Journal Dienstag, 6. September 2022 – Griechischer Abend draußen

Mittwoch, 7. September 2022 um 6:16

Eher leichter Schlaf mit mehrfachem Halbaufwachen, dabei hatte ich das Licht wirklich müde ausgeschaltet.

Auf meinem Weg in die Arbeit bemerke ich täglich das Sinken und Kürzerwerden der Sonnenlaufbahn: Mittlerweile schafft ihr Licht es auf meinen ersten hundert Metern gar nicht mehr in die Straße. Und abends verschwindet die Sonne wieder hinterm Klinikgebäude, bevor sie über das Dach des daneben liegenden Forschungsinstituts wandert.

Geschäftiger Vormittag, gestern kein Auswärts-Cappuccino. Mittagessen war der mitgebrachte Kohlrabisalat mit frischem Majoran und Joghurt, ein Laugenzöpferl.

Nachmittags ein seltener Teil meines Jobs: Einsatz als Licht-Double. Erst Stunden später fand ich den passenden Soundtrack (man sollte zu jedem Schlüsselmoment den passenden Soundtrack haben).

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https://youtu.be/yulmgTcGLZw

Auf meinem nachmittäglichen Hofgang merkte ich, wie warm der Tag war.

Auch auf dem feierabendlichen Weg nach Hause war mir mit langen Ärmeln etwas zu warm. Doch die Milde führte zu einem weiteren wundervollen Sommerabend: Daheim stellte ich nur schnell meinen Arbeitsrucksack ab, ich war in der Taverna Melina mit einer Freundin verabredet.

Wir saßen draußen, ich aß Bauernsalat und dann eine Dorade vom Grill, auf die ich mich seit Tagen gefreut hatte, mit Spinat und Selleriepüree. Wieder stellte ich fest, dass in der Taverna Melina deutlich überdurchschnittlich griechisch gekocht wird.

Dazu holte ich mit der Freundin die vergangenen Monate auf, wir hatten uns lange nicht gesehen: Wohnungskauf, Exkursion nach Paris mit jungen Leuten, neue Liebe in der Familie, Trauerfall in der Familie – es war sehr viel passiert.

Da wir den Tisch nur für zwei Stunden bekommen hatten, aber danach noch lange nicht mit Reden fertig waren, zogen wir anschließend im Dunklen um in einen Biergarten ums Ecke, den des Paulaner Bräuhauses. Hätten uns nicht mitten unter der Woche anderntags ein Arbeitsmorgen erwartet, wären wir noch länger gesessen; so aber spazierten wir bald zum Sendlinger Tor.

§

Wenn Sie noch nie von Mariano Fortuny und seinen Delphy-Kleidern gehört haben – macht nichts. Für den Rest ist dieser atemberaubende Twitter-Thread mit vielen, vielen Fotos aus über 100 Jahren.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 5. September 2022 – Verschwindende Comicläden

Dienstag, 6. September 2022 um 6:29

Ich gönnte mir 20 Minuten späteren Wecker (wegen des späten Zu-Bett-Gehens nach Kino am Vorabend), schon hing der ganze Morgen schief, zumal ich auch noch über den Film bloggen wollte: Herr Kaltmamsell musste sich seinen Milchkaffee selbst angießen, ich übersprang die tägliche Morgengymnastik, bat Herrn Kaltmamsell um Übernahme des Blumengießens.

So schaffte ich aber den Arbeitsantritt zu gewohnter Zeit, und das ist bekanntlich das Wichtigste. Anscheinend.

Erst jetzt gesehen, dass ein weiterer Comicladen Vergangenheit ist, der Comic Dealer in der Gollierstraße.

Im Büro sehr emsiger Vormittag. Mittags ging ich raus in den herrlichen Sonnenschein. In einer Kaffeerösterei hatte ich Cortado im Angebot gesehen: Den bestelle ich in Spanien immer, wenn ich ein dortiges Pendant zum Cappuccino in Italien haben möchte. Hier nicht so: Er war mir deutlich zu stark. Aber ich bekam meinen Spaziergang durchs sonnige, warme Westend. Im Laden eines Geigenbauers testete eine Kundin gerade ein Instrument, ich hörte und sah es durch die offene Tür.

