Journal Donnerstag, 26. Juli 2018 – Laufen statt schlafen

Freitag, 27. Juli 2018 um 6:34

Klogang um halb vier nachts – und ich schlief nicht wieder ein. Angstgefühle hielten mich wach, ungezielt wabernde auf der Suche nach einem Grund.

Ich hatte eh einen Morgenlauf geplant, stand also um fünf Uhr auf, trank ein Glas Wasser und machte mich lauffertig.

Schöne Ansichten, Laufen war in Ordnung, aber nicht die Erleuchtung, die ich um diese Uhrzeit auch schon hatte.

Mit dem Rad in die Arbeit, wo ich die Stunden bleiern und benebelt verbrachte – unter anderem weil der Raum, in dem ich zu einem Ganztagstermin war, sich deutlich stärker aufheizte als mein gewohntes Büro. Eigentlich hatte ich das Rad dazu nutzen wollen, um nach der Arbeit weiter entlegene Einkäufe zu erledigen, doch nach dem ersten Kilometer in der Hitze und mit wackeligem Kreislauf bog ich ab Richtung nach Hause. Dabei bin ich mir bewusst, dass wir in unserer südöstlichen Ecke der Republik noch erträgliche Temperaturen erleben im Gegensatz zum Rest, vor allem im Norden und Nordosten, zudem haben sich hier die Gebäude nicht durch wochenlange Hitze ohne Regen aufgeheizt. Vielleicht muss ich mich einfach erst noch an die Sommerhitze gewöhnen.

Eine verhältnismäßig neue Nachbarin (etwa in unserem Alter) kennengelernt: Sie klingelte, weil sie ihren Wohnungsschlüssel in der Arbeit vergessen hatte. Und fragte, ob sie ihre schwere Tasche bei uns unterstellen könne, um schnell zurück ins Büro und zu ihrem Schlüssel zu radeln. (So verhalten sich also Menschen, für die das Bitten um Hife eine naheliegende Option ist – toll!)

Als sie wiederkam und sich nach unserem Garderobenschrank erkundigte, lud ich sie zu einer Wohnungsbesichtigung ein – ohne daran zu denken, dass Herr Kaltmamsell keine Hose trug. Er ging sehr souverän damit um und huschte halb nackt an uns vorbei, um sich anzuziehen. Dass unsere Wohnung in unaufgeräumten Alltagszustand war, störte mich nicht.

Die Nachbarin zeigte uns im Anschluss ihre Wohnung: Exakt geschnitten wie unsere, aber halt frisch renoviert – und himmlisch leer (es fiel die Erklärung “Kisten noch im Lager”). Es wurden Ankündigungen von Anschlusseinladungen ausgetauscht.

Der donnerstägliche Ernteaneil hatte das Füllhorn des Hochsommers mit Paprika, Tomaten, Gurken, Stangensellerie, Auberginen über uns ausgeschüttet; aus den ersten vier schnippelte Herr Kaltmamsell israelischen Schippselsalat, unterstützt von zugekaufter Zwiebel und Petersilie. Dazu statt Brot kroatische Blutwurst in Scheiben, zum Nachtisch Eis.

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Eine Runde Pessimismus: Professor Tom Nichols hat sich nach einer Veranstaltung mit Trump-Anhängerinnen unterhalten und zieht entmutigende Schlüsse daraus.

In der (bis dato fortlaufenden) Reaktion der CSU auf die #ausgehetzt-Demo vergangenen Sonntag fürchte ich ein ähnliches Muster: CSU-Generalsekretär Markus Blume konstruiert mit seinen Behauptungen dazu eine alternative Welt, wie es Trump seit zwei Jahren verheerend erfolgreich tut.

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 25. Juli 2018 – Biergartenabend mit Bürotratsch

Donnerstag, 26. Juli 2018 um 5:17

Strahlender Hochsommermorgen.

Über den Tag türmten sich immer wieder Cumuluswolken vor die Sonne. Nachmittags auf dem Bürotelefon ein Anruf aus ferner Vergangenheit: Jemand aus meiner Uni-Zeit vor 20 Jahren hatte mich beim Arbeitgeber entdeckt und rief von ihrem Arbeitgeber aus an. Ich brauchte ein paar Sekunden für die Zuordnung; mal sehen, ob der Kontaktwunsch der Anruferin hält, wenn sich herausstellt, dass ich kein Networking-Material bin.

Ich machte pünktlich Feierabend, weil ich mit Herrn Kaltmamsell im Biergarten Bavariapark verabredet war.

