1000 Fragen 701-720

Dienstag, 12. März 2019 um 6:10

701. Wie zufrieden bist du mit deinem Körper?
So mittel. Er ermöglich mir Vieles, bereitet mir aber auch Schmerzen.

702. Wenn du für eine Wand in deiner Wohnung eine Farbe aussuchen solltest: Für welche Farbe würdest du dich entscheiden?
Für die, die meine inneneinrichtungsbegabte Mutter aussucht.

703. Was hast du gestern Schönes getan?
Einen halben Radiccio zu Salat verarbeitet.

704. Was machst du, wenn dir etwas nicht gelingt?
Hängt von Befinden und Gesamtsitation ab, das reicht von Schulterzucken bis Wutanfall mit Gegenständewerfen. Immer aber: Die Schuld bei mir sehen.

705. Was ist das Unheimlichste, das du jemals getan hast?
Schon wieder kämpfe ich mit der Frage: Was ist wohl mit “unheimlich” gemeint? Erlebt habe ich schon Dinge, die mich gruselten, aber getan? Ich habe mal ohne Nachzudenken ein Auto vom Bordstein gehoben: Es war ein Citroën 2CV, und nach dem Aussteigen stellte ich beim Zurückschauen fest, dass ich mit dem rechten (schmalen) Vorderrad zum Teil auf dem Bordstein stand. Da ging ich einfach hin und hob es an der vorderen Stoßstange runter. Erst der Blick der mit mir ausgestiegenen Freunde wies mich darauf hin, dass das gerade unheimlich gewesen sein könnte. (Oder einfach nur lustig, aber die Geschichte ist gut, oder?)

706. Sind andere gern in deiner Nähe?
Manche.

707. Was schwänzt du manchmal?
Seit fast zehn Jahren die Vorsorgeuntersuchung beim Gyn.

708. Wann ist die Welt am schönsten?
Gleich die ganze Welt? Das kann ich nicht beurteilen, ich nehme ja immer nur einen kleinen Ausschnitt wahr.

709. Was hast du erst vor Kurzem herausgefunden?
Dass das Olympiabad am Sonntag geschlossen war.

710. Magst du Kostümpartys?
Ja.

711. Wie schnell weichst du vom vorgegebenen Pfad ab?
Nicht sehr schnell. Da muss er schon unerträglich unbequem geworden sein.

712. Was ist das beste Gefühl der Welt?
Gelassenheit.

713. Was machst du meistens um drei Uhr nachmittags?
Arbeiten.

714. Mit welcher berühmten Persönlichkeit würdest du dich sehr gut verstehen?
Wenn es um Weltberühmtheiten gehen soll, die nicht unbehelligt das Haus verlassen können: Keine Ahnung, ich kenne diese Leute doch nicht.

715. Was würdest du servieren, käme die Königin von England zum Tee?
Ich bin sicher, dass mich der Hof informieren kann, was sie besonders gerne zum Tee hat. Das würde ich servieren.

716. Was kannst du einfach auf morgen verschieben?
Private Telefonate.

717. Was macht ein Spaziergang durch die Natur mit dir?
Einerseits komme ich runter und werde ruhig, andererseits nehme ich interessante Dinge wahr.

718. Welches Lied passt am besten zu deiner Beziehung?

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https://youtu.be/LPVURIZ03tg

719. Wie sieht deine ideale Welt aus?
Ohne mich.

720. Was bedeutet für dich Geselligkeit?
Gerne mit vielen Menschen gleichzeitig persönlich zu interagieren.

Quelle: Flow-Magazin.

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die Kaltmamsell

Journal Montag, 11. März 2019 – Brutaler Wiedereinstieg und Scheesturm

Dienstag, 12. März 2019 um 6:07

Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub war dann ungefähr so schrecklich wie erwartet.
Außerdem begann es schon auf meinem Fußweg in die Arbeit zu schneegrieseln, am Vormittag gefolgt von veritablem Schneesturm.

Hier auch noch ein paar Eindrücke auf instagram, hier von @sebdickhaut, hier von @fliggerit.

Es wurde ein langer Arbeitstag, ich grüßte Herr Kaltmamsell beim Heimkommen mit einem herzhaften “Ohmeiohmei”. Und das wird noch eine ganze Weile so weitergehen. Ich muss mir irgendwelche Schutzmechanismen überlegen.

