Archiv für Oktober 2018

Journal Freitag, 12. Oktober 2018 – Tartuffe im Resi

Samstag, 13. Oktober 2018

Das war eine lange Arbeitswoche, puh. Es war wieder warm genug, dass ich mit nackten Beinen unterm Kleid in die Arbeit gehen konnte, auf dem sonnigen Heimweg passierte ich im Westend voll besetzte Straßencafés und belebte Spielplätze.

Eine Meldung alter Bekannter aus Uni-Zeiten hatte dazu geführt, dass Herr Kaltmamsell und ich gestern Abend für einen Theaterbesuch verabredet waren: Tartuffe im Residenztheater. Herr Kaltmamsell hatte zum Abendessen davor Bavette mit Zucchini, Tomate, Garnelen in Safransoße serviert, die sehr gut schmeckten.

Die Inszenierung war sehr schön anzusehen, vor allem wie mit dem schlicht-genialen Bühnenbild von Raimund Orfeo Voigt gearbeitet wurde, zwei Treppen im Profil hintereinander, getrennt von einer Wand, verbunden durch einen Guckkasten-Ausschnitt in der Mitte.

Trailer "Tartuffe" from Residenztheater on Vimeo.

Die ebenfalls ungemein ästhetischen Kostüme machten aus jeder Ansicht ein Katalogbild.

Wir gingen zu viert anschließend in ein Bistro an der Maximilianstraße und überlegten, wie eine Inszenierung aussehen könnte, die ganz ohne einen Auftritt von Tartuffe selbst auskommt (einer der alten Bekannten führt selbst ein Laientheater).

In lauer Oktobernacht (?!) nach Hause spaziert, in der Fußgängerzone viel internationales Feiervolk.

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Bei meinem letzten Ingolstadtbesuch war mir aufgefallen, wie laut, groß und bösartig die AfD dort wahlwirbt. Die NZZ erklärt mir die Hintergründe, die man als allgemein repräsentativ für den Erfolg der AfD in den fettesten Wohlstandsgegenden lesen kann.
“Warum die AfD in Ingolstadt trotz Vollbeschäftigung punktet”.

Besonders fiel mir die Passage auf:

Jetzt hätten die Spätaussiedler das Gefühl, dass die neu ankommenden Asylbewerber heute – im Gegensatz zu ihnen damals – alles auf dem Silbertablett serviert bekämen

Weil ich mich noch zu gut erinnere, dass genau das seinerzeit die Sicht der länger schon Einheimischen auf die Spätaussiedler war: Schau nur her! Die kriegen sogar ein Eigenheim! Und wir sitzen immer noch in der Mietwohnung! Tatsächlich verbrachten diese fleißigen Leute Feierabend für Feierabend und Wochenende für Wochenende auf ihrem Bau, wo sie zusammen mit eigener Hände Arbeit ihre Häusl bauten (selbstverständlich unter Nutzung aller staatlicher Förderung, die sie und alle anderen dafür bekamen). Ein interessanter Mechanismus.

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Ende Oktober startet der Film Bohemian Rhapsody über Queen und Freddie Mercury. Hier ein wunderbarer Twitterfaden über “the most iconic things freddie mercury did” mit einer Menge Material über ihn.

Journal Donnerstag, 11. Oktober 2018 – Erste Quitte

Freitag, 12. Oktober 2018

Mehr Oktobergold und spätsommerliche Temperaturen. Kolleginnen in ärmellosen Oberteilen, Kolleginnen in Sandalen an nackten Füßen.

Auf dem jackenlosen Heimweg den neuen Biosupermarkt im ehemaligen Möbelladen Lutz über der Theresienwiese getestet. Liegt ausgesprochen günstig für mich, vor allem wenn dereinst auch der Eingang zur Straße hin geöffnet wird, bietet eine große Auswahl.

Nachtmahl: Salat aus Ernteanteil, zum Nachtisch hatte Herr Kaltmamsell zwei Kollegenquitten in den Ofen geschoben, die er mit Sahne und Honig servierte.

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Gestern mal wieder Go fug nachgelesen. In meiner Lieblingsrubrik, dem wöchentlichen Royals Round-Up, stieß ich auf ein verstörendes Motiv: Anscheinend hat die Berliner Verkehrsgesellschaft eine Kooperation mit der dänischen Kronprinzessin Mary. Zumindest ließ sie sich mit einem Kleid ausstatten, dessen Stoff eindeutig aus dem BVG-Shop stammt.

