Journal Samstag, 14. Januar 2023 – Nachmittag mit ausgewandertem Freund an der Isar

Sonntag, 15. Januar 2023 um 7:59

Gut und lang geschlafen.

Überm Morgenkaffee erst mal am namibischen Wasserloch Strauße beim Schlammbaden beobachtet.

Bereits fertiggemacht zum Schwimmen holte ich beim Bäcker Julius Brantner Brot, sein “Bio Brothandwerk 25” (auch wenn ich es als Zumutung empfinde, bei anderen Bäckern “Weltmeisterbrot” oder “Knorzi” sagen zu müssen: ist ein Wort wie aus dem Werkzeugkatalog wirklich die einzige Alternative?).

In deutlichen Plusgraden und freundlichem Licht radelte ich zum Olympiabad. Die Bahnen waren ziemlich voll, fast alles Geräteschwimmer. Doch möglicherweise trieben sie ohnehin einen ganz anderen Sport als ich. Als ich eine Schwimmerin, die mich gerade flott überholt hatte und die jetzt am Rand anhielt, durch eine Geste zum Voranschwimmen einlud (damit sie mich nicht gleich wieder überholen musste), lehnte sie ab: “Ich hab noch Pause.”

Die Wassertemperatur ließ mich 3.000 Meter schwimmen, die letzten 1.000 mit nur gelegentlichem Frösteln.

Daheim gab es kurz vor zwei Frühstück: drei dicke Scheiben Brothandwerk-25-Brot, darauf Nocilla oder Butter.

Die karamellbraune Farbe der Krume (deutlich karamelliger als auf dem Foto) machte mich misstrauisch: Entsteht die wirklich nur durch 40 Prozent Roggenmehl? Der Geschmack war überraschend sauer für ein Weizenmischbrot, die angegebenen 48 Stunden wurde der Teig offensichtlich ziemlich kalt geführt. Eigentlich selbst für ein Roggenbrot zu sauer. Textur schön elastisch, jetzt wird noch spannend, wie es sich am nächsten Tag entwickelt hat.

Herr Kaltmamsell und ich waren mit dem nach Goslar ausgewanderten Freund, Herrn Mittagesser Sebastian, verabredet, er machte nach einer sehr anstrengenden Arbeitsphase gerade Urlaub in München. Wir trafen uns am belebten Marienplatz, nahmen dann eine U-Bahn nach Thalkirchen, um meine Joggingstrecke hinauf nach Pullach zu spazieren.

Es waren sehr schöne Stunden: Mich freuten Neuigkeiten, Rückblicke, Plaudern, auch dass ich ihm neue Anblicke und Ausblicke zeigen konnte. Ich erfuhr viel über Goslar und den Harz, ein Besuch dort wird immer konkreter.

Isarwerk 1

Blick von der Großhesseloher Brücke.

Isartal bei Pullach.

Für mich neu war dieses Licht: Ich kenne die Strecke ja nur vom Morgen bis Mittag.

In einem Pullacher Café kehrten wir auf Kaffeunkuchen (die Herren) und ein Getränk (ich) ein. Zurück nahmen wir eine S-Bahn, Abschied am Stachus auf ein baldiges Wiedersehen.

Kurz vor Heimkehr kämpfte ich wieder mit Kreislauf-Turbulenzen (oder vielleicht doch irgendwas mit Blutzucker nach dem zuckrigen Getränk auf fast leeren Magen?). Ich legte mich ins Bett, nach der Phase Schweißausbruch mit Frieren schlief ich kurz erschöpft ein, wachte erschöpft auf.

Herr Kaltmamsell hatte das Abendessen bereits vorbereitet, musste es nur noch erhitzen.

Der Ernteanteil hatte mit Grünkohl und Karotten die Basis für einen herzhaften Eintopf geliefert, genau das Richtige. Nachtisch Schokolade.

