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Journal Montag, 22. September 2025 – South Downs Way 2: Von Exton nach South Harting

Dienstag, 23. September 2025

Lang geschlafen, vor Weckerklingeln aufgewacht. Für die gestrigen 27 angekündigten Kilometer wollte ich zeitig los, noch konnte ich mein Tempo auf der Strecke nicht einschätzen – und ich wollte mir genug Zeit geben für Gucken, Staunen, Fotografieren, Umwege, Pausen.

Das fragwürdig originelle Waschbecken erwies sich als unpraktisch: Natürlich pritschelte ich beim Zähneputzen und Händewaschen rundum wie Sau, und meine Wasserflaschen passten zum Auffüllen nicht darunter, ich behalf mich mit einem Wasserglas.

Wie vereinbart hatte man mir statt Frühstück ein Sandwich zum Mitnehmen vorbereitet, ich dankte herzlich. Und dann startete ich kurz nach acht in sonnigen – laut Wetter-App – sechs Grad.

Meine Unterkunft, The Bucks Head, in Morgensonne.

Waren mir schon am Sonntag reichlich am Wegesrand begegnet: Die sehen aus wie die Alpenveilchen, die bei uns im Topf verkauft werden, nur sehr klein – kann das sein?

Wunderschöner erster Streckenabschnitt entlang einem trockenen Bachbett (links).

Dann ging es hoch: Damit der South Downs Way Aussichten bieten kann, muss er oft obenrum führen.

Endlich Schafe! Auch schwarzbunte Kühe hatte man mir gestern in die Aussicht gestellt.

Wenn man eine Sehenswürdigkeit angeboten bekommt, muss man auch gucken – zumal diese Festung aus der Eisenzeit keinen großen Umweg bedeutete. Das Old Winchester Hill hillfort wurde interessanterweise nie ausgegraben: Aus meiner jüngsten Lektüre, Jens Notroffs Staub, Steine, Scherben, weiß ich, dass das eine valide archäologische Option ist: Jede Ausgrabung zerstört unweigerlich die historische Stätte und was darin liegt; am sichersten sind Funde unausgegraben.
(Wenn man den Fundort allerdings eh zerstören muss, weil etwas anderes dort gebaut werden soll, können Archäolog*innen natürlich aus dem Vollen schöpfen. Schaufeln. Spitzhackeln. Graben. Frau Brüllen hilft zum Beispiel diese Woche wieder als citizen scientist bei einer solchen Grabung, gestern ging’s los.)

An diesem Hohlweg machte ich nach zweieinhalb Stunden die erste Pause – auch wenn ich weit und breit keinen windgeschützten und wirklich angenehmen Platz dafür fand; ich zwang mich zu kurzem Sitzen und Ausruhen.

Andere Schafe.

Mein Wanderbüchl hatte auf das Sustainablility Center mit Beech Café hingewiesen: Das lag genau richtig auf meiner Strecke für Mittagscappuccino und Klo. Aber.

Mist, Montag und Dienstag geschlossen. Also wieder Pinkeln im Wald (große Blätter von Bäumen statt Klopapier, ich wiederhole den Tipp).

Nach einer Weile ging es recht steil bergab.

Ich bekam meinen ersten Meerblick – plus Aussicht auf die Autobahn A3, die schon seit einiger Zeit den Soundtrack meiner Wanderung dominiert hatte.

Um halb zwei war es wirklich Zeit für Brotzeit – ich hatte sie so lange hinausgezögert, weil die Karte des Wanderbüchls “benches with good views” angekündigt hatte. Und da war tatsächlich eine! Es gab ein Äpfelchen, etwas Kefir (am Samstag bei Tesco’s besorgt) sowie das mächtige Ham and cheese sandwich. Ich blieb nicht so lange sitzen, wie ich mir gewünscht hätte, denn in Schatten und Wind war mir kalt.

Von diesen Schilden standen einige am Weg – ich möchte nicht wissen, wie viele verunfallte Mountainbiker hier jährlich zusammengefegt werden müssen.

Sehr schöner Anblick – aber eine von zwei falschen Abzweigungen, die mir gestern durch nicht ganz eindeutige Ausschilderung unterliefen. Kamen mir jeweils rechtzeitig komisch vor, der GPS-Track brachte mich auf die richtige Spur.

Wie ich einmal sehr bedauerte, keine heimischem Münzen bei mir zu haben: Die Äpfel hätte ich gerne gekostet.

Tier-Show des Tages: Wieder viele Fasane, öfter gehört als gesehen, wie schon am Sonntag Schwalben, aber auch viele andere Vögelchen (u.a. Distelfinken, Rotschwänze), die morgens für die Jahreszeit erstaunlich variantenreich sangen. Ein paar LBBs (little brown birds – sagen angeblich Ornitholog*innen, wenn sie auch nicht wissen) sah ich eine Weile beim Baden in Pfützen zu. Am Himmel Möwen, Krähen, Greifvögel.

Menschen: Am seltensten Wander*innen, aber viele Jogger, Bergläufer, Hundegassiführer*innen, Mountainbiker, kurz vor Ende auch eine Mountainbikerin – das Gelände diente zumindest gestern vor allem als Sportgerät.

Straßen: Gestern war der Anteil an frequentierten Landstraßen, die ich entlang gehen musste, nicht ganz so hoch wie am Sonntag (mir immer sehr unangenehm), doch dreimal waren sie so eng von dichten Hecken eingegrenzt, dass ich bei entgegenkommendem Lieferwagen, Quad, Schulbus ein ganzes Stück zurückgehen musste bis zu einer Möglichkeit, den Wagen vorbeizulassen (und dann eine Weile flach atmen, weil Abgase und Staub).