Mittagessen zurück im Büro: Pumpernickel mit Frischkäse, Pfirsiche.

Nachmittags war mal wieder Schwindel-Time, unangenehm. Doch auf dem Heimweg konnte ich den Sonnenschein und die warme Luft genießen.

Zu Hause Maniküre, eine Runde Yoga, Brotzeit für Dienstag geschnippelt (Kohlrabisalat aus Ernteanteil mit frischem Majoran).

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl Mafaldine mit Ernteanteil-Zucchini. Nachtisch Apfelkuchen, Schokolade.

Die britischen Tories haben ihre neue Vorsitzende und damit Premierministerin gewählt. Es wird einfach nicht besser. Meine Reisepläne ins einst so geliebte UK in den vergangenen Jahren:
– Erst muss ich Brexit verdauen.
– Erst muss ich Boris Johnson verdauen.
– Erst muss ich die Parlamentswahlen verdauen.
– Erst muss ich Liz Truss verdauen.
Ich fürchte, das dauert noch.

§

Auf instagram schreibt @sinnunverstand “über den Draußentischtennis-Hype in Köln”, und ich dachte: “Ach.” Dann ist das also nicht nur im München so.

Im Park vorm Haus wird seit ein paar Jahren intensiv und viel Tischtennis gespielt. Ich hatte angenommen, das sei so eine Einwanderersache, weil ich dort vor allem sehr bunte Gruppe spielen sah, mit Musikbeschallung, die Rufe zwischen dem Gelächter waren fremdsprachig.

Doch nach diesem Hinweis fallen mir andere Draußentischtennisplatten ein (z.B. zwischen den beiden Teilen des Alten Südfriedhofs), die ebenfalls praktisch durchgehend bespielt werden, von mehrheitsdurchschnittlich aussehenden, eher jungen Menschen.

§

Maximilian Buddenbohm hat am Sonntag unter anderem einen ganz besonderen Schwimmlehrer beobachtet:
“In den Montag”.

Er redet die Kinder ins Wasser und unter Wasser und wieder hinaus, er redet sie vom Startblock hinab und einige sogar vom Einer, er redet auch das Mädchen, das zuerst weint, und das hinterher sehr stolz ist, vom Beckenrand ins Wasser hinein. Er erklärt das Schwimmen und das Tauchen, er kommt selbst ins Becken und macht vor, er springt wunschgemäß mit einem Kind an der Hand und der Kleine strahlt. Er ist, das nehme ich mit, felsenfest überzeugt, dass die Kinder gleich alle können werden, was er ihnen beibringen möchte. Ich bin nach einer Weile sicher, dass das einen großen Teil des Erfolgs erklärt, er ist sich einfach durch und durch sicher, dass sie es alle gleich können werden und er strahlt das aus. Und wie glaubhaft er das ausstrahlt.

Auch in meiner engen Verwandtschaft gibt es liebe Menschen, denen ich derzeit zurufen möchte: “Schwimmst du los!”

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 4. September 2022 – Letzter Freibadschwumm und Three Thousand Years of Longing

Montag, 5. September 2022 um 6:49

Ausgeschlafen bis sieben. Der Tag startete sonnig, aber kühl. Nach dem Bloggen las ich die Wochenendzeitung, bis es warm genug für meinen Freibadplan war: Nach gut sechs Wochen wollte ich endlich wieder schwimmen.

Ich radelte durch milde Luft ins Dantebad, dort hoffte ich auf etwas wärmeres Wasser als in anderen energiesparend kühlen Münchner Freibädern. Die Aushänge an den Eingängen informierten lediglich über gesenkte “Mindesttemperatur” in den Becken.