Ich hatte Candice Carty-Williams, Queenie ausgelesen, die Geschichte einer jungen Londonerin aus karibischer Familie, die gerade eine dunkle Phase durchmacht: Die mehrjährige Beziehung zu einem weißen Londoner aus guter Familie zerbricht, ihr erster Job in einer Magazin-Redaktion wackelt, sie kommt mit sich und ihrer Community nicht zurecht, das alles personal aus der Perspektive dieser Queenie erzählt. In der ersten Hälfte ermüdete mich der reichliche wahllose und sehr detailliert beschriebene Sex, auch wenn ich mit der Zeit erkannte, dass die Details für die Charakterzeichnung der Protagonistin wichtig waren. Die Perspektive der jungen Frau of colour in England und ihr Kampf gegen Stereotypen hätten mich mehr gekriegt, wenn nicht verschiedene Aspekte fast lehrbuchartig anhand von Begegnungen mit stereotypen Weißen dargelegt worden wären. Interessanter fand ich da schon die Zwänge der eigenen Commmunitiy von Familien aus Afrika und aus der Karibik, die unter anderem die Existenz psychischer Probleme oder Erkrankungen negiert.

Im Bett begann ich meine neue Lektüre: Sayaka Murata, Ursula Gräfe (Übers.), Die Ladenhüterin.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 13. Januar 2023 – Wochenausklang in der Brasserie Colette

Samstag, 14. Januar 2023 um 8:47

Ganz besonders gut geschlafen. Dass ich morgens verträumt und unfokussiert war (bayrisch “tramhappert”), konnte daran schon mal nicht liegen. Allerdings fühlte ich mich auch ruhig und ausgeglichen dabei. (Erst jetzt beim Aufschreiben wird mir klar, dass ich klassische post-migränale Befindlichkeit beschreibe. Heimliche schmerzfreie Migräne nachts?)

Herr Kaltmamsell kam ebenfalls recht verschlafen aus seinem Zimmer: Er hatte nachts lang das namibische Wasserloch beobachtet, unter anderem Stachelschweine und Fledermäuse gesehen.

Gemütlicher Arbeitsweg in viel zu milder Luft. Laut Expert*innen ist die derzeitige winterliche Mildewelle noch viel alarmierender als die Hitzewellen in den Sommern der vergangenen Jahre.

Für den Abend war ein Restauranttisch reserviert. Auf diesen Termin freute ich mich seit zwei Wochen, inklusive regelmäßigem Check der Speise- und der Weinkarte auf der Website – ich war emotional bereits völlig erschöpft.

Mittagessen gab es in drei Gängen: Sojaquark (hat nichts mit Quark zu tun), Dinkelbrot, Blutorangen.

Nachmittags erhielt ich ein völlig überraschendes Lebenszeichen von jemandem, um die ich mir bereits große Sorgen machte. Und jetzt sieht es so aus, als würde ich sie nach Jahren Pause am Sonntag auch noch in Echt treffen!

Draußen war es stürmisch, nachmittags mit Regenschauern (gut für den Boden), doch nach pünktlichem Feierabend kam ich trocken heim (Schirm in der Hand als Talisman). Vor dem Abendtermin war noch Zeit für eine Einheit Yoga, dann spazierte ich feingemacht mit Herrn Kaltmamsell zur Brasserie Colette.

Wir gehörten zu den ersten Gästen, im Verlauf unseres Abends dort füllten sich aber alle Plätze. Zum Start wieder ein Gläschen Rosé-Cremant Bouvet Ladubay. Nachdem ich die Speisekarte im Web nahezu auswendig gelernt hatte, konnten wir schnell bestellen.

Als Vorspeise nahmen wir beide die uns schon bekannte Artischocke mit Crème fraîche, Petersilienvinaigrette und leicht scharfer Safranmayo. Gut – mich begeisterte wieder vor allem die Vinaigrette mit Zitrusnote. Dazu ein Glas Sauvignon Blanc Domaine Bonnigal-Bodet, ideale Begleitung. (In der Tischmitte sehr gutes Weißbrot mit Butter, ein Glas Cornichons, das hier immer zu Beginn serviert wird, den Rest darf man mitnehmen.)

Nachher.

Als Hauptgericht bekam Herr Kaltmamsell das Räucherfischcassoulet mit einem Glas Chardonnay, ich aß zum zweiten Mal im Leben Taubenbrüste, hier mit Bete-Tarte-tatin, dazu ein Glas Côtes du Rhône Saint Cosme, auf den ich mich schon gefreut hatte. Die Taubenbrust ganz hervorragend: Superzart, leichter Wildgeschmack.

Abschluss war für Herrn Kaltmamsell Crème brûlée mit Pflaume und Kaffeebitter, ich hatte die Käseauswahl mit sensationeller getoasteter Brioche und Feigenmarmelade, beide tranken wir ein weiteres Gläschen Côtes du Rhône. Wir spazierten sehr zufrieden heim – und trafen bereits um halb zehn auf junge Leute (TM) vor Clubs. Daheim noch ein Schnäpsle: Badischen Zibärtle.