Im rechten Winkel bog ich weg vom South Downs Way und nahm diesen Pfad zu meinem Ziel South Harting.

Sehr freundlicher Empfang, das zugehörige Lokal sah besonders einladend aus, ich bat um einen Tisch fürs Abendessen.

Gemütliches Zimmer, wenn mich auch leise Trauer über den Abstieg von Bücherwänden zu Tapeten überkam – ich bin ja mit schuld. (Gibt es ein Fachwort für diese Erscheinung: Dass etwas noch eine Aura transportiert, aber statt dem eigentlichen Gegenstand ein Bild davon reicht, um sie zu vermitteln?)

Das waren gut 27 Kilometer in knapp acht Stunden mit zwei Pausen: Die heutigen FÜNFUNDREISSIG KILOMETER! sollten in zehn Stunden zu schaffen sein.

Körper weiterhin ok-ish: Er meldete sich unterwegs mal mit diesem (linkes Knie! Hüftbeuger!), mal mit jenem (hinterer rechter Oberschenkel!), das hörte aber jeweils von selbst wieder auf. Eher beunruhigte mich die riesige Blase an der Unterseite des linken Ringzehs, von nichts weiter verursacht als von der faltenfreien, glatten Fläche darunter. Ich beschloss, die Blase einfach Blase sein zu lassen, an dieser Stelle stört sie ja nicht sehr und kann kaum schlimmer werden (WEIL DA NICHTS IST!) – für alle Fälle aber Blasenpflaster in meinen Tagesrucksack einzustecken.

Wieder verwendete ich sofort viel Zeit fürs Bloggen (diesmal auf dem Bett: ich hatte das Bedürfnis, die Beine hochzulegen) – mit etwas schlechtem Gewissen, dass ich sie nicht für anderes NÜTZTE bei dem herrlichen Wetter. Ich musste mir aktiv klarmachen, dass acht Stunden draußen bereits reichlich NÜTZEN gewesen war.

In der Ferne übte jemand Horn – auf sehr hohem Niveau.

Das Abendessen war dann wirklich erfreulich.

Zum alkoholfreien Bier (Fitness-Erhalt durch möglichst wenig Gifte) bestellte ich das Gericht, das am meisten Gemüse versprach: Gegrillte Hühnerbrust mit Gemüse-Orzo – und zur Sicherheit noch Brokkoli als Beilage. Das schmeckte sehr gut, enthielt tatsächlich viel Gemüse, unter anderem zwei ganze Knoblauchzehen – und war ganz sicher frisch zubereitet von jemandem, der oder die das beruflich macht. Ja, dafür zahlte ich ein wenig mehr als für die vorherigen beiden Abendessen, und das gern.

Der Zugang zu meinem Zimmer, dort gab’s als Dessert die restliche Schokolade.

§

John Oliver hat Bernd das Brot entdeckt.

Journal Sonntag, 21. September 2025 – South Downs Way 1: Von Winchester nach Exton

Montag, 22. September 2025

Ich schlief gut und lang, erst der Wecker weckte mich: Auf meine alten Tage werde ich gegenüber Schlafzimmerverhältnissen (kein offenes Fenster möglich!) anscheinend sogar toleranter. Erstmal Kaffee, in England kann ich mich zum Glück auf Wasserkessel und zumindest löslichen Kaffee auf dem Zimmer verlassen. Frühstück hatte ich zwar mitbuchen (und -zahlen) müssen, aber morgens geht halt nix. Hoffentlich schaffe ich es wenigstens in dem einen oder anderen B&B zu fragen, ob ich mein Frühstück als Sandwich zur Brotzeit mitnehmen darf (hatte damit schon schlechte Erfahrungen, z.B. letztes Jahr auf Mallorca, deswegen kostet mich das Überwindung).

Vielversprechende Hotelzimmeraussicht.

Wanderkleidung bei Vorhersage von eher niedriger Temperatur ohne Regen: zur langen Wanderhose langärmliges Shirt unter Fleecejacke. War genau das Richtige, um die Mittagszeit war fast eine Stunde lang die Jacke sogar zu warm, ich band sie um den Bauch.

Da die erste Etappe eine der kürzesten war, wollte ich mich vorher noch ein wenig in Winchester umsehen. Was dadurch ausgebremst wurde, dass die Innenstadt gestern für den jährlichen Halbmarathon blockiert war – ich spazierte halt durch ein paar ungesperrte Straßen.

DIE Kathedrale. Es fand gerade ein Gottesdienst statt (der Chor klang weit überdurschnittlich gut), aber ich hatte eh keine Ruhe für eine Besichtigung. Also spazierte ich lediglich einmal drumrum.

Frühstücksvolk im Café an einem Sonntag vor zehn – das ist hier eine komplett andere Kultur als bei uns. (Die Temperatur, nur wenig über 10 Grad, traue ich den Müncherinnen allerdings inzwischen fürs Draußensitzen zu.)

Um zehn startete ich die eigentliche Wanderung, den South Downs Way, am Flüsschen Itchen in Winchester.

Hinter Winchester ging es aufs freie Land. Die Büsche links hingen voller überreifer Brombeeren – und obwohl es mir zu früh für echten Appetit war, kam ich nicht an ihnen vorbei und aß Dutzende.

Den live GPS-Track schaltete ich bald aus: Wanderbüchl (von der Agentur gestellt, über die ich die Wanderung mit Übernachtungen und Gepäcktranport gebucht hatte) und reichlich Beschilderung führten mich genügend, und die App zog sehr viel Strom in meinem Handy – da ich gewohnt bin, dass ich den Akku bei Alltagsgebrauch nur alle drei Tage laden muss, habe ich keine Powerbank dabei.

Mehr als respektables Baumhaus.