Kann es sein, dass eine Schriftart “Biergarten” gibt? Wir tranken Radler, aßen Obatzten, Breze und Spareribs (die leider unter mehreren Zentimetern scharfer, fetter Soße nicht zu schmecken waren), tauschten Tageserlebnisse aus. Am Nebentisch lauthalser Bürotratsch aus der Staatskanzlei – mag ja sein, dass die Stimmung dort “unterirdisch” ist, das sollte nicht in der Öffentlichkeit grundlegende Diskretion verhindern. Kurz wunderte ich mich, dass sich die Kollegen und Kolleginnen von dort (“Und? Wie ist es mit der neuen Ministerin?”) nach der Arbeit ausgerechnet im recht weit entfernten Bavariapark treffen, doch dann fielen mir die U-Bahn-Linien U4 und U5 ein, die die Herrschaften ja in 10 Minuten dorthin bringen.

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Dieser Artikel wird seit seiner Erscheinung in meinem Internet herumgereicht, immer mit Empfehlung. Jetzt weiß ich auch, warum.
Es hilft bei jedem Thema, Expertinnen und Experten zuzuhören. Deshalb hier auch von mir die Empfehlung:
Die Migrationsforscherin Naika Foroutan analysiert die jüngsten gesellschaftlichen Entwicklungen und ordnet sie ein – mit dem Appell:
“‘Es ist unser Land, verteidigen wir es gemeinsam'”.

Europa rutscht gerade in eine Richtung, die keinen progressiven „sinnstiftenden Endpunkt“ mehr ansteuert wie Habermas mal den Treiber für gesellschaftliche Entwicklungen genannt hat: also den Blick auf gesellschaftliche Errungenschaften, die Sinn erzeugen und als Treiber der Entwicklung Gesellschaften nach vorne bringen.

(…)

Als der Abbau dieser Grundwerte in Ungarn passierte, dachte man noch, das sei ein ungarisches Phänomen, weil es dort kein ’68 gab. Die PiS-Regierung in Polen haben wir irgendwie hingenommen, die Slowakei war zu klein, um Besorgnis zu erregen. Jetzt wird Italien, eines der Gründerländer der EU, rechts dominiert, es werden Roma gezählt und Flüchtlinge als Invasoren entmenschlicht, die man im Mittelmeer sterben lassen sollte; in Wien hat die FPÖ Schlüsselministerien wie das Innenressort inne und fantasiert von Judenregistrierungen. Die strategische Entmoralisierung der Gesellschaften durch die rechten Extremen – ich nenne sie bewusst nicht rechte Konservative – gelingt, und zwischen Berlin, Wien, Rom ist wieder die Rede von einer „Achse“.

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Eine weitere interessante Perspektive von der deutsch-türkischen Bloggerin Tuba Sarica – leider nur gegen Geld online zu lesen:
“Deutschtürken: ‘Die Kritik an Özil ist berechtigt'”.

In der gedruckten SZ hatte das Interview eine andere, aussagekräftigere Überschrift:

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Ich habe es noch nicht fertiggebracht, Nanette anzusehen – ich weiß nicht, ob ich es verkrafte. (Wenn ich daran denke, wie lange ich brauchte, bis ich über Tig Notaros Show hinweg war…)

Zum Einstieg erst mal was Leichtes von Hannah Gadsby?

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/m4j4RwzE6j4
die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 24. Juli 2018 – Wenn das Internet Flügel bekommt

Mittwoch, 25. Juli 2018 um 6:55

Derzeit drücken meine vorgefallenen LWS-Bandscheiben wieder besonders unangenehm auf die Nerven und lösen Schmerzüberfälle aus. Umso mehr drängte es mich nach einer Kraftsportrunde, ich stellte den Wecker 45 Minuten früher.

Während des Aufwärmens zu Musik lief wie immer der Fernseher bereits (auf stumm geschaltet), damit er schon mal das Internet finden konnte, auf dem ich über Chromecast das YouTube-Trainingsvideo ablaufen lassen würde.

Ich blieb sofort stehen, als ich aus dem Augenwinkel dieses sah:

Der von @MlleReadOn initiierte Twitter-Schabernack #KunstGeschichteAlsBrotbelag hatte es ins öffentlich-rechliche Fernsehen geschafft. Es lohnt sich übrigens auch aktuell, den Hashtag zu verfolgen: Es sind unglaublich kreative Versionen dazugekommen.