Doch beim Gleiten ins Becken war sofort klar: Das Wasser war sehr kalt, genauso kalt wie im Schyrenbad. Ich kraulte extra schnell los, doch schon nach 500 Metern begann ich zu frieren. Ich biss mich noch durch bis zu 1500 Metern – dann gab ich schlotternd auf. Unter der heißen Innendusche brauchte ich lange, bis ich Finger und Zehen wieder spürte.

Zwar spielte ich mit dem Gedanken, nach gründlichem Aufwärmen in der Sonne für weitere 1000 Meter auf die Schwimmbahn zurückzukehren – aber so macht mir Schwimmen überhaupt keinen Spaß, und warum sollte ich Sport treiben, der mir keinen Spaß bereitet? Ich hatte zwei Menschen im Becken in Neopren gesehen, doch noch ist mir das zu teuer und umständlich. Verzichte ich halt auf Schwimmen bis nach dem Sommer; ich hoffe, dass das Dantebad sein Wasser dann wieder heizt (kostet im Winter ja auch deutlich mehr Eintritt). Und wenn nicht geheizt wird, weil Energiesparen, setze ich mich für Oberkörpertraining halt ans Rudergerät, seufzend.

Dennoch genoss ich die Sonne, vor die sich immer wieder Wolken schoben und in der es dadurch nicht zu heiß wurde. Ich hörte Musik und döste.

Auf dem Rückweg Semmelstopp am Bäcker Wimmer beim Josephsplatz.

Zu Hause Duschen, dann Frühstück um drei mit zwei frischen Körnersemmeln, eine mit Frischkäse und Tomate, eine mit Hühnerlebercreme vom Vorabend. Internetlesen, dann bügelte ich eine Stunde Kleidung weg. Lesen auf dem Balkon, bis Herr Kaltmamsell Abendessen servierte: Aus Ernteanteil gebratene Auberginenscheiben, außerdem Corned Beef (selbst gepökelt und gestern stundenlang gedämpft) mit Pommes aus dem Speisefön. Nachtisch Apfelkuchen.

Zur Abendunterhaltung gingen wir ins Kino.

Der Trailer hatte mich sofort begeistert: Die heutige Geschichte einer älteren Frau und eines Flaschengeists, gespielt von Tilda SWINTON und Idris Elba – das konnte nur großartig werden. Und dann schwärmte auch noch Joël davon: Ich besorgte für gestern Abend Karten für Three Thousand Years of Longing im City-Kino bei uns ums Eck.

Wir sahen einen sehr schönen Film. Er steht in der langen Tradition der Geschichten mit Geist aus der Flasche und drei Wünschen, doch hier haben wir charmanterweise im Mittelpunkt und als Erzählerin eine Expertin für Geschichten, eine akademische narratologist, die sich dieser ihrer Geschichte bewusst ist. Und die in den Verhandlungen mit ihrem Flaschengeist, Dschinn, immer wieder auf die typischen Bestandteile dieser Geschichten hinweist, unter anderem, dass sie immer schlecht ausgehen, dass dem Dschinn nicht zu trauen ist, aber auch, dass er sich vor ihr als Wünscherin mehr in Acht nehmen sollte. Der Dschinn erzählt ihr, wie er in die Flasche geraten ist, die sie in Istanbul gefunden hat, wohin sie zu einer Konferenz gereist ist – und der Wunsch, den sie dann tatsächlich äußert, ist wundervoll daraus hergeleitet. Wie alle solche Geschichten hatte auch diese eine tiefe Bedeutung.

Ich war allein schon deshalb über den Originalton froh, weil Tilda Swinton (immer großartig) diesmal mit verstreutem, aber deutlichem nordenglischen Akzent spielt – vielleicht mochte sie endlich mal eine andere Herkunft spielen als ihre eigene aus der britischen Oberschicht.