Ab hier gab es die schönen Ausblicke, die das Wanderbüchl angekündigt hatte.

Wie in England gewohnt führte mich die Route immer wieder durch Privatgelände (siehe rechtlicher Hintergrund public footpath).

Beim Kreuzen eines ausgedehnten Bauernhofs sah ich, dass wohl auch viele Einheimische nicht damit vertraut sind, dass sie wirklich nur diesen einen Weg betreten dürfen; das waren nur drei von vielen Absperrungen und Schildern.

Nach zwei Stunden machte ich brav Pause, auch ohne Müdigkeit: Ich hatte mir vorgenommen das zu üben, unter anderem um für die FÜNFUNDREISSIG KILOMETER! fit zu bleiben. Was ja hier leider ganz fehlt, ist jegliche Bankerl-Kultur, auch um die Dörfer steht nichts – anscheinend gibt es hier keine Menschen, die sich gern wo hinsetzen und in eine schöne Aussicht schauen. Für meine Pause und zwei Stunden später zur Brotzeit (Nüsse, Trockenfeigen und -pflaumen) musste ich mich halt auf den Boden setzen.

Auch hier scheint ein gutes Apfeljahr zu sein (Streuobstwiesen sind aber sicher auch hier nur etwas fürs Privatvergnügen und lohnen sich nicht für den Großmarkt – vielleicht erwische ich einen Bauernmarkt oder Dorfladen).

Der erste von sehr vielen Fasanen, die ich im letzten Abschnitt auf den riesigen, abgeerneteten Feldern dieser industriellen Landwirtschaft erst hörte, dann auch sah. Tut mir leid: Damit ich schlechteste aller möglichen Tierfotografinnen sie erwische, müssen sie halt tot sein. Weitere Tiersichtungen: Ein graues Eichhörnchen (doppelt so groß wie unsere zierlichen – ich weiß, die hiesigen wurden von amerikanischen Einwandererhörnchen verdrängt), viele Greifvögel am Himmel (Rotmilane identifiziete ich eindeutig, sonst eventuell Bussarde), einmal saßen drei sehr helle so tief über mir auf einer Thermik, dass ich sie lange ansehen konnte. Außerdem Kaninchen – aber keine einzige Kuh, kein einziges Schaf.

Menschen beim Spazieren oder Wandern begegneten mir sehr wenige, obwohl doch Sonntag war, mehr noch auf Mountain Bikes (nur sehr wenige mit Motorantrieb): Der gesamte Abschnitt gestern war auch für sie freigegeben, auf besonders schmalen Pfaden bereitete es Mühe, aneinander vorbei zu kommen.

Sehr spät das erste kissing gate – und ich hatte niemand dabei zum Küssen, vermisste auch sonst Herrn Kaltmamsell.

Weg hinunter zu meinem Zielort Exton. Jetzt hatte sich der Himmel verdüstert, doch es fiel kein Regen – einen von sieben Wandertagen habe ich schonmal trocken bekommen. Im Moment wird für die ganze Woche Regenfreiheit und Sonne vorhergesagt, doch ich erinnere mich, dass die Wettervorhersage in England so schnell wechselt wie das Wetter.

Das waren dann 21 gemessene Kilometer in sechs Stunden mit zwei Pausen (plus Spaziergang in Winchester), wobei ich am Ende getrödelt hatte, um nicht zu früh in meiner Unterkunft anzukommen. Für meine FÜNFUNDREISSIG KILOMETER! am Dienstag werde ich mindestens zehn Stunden einkalkulieren müssen.

Es war noch ein Stück zusätzlicher Weg zu meiner Unterkunft, einem Landgasthof. Wieder meldete ich mich gleich mal fürs Abendessen an – auch wenn ich online auf der Speisekarte gesehen hatte, dass man hier am allerstolzesten auf die Sauerteig-Pizza ist.

Angenehmes Zimmer, über die Waschbecken-Entscheidung denke ich noch nach. (Und das Rhabarber-Waschgel daneben enthielt die Geruchskomponente Männerschweiß.)

Der Körper hatte gut mitgespielt, abends dehnte ich noch ein wenig durch.

Da ich mich nicht sehr aufnahmefähig gefühlt hatte, hatte ich den Eindruck, ich hätte nicht so viel fotografiert wie sonst auf Wanderungen. Der Download auf meinen Computer sagte etwas anderes.

Abendessen im angeschlossenen Pub.

Touristinnenpflicht in dieser Gegend: Real Ale trinken. Ich hatte schon vergessen, wie süffig die Kohlensäure-Armut das Bier hier macht.

Auf Pizza hatte ich überhaupt keine Lust und bestellte etwas Traditionelles. Dass bei “Ham, Eggs and Chips” der Ham schlicht aus einer kalten Scheibe Kochschinken bestand, konnte mich allerdings überraschen. Ich werde hier unterwegs ohnehin deutlich mehr Fleisch essen, als mir lieb ist, bislang war die vegetarian option Pasta oder Pizza – in der Gegend, die ich als historischen Ursprung des Vegetarismus abgespeichert hatte, dann doch unerwartet. Selbst unter den Beilagen, die man hier extra bestellen kann, sind Kartoffeln das einzige Gemüse – nix kl. gem. Salat. Am Nebentisch bekam ich eine unwillige Nachfrage beim Servicepersonal mit, die vegetarian options seien ja schon ganz schön übersichtlich.

The Bucks Head im Abendlicht. Während meines Abendessens hatten einige weitere Wander*innen für die Übernachtung eingecheckt; ich kann mir vorstellen, dass das B&B-Angebot hier nicht allzu groß ist: Einheimische machen den South Downs Way eher in Abschnitten als Tageswanderung, das hier ist ansonsten kein Urlaubsgebiet, alternativ gibt es laut meinem Wanderbüchl Camping-Möglichkeiten (die eher zu den echten Wander-Fans passen).