Herr Kaltmamsell fütterte mich mit Blaukraut-Orangen-Feta-Salat und aus England mitgebrachten Käsen.

§

Ein witziger, weil traurig realistischer Twitterfaden: @SiyandaWrites meint

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 10. März 2019 – Sturm und geschlossenes Schwimmbad

Montag, 11. März 2019 um 6:36

Nochmal ausgeschlafen, alles was ging.

Ich freute mich sehr auf eine Schwimmrunde im Olympiabad. Da es stürmte und vor allem regnete, ließ ich das Rad stehen (auch aufs Radeln hatte ich mich gefreut) und nahm die U-Bahn. Um dann hiervor zu landen:

Ich hatte die Website nicht gecheckt: Veranstaltungen fanden ja nur in der großen Halle statt, nicht in der Ersatzhalle.

Mit dem Fahrrad wäre ich rüber ins Dantebad gefahren, zu Fuß war mir das zu weit, vor allem in Regen und Sturm. Ich nahm ungeschwommen die U-Bahn zurück nach Hause und machte dort eine Runde Fitnessblender-Gymnastik – mit eigenen Zugaben, um mich auch wirklich auszupowern.

Nach dem Duschen ging ich Semmeln holen, überzeugte mich davon, dass im Vorgarten unseres Hauses endlich die Veilchen blühen.

Frühstück, Rumgammeln, Internet lesen, dortselbst Filmchen gucken.

Dann doch noch ein wenig Tüchtigkeit: Ich bügelte das Ergebnis von drei Waschmaschinen seit Rückkehr.

Herr Kaltmamsell war aushäusig verabredet, ich machte mir Radiccio an, aß ihn zu Resten Curry und Gurkensalat, zum Nachtisch Bananenjoghurt.

Im Fernsehen stolperte ich über die Doku Menuhin in Hollywood, die ich mit großem Interesse sah (ich hatte Menuhin nur als alten Mann vor Augen) und hörte – allein schon wie der alte Musiker seine Interpretationen als junger Mann einschätzt.

Mannigfaltiges Räumen und Ordnen, trübe ins Bett.

§

Das aktuelle Granta 146 heißt The Politics of Feeling und ist diesmal von Gästen herausgegeben, nämlich von Devorah Baum und Josh Appignanesi. Gleich ihr Vorwort gefiel mir, der Bezug zur Brexit-Diskussion, in den vergangenen Jahren und aktuell, ist deutlich.

What should we do with our feelings? They’ve become so intemperate lately. A Pandora’s box of furies has opened up and no one knows how to put them back. In such a climate, you’d be forgiven for thinking badly of feelings. When swept up in a feeling, we won’t listen and we won’t be told. We reject expert opinions because they’re ‘unfeeling’ and elitist, preferring to derive our convictions from our intuitions. And our intuitions may sometimes serve us well, but they can equally lead towards historical revisionism, fake news and alternative facts: the mad maladies of our age. So it’s easy to see why some wish feelings evacuated from civil discourse. Too much attention to subjective states can destroy common sense, leaving us in a world so fiercely divided that people on opposing sides are not only unable to agree on a solution to a given problem, they’re unable to agree on what our problems even are.

§

Weil wir gerade bei gefühlter Wirklichkeit sind, hüstel:
Closing Central Madrid To Cars Resulted In 9.5% Boost To Retail Spending, Finds Bank Analysis“.

Ich übersetze: Die Sperrung der Innenstadt von Madrid für den Autoverkehr führte zu einem Einnahmenplus von 9,5% im Einzelhandel an der größten, vorher mehrspurig befahrenen Gran Vía. Der Zusammenhang mit gefühlter Wirklichkeit: Auch in München bekämpft der Einzelhandel jede Initiative Fußgängerzonen auszubauen, mit dem Argument, das würde ihr Geschäft kaputt machen.
(Nebenbei ging in Madrid die Luftverschmutzung in dieser Zeit um 71% zurück.)

