Archiv für Januar 2019

Journal Samstag, 5. Januar 2019 – Oben Schnee, unten Matsch – und Gruppensportkrise

Sonntag, 6. Januar 2019

Meine Weihnachtsferien (die ich bitter nötig hatte) neigen sich dem Ende zu, schon fange ich wieder an mich innerlich zu verspannen und jede noch so kleine Aufgabe als Last anzusehen, der ich auszuweichen versuche wie sich ein gefangenes Huhn im Käfig vor der greifenden Hand wegduckt.

Ein Schneetag, bei Temperaturen leicht über Null allerdings mit Hang zum Matsch.

Plan war gestern eine bis zwei Turnstunden im Verein, endlich mal wieder. Doch obwohl ich glaubte, die Vereinswebsite in allen Ecken auf Infos über Änderungen aufgrund von Weihnachtsferien durchsucht zu haben, stand ich zur üblichen Stunde allein in der Turnhalle. Also strampelte ich auf dem Ellipsentrainer, ruderte an der Rudermaschine, machte selbstständig ein paar Bauch- und Rückenübungen, bis ich 90 Minuten voll hatte.

Nochmaliger Check der Website brachte mich zu spät zur Meldung, dass in den Weihnachtsferien keine Stunden stattfinden würden. Das ist halt dann doch langsam ein Problem: An Wochenenden, Feiertagen, in Ferien habe ich am meisten Zeit für Sport. Doch genau dann ist das Programm am dünnsten oder fällt ganz aus. Einen Crosstrainer habe ich auch daheim, Gymnastik kann ich mit FitnessBlender machen; die Vereinsmitgliedschaft sollte mich mit Langhanteltraining und Step Aerobic versorgen – und tut das nicht recht (was zugegebenermaßen auch daran liegt, dass ich mich spät abends schwer zum Sport aufraffen kann). Ein halbes Mitgliedsjahr schaue ich mir das noch an. Vielleicht ist meine Zeit des Gruppenturnens einfach vorbei.

Beim Frühstück sah ich vor dem Fenster im Schneefall einen interessanten Vogel sitzen. Doch diesmal war der scheinbare Sperber auf Ast dann doch – durchs Fernglas besehen – eine Wildtaube.

Ein paar Lebensmittel fehlten noch fürs Wochenende. Ich ersparte Herrn Kaltmamsell das nasse Draußen und ging selbst Einkaufen.

Für die Dreikönigseinladung bei den Schwiegereltern machte ich mich ans Brotbacken, den bewährten 7-Pfünder. Zu meiner Beruhigung klappte jeder Schritt wie erwartet, der Teig ging gut auf. Am Sonntag wird sich beim Aufschneiden zeigen, ob ich mit dem neu angesetzten Sauerteig wie mit dem alten weiterarbeiten kann.

Nachmittags hielt ich die in den Hühnerkäfig greifende Hand aus und erledigte ein paar Dinge fürs große Fest.

Als Abendessen hatte ich schöne Artischocken besorgt, die gab es zur Vorspeise mit Knoblauchmajo. Und dann hatte Herr Kaltmamsell in der reichlichen restlichen Ochsenschwanzsoße Nudeln gekocht – eine Technik, die er gerne anwendet.

Abendlektüre war die ausführliche Einführung in den Fotoband Vivian Maier. A Photographer Found, den ich mir selbst zu Weihnachten geschenkt hatte. Zum einen erfuhr ich daraus, dass Maier auch Super-8-Filme und Kassettenaufnahmen hinterlassen hat. Zum anderen lernte ich, wie Museumskuratorinnen über Fotografie denken, und wie es ein noch zu verarbeitendes Problem ist, dass Maier kein Teil des Kunst- oder auch nur Veröffentlichungssystems war. Offensichtlich sind der Künstler oder die Künstlerin und deren Absichten in der Kunstwissenschaft erheblich enger mit dem Werk verknüft als in der Literaturwissenschaft – hier gäbe es überhaupt kein Rezeptionsproblem mit einem posthum entdeckten Oeuvre einer Unbekannten.

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“Zu günstig für München”.