Zurück auf dem Zimmer gab es noch ein wenig Schokolade.
Bloggen und die mir wichtigen Menschen im Internet nachzulesen (deutsche Timeline voll von zauberhaften Sommerabschiedsfotos), dauerte dann so lange, dass ich nicht mal prüfte, ob es auch hier echtes Fernsehen gab (vielleicht passend zum überholten Speisenangebot).

Die Erwachsenenkarte ausgespielt und so früh ins Bett gegangen, wie ich wollte (sehr früh).

§

Fikri Anıl Altıntaş ist Schriftsteller und in der politischen Bildungsarbeit aktiv. In der taz spricht er mit Karlotta Ehrenberg über seine Schul-Workshops zu Männlichkeitsbildern, Gewalt und Feminismus.
“Ein Gespräch über Geschlechterrollen
‘Ich hätte gern Ballett getanzt'”.

Journal Samstag, 20. September 2025 – Start der Oktoberfestflucht nach England

Sonntag, 21. September 2025

Noch ein Glück (!) sah ich beim Check meines Zugtickets auf dem Handy am Abend zuvor die Warnung “Keine Livedaten verfügbar” und recherchierte meine Verbindung München-Paris: Der Zug ging 20 Minuten früher, als bei der Buchung Anfang Mai eingetragen wurde, statt um 3:31 Uhr um 3:10 Uhr. Ich stellte den Wecker also noch früher.

Herr Kaltmamsell stand extra auf, um mich zu verabschieden.

Es wurde dann halt ein Reisetag, an dem ich nicht viel zu tun hatte außer mich fahren zu lassen und umzusteigen.

Ähnlich benommen wie nach dem wenigen Schlaf für die Oscarnacht saß ich im ICE von München nach Stuttgart. Dabei gelernt: Morgens um halb vier ist es in einem ICE keineswegs still. Wenn nämlich erst das eine Quartett Partygängerinnen (die in Augsburg ausstiegen), dann ein anderes Großraumwagen-beschallend die Begegnungen der Nacht bekakeln müssen, „weißt was ich mein?“. Ich döste dennoch ein wenig.

Stuttgart hat sich auf die Jahrzehnte ohne Bahnhof mittlerweile ganz gut eingerichtet (Auge, München!), für meine Stunde Wartezeit auf den Zug nach Frankreich konnte ich mir den Morgen-Cappuccino bei verschiedenen Anbietern aussuchen, die ihre Stände mangels Bahnhof zwischen den Gleisenden haben. Und SO WACH UND MUNTER hat mich noch nie im Leben ein Morgenkaffee gemacht.

Im TGV saß ich diesmal oben, sah einen wunderschönen Frühherbstmorgen anbrechen.

Wir kamen pünktlich in einem verregneten, aber milden Paris an, ich eilte die 200 gut ausgeschilderten Meter vom Gare de’l Est zum Gare du Nord und zum Eurostar-Terminal. Schnell verstand ich, warum eigentlich auf einen früheren Check-in gedrängt wird: Gestern kam noch ein medizinischer Notfall hinzu, Sanitäter*innen kümmerten sich um einen Passagier an der Passkontrolle, aber das ist schon ein besonders großes Durcheinander mit vielen Kontrollschritten. Das Personal war gefasst, aber es macht halt einen Unterschied zu den Flughafenkontrollen, dass hier alle ihr Gepäck dabei haben. Zudem stellte sich der Wartebereich hinter den Kontrollen als ausgesprochen gemütlich und von viel interessanter Gastro versorgt heraus: Es lohnt sich also doppelt, mehr Zeit für Umsteigen einzukalkulieren.

Wie schon im TGV döste ich auch im Eurostar immer wieder, schlief sogar ein, las dazwischen die Wochenend-Süddeutsche: Anders als befürchtet wurde mir nie langweilig. Brotzeit machte ich gleich nach der Abfahrt in Paris kurz nach elf, denn ich hatte großen Hunger: Apfel, Nüsse, Trockenfeigen.

Pünktliche Ankunft in London St. Pancras. Mittlerweile hatte ich mir eine ganze Reihe Apps aufs Handy geladen, mit denen ich mich per U-Bahn zum Bahnhof Waterloo lotsten ließ (und einfach irgendein Tagesticket dafür kaufte) und mir einen Zug nach Winchester vorschlagen, Ticketkauf am Bahnhofsautomaten (fast 40 Pfund Superspar-Tarif für die einstündige Fahrt). Unterwegs sah ich neben den Gleisen einen mächtigen Fasan, Ankunft in Winchestert pünktlich und in milder Luft, geschafft!

Die kleinen Nickerchen im Zug hatten außerdem dazu geführt, dass ich mich nahezu frisch und keineswegs übernächtigt fühlte. Wie Sie alle, alle beteuert haben, war die Anreise also gar nicht so schlimm, ich hätte vorher gar nicht zetern müssen, warum Heldinnentum (denn so fühlte es sich an) bitteschön so anstrengend sein muss.

Schon in den Reiseunterlagen hatte mich das überrascht: Meine erste Unterkunft in Winchester war ein Ketten-Premier-Inn im Industriegebiet. Von diesem Veranstalter war ich von den bisherigen beiden Wanderungen eher positive Übernachtungsüberraschungen gewohnt gewesen. Erst mal egal, ich rollte mit dem schweren Koffer eine halbe Stunde zu Fuß dorthin, brauchte dringend Bewegung. (Außerdem versuche ich um die Umstände des Tarifrecherchierens und Bezahlens im Öffentlichen Nahverkehr rumzukommen – das Deutschlandticket hat mich derart verwöhnt!)