Vor Fortsetzung des Trainings (Core) fotografierte ich den Fernsehbildschirm und twitterte das Foto – der Tag startete so mit leichtem Herzen.

Schon auf dem wohltemperierten Weg in die Arbeit sah ich das bleiche Licht eines sehr heißen Sommertags.

Im Büro ließ es sich bei geschlossenen Fenstern und ausgesperrter Sonne gut aushalten. Ich umging das Betriebsfest, machte recht pünktlich Feierabend und spazierte in der Hitze angemessenem Tempo heim in die kühle Wohnung.

Lindwurmstraße oben (ich wohne in der perfekten Wohnung – fast; zur Pefektion fehlen ihr Pappeln in Hörweite).

Lindwurmstraße unten (Versehensfoto beim Verriegeln des Smartphones, das mir besser gefällt als die absichtliche Version vom Samstag).

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Das hermetische Café verlinke ich eh viel zu selten. Und jetzt war kid37 auch noch in New York! Das Ergebnis ist ein Reisebericht, wie ihn nur kid37 schreibt, hier die ersten beiden Folgen:
“NYC #1 – You Said Something”.
“NYC #2 – Good Fortune”.

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Merve Kayikci bekennt in Zeit Campus:
“Mesut Özil: Wir undankbaren Deutschtürken”.

Vielleicht kann mir jemand ja erklären, warum wir undankbaren Deutschtürkinnen nicht richtig dazugehören. Wir wollen ja. Aber etwas gewaltsam zu erzwingen, ist nur der verzweifelte Versuch, mit Willenskraft ein gewisses momentanes Unvermögen zu überdecken. Ich kann nämlich nicht einfach hierher gehören, nur weil ich das will. Denn ich entscheide das nicht selber. Mein Gegenüber entscheidet, wann und ob ich deutsch sein darf. Wann ich eine gute Deutsche bin. Wann nicht. Was ich dafür tun muss, um eine Deutsche sein zu können. Wann ich deutsch sein wollen soll.

Ich muss mich jedes Mal aufs Neue dem Urteil anderer unterwerfen. Je nachdem, wer mein Gegenüber ist, reicht es, mal einen Test zu bestehen, mal die Sprache gut zu können. Dann soll man Erdoğan kritisieren oder am besten gleich die ganze Türkei. Auf der anderen Seite soll man trotzdem gastfreundlich sein und das türkische Gebäck mit den Nachbarn teilen. Denn ein bisschen türkisch darf man schon sein – aber bloß nicht zu viel. Kopftuch darf man nicht tragen. Auf keinen Fall. Aber manchmal ist es dann doch okay. Wenn man ein Interview geben soll, darf man ruhig sagen, dass man Deutsche ist – obwohl man Kopftuch trägt. Das kommt nämlich ganz gut. Und Weihnachten soll man auf jeden Fall mitfeiern.

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Margarete Stokowski fragt nachvollziehbar:
“Gespaltene Gesellschaft: Integrieren – in was?”

die Kaltmamsell

1000 Fragen 121-140

Dienstag, 24. Juli 2018 um 15:27

121. Gibst du der Arbeit manchmal Vorrang vor der Liebe?
Sehr wahrscheinlich. Dass Arbeit absolute Prio 1 zu haben hat, steckt sehr tief in mir. Symptom: Ich kann mich recht genau erinnern, wenn ich dem zuwider gehandelt habe.

122. Wofür bist du deinen Eltern dankbar?
Dass sie mich verkraftet haben. Ich war sehr wahrscheinlich überhaupt nicht, was sie erwartet haben, und auch kein angenehmes Kind. Doch sie sind bei so Vielem mitgegangen und haben mich in vieler Hinsicht gefördert.

123. Sagst du immer, was du denkst?
Nein, das hielte ich für ausgesprochen dumm.

124. Läuft dein Fernsehgerät häufig, obwohl du gar nicht schaust?
Sogar meistens. Wenn es läuft, bin ich meist konzentriert auf den Rechner vor mir.

125. Welchen Schmerz hast du nicht überwunden?
Den sehr weiten Wegzug meines einst besten Freundes, er beutelt mich immer wieder bis heute. Es wird seltener, ist aber nie ganz weg.

126. Was kaufst du für deine letzten zehn Euro?
Lokalrunde.

127. Verliebst du dich schnell?
Nein. Manchmal gegen enormen inneren Widerstand (oh nein, bitte nicht in den!), im Fall von Herrn Kaltmamsell überraschend (oh, ich bin ja verliebt!).

