Vom meinem Vater habe ich gelernt, Messer vor dem Einsatz praktisch immer zu schärfen, und zwar mit einem Wetzstahl, den er mir zusammen mit best bestückten Werkzeugkasten der Welt zum Auszug schenkte. Vermutlich wusste ich deshalb lange Zeit nicht, was wirklich scharfe Messer sind: Ich hielt das Ergebnis meiner Wetzerei irrtümlich für Schärfe.
In der Folge wunderte ich mich, dass ich am liebsten zu Messern mit Wellenschliff griff, um Tomaten, Zwiebeln, Paprikaschoten klein zu schneiden: Die normalen großen Messer, die Fernsehköche dafür verwendeten, eigneten sich in meiner Küche bei weitem nicht so gut.
Hellhörig wurde ich, als Hande – eine von mir sehr bewunderte Köchin – erzählte, dass sie ihre Messer regelmäßig zu einem professionellen Schleifer bringt. Und ein Mithelfen in ihrer Küche ergab tatsächlich einen deutlichen Unterschied im Schneideverhalten ihrer Messer.
Wirklich überrascht und damit überzeugt hat mich dann aber ein zufälliges Erlebnis. Ich wurde in einer professionellen Küche gebeten, Brot zu schneiden (einer der wenigen Handgriffe, die ich mir auch unter den Augen eines Kochs mit Meisterbrief zutraue), und auf dem Scheindebrett lag ein normales großes Messer ohne Wellenschliff. Seufzend griff ich dazu und sah mich schon statt Scheiben 1a Knödelbrot säbeln. Bis die Klinge durch das knusprige Bauernweißbrot glitt wie durch die sprichwörtliche Butter – sie war halt höllenscharf.
Seither plante ich, alle großen Küchenmesser und alle Scheren zum professionellen Schleifen zu geben, schließlich fuhr ich oft mit der Straßenbahn an einer traditionellen Münchner Messerschleiferei vorbei: am Messerladen Dummer in der Müllerstraße. In seinen Ferien brachte der Mitbewohner unsere Messer und Scheren dorthin – natürlich in zwei Lieferungen, damit genug Schneidewerkzeug in der Küche blieb. Das Ergebnis ist sensationell, wir lernen gerade, was wirklich scharfe Messer sind. Und sind vor Begeisterung fassungslos: Frisches Roggenbrot gibt es jetzt auch in unter-fingerdicken Scheiben, selbst die dicke türkische Petersilie hacke ich sekundenschnell, an Zwiebeln rutsche ich beim Würfeln nicht mehr ab.
Kostenaufwand: 10 Euro pro Messer und Schere – was zumindest im Fall meines allerersten Küchenmessers den Anschaffungspreis übersteigt. Dazu kommen die Kosten für zusätzliche Pflaster: Die ungewohnte Superschärfe hat bereits zu einigen kleinen Unfällen geführt.