Im letzten Teil des Films lachte ich laut auf, als man ihre Figur Alithea auf einer Laptop-Tastatur tippen sieht: Nur mit dem rechten Zeigefinger. Ich hatte vor über 20 Jahren eine promovierte Kollegin, die genau so tippte, für Großbuchstaben nahm sie den linken Zeigefinger zu Hilfe (als ich sie entgeistert fragte, wie sie ihre Doktorarbeit geschrieben habe, erklärte sie: “Auch so.”). Große Pluspunkte: Ich fand die Geschichte zufriedenstellend zu Ende gebracht. Und endlich mal wieder ein Film mit unter zwei Stunden Laufzeit, er dauert nur 100 Minuten. Ich hatte schon befürchtet, das sei Vergangenheit.

Dem Abspann des Films entnahm ich, dass er auf einer Kurzgeschichte von A.S. Byatt basiert – die werde ich suchen, von ihr habe ich eh schon zu lange nichts mehr gelesen (veröffentlichte zu meinen Studienzeiten Possession: A Romance, das viel Wirbel machte).

Mein erster Kinofilm, in dem Corona-Masken getragen wurde, in der U-Bahn, in Hörsälen, ohne dass es Thema war. Und im Abspann wurden die Verantwortlichen für die Corona-Maßnahmen der Dreharbeiten genannt.

Nachtrag: Sehr gut gefällt mir die Rezension des Films von Peter Bradshaw im Guardian (auch wenn er zu meiner Überraschung David Lodge einen “forgotten influence” nennt – ich bin alt): “Three Thousand Years of Longing review – heartfelt Aladdinesque adventure for grownups”. Ebenfalls interessant aber der Verriss des Films von Wendy Ide im selben Blatt: “Three Thousand Years of Longing review – djinn in need of a tonic”.

Auch auf dem kurzen Rückweg war es noch warm genug für Jackenlosigkeit. Nach elf ins Bett, huiuiui!

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 3. September 2022 – Rückkehr der Migräne, Apelkuchen und Isarlauf

Sonntag, 4. September 2022 um 8:17

Es waren fast zwei schöne, unbeschwerte Jahre, doch in den gestrigen Morgenstunden konnte ich nicht mehr umhin, den unruhigen Schlaf, die bösen Kopfschmerzen, den Klogang mit Gähnen, die leichte Übelkeit als das zu diagnostizieren, was ich seit der Hüft-OP wirklich nicht vermisst hatte: Migräne. Um sieben griff ich also in das Sideboard neben meinem Bett und holte das Triptan-Nasenspray hervor. Bis neun schlief ich die Migräne aus.

Das Draußen war dunkel und kühl, ein paar Mal regnete es leicht.

Den Vormittag verbrachte ich mit Backen von Steyrischem Apfelkuchen – ich hatte ihn auf Twitter bei @croco_dylus gesehen und nach dem Rezept gefragt, dank Herrn Kaltmamsells Familie hatten wir die Quelle, Backvergnügen wie noch nie, sogar im Haus.

Ich fand das Rezept vor allem wegen zwei Besonderheiten spannend:
– ein Knetteig mit recht wenig Butter, dafür Milch
– die Äpfel werden geschält und dann geraspelt, davon erhoffte ich mir zum einen Arbeitsersparnis, zum anderen schnelleres Garen und andere Textur der Füllung

Meine Abwandlungen:
– Die Haselnüsse röstete ich vor dem Hacken, um ihren Geschmack zu intensivieren.
– Ich verwendete Gutebutter statt Margarine; die Backmode Margarine, die hier in vielen Rezepten auftaucht, ist zum Glück passé.
– Die Konsistenz des Teigs nach dem Kneten legte nahe, ihn lieber nicht kalt zu stellen, weil er sonst zu hart geworden wäre.
– Das Teiggitter bestrich ich nicht mit Eigelb, es würde ohnehin aprikotiert.
– Nach dem Aprikotieren ließ ich den Zuckerguss weg, er wäre mir eine Note zu viel gewesen.

Der Teig ließ sich gut verarbeiten, weil er nicht klebte, die Äpfel waren tatsächlich schnell geraspelt und garten trotz kurzer Backzeit durch.

Vor dem Backen.