Journal Mittwoch, 10. Oktober 2018 – Kulturelle Fitnessstudio-Mitgliedschaft

Donnerstag, 11. Oktober 2018

Wieder nichts zu erzählen, es muss schon als Highlight gelten, dass ich morgens früh aufstand für eine Rund Kraftttraining (und dabei mit der heimischen IT haderte, die weder Aufwärmmusik auf die großen Lautsprecher noch das Trainingsvideo auf den Fernseher übertragen wollte). Es war schon morgens so warm, dass ich bei offener Balkontür sportelte, über den Vormittag verzog sich auch der Herbstnebel und ließ die Sonne scheinen.

Auch dieses Jahr schaffte ich den Einstieg in mein Kammerspiel-Abo nicht: Je länger der Arbeitstag wurde, und er wurde lang, desto mehr freute ich mich auf einen Abend daheim statt im Theater. Es sieht nach einer weiteren Runde meines Kultur-Pendants zur Fitnessstudio-Mitgliedschaft aus: Gebühren zahlen ohne hinzugehen. Nächstes Ziel: Wenigstens herumfragen, ob jemand statt mir hingehen will.

Im späten Abendlicht spazierte ich heim und genoss die Dämmerungsgerüche.

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Der aktuelle Spiegel ist ein Themenheft: “#frauenland”.
Darin auch endlich:
“#MeToo beim SPIEGEL
Wir müssen über Augstein reden”.

Es schreibt Susanne Beyer, Mitglied der Chefredaktion. Die längjährige Wirtschaftsredakteurin Dinah Deckstein erzählt, wie sie seinerzeit Augstein vorgestellt wurde: Er hatte das letzte Wort über ihre Einstellung.

Augstein und der Leiter des Politikressorts hätten über ihren Kopf hinweggeredet. “Wollt ihr schon wieder eine Frau?”, habe Augstein den Ressortleiter gefragt. Er spielte auf eine Kollegin an, die bereits im Politikressort tätig war. “Ihr habt doch schon eine. Ihr wollt doch nicht, dass die eine der anderen die Augen auskratzt.” Dinah Deckstein wurde aus dem Gespräch entlassen, so erzählt sie es, mit der Information, dass sie den Test bestanden hatte – obwohl sie kaum etwas gesagt hatte.

Solche Situationen kannte ich aus dem Berufsleben: Der Test bestand darin zu beweisen, dass man bereit ist sich demütigen zu lassen, ohne aufzumucken. In den Situationen selbst glaubte ich damals, es gehe um Konzentration aufs Wesentliche vs. Zimperlichkeit.

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Wie zart manche Eltern-Kind-Beziehung wird, wenn sie sich ihrem Ende nähert. Gaga schreibt:
“2. Oktober 2018”.

Journal Dienstag, 9. Oktober 2018 – Mild und ruhig

Mittwoch, 10. Oktober 2018

Nicht weiter erwähnenswerter Arbeitstag, morgendlicher Nebel, dann Hochnebel, erst spät kam die Sonne raus. Weiterhin sehr mild für die Jahreszeit.

Das Gute am Herbst: Lustige Strumpfhosen, für meine karierten bekam ich gestern viel Beifall.

St. Paul nach Langem mal wieder ohne Gerüste und kranfrei einsehbar.

Wieder eine Einkaufsrunde nach Feierabend. Da Herr Kaltmamsell abends beruflich aushäusig verbrachte, musste ich selbst für Sättigung sorgen – ich freute mich den ganzen Tag schon auf die Dose Erbseneintopf, die ich mir warm machte.

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Dass die Aufhebung des Autofahrverbots für Frauen in Saudi-Arabien kein Sieg der Frauenrechtlerinnen war, wurde ja schon zu der Zeit angesprochen. Dass sie sogar eine Verstärkung der Unterdrückung von jeder Art von Dissidenz bedeutete, zeigt sich jetzt:
“Kingdom Crackdown
Saudi Women Who Fought for the Right to Drive Are Disappearing and Going Into Exile”.

via @nullzeit

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Seit 1949 gab es 692 beamtete Staatssekretäre in Deutschland, fast alles Männer. Nur drei Prozent waren Frauen, das heißt: Weniger Frauen insgesamt als Männer, die Hans heißen und hießen.

“Die Hans-Bremse”.

Monatelang hat ZEIT ONLINE mit Frauen aus verschiedenen Ministerien und Bundesbehörden gesprochen. Sie haben unterschiedliche Hierarchieebenen erreicht. Es sind junge Referentinnen und altgediente Führungskräfte darunter, einige sind in höchste Ämter gelangt. Ihre Erfahrungsberichte verdichten sich zu einem Mosaik der Erniedrigungen.