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Klimakunst:
“A Light Installation in a Scottish Coastal Town Vividly Shows Future Sea Level Rise”.

via @Hystri_cidae

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Filmfrauen: Beim ZDF erzählt Anika Decker, die seit 20 Jahren im Geschäft ist, übers Drehbuchschreiben (u.a. wie Frauenrollen zu sein haben), Regieführen, Produzieren im deutschen Film.

via @SibylleBerg

§

Bisschen Einstimmung auf den ersten Arbeitstag nach der Urlaubswoche.

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https://youtu.be/DEBjh_MTNzQ
die Kaltmamsell

Journal Samstag, 8. März 2019 – Brighton Rückreise

Sonntag, 10. März 2019 um 9:16

Wir hatten einen gemütlichen Rückflug ausgesucht, der uns genug Zeit für Schlaf und Wohnungräumen ließ. Brighton verabschiedete uns mit grauem Himmel.

Auf dem Weg zum Bahnhof ein kurzer Abstecher nach North Laine, um am Ferienwohnungsbüro den Wohnungsschlüssel in den Briefkasten zu werfen. Die Zugtickets hatte ich bereits online gekauft, ausdrucken mussten wir sie allerdings vor Ort am Automaten: Da britische Zugtickets einen Magnetstreifen für das Passieren von Schranken haben, kann man sie nicht selbst ausdrucken. Wir hatten noch Zeit, Frühstück zu besorgen.

Im Zug erfreuliche neue Technik: Ein Bildschirm zeigte an, an welcher Stelle des Zugs wir saßen und wie voll besetzt die einzelnen Waggons waren (“Train Loading Indicator”) – an diesem Samstagvormittag alle spärlich, doch zu emsigeren Zeiten sicher eine praktische Information, wo noch Platz ist. Dann zeigte der Bildschirm an, wo man die Klos im Zug findet sowie welche davon barrierefrei, außer Betrieb oder gerade besetzt waren.

Am Flughafen lief alles glatt, Zeit für Kaffee. Unser letztes Kleingeld gaben wir für abgepackte Flapjacks aus.

Unspektakulärer Heimflug, in der S-Bahn nach Hause war ich mit meiner aktuellen Lektüre durch: Robert Galbraith, Career of Evil. Der dritte Band der Krimi-Reihe um Cormoran Strike und Robin Ellacott hatte sich viel zu lang hingezogen, da fehlte eine energisch straffende Hand. Zu viele Figuren, zu viel Hin und Her. Was weiterhin gut funktionierte, war die Erzeugung von Atmosphäre. Aber Lust auf weitere Bände habe ich jetzt nicht mehr.

In München stellten wir nur schnell unser Gepäck ab und gingen dann Lebensmittel einkaufen. In der Post wartete unter anderem eine schöne Überraschung: Die wundervolle Schnapsidee von @MlleReadOn, Kunstgeschichte als Brotbelag, ist ein Buch geworden – und ich bekam ein Rezensionsexemplar.

Normaler Reiseausklang: Blumen gießen, Koffer auspacken, Inhalte sortieren und verräumen, Wäsche waschen. Zum Nachtmahl kochte uns Herr Kaltmamsell ein Curry aus Auberginen und roten Paprika (hervorragende Kombi), dazu Naan, ich steuerte Gurkensalat bei.

Im Fernsehen ließen wir Monument Men laufen, weil ich herausfinden wollte, warum diese so attraktiv klingende Filmidee mit sensationeller Besetzung in der Umsetzung so gefloppt war. Die Antwort: Weil der Film sich nicht entscheiden konnte, was er erzählen wollte und in welcher Art Film.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 8. März 2019 – Brighton 7, Underclifflauf und zum Tag der Frau Captain Marvel

Samstag, 9. März 2019 um 8:49

Gut geschlafen, nicht zu spät aufgewacht, draußen hauptsächlich Sonne und nur wenig Wind.

Bloggen war ja gestern eher kurz, deshalb kam ich noch vor neun aus dem Haus und ans Meer. Ich lief wieder zum Undercliff Walk, diesmal bis Ovingdean Beach (das ist da wo Klo und Trinkwasser, bestes Feature jeder Laufstrecke). Ich rannte wie eine Junge, genoss Wind, Seeluft, Sonne und die vielen Gassi-geführten Hunde, dass mich jede entgegenkommende Läuferin anlachte und grüßte (eine drehte sich nach dem Überholen eigens dafür um), hatte auf dem Rückweg noch so viel Energie, dass ich auf dem letzten Viertel einfach mal ein bisschen schneller lief – weil’s ging.