Jetzt war der Tag hell und trocken geworden. Erst nach zwölf kam ich los zum Laufen an der Isar in der, wie sich später herausstellte, sonnigsten Phase des Samstags. Ich hatte mich lang auf den ersten Lauf seit sieben Wochen gefreut. Licht und Luft waren herrlich, die Temperatur war richtig für Ärmellosigkeit und kurze Hosen, meine Waden ließen mich gut 90 Minuten joggen, getrübt nur durch ein wenig Seitenstechen im letzten Drittel.

Das Wasser am alten Schleusenwärterhäusl war sehr willkommen, ich hatte schon jetzt Durst.

Am Hinterbrühler See. Dass ich wegen nebeneinander fahrenden Radln in die Botanik ausweichen muss, kenne ich nur zu gut. Gestern waren es erstmals zwei nebeneinander berittene Pferde.

Der Ausblick von Pullach aufs Isartal war so dicht zugewachsen wie noch nie; für das Foto musste ich durch die Absperrung schlüpfen.

Ein grauhaarigen Hundegassiführer, den ich überholte, grüßte und rief dann: “Echt fit für Ihr Alter, super!” Tja: Wer deutlich älter aussieht, als sie ist, bekommt halt leichter Komplimente. Wenn auch schräge. (Ich bin seit Teenagertagen gewohnt, für älter bis deutlich älter gehalten zu werden; es stört mich nicht und bewahrt mich davor, verlorenem jugendlichen Aussehen hinterherzutrauern – das wurde mir nie zugeschrieben. Heutzutage bietet man mir halt immer wieder an Ticketschaltern Rentnerermäßigung an. Mit 75 hält man mich dann für 90 – ich werde mich vor Komplimenten für meine Fitness gar nicht mehr retten können.)

Ich hatte Geld eingesteckt, um am Kiosk beim Schleusenwärterhäusl Isarhonig kaufen zu können, doch ein Zettel informierte mich, dass es derzeit keinen gibt.

Schönes Heimradeln durch warme Sonne.

Zu Hause aprikotierte ich den Kuchen. Während das trocknete, duschte ich.

Da es bei meiner ersten Mahlzeit des Tages dreiviertel vier war und es frischen Apfelkuchen gab, nanne ich sie nicht mehr Frühstück, sondern Kuchenessen.

Der steyrische Apfelkuchen schmeckte mir sehr gut, es gab gleich mal drei große Stücke mit Sahne. (Klar war das zu viel, ich aß auch extra schnell, damit die Gier nicht vor dem “ZU VIEL”-Signal versiegte.) Herr Kaltmamsell fremdelte ein wenig mit dem Teiggitter, hätte es lieber flach gehabt.

Der Himmel zog sehr schnell dunkelgrau zu, bald begann Donner zu knurren und zu grollen. Ein Gewitter entlud sich in Regen und Graupel.

Nach dem Regen (gestelltes Foto: Eigentlich liegt auf dem Tisch Zeug rum, und auf dem Fensterbrett steht direkt hinter der Vase etwas.).

Das Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell:

Vorspeise Kohlrabi tonnato nach Ottolenghi, mit dem jungen, zarten Kohlrabi aus Ernteanteil ganz hervorragend.

Tagliatelle mit Hühnerleber als Hauptspeise (gut, aber wirklich nicht fotogen). Auf das Glas Wein dazu verzichtete ich nach der Migräne-Attacke lieber.

§

Wunderschönes Zeitzeugnis: Die BBC ließ in den 1970ern zwei Frauen aus der viktorianischen Zeit erzählen, die sie noch selbst als junge Mädchen und Frauen erlebt hatten. (Dem Akzent zufolge allerdings beide upper class, was natürlich nicht thematisiert wird.)

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https://youtu.be/pv6V1yHvJyo

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 2. September 2022 – Herrliches Licht und Abend in der Acetaia

Samstag, 3. September 2022 um 10:08

Nachts einmal von einer draußen herumschreienden Frau geweckt worden, dann kurz vor Weckerklingeln von Angst (nichts Konkretes, erst mal spüre ich die Angst, dann wie sie sich mit Lichtkegel über Aktuelles einen passenden Anlass sucht – offensichtlich reine Biochemie).