Und doch: Ich kann gar nicht sagen, wie erhebend für mich dieser Eindruck sprunghaft gewachsenen Bewusstseins für die Benachteiligung von Frauen ist. In der Süddeutschen wird mittlerweile immer wieder bei fast jedem Thema durchgezählt, Filmkritikerin Susan Vahabzadeh habe ich über die vergangenen Jahre beobachtet, wie sie sich zur unerschrockenen Feministin schrieb, und immer öfter wird aus “aber kann man frauenfeindliches XY heute überhaupt nocht schreiben, ohne einen auf den Deckel zu bekommen?” ein “früher hätte man ja peinlicherweise frauenfeindliches XY geschrieben”.

Selbst Kanzlerin Merkel weist jetzt immer wieder auf das Fehlen von Frauen hin, erst dieser Tage die Führung der Jungen Union und an der Universität Haifa: “Und wie viel Prozent der Professoren sind Frauen?”

Mal sehen, wie lange es dauert, bis Organisationen und Unternehmen drangehen, das wirklich zu verändern (wenn Sie Beratung brauchen: Mein Kontakt steht im Impressum) und sich nicht mehr nur auf das Drucken von Diversity-Broschüren konzentrieren.

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Eine wirklich charmante Geschicht als Launeaufheller zum Abschluss:
“Daniel Radcliffe and the Art of the Fact-Check”.

Researching his role in “The Lifespan of a Fact,” the actor embeds in The New Yorker’s fact-checking department.

via @DonnerBella

Aus QI-Folgen, an denen er teilnahm, weiß ich, dass Herr Radcliffe ausgesprochen belesen und geistig wendig ist.

Vielleicht mögen Sie sich diese Weihnachtsfolge von 2010 mal ansehen? (Graham Norton ist auch mit dabei.) (Vorsicht: Very blokey.)

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https://youtu.be/WpoF-0QGJng

1000 Fragen 301-320

Dienstag, 9. Oktober 2018

301. Worin bist du ein Naturtalent?
Abreißen von Klarsichtfolie.

302. Welche Person um dich herum hat sich in letzter Zeit zum Positiven verändert?
Mir fällt keine ein (zu wenig Auswahl?).

303. In welcher Situation warst du unfair?
In den vielen, in denen ich auf jemand (z.B. verbal) Unterlegenen blitzwütend war und ihn oder sie mit meiner Überlegenheit attackiert habe. (Seit ich den Mechanismus erkannt und mich geschämt habe, unterdrücke ich den Impuls aber meist erfolgreich.)

304. Fühlst du dich fit?
Ziemlich.

305. Sind deine finanziellen Angelegenheiten gut geregelt?
Ich interessiere mich dafür so wenig und kümmere mich so wenig darum, dass ich das nicht beurteilen kann. Also vermutlich nein.

306. Von welchem Buch warst du enttäuscht?
Richard Matheson, I am legend. Das lag aber vermutlich daran, dass Herr Kaltmamsell es mir nach meiner Begeisterung über The girl with all the gifts empfohlen hatte: Wenn dir das gefallen hat, wird dir dieses noch besser gefallen. Tatsächlich ist I am legend eher simpel gestrickt und wohl vor allem literaturgeschichtlich bemerkenswert, nämlich als erster Zombieroman (wobei die Bezeichnung nicht verwendet wird, Matheson schreibt über “vampires”.)

307. Welchen Grund hatte dein letzter Umzug?
Job in München.

308. Neigst du zum Schwarz-Weiß-Denken?
Leider ja. Ich tue mich sehr schwer mit Grauzonen, arbeite aber daran.

309. Was fühlst du, wenn du verliebt bist?
Positive Überwältigung und Hilflosigkeit. Die allergrößten Verliebtheiten hatten etwas von einem schweren Infekt.

310. Gehört es zum geselligen Beisammensein, viel zu essen und zu trinken?
Nicht wenn es sich um eine Chorprobe oder um Hot Iron-Krafttraining handelt.

311. Welche Dinge stehen noch auf deiner To-do-Liste?
Filmerin beauftragen, Winterkleidung aufbügeln, Wanderschuhe reinigen und fürs Einwintern fetten, Spinnweben an Zimmerdecken wegsaugen.

312. Hegst du oft Zweifel?
Ja.

313. Womit bist du unzufrieden?
Mit den Sportmöglichkeiten diese Woche.

314. Mit welchem Gefühl besteigst du ein Flugzeug?
Kommt ganz darauf an, in welcher Situation ich bin:
– Urlaubsanfang mit Herrn Kaltmamsell: vorfreudig.
– Flug verspätet, ich musste lange warten: genervt.
– Ich verspätet, ich musste mich hetzen: durcheinander.
– Urlaubsende mit Herrn Kaltmamsell: gelassen.
Etc.