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Das Öffentlich-Rechtliche ließ seine eigene Berichterstattung zum Thema Klima evaluieren – unabhängig und wissenschaftlich, im Zentrum Das Erste, ZDF und WDR. Das verheerende Ergebnis: Klimawandel war und ist trotz kleiner Zugewinne ein Randthema im ÖRR. Hier der Link zu Zusammenfassung und ausführlichen Ergebnissen:
“Der Klimawandel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen”.

via @marthadear

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Ich wusste bislang NICHTS über kanadische Lesben. Gestern machte ich Bekanntschaft mit dem tiktok-Star Nicole Maple Coenen. Jetzt weiß ich: Kanadische Lesben sind supermuskulös, tragen Holzfällerhemdem, hacken Holz – und haben einen herzerfrischenden Humor. Zum Einstieg empfehle ich diese Folge mit der Renovierung einer alten Axt. Und dann die Muskelbewunderung.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 12. Januar 2023 – Ereignisloser Arbeitstag

Freitag, 13. Januar 2023 um 6:32

Die Woche fühlte sich sehr lang an, beim Weckerklingeln musste ich mich motivieren mit “Vorletztes Mal vor Wochenende!”.

Wetter weiterhin grau, kühl, aber für Januar weiterhin viel zu mild. Gegen die Bürokälte trug ich einen Wollpulli unterm oversized Cord-Kleid.

Die Theresienwiese leert sich, beim Queren sah ich nur noch wenige Reste vom Tollwood.

Mittags ging ich auf einen Cappuccino raus zum Emilo, letzte Male vor Schließung Ende Januar. Den Marsch durchs Draußen genoss ich fast noch mehr.

Mittagessen waren dann Apfel, eingeweichte Haferflocken mit Trockenfeigen, Trockenpflaumen und Sojaquark (erstmals probiert: schmeckt ähnlich wie Sojajoghurt).

Der Tag wurde nochmal hell, ich freute mich über die Ahnung von blauem Himmel vorm Bürofenster. Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe. Und ich besorgte Eisentabletten, vielleicht kommen sie gegen meine seit Wochen einreißenden Mundwinkel an.

Zu Hause eine Runde Yoga, angenehm. Als Abendbrot diente nach zwei Wochen Pause wieder Ernteanteil: Herr Kaltmamsell hatte Rote Bete gekocht und gehackt, daraus eine georgische Vorspeise mit Walnüssen gemacht, außerdem gab es Feldsalat, Käse, Brot. Und dann zum Nachtisch Schokolade.

Telefonat mit meinem Bruder, wir sprechen weiter den Großfamilienurlaub in Madrid ab.

Auf Mastodon hatte sich eine Unterhaltung über Panko ergeben, die japanischen Semmelbrösel, die beim Panieren alles so viel knuspriger machen als unsere Semmelbrösel. Und @cupidissimo verlinkte ein Filmchen, das Herstellung und Eigenschaften erklärt: Das Geheimnis liegt im Backen des Brots für die Brösel, es wird nämlich mit Elektrizität von innen gebacken:
“What is panko, and why is it so much better than other breadcrumbs?”

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/n-hKc2QhJzc

Jetzt plane ich, meine nächsten Fleischpflanzerl zum Test mit Panko herzustellen.

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Twitter spezial. @shengfui lud ein:

Das Ergebnis war großartig.

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Musik, die mir gefiel (der Rest von Ibeyi ist mir zu Enya).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/lHRAPIwsS5I

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 11. Januar 2023 – #Lindwurmessen im Sushiya-Bento

Donnerstag, 12. Januar 2023 um 6:17

Besonders tiefer und erholsamer Nachtschlaf, hätte gerne mehr als nur bis Weckerklingeln sein dürfen.

Im Trockenen und Düsteren in die Arbeit gegangen. Die Vögel singen bereits vielstimmig zur Balz, ich möchte ihnen mit Verweis aufs Datum den Schnabel zuhalten. (Dabei können Amsleriche auch mit geschlossenem Schnabel flöten, habe ich mehrfach beobachtet.)