Vorwurf „Liebhaberei“: Wer in der bayerischen Landeshauptstadt billig vermietet, bekommt Probleme mit dem Finanzamt.

Darauf muss man erst mal kommen: Wenn ein Hausbesitzer nach Ansicht des Finanzamts zu niedrige Mieten ansetzt, kann er Instandhaltungsausgaben für Haus nicht mehr absetzen, weil ihm das Finanzamt dann unterstellt, er betreibe das Vermieten nur als Hobby.

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Das kommt in mein Testament.

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Das Museum of English Rural Life ruft auf Twitter

Und Museen sowie Sammlungen aus der halben Welt spielen mit, hier der ganze Faden.
(Große Internetliebe.)

Journal Freitag, 4. Januar 2019 – Residenz und Das Bad

Samstag, 5. Januar 2019

Drecksmigräne – in der Nacht auf Freitag kam sie einmal mit Allem vorbei. Ich hatte es nicht glauben wollen und erst mal Ibuprofen genommen (einmal hatte das ja geholfen), doch nach einem ausführlichen Klobesuch war klar, dass es wieder Triptan brauchte. In meinen Bademantel eingepackt zurück ins Bett, nach der Phase mit abwechselnd Schweißausbrüchen und Schüttelfrost schlief ich ein.

Noch ein Glück hatte ich gestern eh keinen Sport geplant. Nach langem Schlaf und ausführlichem Morgenkaffee holte ich mit Herrn Kaltmamsell den Besuch der Münchner Residenz nach.

In sachtem Schneefall spazierten wir hinüber, die anstehende Schlange war überschaubar.

Herr Kaltmamsell, der die Residenz schon zweimal besucht hatte, empfahl, mit der Schatzkammer anzufangen. Ein guter Rat, denn nach den Räumen der Residenz selbst, also dem Residenz-Museum, hätte ich keine Aufmerksamkeit mehr gehabt: Das Gebäude ist riesig! In den drei Stunden unseres Aufenthalts konnte ich nur einen kursorischen Blick auf alles werfen, hin und wieder Hintergrundinfos vom Audioguide holen. Dabei ist die Einrichtung der Räume ohnehin nicht allzu interessant: Die Residenz wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört (die verheerenden Luftangriffe im März und April 1944), von den Originalmalereien an Decken und Wänden ist fast nichts erhalten. Das ausgestellte Mobiliar kommt aus allen möglichen anderen Schlössern und Besitzen.

(Erster Einsatz des irischen Wollpullovers)

Die vielen Besucher verliefen sich in dem großen Areal. Zum ersten Mal machte ich Bekanntschaft mit einer neuzeitlichen Erscheinung: Besucherinnen und Besucher, die nichts direkt anschauten, sondern ausschließlich Fotos mit ihren Smartphones machten, also mit ausgestrecktem Arm und Blick aufs Display durch die Räume gingen – nun, jede wie sie mag, doch durch diesen Tunnelblick waren sie eine Stolpergefahr.

Den Königsbau ließ ich aus, weil nicht mehr aufnahmefähig, außerdem schwächelte Herr Kaltmamsell arg.

Durch Schneematsch gingen wir heim (Schneematsch, der unter den Sohlen der vielen Menschen auf dem Marienplatz ein interessantes Konzert veranstaltete), dort zum Frühstück Orangenquark und sulziges Brot (halb vier ist selbst für mich spät), Zeitunglesen, Häkeln mit dem 35c3-Vortrag von Anne Roth “Stalking, Spy Apps, Doxing: Digitale Gewalt gegen Frauen”.

Abends hatte sich alter Blogadel in München angekündigt, mit dem wir nach seinem Arbeitseinsatz auf der Messe verabredet waren. Ich nahm das zum Anlass, ein interessantes neues Lokal auszuprobieren: Aus dem denkmalgeschützten Klohäusl an der Theresienwiese ist eine Wirtschaft geworden, das Bad.

Vorne Wiener Backhendl, hinten Spanferkelrollbraten.