Einige der Eisensäulen unterm Steg zum alten West Pier sind Kunst geworden.

Nach Duschen und einer Papya zum Frühstück ließ ich Herrn Kaltmamsell nochmal mit Arbeit zurück in der Ferienwohnung und spazierte zum Red Roaster auf eine Tasse Morgenkaffee.

Wieder war ich irritiert darüber, dass dieses Lokal jetzt eine Empfangsdame beschäftigt, die einen Tisch zuweist, doch der Cappuccino war besser als alles, was ich in der vergangenen Woche sonstwo in Brighton bekommen hatte, und der “Red Juice” (Rote Bete, Karotte, mit irgendwas aufgegossen) schmeckte wirklich gut. Ich las eine Runde, bis mich Herr Kaltmamsell abholte: Wir waren noch nicht auf dem Palace Pier gewesen (seit klar war, dass der West Pier nicht zu retten ist, nennt er sich Brighton Pier, also schon seit einigen Jahren – doch das bringe ich immer noch nicht über die Lippen).

Die meisten Läden, Amüsements und Fahrgeschäfte waren geschlossen, außerdem hatte der Himmel zugezogen, der Wind wieder aufgefrischt: Wir blieben nicht lange.

Aber jetzt hatte ich ordentlich Hunger, und zwar auf Full English Breakfast. Im Vorbeigehen hatte ich auch das ideale Lokal dafür gesehen, ein richtig altmodisches Café Royal.

Ich aß alles auf und war danach nicht mal überfressen.

Für den Nachmittag hatten wir Kinokarten: Captain Marvel war angelaufen und passte perfekt zum Tag der Frau. Netter Superheldinnenfilm, anfangs war ich angenehm verwirrt von Ort und Zeit, ich mochte auch die lange Unklarheit über Freund und Feind. Dass die Hauptfigur weiblich ist, auch wichtige Nebenfiguren, wird nicht thematisiert, aber es ist schon angenehm, dass es mal die Superheldin ist, die die Ansagen macht, die Technik im Griff hat, manchmal sogar ein bisschen patronising mit ihren Verbündeten umgeht. Fury in jung zu sehen, gefiel mir auch, als er noch flockig und lustig war, noch nicht dauergrimmig. Und sie haben Annette Bening geholt! Sie nimmt die Rolle offensichtlich ernst (anders als Glenn Close, die in Guardians of the Galxy eher wirkt, als müsse sie halt die Miete verdienen) und darf die 60 Jahre alt aussehen, die sie ist. Insgesamt: Kann man machen.

Abends blieben wir dann doch daheim statt nochmal essen zu gehen: Herr Kaltmamsell holte Brot, damit aßen wir die restlichen Reste auf (Käse, Butter, Papaya, Joghurt, als Mikrowellendessert aus der Kühltheke Sticky Toffee Pudding).

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 7. März 2019 – Brighton 6, Stippvisite bei Tate Britain

Freitag, 8. März 2019 um 9:27

Gute Nacht mit erquickendem Schlaf.
Auf dem Plan stand London, auch wenn wir kein wirkliches Ziel hatten: In den Monaten vor der Reise dann doch keine Lust, ein Restaurant zu buchen, keine spezielle Kunst, die wir sehen wollten, Borough Market ist ja kein Markt mehr, und war nur der Käseladen Neil’s Yard Dairy die Fahrt wert?

Am Ende war es meine Befürchtung, mich könnte ein Nichtfahren reuen, die uns in Bewegung setzte. Von Brighton aus kann man in London Victoria ankommen, also in Fußweite der Tate Britain; diese beschlossen wir mal wieder zu besuchen.

Zum Kaffeetrinken waren wir diesmal zum benachbarten Veganer gegangen – ich hatte nicht im Kopf, dass Veganer auch heißt, dass es keine Milch gibt. Also mein erster Cappuccino mit Mandelmilch. Doch noch ein bisschen scheußlicher.

Wir erwischten am Bahnhof gleich einen Zug, zogen scharf Luft ein über den Preis der Fahrkarte (Tageskarte mit 51 Pfund pro Person mehr als doppelt so teuer wie die nach Gatwick) – Marktpreise halt. In London Victoria Frühstück auf die Hand (Croissant mit Käse und Käsesemmel).