Der Morgen war sehr frisch, aber wolkenlos sonnig. Wie auch in den vergangenen Jahren Ende August / Anfang September: viel Eichelhäher-Geschrei allerorten. Hat das einen bekannten Grund?

Nach geschäftigem Vormittag schaffte ich es auf einen Cappuccino ins Westenend. Herrlicher Spaziergang, das lebendige und bunte Westend mag ich schon arg gern. Und bei diesem Wetter war es SO SCHÖN!

St. Rupert.

Beim Emilio in der Gollierstraße (es wurde gerade angelernt) guten Cappuccino bekommen. Auch auf dem Rückweg konnte ich den wunderschönen Tag schier nicht fassen. Gut gelebt aussehende Kellnerin in einer Wirtshaustür, in Jeans und Turnschuhen, Zigarette in der Hand, Blick unterm weggeklammerten Lockenhaar in die Ferne gerichtet. Alle Bänke am Gollierplatz besetzt, viele Gespräche.

Zurück im Büro war ich froh, diesen Moment gehabt zu haben, denn ich wurde schon wieder zu einer unerwarteten (und sich ständig verändernden) Volte ums Vergaberecht herum gezwungen. Ich sah mir zu, wie ich sie in schnippischem Tonfall umsetzte, konnte darob endlich wieder mich selbst mehr hassen als das Vergaberecht, Welt in Ordnung.

Mittagessen Äpfel, Tomaten, Pumpernickel mit Frischkäse.

Pünktlicher Feierabend, heim ging ich in möglichst viel Sonne. Unterwegs kaufte ich in einem kleinen Laden Dahlien und Pfirsiche. Zu Hause kümmerte ich mich erst mal um die Blumen, sortierte den bestehende Strauß aus, brachte den frischen in eine Vase.

Nochmal die Runde Yoga vom Vortag mit viel Kraft und Balance.

Zum Nachtmahl lud ich Herrn Kaltmamsell in die Acetaia ein. Für die U-Bahn-Fahrt dorthin mussten wir uns daran erinnern, wie das nochmal mit den Streifenkarten funktionierte nach drei Monaten 9-Euro-Ticket, mit dem wir einfach in jedes beliebige Nahverkehrsmittel springen konnten (was der größte Luxus daran war). Wir hatten auf eine letzte Gelegenheit gehofft, im wunderschönen Gastgarten des Lokals zu sitzen, doch als uns der Kellner drinnen platzierte (Terrazzoboden!), wehrten wir uns nicht.

Wir entschieden uns gegen das Menü und hatten beide Lust auf diese Speisen von der Karte:

Schafskäseravioli mit Butter, Majoran und Aceto Balsamico.

Entenbrust mit Mais und Feigen.

Pistazien-Rosen-Torte, rote Beeren und Rosmarin-Sorbet.

Dazu suchte ich selbständig aus der Weinkarte (nach Rebsorten sortiert statt nach Anbaugebieten, ungewöhnlich für eine italienische Weinkarte) aus Lazio eine Cuvée Diana Nemorensis 2017 von Ômina Romana aus – schlicht weil ich Lust auf Rotwein hatte und so wenige Weine aus Lazio kenne. Er stellte sich als sehr interessant heraus mit seiner leichten Veilchennote. Abschließend tranken wir ein Glas Cynar auf Eis.

Gemütliche Heimfahrt, zu Hause machte ich uns noch einen koffeinfreien Espresso, dazu ein Gläschen alten spanischer Brandy – auch wenn ich wusste, dass er nach Franciacorta, Wein und Cynar das Kopfweh am nächsten Tag endgültig besiegelte.