Schöner Raum, freundlicher und aufmerksamer Service, das Essen anständig. Ich freute mich sehr, den Herrn aus Blog-Urzeiten wiederzusehen und den Eindruck zu bekommen, dass es ihm gut geht.

Journal Donnerstag, 3. Januar 2019 – Misslungenes Brot, gelungener Ochsenschwanz

Freitag, 4. Januar 2019

Länger geschlafen (schlimmer Anfang der Nacht, als ich vor Schmerzen nicht schlafen konnte, Herrn Kaltmamsell wegschickte, damit ich genug Platz für eine Unterschenkelstufe hatte, die ich mir aus drei Decken faltete – erst die entlastete meine LWS-Bandscheiben wirkungsvoll), zu einem kalten, grauen Tag aufgewacht.

Programmpunkte für diesen Ferientag: Brotbacken, Schwimmen und Ochsenschwanzkochen.

Ersteres (Schokoladenbrot nach Twitterbeschreibung von @fuchsbrom) war beim Gären schon verdächtig wenig aufgegangen, im Ofen dann aufgerissen – aber doch völlig misslungen. (Vielleicht ist mein neuer Sauerteig nicht triebkräftig genug?)

Zum Schwimmen radelte ich dick angezogen hinaus ins Olympiabad, plauderte mit der Kassendame über den Klimawandel (“I schau ja, dass ich koa Plastik mehr verbrauch.” – hm), schwamm angenehm und fast ungestört meine drei Kilometer. Auf dem Rückweg radelt ich beim Buchladen zum Abholen bestellter Bücher vorbei und bekam Ausflugstipps für den Starnberger See auf der östlichen, also Oskar-Maria-Graf-Seite.

Zum Frühstück ein paar Scheiben klitschiges Brot – muss ja weg.

Da der Ochsenschwanz mindestens drei Stunden Schmorzeit brauchen würde, begann ich frühzeitig das Nachkochen des Rezepts Coda alla vaccinara aus Rachel Roddys Five Quarters: Fleischstücke erst kurz in Wasser gekocht, dann angebraten, mit Karotte, Zwiebel, Sellerie, Rotwein, Pelati geschmort, kurz vor Ende nochmal ordentlich Stangensellerie, ein wenig Rosinen und Pinienkerne dazu. Da Ochsenschwanz gerne mal nicht genug gekocht serviert wird (zum Beispiel bei meiner jüngsten Wirtshausbestellung des Gerichts), kalkulierte ich die Schmorzeit sehr großzügig, ging während dessen Obsteinkaufen in den Süpermarket (Herrn Kaltmamsell für Notfälle daheim wissend), buk eine Portion meines Standard-Granolas, las die Tageszeitung, servierte zum Aperitif einen Cosmopolitan (unsere Standardänderung: 6 cl Cranberrysaft).

Nach gut dreieinhalb Stunden sanftem Schmoren fiel das Ochsenschwanzfleisch tatsächlich so vom Knochen, wie ich das haben wollte, ich servierte.

Mit dem Ergebnis war ich zufrieden. Es schmeckte köstlich, die dezenten Pinienkerne und Rosinen machten sich überraschend gut, wir halten fest: Ich kann Ochsenschwanz.

Abend-Entertainment: Arte zeigte Hitchcocks Bei Anruf Mord. Nun, schon arg deutlich ein verfilmtes Theaterstück, arg dialoglastig in der Informationsvermittlung, die weiblich Hauptrolle fast unerträglich stereotyp feminin hilflos und verschreckt angelegt. Aber hin und wieder originelle Kameraeinstellungen mit interessantem Einsatz von Licht.

Im Bett las ich weiter in Ursula K. Le Guins The Dispossessed, das mich von der ersten Seite an gefangen hatte.