315. Gilt für dich die Redensart „Eine Hand wäscht die andere“?
Nein. Ich erwarte nicht für eine Freundlichkeit, einen Gefallen eine Gegenleistung von der Empfängerin. Bislang habe ich immer so viel Freundlichkeit und Gefallen bekommen, dass sich alles mindestens ausgeglichen hat.

316. Bist du schon mal schikaniert worden?
In nur geringem Maß; ich denke an einen bestimmten Wirtschaftslehrer und einen Radio-Chef.

317. Wie spontan bist du?
Mit guter Planung: Sehr.

318. Unterstützt du bestimmte Menschen bedingungslos?
Nein.

319. In welcher Angelegenheit hast du Schuldgefühle?
Wieder ein: Hahahaha – in welcher nicht?

320. Wie viele Jahre schon dauert deine längste Freundschaft?
Über 30.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 281-300.
Zu den Fragen 321-340.

Journal Montag, 8. Oktober 2018 – Herbstlich

Dienstag, 9. Oktober 2018

Geboren und aufgewachsen bin ich ja in einem Nebelloch (Ingolstadt), doch in der Münchner Innenstadt ist Nebel so rar, dass ich ihn gleich mal fotografierte.

Ich hatte gut geschlafen – ungewöhnlich für eine Nacht vor dem ersten Arbeitstag. Der war dann ziemlich heftig, aber ohne Katastrophen. Die sonntägliche Trainingsrunde hatte einen angenehm ziehenden Muskelkater in Bauch und Armen hinterlassen, gerade genug, dass ich mich trainiert fühlte.

Auf dem Heimweg eine Runde zur Post und ein paar Einkäufen.

Oktifest wird abgebaut.

Fürs Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den Butternut-Kürbis aus dem Ernteanteil zu einem Ottolenghi-Gericht verarbeitet.

Köstlich – Tahini geht immer.

Journal Sonntag, 7. Oktober 2018 – Chill-Versuch

Montag, 8. Oktober 2018

Ich musste mich Schritt für Schritt dazu bringen, doch unterm Strich bekam ich dann doch einen gechillten Sonntag zustande.

Ausschlafen war schon mal prima. Geplant hatte ich eine Schwimmrunde im Olympiabad. Aber als ich nach dem Packen des Schwimmzeugs auf dem Balkon die Temperatur checkte und in den grauen Himmel guckte, hatte ich überhaupt keine Lust auf Radeln in den Olympiapark. Schwimmpläne gestrichen, erster Schritt Richtung Chillen.

Meinen Sportdrang lebte ich in Form eines Stündchens Krafttrainings aus, Schwerpunkt Bauch, Rücken, Schultern – die untere Körperhälfte hatte ich ja im Wanderurlaub eingesetzt.

Zum Essen (Frühstück und Mittagessen kombiniert) gab’s die am Vortag gebackenen Bagels mit Frischkäse, getrockneten Tomaten oder Lachs, dazu einen Chinakohlsalat aus Ernteanteil.

Gemütlich die Kiste mit Winterkleidung aus dem Keller geholt, die aufzubügelnde davon gestapelt, Sommerklamotten und -schuhe eingekistet. Meine Winterkleidung habe ich mittlerweile so weit dezimiert, dass ich sogar Lücken sehe – sie macht mir halt nicht halb so viel Spaß wie Sommerkleidung: Nur wenig, was ich sehe, löst Begehren aus. Ich nahm mir den Katalogstapel auf meinem Nachttisch vor und bestellte ein Oberteil, ein Paar Jeans (der Offline-Kauf vergangenes Jahr war ein Fehlkauf, wie ich ich gestern beim Wiederanziehen nach dem Sommer endgültig feststellte, sind zu groß und sitzen überhaupt nicht) und einen Rock bestellte ich beim Manomama. Jetzt fehlt mir nur Ersatz für meinen schon seit zwei Jahren zerschlissenen Janker.

In meiner einwöchigen Abwesenheit hatten sich die Tageszeitungen ungelesen gestapelt, Sessellektüre. Am späten Nachtmittag ging ich eine große Runde durch die Fußgängerzone Spazieren, Pokémon fangend.

Nächster Chill-Schritt war, dass ich bei meiner Rückkehr das Bügeln abblies (u.a. Winterkleidung…) und weiter Zeitungen las.

Abendbrot, Wohnung geräumt, ich fühlte mich so weit weg vom Arbeitsalltag, dass ich mich nicht mal vor dem ersten Bürotag fürchtete.