§

Im Süddeutschen Magazin gibt es eine Kolumne “Gute Frage”, in der Johanna Adorján auf Fragen zu Benimm und individuelle moralische Entscheidungen antwortet. Die Antwort auf die aktuelle Frage (€) enthielt diesen Hinweis:

Neulich stand in dieser Zeitung ein Interview mit einem Soziologen über die Frage, ob es in Frei­bädern mehr Regeln braucht. Immer wieder kommt es dort zu Zusammenstößen. Der Soziologe vertrat die Ansicht, dass an den wenigen öffentlichen Orten, an denen sich Fremde aus unterschiedlichen Milieus begegnen, keinesfalls alles offiziell geregelt sein sollte. Hier werde Demokratie geübt: Wie wollen wir miteinander um­gehen? Was einem Menschen gefalle, ärgere schon mal einen anderen, so sei das nun mal in einer liberalen Gesellschaft. Immer noch besser ein paar gebrochene Nasen als ein Überwachungsstaat, so in etwa war das Fazit.

Das gefiel mir. Auch wenn unter solcher Offenheit gerne mal die Schwächsten leiden (siehe Erfahrungen mit Gruppen, die erklärtermaßen ohne Hierarchien auskommen wollen: Hier ist die Gefahr belegbar groß, dass dann doch die Stärksten, Rücksichtsloseseten das Sagen haben und das darf nicht thematisiert werden, da es ja offiziell keine Hierarchien gibt), ist sie mir sympathisch: Sie erinnert mich an die Spiele meiner Kindheit. Die ersten sieben Jahren meines Lebens verbrachte ich in einem Wohnblock mit vielen anderen Kindern. Meist spielten wir draußen, nur manchmal auch drinnen – und drinnen natürlich eher zu dritt, viert, fünft. In der großen Gruppe draußen wurden immer wieder die Regeln für unsere selbst ausgedachten Spiele ausgehandelt, waren es Rollenspiele wie Vater-Mutter-Kind oder Klassiker wie Verfang. Auch eine Hierarchie gab es. Im Fall von bösem Streit, der auch mal physisch ausgetragen wurde (nichts Schlimmes, wir schubsten und patschten oder endeten mit den Händen in den Haaren der/des anderen: “LASS LOS!” – “NEIN! LASS ERST DU LOS!”), war völlig klar, wer entschied und schlichtete: Die beiden ältesten Mädchen, drei Jahre älter als die nächstjüngeren, je nach Verfügbarkeit einzeln oder zusammen. Sie hatten sich nie in diese Rolle gedrängt, erfüllten sie manchmal sogar widerstrebend, nahmen sie aber als selbstverständlich hin. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals Eltern hinzugezogen wurden, die gehörten nicht dazu.

Außenseiter gab es schon auch: Da war der Bub, der immer Sachen kaputt machte und richtig zuschlug. Mit dem wollten wir nicht spielen, den schlossen wir aus. (Erwachsenensicht: Er verstand die Regeln nicht oder akzeptierte sie nicht oder beides, kam wahrscheinlich aus einem gewalttätigen Elternhaus – es gab keine gemeinsame Basis.) Meine Mutter erzählt, sie habe versucht mir klarzumachen, dass der Bub alles kaputtmache, weil wir ihn nicht mitspielen ließen. Das konnte ich nachvollziehen und spielte immer wieder einzeln mit ihm, wild konnte ich ja. (Endete unter anderem damit, dass ich mal barfuß auf dem Gepäckträger seines Radls mitfuhr und mit den Zehen in die Speichen geriet. Mir fehlte die für wildes Spielen nötige Geschicklichkeit.)

§

Das erste Interview von Sven Michaelsen, das mir gefällt (sonst stört mich, dass er den Interviewten ihr Leben erzählt), noch dazu mit jemandem, den ich bis dahin nicht mochte, Ferdinand von Schirach (€):
“‘Es gibt wohl eine Begabung zum Glück – ich habe sie nicht'”.