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Seit dem Claas-Relotius-Skandal mit erfundenen Artikeln und Artikel-Teilen wird viel über internen Fakten-Check in Redaktionen nachgedacht. Eva Wolfangel hat als freie Journalistin für große deutschsprachige und englischsprachige Magazine geschrieben und vergleicht deren Fact-Checking-Kulturen an selbst erlebten Beispielen (die des Spiegel kommt dabei nicht gut weg):
“Wie wir JournalistInnen unsere Fakten prüfen”.

via @niggi

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Wundervoller Twitter-Thread, in der Hollywood-Filmstereotypen bestimmter Berufe zusammengetragen werden, beginnend mit:

Ganzer Thread.

via @alexmatzkeit

Journal Mittwoch, 2. Januar 2019 – Magisches Buch, nachgeholter Neujahrslauf, endlich wieder Theater

Donnerstag, 3. Januar 2019

Manche Geschenke überfordern mich erst mal. Als mir Herr Kaltmamsell den handgegossenen Bräter einer fränkischen Gießerei schenkte, brauchte ich ein paar Wochen, bis ich mich damit befassen konnte. Und als mir Anke Tröder ein Exemplar des Buches schenkte, das sie über viele Jahre komplett im Alleingang geschrieben und produziert hatte, von Beauftragung der Illustration und des Lektorats über Auswahl von Schrift, Material, Druckerei über Beantragung von ISBN-Nummer bis Produktionsüberwachung – da musste erst mal der Dezember vergehen, mit seiner Unruhe, seinen Ablenkungen, seiner Düsternis und seinen Störungen, bis ich mich ihm nähern konnte.

Und ich freute mich an jedem Detail: Den gereimten Beschreibungen der 13 Präsentationsanfängerinnen und ihrer gezeichneten Darstellung, an den Ausführungen übers Präsentieren und den Tipps dazu. Ich weiß schon, warum eine meiner liebsten Präsentationen dieser TED-Talk von Model Cameron Russell ist: Aufgeregt, atemlos, unperfekt – doch sie weiß, was sie erzählen will, hat sich gut überlegt, wie sie es vermitteln kann und sie erzählt es uns.

Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich ein Exemplar der 13 Near Misses besitzen darf: Es sind noch weniger Exemplare geworden, als Anke ohnehin berechnet hatte, und die sind alle weg.

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Gestern holte ich den Neujahrslauf nach. Ich war früh und frisch aufgewacht, kam also nach Bloggen und Zeitunglesen noch vor zehn los. Draußen war es kalt, schneite immer wieder, doch als ich von der U-Bahn-Station Odeonsplatz loslief, riss immer wieder der Himmel auf. Die Temperatur war fürs Laufen angenehm, aber vielleicht sollte ich mich dazu erziehen, auch mal kürzere Runden zu laufen: Die letzte halbe Stunde war schmerzhaft anstrengend.

Ich kam mit Semmeln heim.

Den Nachmittag hatte Herr Kaltmamsell sich freigehalten: Ich wollte endlich mal in die Residenz (habe ich in fast 20 Jahren Münchnerinnenschaft nie von innen gesehen). Durch Schneegestöber spazierten wir zum Haupteingang – und standen vor einer langen Schlange im Freien anstehender Menschen. Kurze Beratung: Wir verschoben das Vorhaben, anders als Touristen sind wir ja nicht auf bestimmte Tage angewiesen.

Statt dessen verbrachte ich den Nachmittag mit Häkeln und Lesen, las Wolf Haas’ Junger Mann aus (nett und wirklich anregend zu lesen, allerdings für mich mit unangenehmen Flashbacks in meine eigene Diätkindheit und -jugend mit ihrem unablässigen Kalorienzählen).

Abendprogramm war Theater: Ein freier Tag und die Aussicht auf ein nur 60 Minuten langes Stück brachten mich dazu, endlich mal wieder einen Abo-Termin wahrzunehmen. Ich sah Jedem das Seine in der Kammer 2 der Kammerspiele. Im Foyer traf ich unter den insgesamt eh höchstens 50 Zuschauerinnen und Zuschauern gleich mal zwei Bekannte – München ist halt dann doch übersichtlich.