In der Arbeit ein paar Termine, dann versuchte ich eine physische Work-around-Idee umzusetzen, um eine gravierende Not zu lösen, die das neue IT-System erzeugt. Vergeblich. Aber ich war dadurch ein wenig an die frische Luft gekommen. Und hatte zum ersten Mal bewusst das Stundenhotel 300 Meter von meiner Arbeitsstelle entfernt wahrgenommen (es steht groß dran). Hatte ich vorher überhaupt jemals ein Stundenhotel gesehen?

Es ist übrigens ganz erstaunlich, wie viel Interessantes man durch falsch durchgestellte Anrufe erfahren kann.

Zu Mittag gab es Apfel, Clementinen, Pumpernickel mit Butter.

Am Nachmittag regnete es immer ernsthafter, ich ging unterm Schirm nach Hause. Mit Herrn Kaltmamsell war ich zum nächsten #Lindwurmessen verabredet,1 vorher übten wir noch ein bisschen Lindy Hop.

Diesmal nahmen wir wieder die U-Bahn, wir hatten im einzigen japanischen Restaurant an der Lindwurmstraße reserviert: Im Sushiya-Bento.

Ein sehr kleines Restaurant mit nur sechs Tischen, es wurde viel abgeholt. Die Speisekarte bot zwar auch Anderes, doch wenn wir schon in einem ausgesprochenen Sushi-Lokal saßen, bestellten wir auch welche (davor Gyoza für ihn, Edamame für mich).

Wir waren beide sehr zufrieden.

Zu Hause war noch Platz für reichlich Süßigkeiten.

Weitere Schritte zum Großfamilienurlaub in Madrid. Die Schwägerin bekam auf booking.com dieselbe Unterkunft für 400 Euro weniger angezeigt als ich (ich hatte auf den von ihr geschickten Link geklickt). Gelesen hatte ich ja von sowas (u.a. dass Apple-Endgeräte automatisch höhere Preise bekommen), war dennoch verdutzt. Dann bucht halt Frau Schwägerin.

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Unglaublich, was die erste Einwanderungs-Generation in Deutschland geleistet hat. ZACK! Tränen in den Augen.

  1. Wir futtern uns nacheinander durch alle Lokale an der Südseite der Lindwurmstraße von Sendlinger Tor westwärts bis Stemmerhof, dann an der Nordseite wieder zurück. []
die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 10. Januar 2023 – Wir lernen Lindy Hop

Mittwoch, 11. Januar 2023 um 6:26

Diesmal wieder eine Nacht mit normal gutem Schlaf.

Das Draußen war düster und kalt.

In der Arbeit weiter einiges Tempo und viele Menschen. Späte Mittagspause mit Clementine, außerdem Granatapfelkerne (ich habe meine Energie fürs Puhlen zurück) in Mandeljoghurt (ausprobiert, weil es keinen Sojajoghurt gab – schmeckt mir nicht so gut).

Sah aus wie Bubble Tea.

Leider fror ich wieder den ganzen Tag im Büro, trotz Kaschmipulli mit Untershirt. Ich werde also wieder zu den dicken Pullis greifen müssen.

Recht pünktlicher Feierabend, ich hatte ja noch etwas vor. Und besuchte davor nochmal den Leder Baumann beim Sendlinger Tor, um einen Gürtel anfertigen zu lassen – jetzt ist aber die halbe Familie versorgt.

Eine der selten besungenen Eigenheiten des südlichen Bahnhofsviertels von München ist seine absurd hohe Dichte an Tanzschulen, je näher am Deutschen Theater, desto dichter (es gibt auch eine im Deutschen Theater). Vor allem an der Sonnenstraße und der Schwanthalerstraße stapeln sich die Tanzschulen und -studios, ob Salsa, Flamenco, Step- oder Turniertanz. (Mag vielleicht mal eine Lokaljournalistin herausfinden, woran das liegt?) In einer davon, einer klassischen Tanzschule, hatte ich vor zehn Jahren schon mal Zwiefachen gelernt. Mit Herrn Kaltmamsell ging ich gestern Abend in eine Tanzschule im Gebäudekomplex des City-Kinos: Wir wollten endlich Lindy Hop lernen. Die Tanzschule Vintage Club, bei der wir uns angemeldet hatten, sitzt im 3. Stock, wir passierten auf dem Weg hinauf den Tanzsportverein Gelb-Scharz-Casino im 2. Stock.

Wir tanzen ja beide gern, und Lindy Hop hatten wir seit Jahren lernen wollen – Herr Kaltmamsell besitzt sogar das passende Outfit. Doch erst kam Corona, dann musste ich eine Weile stupsen, Ende letzten Jahres musste Herr Kaltmamsell stupsen, jetzt waren wir endlich beisammen. Und mit uns sehr, sehr viele andere Tanzwillige – ich hatte mal wieder den Neujahrsimpuls unterschätzt.