Joah, halt ein nicht mehr taufrisches Kettenhotel. Die Fenster meines Zimmers lassen sich nicht öffnen, ABER! Echtes Fernsehen! Auf den Reisen der jüngeren Vergangenheit war der Fernsehbildschirm immer auf Streaming ausgelegt gewesen. Ich lernte gleich mal (Werbung im Ausland ist SO aufschlussreich): Hier nimmt man gegen Reizdarm Silizium-Gel statt Bakterien! Ebenfalls aus Chronistinnenpflicht festgehalten sei hiermit: Langsame Interet-Verbindung – aber für Geld könnte ich eine schnellere kaufen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ein Hotel zuletzt versucht hat, für Internet-Zugang Geld zu verlangen, weiß aber noch gut, dass die kleinen, privat geführten Hotels, Pensionen, B&Bs deutlich früher kostenlosen Zugang anboten als die Konzerne.

Wie geplant suchte ich nach dem nächstgelegenen Supermarkt: Wie man in einem Industriegebiet erwarten kann, gab es ums Eck einen riesigen Tesco’s. Dessen Zugang natürlich nur auf Autos ausgelegt war, ich bewegte mich sehr vorsichtig dorthin. Auf meinem Einkaufszettel standen ganz oben Äpfel als Wanderbrotzeit (gleich darunter Schokolade für abendlichen Nachtisch): Ich musste eine bestürzend lange Weile suchen, bis ich unter all den Äpfeln aus Südafrika, Neuseeland, Frankreich (immerhin) heimische Mini-Äpfelchen fand – die müssten doch hier auch gerade Saison haben? Zwar sah ich mich nicht gründlich um, doch ein erster Eindruck war, dass die Verschiebung des Gewichts von unverarbeiteten zu verarbeiteten Lebensmitteln noch weiter fortgeschritten ist. (Es gab ein Kühlregal “butter and ingredients”.)

Bei meiner Rückkehr entdeckte ich, dass ich, Schraddelhotel hin oder her, die besten Nachbarn hatte: FEUERWEHR!

(Auf den Backsteinen steht in Metallbuchstaben “City of Winchester Fire Station”.)

Obwohl mir klar war, dass hier nicht selbst gekocht wird, hatte ich im Hotel fürs Abendessen reserviert. Das hungrige Warten darauf wurde mir lang (die eine zusätzliche Stunde Zeitverschiebung), ich legte eine Runde Yoga-Gymnastik ein, dafür war der Hotelzimmerteppich griffig genug.

Dann aß ich im Hotelrestaurant mit Käse überbackene Hähnchenbrust mit Pommes und Salaten (mei), zum Nachtisch einen sehr guten Sticky Toffee Pudding mit Custard.

Auf dem Hotelzimmer gab es noch Schokolade.

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Das Loblied auf RSS-Feeds und Feedreader wird viel zu selten gesungen – ohne könnte ich nicht so viele Blogs lesen und auf dem Schirm behalten, wie ich will (ich lese und sammle seit Tod des Google Readers mit Feedly, auch wenn die ständig wegzuklickenden Overlays den Eindruck erwecken, dass es mittlerweile für anderes gedacht ist – story of my online life). Mit diesem ungefähr nützlichsten Feature des Webs ist halt kein Geld zu machen.

Gestern kam ich endlich dazu, den eingemerkten Fachartikel von Nico darüber zulesen, der die Entstehung von RSS erklärt, ein paar technische Hintergründe und warum es ohne RSS keinen Siegeszug von Podcasts gegeben hätte. Ich empfehle Lektüre (wunderbarer Untertitel des Blogs: “Der Markt regelt einen Scheiß.”) und RSS:
“RSS”

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Schöne alte Frauen, Teil viele: Maren Kroymann im Urlaub.

Journal Freitag, 19. September 2025 – Kurz vor Oktoberfestflucht

Freitag, 19. September 2025

Diesmal ausnahmsweise am selben Tag veröffentlicht: Mein Zug geht morgens um halb vier vom Münchner Hauptbahnhof (wie damals in den Sommerferien, wenn wir nach Spanien fuhren).

Mittelunruhige Nacht – der Alkohol. In den frühen Morgenstunden musste ich wieder das Fenster schließen gegen Gebrüll draußen.

Es wurde hell zum angekündigten strahlenden Sonnentag, der Weg in die Arbeit wäre ohne dichten Oktoberfestverkehr herrlich gewesen. Ich freute mich an dem Umstand, dass das meine letzte Begegnung damit war.

Leicht verkatert und zittrig im Büro letzte Jobs abgeschlossen, mich von den wichtigsten Schnittstellen verabschiedet. Auf einen letzten Mittagscappuccino vor Urlaub ging ich auch, auf sonnigen milden Wegen und in herrlicher Luft im Westend.

Weiteres Wegarbeiten, bis ich neu ankommendes bereits an meine Vertretung schob. Sehr erschöpft.

Zu Mittag gab es Äpfel, Nüsse, Hüttenkäse.

Schreibtisch aufgeräumt, außerdem die Schubladen meines Containers unterm Schreibtisch – zumindest das vorderste Stück, das man sieht, wenn man ein bisschen aufzieht (sehr wahrscheinlich wird der Arbeitsplatz in meiner Abwesenheit genutzt), Abschiedsmail an Chefin, OOO hatte ich bereits geschrieben und terminiert.

JETZT informierte mich Eurostar per E-Mail, dass ich über eine Stunde vor Abfahrt am Zug sein muss – ich komme aber fahrplanmäßig erst eine Stunde vorher am Nachbarbahnhof an. Aufregungskurve stieg steil. Ich recherchierte kurz: Notfalls nehme ich den nächsten Eurostar und zahle doppelt, Problemlösung durch Bewerfen mit Geld.