Das Stück war ein Erlebnis. Regisseurin Marta Górnicka dirigierte aus der Mitte der Zuschauertribüne einen Sprechchor von 25 sehr unterschiedlichen Personen auf der Bühne, die Texte und Textstücke vortrugen, in Formation, in Choreografie – nur ganz vereinzelt auch dargestellt. Ungeheuer intensiv und dicht; tatsächlich dauerte die Inszenierung sogar deutlich weniger als 60 Minuten, mehr wäre auch nicht zu verarbeiten gewesen. Gestern gab es auch eine ungeplante Pause, als eine der Mitspielenden auf der Bühne umkippte. Gerade das und die besonnene Art, wie die Inspizientin (Regieassistenz?) mit der Situation umging, machten mir klar, warum ich eigentlich so gern ins Theater gehe: Da ist keine mediale Vermittlung zwischen mir und der Inszenierung, alles findet jetzt und direkt statt, es zählen nur meine Anwesenheit und mein Blick.
Doch nach einem Arbeitstag überwiegen so viele andere Faktoren und hindern mich am Theaterbesuch. Vielleicht muss ich mir die Theatertage frei nehmen, damit ich auch wirklich hingehe. Oder früher heimgehen? Meist ist es gegen 16 Uhr im Büro, wenn ein freier Abend so viel attraktiver wird als ein Theaterbesuch.

Heimweg über frostknirschende Gehwege.

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Es gab einen eindeutig rassistisch motivierten Anschlag in Deutschland, doch die meisten etablierten Medien nennen ihn “fremdenfeindlich”, “ausländerfeindlich”. (Nochmal: Das hieße, dass der Täter sich die Ausweise der Attackierten angesehen hätte. Hat er aber nicht: Er ging nur von ihrem Aussehen aus, stufte sie als minderwertig ein und wollte sie auslöschen.) Aus diesem Anlass: Bereits im Sommer schrieb Vanessa Vu für die Zeit über
“Die Erfindung des Rassismus”.

Seit jeher halten Menschen ihre eigene Gruppe für überlegen. Doch erst die Idee von unterschiedlichen Rassen ermöglichte es, dieses Gefühl zu begründen und durchzusetzen.

Journal Dienstag, 1. Januar 2019 – Migräne killt Neujahrstag

Mittwoch, 2. Januar 2019

Mir bedeutet der Datumswechsel wirklich nichts, und abergläubisch bin ich nur auf einer ganz animalischen Ebene (-> Aberglauben bei Tauben).

Zum Glück, denn das war kein guter erster Tag 2019 gestern. Zwar wachte ich nach gestückeltem tiefen Schlaf ohne Migräne auf, aber mit unerklärlichem Muskelkater und war sehr benommen. Benommenheit und Schwäche legten sich bis Mittag nicht: Traurig ließ ich meine Laufpläne fahren. Auf Neujahrskonzert hatte ich überhaupt keine Lust, bitte keine Sinnesreize. Doch Nichtstun hatte ich bereits in den Tagen davor reichlich geübt: Um nicht völlig in Selbstverachtung zu rutschen, musste ich irgendwas erledigen. Es wurde dann eine Stunde Bügeln, die für das Abtragen von Bügelwäsche der vergangenen Wochen reichte. Und die Fertigstellung eines Häkelwerks.

Ansonsten guckte ich raus in den regnerischen Tag, frühstückte nach Duschen und Körperpflege spät Granatapfel und Orangen mit Joghurt, las Internet bei Stollen und Plätzchen, servierte zum Abendessen aufgetaute Meatballs überbacken mit Käse.

Das Abendprogramm lief im Fernsehen: My fair lady. Während ich die englische Originalversion fast bis in den letzten Buchstaben mitsingen kann, war mir die Übersetzung neu – und ich fand sie zu meiner Überraschung ausgesprochen gelungen; das mag daran gelegen haben, dass wohl die deutsche Bühnenversion verwendet wurde, die keine Rücksicht auf Lippensynchronizität nimmt. Ganz bis zum Schluss hielt ich allerdings nicht durch, der durch Werbepausen erst auf halb zwölf fiel.

Journal Montag, 31. Dezember 2018 – Rosa-hellblau-Falle bei erwachsenen Laufschuhen

Dienstag, 1. Januar 2019

Herr Kaltmamsell hatte seine Ferien für beendet erklärt und am Vorabend den Wecker gestellt, um früh zu arbeiten. Obwohl er mir das gestanden hatte, hatte ich ihn Sonntagabend nicht aus meinem Bett in seines geworfen, sondern schlief gestern nach seinem Weckerklingeln noch ein halbes Stündchen.