Überrascht war ich auch davon, dass wir von eher jungen Leuten umgeben waren, bei der Anmeldung wurden viele Studierdendenausweise gezeigt, diese Leute sprachlich sehr international (auf die Frage des Tanzlehrers, ob jemand kein Deutsch spreche, meldete sich aber niemand) – ich hatte nicht erwartet, dass wir zu den ältesten zählen würden. Der Tanzsaal aber sah gar nicht überraschend aus: Ein wenig Flitter und eine Diskokugel an der Decke, Spiegel an einer Wandseite, Tanzboden aus Parkett (“Keine Straßenschuhe!”), eine kleine Bar, darin die Quelle der Musik. Die Gestaltung eher auf Arbeitsebene, ein sehr großer Unterschied zu dem feinen und durchgestylten Plüsch meiner Tanzkurse als Teenager (Tanzschule Fischer in Ingolstadt, “Tanz mit dem Weltmeister”).

Wiederum erwartungsgemäß wurde in Leader und Follower unterteilt (auf einem großen Fest vor ein paar Jahren hatte ich meine erste Lindy-Hop-Einführung bekommen und das bereits erlebt), wobei die Follower ausschließlich Frauen waren, die Leader zu 90 Prozent. Und dann lernten wir 6 count, 8 count und 10 count Grundschritte – beim Lindy Hop muss der Leader sogar den Grundschritt bestimmen und führen. Das Ganze involvierte regelmäßige Partnerwechsel, auch darauf war ich vorbereitet; und obwohl ich innerlich davor zurückschrecke (-> fremde Menschen), weiß ich aus Erfahrung (Volkstanz, Zwiefachen-Tanzkurs), dass ich bei jedem Partner etwas dazulerne. So auch diesmal, als mir einer der ersten Wechselpartner einen Trick in der Tanzhaltung verriet – er war kein Neuling. Mein letzter Leader war eine Frau, mit ihr tat ich am Ende der Stunde bereits etwas, was man “Tanzen” nennen könnte.

Entsprechend spät servierte Herr Kaltmamsell Abendessen: Kurz vor neun gab es den Linseneintopf mit Trockenpflaumen, den er vorbereitet hatte. Rezept aus dem Gethsemanekloster-Kochbuch:

(Leicht variiert.) Schmeckte sehr gut. Nachtisch Schokolade.

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Eine Folge des Klimawandels: Schneemangel in Skigebieten. Am Sonntag kam in der Tagesschau (ab min. 13:20) ein trauriger Hüttenwirt zu Wort, zwischen leeren Tischen, im Hintergrund grüne Skipisten. Zu Wort kam auch Klimaforscher Reto Knutti von der ETH: Das bleibt jetzt so. Während ich darin die politische Notwendigkeit sehe, für Skigebiete Strukturwandel-Konzepte zu erarbeiten, steckt mein bayerischer Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger das Geld lieber in noch mehr Schneekanonen und noch mehr Skilifte (€):
“Wenn selbst Schneekanonen nicht mehr helfen”.

Bitter ist das auch, weil Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor nicht einmal einem Jahr dort eine Millioneninvestition verkündete: Knapp 5,8 Millionen Euro möchte Aiwanger dem Landkreis Freyung-Grafenau für den Bau von Sesselbahnen zuschießen. Auf sogar 20 Millionen Euro soll die staatliche Unterstützung in den nächsten Jahren anwachsen. Kritik, wonach in Zeiten des Klimawandels solche Investitionen fehl am Platz seien, wischte Aiwanger damals bei Seite. Was in fünfzig Jahren sei, wisse niemand. “Aber man sollte keine Weltuntergangsstimmung verbreiten”, sagt Bayerns Wirtschaftsminister.

Aiwanger hat die Rückendeckung von Landtag und Staatsregierung, im Zuge des bayerischen Seilbahn-Förderprogramms weitere Millionen Euro in neue Skilifte und Schneekanonen zu pumpen. “Die Verlängerung der Seilbahnförderung ist bereits beschlossen, die Freigabe erfolgt voraussichtlich noch im Januar”, sagt eine Ministeriumssprecherin. Für dieses Jahr können die Skigebiete mit Zuschüssen in Höhe von zehn Millionen Euro rechnen. Seit 2009 schon leistet sich der Freistaat das Programm. Insgesamt sind seither gut 90 Millionen Euro Fördergeld in Bayerns Skigebiete geflossen.