Extra früher Feierabend schon um zwei, denn ich wollte unbedingt noch nach Ingolstadt und dort meine Mutter im Krankenhaus besuchen. Dorthin fuhr ich in einem vollen und bis Ankunft dann doch verspäteten Regionalzug.

Der Hopfen ist in der Holledau immer nicht ganz geerntet, sieht teilweise sogar schon gammlig aus – konnte er nicht verkauft werden und bleibt einfach hängen?

Am Ingolstädter Nordbahnhof traf ich mich mit meinem Bruder, die kleine Klinik liegt nur 100 Meter entfernt. Große Erleichterung und Freude über den guten Zustand meiner Mutter und die angenehme Atmosphäre im Krankenhaus – ich kann in diesem Punkt mit leichtem Herzen reisen.

Rückfahrt in herrlich goldenem Abendlicht. Vom Münchner Hautpbahnhof nach Hause kreuzte ich bereits große Mengen Oktoberfest-Tourist*innen.

Zu Hause werkelte Herr Kaltmamsell in der Küche, ich schloss mein Packen ab (bis auf Kulturbeutel und Kofferschließen). Als Nachtmahl servierte er eine Auswahl meiner kulinarischen Lieblinge: Gebratene Auberginen, panierte Jalapeños, Belugalinsen, gebackenen Camembert – ein Festmahl. Nachtisch Schokolade.

Eigentlich ein sinkendes Gefühl bei der Aussicht auf 12 bis 14 Stunden Bahnreise mit viermal Umsteigen. Dann wiederum versuche ich das als nützlichen Zwang zum Nichtstun aufzufassen, denn: Ich war seit über einem Jahr nicht mehr krank, also wirklich gar nicht, und bräuchte vielleicht doch mal wieder dieses Ausgebremtsein.

Anders als Theresa Bäuerlein fand ich Krankheit allerdings schon immer sehr unangenehm: Bei mir ist sie nämlich immer mit körperlichen Beschwerden, Schmerzen, Leiden verbunden. Ich kann mich nicht erinnern, sie je genossen zu haben, ich wollte immer, dass sie so bald wie möglich aufhörte.

Journal Donnerstag, 18. September 2025 – Sommerabend mit geteilten Tellern

Freitag, 19. September 2025

Gut geschlafen, erst eine Stunde vor Weckerklingeln in Unruhe geraten.

Nach dem Aufstehen Herrn Kaltmamsell zum Geburtstag geherzt und geküsst, Geschenk hatte ich nur ein kleines, nahezu symbolisches.

Schöner Marsch in die Arbeit.

Anspannung am Schreibtisch: Ich war für gestern und heute bei einem Dienst eingesprungen – und hatte auf die Bitte vor ein paar Wochen nicht ehrlich mit “das passt mir eigentlich gar nicht” reagiert, weil ich a) meinen Grund, Unruhe kurz vor Urlaub, für nicht valide hielt, b) die Überheblichkeit, mehr abzukönnen als andere, in diesem Leben wahrscheinlich nicht wegkriege. Selber schuld, musste ich halt leiden. Zudem war am Vortag noch ein unerwarteter Job reingekommen, den ich unterbringen musste.

Emsiger und ein wenig durcheinanderer Vormittag. Ich ging früh raus für Äpfeleinfkauf am Markt und meinen Mittagscappuccino: Jacke braucht ich schon keine mehr, das Wetter war sensationell herrlich. Es sind in München vier Spätsommertage angekündigt, für meine FÜNFUNDREISSIG KILOMETER! in England hingegen 15 Grad und 50 Prozent Regenwahrscheinlichkeit (allerdings ohne Oktoberfest, YAY!)

Zu Mittag gab es einen eben gekauften Apfel Elstar vom Bodensee (köstlich!), eine Banane, Hüttenkäse. Der Nachmittag wurde sehr anstrengend, vor allem wegen des unerwarteten Jobs, der höchste Konzentration erforderte.

Nach Feierabend, es war richtig warm geworden, kam ich gerade rechtzeitig heim, um Herrn Kaltmamsell für unsere Abendverabredung abzuholen: Ich hatte im Vorbeigehen am Platz Am Glockenbach ein Restaurant entdeckt, das attraktiv aussah, Avin, deren Website “wine & modern tapas” ankündigte und bei näherem Blick mit “tapas” sharing plates meinte. Das suchte sich Herr Kaltmamsell aus den drei Lokalen aus, die ich ihm für eine Geburtstagseinladung anbot.

Wir spazierten über den Alten Südfriedhof hin.

Engel mit besonders schöner Abendbeleuchtung.

Im Avin setzten wir uns trotz schönem Außenbereich nach innen: Ich wollte den Gastraum auskosten – direkt am Fenster bekamen wir aber auch den Sommerabend mit Glockenbachviertel-Passant*innen mit (viele Hunde).

Und wir aßen besonders gut, begleitet von spannenden Weinen – so habe ich es ja am liebsten. Herr Kaltmamsell und ich entschieden uns für das gemeinsame Menü “Waitor’s Choice” und bekamen sieben Gerichte in vier Gängen.

Unten Tatar vom Rind, Senfsaat, Gochujang, Chimichurri.
Oben (als “singnature dish” vorgestellt) Lauch im Ganzen, Kaffee Miso, Sesam.

Im Glas dazu ein Grüner Veltliner Salzl aus dem Burgenland, ungewöhnlich frisch und dennoch aromenreich.