Doch auch ich wollte gestern Erledigungen erledigen: neue Laufschuhe kaufen. Ich dachte daran, einen Sport-BH fürs Ausprobieren anzuziehen und ging zum Sport Schuster.

Zu meiner Verwunderung ist jetzt nach dem Umbau die Laufabteilung getrennt in Damen- und Herrenlaufen auf verschiedenen Stockwerken. Da ich in den vergangenen Laufschuh-Beratungen dort letztendlich immer bei einem Herrenmodell gelandet war, fragte ich in der Herrenabteilung nach dem Nachfolgemodell meiner mitgebrachten alten Laufschuhe. Doch der Verkäufer schickte mich zu den Damen. Als ich protestierte und auf meine Laufschuhhistorie verwies, auch anmerkte, dass ich selbst bei Straßenschuhen oft das Herrenmodell bevorzuge – begleitete er mich selbst ins andere Stockwerk. Alle Nachfragen halfen nichts, niemand konnte mir erklären, warum es keine Schnittmenge zwischen Männerfüßen und Frauenfüßen geben soll, alle beharrten darauf, dass Frauen immer mit einem Damenmodell besser zurecht kommen und Männer immer mit einem Herrenmodell. Letztendlich beschloss ich, dass das der falsche Ort für Grundsatzdiskussionen des Gendermarketings war, zumal im Verkauf gestern ausschließlich Sport-Bro’s arbeiteten. Das Paar Schuhe, das mir empfohlen wurde, passte dann auch sehr gut und fühlte sich beim Ausprobieren (mehrfaches Rennen durch die gesamte Abteilung) wunderbar an. Dass es hässlich wie die Nacht ist (und zwar wie eine Nacht in einer 80er-Disko mit zu vielen pappsüßen Schirmchencocktails) werde ich mit unpassenden Schnürsenkeln konterkarieren.

Ich hatte wirklich dringend neue Laufschuhe gebraucht, das alte Paar hatte ich im Dezember 2015 gekauft. Auch wenn ich lang nicht so oft Laufen war wie davor, müsste ich damit wieder auf die über 1.000 Kilometer gekommen sein, die ich mit dem Vorgängerpaar gezählt in zwei Jahren erreicht hatte. Diesmal habe ich keine Daten, weil es die App Moves nicht mehr gibt und die Apple Health-App nicht zwischen gerannten und gegangenen Schritten unterscheidet. (Die Suche nach einer tauglichen Nachfolge für Moves habe ich eingestellt; so wichtig ist mir das Thema dann doch nicht.)

Zum Frühstück gab’s Salat- und Rohkostreste, nachmittags las ich Zeitung und Internet, knabberte Plätzchen, häkelte und stellte die letzten Lieblingstweets des Jahres zusammen.

Unsere ursprüngliche Silvestereinladung (Leserunde) hatte sich wegen böser Krankheit der Gastgeber zerschlagen, aber freundlicherweise war eine uralte Internetbekanntschaft spontan eingesprungen. So verbrachten Herr Kaltmamsell und ich den Abend zu viert in DaglfingDenning über Köstlichkeiten und schönen Weinen. Obwohl wir alle keine Feierer sind, hielten wir mit wenig Mühe bis Mitternacht durch und stießen mit Blick auf viel Rauch und etwas weniger Funken am Himmel auf dem Balkon aufs neue Jahr an.

Beim Warten auf die S-Bahn nach Hause schickte mir allerdings die Migräne einen Vorschlaghammer gegen die Stirn. Der nächste Gruß ans neue Jahr bestand daheim im Bett in einer Dosis Triptan, während in einer Wohnung über uns eine klassische Silvesterparty tobte. Nehme ich sie doch einfach als letzten Abschied des alten Jahrs.

Vielen Dank für all Ihre lieben Grüße und Wünsche! Mögen Sie alle nur mit schönen Gefühlen auf den Kalender 2019 schauen!