(Am End’ entwickelt sich The Last Chairlift von John Irving in der zweiten, nicht gelesenen Hälfte zum Klimakatastrophen-Roman?! Spass.)

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Außerdem gebe ich hier einen Lesetipp von Buddenbohm & Söhne weiter: Biologin Meike Stoverock prüft die These, der Mensch könne sich dem Klimawandel biologisch anpassen.
“Klimakrise: Macht nix, wir passen uns an!”

Als tl;dr ihre Schlussfolgerung:

Alles passiert viel schneller, als dass Wirtschaft, Politik oder Technik friedliche Lösungen erarbeiten könnten. Während Bauern irgendwo in ärmeren Regionen an klimabedingten Ernteausfällen verzweifeln, diskutieren wir hier noch über Tempolimits und Kohlebergbau. All das muss man bei dem vagen und oft sehr naiven Geschwurbel über Anpassung vielleicht mal mitdenken.

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Eine ganz andere Sicht aufs Fleischessen, nämlich eine historische und auf die westliche Welt ab dem 16. Jahrhundert. Mit vielen überraschenden Informationen, unter anderem wie lange schon an Fleischersatz geforscht wird.

“Fleisch im 19. und 20. Jahrhundert – Ein Längsschnitt in Thesen”.
via Link von Herr Kaltmamsell

die Kaltmamsell

Journal Montag, 9. Januar 2023 – Zweiter Arbeitsanfang

Dienstag, 10. Januar 2023 um 6:30

Ächz. Vergangene Woche war wohl nur eine Übung, die große Arbeits-Neujahrswelle kam erst am gestrigen Montag.

Mein Nachtschlaf schien das geahnt zu haben: Nach Langem wieder eine wirklich schlechte Nacht mit vielfachem Aufwachen (allerdings nicht das klimakterische ZACK!), üblen Gefühlen, Schlaf nur bis fünf. Düsterer Himmel, nasskalte Luft. Seit Sonntag ging mir eine wunderbare Formulierung auf Hotel Mama durch den Kopf:

januar ist wie nachts losfahren, um irgendwann im tag anzukommen, man muss da halt durch, die langen dunklen stunden ohne anfang und ende, ich mag das eigentlich, aber der weg ans licht ist im allgemeinen und besonders in berlin viel zu weit, es wird wieder dunkel, wenn ich gerade wach geworden bin, und danach ist dann februar.

Im Büro hatte ich eine hocheffiziente halbe Stunde (Privileg von uns Lerchen), bevor das ganze Haus sein Arbeitsjahr startete, “gutes neues Jahr”. Mit hoher Schlagzahl, “ein gesundes neues Jahr!”, auch menschlich, “erst mal ein gutes neues!”, ging es durch bis vier, “frohes neues!”, allerdings hatte ich eisern fast eine halbe Stunde Mittag gemacht, mit einer Mandarine, einem Kanten Brot, einem Becher Hüttenkäse, der Süddeutschen vom Tage. Dann erst kam ich wieder zu mir und konnte mich sortieren.

Dabei hatte ich gestern extra dieses Outfit gewählt.

Ich bin draufgekommen, warum ich mit steigendem Alter immer mehr Vergnügen an auffallend albernen Outfits habe (die Neigung war allerdings schon immer da): Ich bilde mir ein, dass bei deutlich nicht-jungen Frauen nicht Hübschizität oder Attraktivität als Ziel unterstellt wird.
Gestern freute mich, dass ein Stadtwerke-Handwerker, mit dem ich in der Teeküche ein wenig plauderte, mich komplimentierte: “Guad schaung’S aus!”. (Noch mehr freute mich, dass er auf meine Reaktion “Danke schön! Ist Absicht.” herzlich lachte.)

Auf dem Heimweg, es war fast schon winterkalt, ging ich im Vollcorner vorbei – wo ich überraschend wenig von meiner Einkaufsliste bekam. Zu Hause erst mal eine Runde Yoga, sie tat gut.