Unten Zander mit Passionsfrucht in Beurre Blanc, darüber Rettich – das Sößchen schmeckte sensationell.
Oben Tomaten mit Miso-Dressing.

Wein dazu: Ein interessanter Weißburgunder aus der Pfalz: Aus den Lagen von Christmann.

Unten Ochsenbackerl (zum Löffeln zart) auf Selleriepüree.
Oben Spitzkohl mit Misobutter, Haselnuss, Petersilie – ein weiterer Knaller-Teller.

Dazu ein Merlot, der sich als mein bislang interessantester herausstellte: aus dem Burgenland von Michael Wenzel.

Zum Abschluss ein Tiramisu, dessen leicht säuerlicher Creme ich einen Anteil Frischkäse zur Mascarpone unterstellte (gut!), begleitet von einem Riesling mit Restsüße.

Unser Ausblick.

Schöner Spaziergang nach Hause, alle Außentische der Gastronomie besetzt, Sommerabendatmosphäre.

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Felix Schwenzel fasst seine ersten 50 Tage Abnehmen mit Semaglutid zusammen:
“se­maglut­id tag 51”.

Journal Mittwoch, 17. September 2025 – Der Preis der Schnelligkeit

Donnerstag, 18. September 2025

Diesmal nach Aufwachen um vier nicht mehr richtig eingeschlafen, müde aufgestanden.

Erstes Lächeln des Tages (nach dem Anlächeln von Herrn Kaltmamsell zum Guten-Morgen-Kuss) gleich beim Verlassen des Hauses: Ein rotes, ballettös-schlankes Eichhörnchen schritt gerade über den Weg, stob dann vor einem ums Eck biegenden Handwerker auf die Brüstung zum Nachbargrundstück und diese entlang. Ich wiederhole: Sollte eine Eichhörnchen-Begegnung bei mir kein Lächeln mehr auslösen, bringen Sie mich bitte zu einer Ärztin oder einem Arzt.

Ausgesprochen frischer Weg in die Arbeit durch immer dichtere Oktoberfest-Symptome.

Dieser Teil “Tracht” hat es schon mal nicht auf die Theresienwiese geschafft, aufgegeben knapp 100 Meter vorm Ziel.

Im Büro erstmal über Nacht eingetroffene Dringlichkeiten erledigt, dann konnte ich geordnet weitermachen – und unter anderem einen Irrtum korrigieren, der mir erst in dieser Ruhephase bewusst geworden war. Es ist ja durchaus praktisch, schnell im Kopf zu sein. Doch so wie mir meine physische Schnelligkeit blaue Flecken einträgt (weil ich innerlich bereits woanders bin als mein Körper), verstolpere ich mich manchmal auch in intellektuellen Prozessen, weil
Aufgabenstellung – Geschwindigkeitsunschärfe – Ergebnis.
Und sich danach manchmal herausstellt, dass ich im Mittelteil über ein relevantes Detail hinweggeditscht war.

Der Himmel wurde wieder blau-weiß-bunt, auf dem Marsch zu meinem Mittagscappuccino im Westend bekam ich kühle, angenehme Luft zu schnaufen.

Mittagesse wurden Bananen, gelbe Kiwis, zwei Hände voll Nüsse.

Nachmittags erste Urlaubsübergabe: Ich habe ein gutes Jahr nach Umstrukturierung wieder so etwas wie eine Vertretung, dieser Urlaub ist der erste Härtetest.

Nach Feierabend ging ich in schönem, aber eher kühlem Wetter nach Hause, nur ein kurzer Abstecher in einen Obst- und Gemüseladen. An der Heimeranstraße sah ich vor mir eine Krähe laufen, deren Gang mich zum Lächeln brachte: Wie auf einem Laufsteg setzte sie die Füße voreinander, dadurch wackelte ihr Schwanz herzallerliebst.

Daheim Wäscheaufhängen, eine Runde Yoga-Gymnastik, dann begann ich für meinen Wanderurlaub zu packen: Donnerstag und Freitag habe ich nach Feierabend Pläne, und ich wollte wirklich nicht bei meiner ohnehin großen Nervosität unter Druck geraten. Ein paar Pack-Entscheidungen ließ ich aber noch offen.

Nachtmahl war bereits Herr Kaltmamsell am Kochen: Er wollte unbedingt das typisch Yorkshire Gericht tripe and onion ausprobieren, Kutteln in Sauce. Als Gemüse-Ergänzung hatte ich eine große Schüssel Blattsalat mit roter Paprika in Knoblauch-Vinaigrette angemacht.

Tripe and onion schmeckte wie erwartet nicht sehr intensiv, aber dennoch ungewöhnlich – gut! Und der Salat: Ich kann ja echt nicht viel richtig gut, genau genommen nichts – aber Salat kann ich wirklich. (Wie er mir am besten schmeckt.)

Früh ins Bett zum Lesen, neue Lektüre ein hoffentlich spannender Verschling-Roman (außerdem habe ich schon lange keine französische Belletristik gelesen sowie bislang eher negative Vorbehalte): Hervé Le Tellier, Romy und Jürgen Ritte (Übers.), Die Anomalie – ging gut los!

Erfreuliches: Ein Tröt erinnerte mich gestern an etwas.

Aber sowas von! eduroam ist ein WLAN-Netz von Bildungs- und Forschungsanstalten im weitesten Sinn in über 100 Nationen. Meinen Zugang habe ich über meinen Arbeitgeber bekommen, der ja ebenfalls mit Forschung zu tun hat. Und so bemerke ich zum Beispiel unterwegs und auf Reisen an meinem Handy, dass ich mich wahrscheinlich in der Nähe eines Uni-Gebäudes befinde, weil mein Handy über ein WLAN online geht. Diese große Verfügbarkeit von Internet-Zugang ist sehr, sehr super.