Die Sammlung der Tate Britain war wieder schön zu sehen, unter anderem weil sie so kompakt ist. Interessant: An Bildern mit Darstellung von PoC stand der Verweis auf diese Unterseite der Tate Website: “Voices from our Black, Asian and Minority Ethnic Network.”

The experience of walking through Tate’s collection is unique to every visitor. Different artworks resonate for different reasons. Your identity, your background, your perspective all shape how you respond to the art on display. Yet, if you’re a person of colour this experience can be somewhat uncomfortable. What do you do when you walk through a gallery that showcases the best of British art through the decades, but you cannot see yourself being represented?

Was für eine großartige Idee!

Eine Kindergruppe, die Bilder abzeichnen sollte, machte den Ausstellungsraum zu einem Kunstmotiv.

Stippvisite bei Turner und Blake, Tee und Kuchen im Museumscafé, dann fuhren wir schon wieder zurück nach Brighton.

Zum Abendessen gingen wir in ein mexikanisches Lokal, das wir in der Nähe der Ferienwohnung entdeckt hatten. Bei unserem vorherigen Brighton-Urlaub war hier noch ein feiner Veganer gewesen, den wir getestet hatten. Es gab Schirmchendrinks und Burritos, für mich mit Süßkartoffel, Kürbis, Feta und Saaten (ausgesprochen gut), für Herrn Kaltmamsell den Burrito des Tages mit Calamares.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 6. März 2019 – Brighton 5, Undercliff Spaziergang und Englischer Wein

Donnerstag, 7. März 2019 um 10:20

Dann zur Abwechslung halt wieder ein Morgen und Vormittag mit Kopfweh. Ich machte nach dem eigentlichen Aufwachen noch ein Nickerchen.
Bei Teetrinken und Bloggen war es draußen zwar grau und windig, aber völlig trocken und eher mild. Also dann: Undercliff Walk bis Rottingdean als Spaziergang. Davor noch ein Cappuccino im Kettencafé.

Der Spaziergang war ein Abenteuer. Es war wohl eh gerade Flut, und der Sturm ließ die Wellen meterhoch an der Mauer des Wegs brechen, an einigen Stellen deutlich über den gesamten Weg bis zum Cliff. Wir versuchten den Wellengang im Blick zu behalten, um den größten Brechern auszuweichen (Herr Kaltmamsell führte Computerspielerfahrung mit solchen Szenarien an), wurden aber doch zweimal ziemlich von windverwehter Gischt erwischt. Es war herrlich.

In Rottingdean schauten wir bei den Kipling Gardens vorbei, die erwartungsgemäß noch winterlich uninteressant aussahen.

Einkehren erst auf einen Kaffee, dann in einen Pub zum Mittagessen: Fish and Chips für mich, Beef Pie für ihn.

An sich hatte ich den Rückweg per Bus eingeplant, doch dann war ich zu neugierig, wie es wohl zwei Stunden später auf dem Undercliff Way aussehen würde: Wir gingen zu Fuß.

Jetzt waren die Wellen weit draußen. Sehr spannend, was sie aus dem Meer auf dem Weg hinterlassen hatten, so manche Pflanzenreste waren erst bei genauerer Betrachtung als organisch zu identifizieren.

Als wir zurück in die Ferienwohnung kamen, bröselte mir das Salz vom Gesicht und meine Haare knisterten kristallin.

Für den Abend hatten wir einen Tisch im Isaac At reserviert: Hier, so hatte ich gelesen, wurden nicht nur sehr lokale Speisen serviert (“Sussex on a plate”), sondern auch ausschließlich Getränke aus England, inklusive einer rein englischen Weinkarte.1 Es wurde ein denkwürdiger kulinarischer Abend.

Schöner kleiner Gastraum, das gestapelte Besteck erwies sich als praktisch, weil es nicht für jeden Gang neu eingedeckt werden musste. Auf Bildschirmen in den Ecken des Raums wurden Kochstationen und Pass übertragen. Auf dem Tisch eine ausgedruckte Menu- (feste Speisenfolge) und Getränkekarte für jeden, auf der Rückseite die food miles für jede Zutat (Scherz oder Ernst?). Rein männliches, junges, freundliches Personal, der Sommelier hatte viele persönliche Geschichten zu den Weingütern der Weine im Glas.