Als Nachtmahl war der Rest der sonntagabendlichen Gemüsequiche geplant, doch Herr Kaltmamsell servierte davor auch noch ein Tellerchen heiße Linsensuppe. Zur Quiche machte ich ein wenig Ruccola-Salat. Nachtisch einige Erdnusskekse, die Herr Kaltmamsell gestern gebacken hatte (Sabbatical ist toll), außerdem Schokolade – dass die Cailler-Milchschokolade hauptsächlich aus gezuckerter Kondensmilch besteht, schmeckt man. Ich bin noch nicht sicher, ob ich das mag.

§

Dirk Knipphals verabschiedet sich:
“Autofahren als Freiheitsversprechen:
Stets auf Achse”.

Die Mutter unseres Autors war immerzu Automobilistin. Sie lebt nun im Heim und ihr Sohn reist am Steuer ihres letzten Wagens zurück in die Vergangenheit.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 8. Januar 2023 – Ein Nachmittag mit den Olympischen Spielen von 1972

Montag, 9. Januar 2023 um 6:24

Früh und erfrischt aufgewacht.

7:30 Uhr

7:35 Uhr

Nach dem Bloggen recherchierte ich endlich ein paar Stunden lang Unterkünfte für den Großfamilienurlaub in Madrid. Unerwartet großen Erfolg und Spaß gehabt, auch an der Zusammenfassung als Entscheidungsvorlage für die Bruderfamilie.

In überdurchschnittlich guter Stimmung ging ich raus zum Laufen (an sich hatte ich Hanteltraining geplant, aber dann viel mehr Lust auf Draußen und Laufen gehabt). Da es bereits nach elf war, entschied ich mich für die Mehr-Netto-vom-Brutto-Route über Alten Südfriedhof nach Thalkirchen, um den Hinterbrühler See und über Flaucher zurück. Grauer Himmel, die Luft kälter als erwartet, doch ich fühlte mich geradezu vergnügt.

Kaffeestandl an der Brücke Maria Einsiedel. Am Flaucher wurde gemütlich gesessen – aber auch gebadet.

Unter der Braunauer Eisenbahnbrücke.

Gut 100 Minuten Lauf, der Körper spielte geschmeidig mit.

Frühstück um zwei: Eine dicke Scheibe selbstgebackenes Bauerbrot mit Nocilla, außerdem Granatapfelkerne mit Sojajoghurt.

Der Himmel wurde immer düsterer. Ich hatte den Tipp bekommen, dass die Ausstellung im Stadtmuseum “München 72. Mode, Menschen und Musik” verlängert worden sei: Genau das Richtige für einen kalten und dunklen Januarsonntagnachmittag.

Die beiden Plakate oben gefallen mir besonders gut.

Die Ausstellung mochte ich sehr, unter anderem weil sie die gestalterischen Elemente nicht nur auf Otl Aicher zurückführt, sondern das Team der Abteilung XI als Schöpfer nennt, oft auch konkrete Mitarbeitende daraus. Es kommen Zeitzeuginnen zu Wort, fast bei jedem Aspekt wird der mörderische Terroranschlag auf die israelische Mannschaft thematisiert, zusätzlich zum eigenen Ausstellungspunkt darüber.

Beim Thema Bau der Sportanlagen werden die migrantischen Arbeiter*innen sichtbar gemacht, die die Hälfte des Personals stellten.

Und so viele Originalgegenstände, -kleidung, Fotos und Geschichten aus Privatbeständen und -erinnerungen!

Zurück daheim schlug wieder mein Kreislauf Purzelbäume (Schwindel, mehr Schwindel und Ungemütlichkeit, dann Frösteln und Schwäche mit Schweißausbruch – deutlich unterscheidbar von menopausalen Glutattacken), danach wurde mir den ganzen Nachmittag und Abend nicht mehr richtig warm.

Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl eine Gemüse-Quiche, ganz hervorragend. Nachtisch Müsli:

Und Schokolade.

Fürs Bett machte ich mir nach Wochen mal wieder eine Wärmflasche heiß.

§

Zeitreisen! Während mir vor allem Zeitziele einfallen, die mit meiner oder der Vergangenheit meiner engsten Verwandten zu tun haben, spekulieren andere deutlich seriöser. Zum Beispiel darüber, wie man als heutiger Mensch im Mittelalter überleben könnte:
“How you could survive (and prosper) in the Middle Ages”.

Tipp: Lesen und Rechnen zu können, sichert durchaus Lebensunterhalt.

§

Der gebürtige Südafrikaner Trevor Noah erzählt vom Moment, in dem er New York begriff.

via @ankegroener

die Kaltmamsell