Journal Montag, 15. September 2025 – Sonnentag mit viel Himmel

Dienstag, 16. September 2025

Eigentlich war ich recht gefasst mit Blick auf die letzten fünf Arbeitstage vor Urlaub, Unruhe sah ich eher außerhalb der Arbeitszeiten voraus. Schöner Marsch in die Arbeit in milder, Luft, es waren bis zu 23 Grad angekündigt.

Doch dann fuhr ich meinen Rechner hoch und sah ins Postfach.

Als ich nach anderthalb Stunden Wirbeln wieder zu mir kam, überlegte ich, ob es statt Wirbeln eventuell auch geordnetes Abarbeiten über den Tag getan hätte: Nein, nicht wirklich. Wenn andere zwei Tage arbeiten und sich daraus Aufträge an mich ergeben, sind sie am dritten Tag bereits dringend geworden. Außerdem geht es dabei oft um zu organisierende Besprechungstermine, deren Beteiligte sehr viele Termine haben – ich muss also so schnell wie möglich Lücken nutzen, bevor eine andere es tut.
(Doch nein: Das wird mich weiterhin nicht dazu bringen, ebenfalls am Wochenende zu arbeiten.)

So ging’s allerdings lustig weiter, es war viel Wirbelns. Mittagscappuccino nur schnell in der neuen Inhouse-Cafeteria. Das Personal dort spricht Italienisch, ich lernte gestern das italienische Wort “Buttabreze”. In der vorherigen Inkarnation der Cafeteria herrschte Kroatisch, mein einziges Wort Kroatisch: Buttabrece.

Dennoch riss ich mich los für eine Runde um den Block, das Wetter war gar zu schön – und wie sich draußen herausstellte, auch kurzärmlig mild.

Abschluss der Runde: Obsteinkäufe. Zu Mittag gab es also nach einer Scheibe Brot Kiwi und Feigen.

Es wurde nachmittags überraschend windig. Und ich nach einigen Stunde Weiterackern sehr erschöpft. Das ist wohl diese Urlaubsreife, von der man immer wieder hört? (FÜNFUNDREISSIG KILOMETER!)

Heimweg über einige Einkäufe. Es war sommerlich und überraschend warm (die Marien-Apotheke am Heimeranplatz zeigte 26 Grad im Schatten an), ich kam ins Schwitzen.

Zu Hause nahm ich mir aber die Zeit für eine sportliche Runde Yoga-Gymnastik. Und für ein Telefonat mit meiner Mutter – Sie dürfen gerne einen Daumen drücken, dass am Mittwoch im Krankenhaus alles glatt geht.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den Ernteanteil-Fenchel im Ofen mit einer Bröselkruste überbacken:

Deutlich schmackhafter, als ich mir das vorgestellt hatte.

Haushaltliches statt Mad Men, im Bett mehr Spannendes zu zeitgenössischer Archäologie von Jens Notroff.

Gestern erreichte mich die Einladung des Münchner Wahlamts zur Wahlhilfe bei der Kommunalwahl 2026. Da ich die zweitägige Anstrengung des Wahlhelfens 2020 noch sehr lebhaft in Erinnerung habe (damals im März erschwert am Wahltag in den Anfängen der Corona-Pandemie durch zahlreiche Abmeldungen unter Wahlhelfenden), zögere ich mit meiner Anmeldung.

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Apropos Kommunalwahl: Haltern am See hat leider doch künftig keine Bürgermeisterin, die aus dem Blog kam, Vanessa Giese. Auch wenn über 30 Prozent der Stimmen “aus dem Stand für eine ‘zugezogene’, fraktionslose(!) Frau(!!) in so einem Ort ein phantastisches Ergebnis” ist.

Vanessa berichtete gestern in ihrem Blog:
“Der Tag nach der Wahl”.

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Die Entstehung dieses Texts durfte ich mitverfolgen:
“Ich bin ein Teilchen: Zu einer Theorie der Quantendidaktik”.

Eine zeitgemäße Didaktik kann sich nicht den Erkenntnissen der Quantenwissenschaft verschließen. Sie öffnet uns vor allem bei zwei Dingen die Augen, bei der Quantenverschränkung und der Quantenunbestimmtheit.

Meine Anregung, den Grundgedanken zum Sachbuch-Bestseller 2026 auszuarbeiten, lief ins Leere.

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Als Fangirl bin ich total voreingenommen, empfehle dennoch dieses Interview mit Dunja Hayali:
“Dunja Hayali über Gesprächskultur
‘Sie können gerne eine andere Meinung haben'”.

(OBWOHL SIE GEGEN EIN TEMPOLIMIT IST!)

Was sie antreibt:

Verstehen wollen, ohne Verständnis zu haben.

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Heute als Abschluss nichts Launiges, sondern eine Faust in den Bauch.

Maximilian Buddenbohm macht sich die Mühe festzuhalten, welch elende Anblicke ihn als Bewohner der Hamburger Bahnhofsnähe treffen. Es ist ein Hinsehen in Wörtern, das Gegenteil von gleichgültigem Wegsehen, und meiner Überzeugung nach im Gegensatz zu einem Foto ohne entwürdigenden Voyeurismus. Ich bin ihm dankbar, denn selbst schrecke ich immer wieder vor solchem Hinsehen in Wörtern zurück, will lieber, dass ich das gar nicht gesehen habe – und es dadurch aus der Wirklichkeit entferne. (Selbst wenn ich deutlich weniger Schlimmes um meine Wohnung im südlichen Münchner Bahnhofsviertel sehe. Doch Spritzensetzen gibt es inzwischen immer offener und an unerwarteten Orten.)
“Noch drei unliebsame Bilder”.