Wir fingen mit einem Schaumwein an, Ridgeview Merret Bloomsbury Sparkling Brut.

Der Gruß aus der Küche war ein kleines Schälchen heißer Pilzsud mit Thymian, köstlich. Leider scheine ich vergessen zu haben, den ersten Gang zu fotografieren: eine Scheibe ofengebackener Sellerie mit Eigelb, etwas Apfel und Kapuzinerkresse, sehr rund. Im Glas dazu ein Plumpton Estate Ortega (Ortega stellte uns der Sommelier als süddeutsche Traube vor – noch nie gehört, aber es stimmt), leicht und freundlich.

Das Brot, das als Laib und mit lokaler Butter serviert wurde, ist ein Treacle and Stout Loaf, das Restaurant hat das Rezept sogar online gestellt.

Zum Schellfisch gab es einen leicht holzigen Albourne Estate Cellar Selection, der seinen Chardonnay völlig unbuttrig einband.

Mein Lieblingsgang mit meinem Weinfavoriten des Abends, auf dem Foto rechts unten: “Brassica” verschiedene Kohlsorten blanchiert und gegrillt, in Sößchen und mit gerösteter Nuss, dazu ein Rosé Davenport Diamond Fields Pinot Noir.

Zum Rind (zweitliebster Gang) gab es einen Wein, der nur vier Meilen entfernt vom Fleisch gewachsen war: Sedlescombe Regent-Rondo, den ich dann doch ein wenig rass fand.

Herr Kaltmamsell nahm zum Käse noch einen Blackdown Elderberry Port, also einen Hollerbeeren-Portwein, sehr interessant.

Von den Desserts war ich begeistert: Apfel und Kerbel als Sorbet passten wundervoll zusammen, und auch der große Teller mit leichter Mousse, Birne, leicht gebrannten Nüssen schmeckte mir sehr gut – die ich es ja eigentlich gar nicht mit elaborierten Restaurantdesserts habe. Abschließend wurde zum Espresso noch ein frisch gebackenes Mandelküchlein serviert, dessen Boden in Sirup getränkt war.

Herr Kaltmamsell war so freundlich gewesen, auch von meinen Weinportionen zu trinken, um mich ein wenig vor Migräne zu schützen. Dafür musste ich ihn aber heimbugsieren.

§

Die Diskussion unter dem älteren Post um esoterische Heilmethoden ging weiter (ehrlicher Dank an Kommentatorin Christine, dass sie sich immer wieder gemeldet hat – allerdings lernte ich aus ihrem jüngsten Kommentar, dass sie “esoterisch” als beleidigend empfindet, es wird immer komplizierter) und brachte mich auf den Verdacht, wo der eigentliche Konflikt liegen könnte. Verfahrene Diskussionen sind oft auf eine sehr unterschiedliche Wertung derselben Aspekte zurückzuführen. In diesem Fall, so sieht es aus, ist es der Aspekt des subjektiven Erlebens vs. objektivierbarer Daten. Die Seite der Esoterik wertet das eigene Empfinden und das eigene Erlebnis als zentral (“ich hab’s doch selbst gesehen”, “es ist mir doch selbst passiert”); Hinweise auf Bias und Übertragungsfehler werden entsprechend als Angriffe und als Abwertung dieser persönlichen Empfindungen wahrgenommen.

Die Seite der Forschung sieht objektivierbare Daten, die möglich weit getrennt von persönlicher Wahrnehmung werden, als zentral an. Wenn jemand diese als “aus zweiter und dritter Hand” zu entkräften versucht, werden Kriterien angeführt, die für dieses Denksystem irrelevant sind. Auf die subjektive Seite muss die analytische Argumentationsweise der Forschung fast zwangsweise kalt und arrogant wirken. So ist jeder der beiden Ansätze überzeugt, der andere gehe von völlig falschen Prämissen aus.

  1. Seit ich gestern die Überschrift notiert habe, singt in meinem Kopf Udo Jürgens “EeeeeenglischerWaaaaaain!” Bittegerne. []
die Kaltmamsell