Von Schirach sagt viele kluge Dinge. Unter anderem weist er darauf hin, wie viel einfacher es die heutige Technik macht, der Nachwelt seinen literarischen Nachlass zu verwehren:

Bei mir zum Beispiel gibt es am Ende nur einen USB-Stick. Tagebücher, Notizen, Manuskripte, Briefe: alles elektronisch. Das will Marbach1 sicher nicht. Außerdem ist es verschlüsselt gespeichert. Wenn ich morgen überfahren werde, kann niemand darauf zurückgreifen.

  1. Das deutsche Literaturarchiv. []
die Kaltmamsell

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Freitag, 2. September 2022 um 6:27

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Journal Donnerstag, 1. September 2022 – Menschliches im Büro und daheim

Freitag, 2. September 2022 um 6:22

Kurz nach vier von einem Brüller vorm Fenster geweckt worden, dann schlief ich nicht mehr richtig ein.

Wäsche aus der programmierten Maschine aufgehängt. Lange überlegte ich, was ich an diesem bewölkten und kühlen Nachsommertag anziehen sollte, es wurden dann lange Jeans und Lederschnürschuhe, also Herbstkleidung. Es stimmte mich wehmütigt, die echte Sommerkleidung zu verabschieden.

Angespannter Vormittag in der Arbeit, ich hatte mich um Menschliches zu kümmern und das mit technischen und organisatorischen Stolpereien.

Mittags marschierte ich zum Markt am Freundorfer-Platz, mittlerweile schien die Sonne angenehm warm. Ich kaufte am Gärtnerei-Stand wieder Äpfel (gleich mehr, damit diesmal ein Kuchen rausspringt), Tomaten (im Ernteanteil waren keine angekündigt, und so fangen wir den September gar nicht erst an!), Schnittlauch und heimischen Ingwer. Gestern um die Mittagszeit herrschte reges Leben im und um den sehr übersichtlichen Markt: Die Schlange am Bratwurststand war sehr lang, bei der Gärtnerin wurde geflachst und gescherzt, offensichtlich kannte man sich, die Kund*innen kauften ausführlich ein.

Zurück im Büro gab’s als Mittagessen eben besorgte Äpfel (so gut!) und Tomaten, außerdem Pumpernickel mit Frischkäse.

Mühsamer Arbeitsnachmittag. Heimweg durch wundervolle Sonne; wäre ich nicht so bepackt gewesen, hätte ich mir einen Umweg gesucht. Vor unserem Haus geriet ich in ein kleines Drama, Altersdemenz hat weitreichende Folgen.

Daheim eine Einheit Yoga. Nachtmahl war der dieswöchige Ernteanteil-Salat mit Tomaten und Eiern mit Joghurt-Schnittlauch-Dressing, sehr erfreulich. Dann noch ein wenig Käse, Nachtisch Schokolade.

Abendprogramm: Olympia 72 auf arte (noch bis 30.9.22 in der Mediathek). Ich habe in den vergangenen Wochen sehr viel über die olympischen Spiele in München gelesen, jetzt holte ich mir bewegte Bilder dazu: Thema war der Einfluss von Olympia 1972 auf die Stadt München (Zusammenfassung: ein Sprung in der infrastrukturellen und kulturellen Stadtentwicklung, der ohne die Spiele dreimal so lange gedauert hätte).

§

Was ich übrigens seit Jahren im Bloghintergrund mache: Ich sammle die liebsten meiner Lieblingstweet, also ein Best of the Best (weiterer Vorteil der Verwendung von Screenshots statt eingebundendem Code: das geht). Kürzlich wurde mir klar, dass die Sammlung ja nie fertig würde, weil bei jedem Zurückscrollen neue besonders gute Tweets dazu kommen, ich sie also irgendwann mal einfach so veröffentlichen könnte. Was ich hiermit und heute gleich nach dem Veröffentlichen dieses Journal-Posts tun werde. Diese Best-of-the-Best-Sammlung werde ich weiter kontinuierlich erweitern; hin und wieder erinnere ich Sie daran und verlinke sie. Viel Spaß!

§

Bisschen surrealistischer Grusel gefällig?

die Kaltmamsell