Ein herrlich sonniger Tag mit Schäfchenwolken.
Blöderweise kam jetzt die linke Seite meines Rachens auf die Idee mit den Schmerzen, zum Glück nicht so brutal wie die rechte am Wochenende. Wieder Aspirin, wieder Gurgeln, wieder kein eigentliches Krankheitsgefühl.

Feierabends auf dem Heimweg freute ich mich sehr am Blütenausbruch der Bäume, manchmal sogar mit Duft.

die Kaltmamsell