128. Woran denkst du, bevor du einschläfst?
Wunschszenarien und -orte, sehr häufig bin ich in Brighton.

129. Welcher Tag der Woche ist dein Lieblingstag?
Jeder freie.

130. Was würdest du als deinen größten Erfolg bezeichnen?
Dass ich durchhalte.

131. Mit welcher berühmten Person würdest du gerne einmal einen Tag verbringen?
Einen ganzen Tag! Mary Beard, während sie mit etwas anderem beschäftigt ist.

132. Warst du schon einmal in eine (unerreichbare) berühmte Person verliebt?
Nein.

133. Was ist dein Traumberuf?
Professorin für Englische Literaturwissenschaft.

134. Fällt es dir leicht, um Hilfe zu bitten?
Nein: Es fällt mir meist sehr bis zu spät ein, dass das überhaupt eine Option ist.

135. Was kannst du nicht wegwerfen?
Lebensmittel.

136. Welche Seite im Internet besuchst du täglich?
Mein Blog-CMS.

137. Sind die besten Dinge im Leben gratis?
Meistens, aber die entspannte Grundbefindlichkeit dafür wird durch genügend Geld ungemein erleichtert.

138. Hast du schon mal was gestohlen?
Ja. Eine Café au lait-Schale aus Plastik in einer französischen Jugendherberge, ein Cortado-Glas aus einem spanischen Bar. (Beides noch in meinem Besitz.)

139. Was kochst du, wenn du Gäste hast?
Kommt auf die Gäste an. Am liebsten koche ich für Gäste mehrgängig und aufwendig, suche mit Hingabe passende Getränke aus. Aber ich habe gelernt, dass manche Gäste durch großen Aufwand eingeschüchtert werden und sich unwohl fühlen – für die staple ich mit Raffinesse tief.
Spontane Essensgäste hatte ich schon sehr lange nicht mehr. Zu Studienzeiten waren sie häufig, und für diese Fälle hatte ich immer für vier Personen die Zutaten für Spaghetti amatriciana sowie Saft und Wein im Haus.

140. In welchem Laden möchtest du am liebsten einmal eine Minute lang gratis einkaufen?
Ich habe sofort den Süßigkeitenladen aus Pippi Langstrumpf vor Augen. Obwohl ich mir inzwischen leisten könnte, so viel in einem Süßigkeitenladen einzukaufen, wie ich will, träume ich immer noch davon.

Quelle: Flow-Magazin.

Zu den Fragen 101-120.
Zu den Fragen 141-160.

die Kaltmamsell

Journal Montag, 23. Juli 2018 – Kühle vor Hochsommer

Dienstag, 24. Juli 2018 um 5:46

Bewölkt und eher kühl (noch unter Jacke), aber es regnete nicht.

Auf dem Heimweg ein paar Einkäufe beim Edeka Theresienhöhe, zu Hause verifizierte ich mein flan de queso-Rezept – weil ich Lust auf das Dessert hatte und weil ich bei Erfolg mein Rezept weitergebe.

Herr Kaltmamsell hatte sich für den Abend abgemeldet, ich briet mir zum Nachtmahl Mangold aus Ernteanteil mit zwei kleinen Chillis und Knoblauch und vermischte das mit frisch gekochten Nudeln (Penne). Während ich noch kochte, kam Herr Kaltmamsell doch schon heim, wir teilten das Abendessen inklusive Ben&Jerry’s-Eis zum Nachtisch (der Flan ist erst am nächsten Tag servierbar).

Es regnete nochmal, ab Dienstag ist Hochsommerhitze angekündigt.

Beim Herablassen des Rolladens in meinem Schlafzimmers löste sich plötzlich der Widerstand im unteren Kästchen, das das Ende des Riemens aufrollt: Es rauchte sogar ein wenig aus dem Kästchen, die Riemenränder waren schwarz – und es wickelte nicht mehr.

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Könnte Megans ein Haarschnitt für mich sein?

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 22. Juli 2018 – Demo #ausgehetzt

Montag, 23. Juli 2018 um 6:34

Die CSU klärte in der Nacht auf Sonntag und am Sonntagvormittag, warum man wirklich, wirklich an der Demo #ausgehetzt teilnehmen sollte:

Welche Flachzange in der PR-Abteilung bloß darauf gekommen sein mag? Die CSU hätte durch Ignorieren kommunizieren können, dass die Demo sich nicht auf sie bezieht. Oder sich vor längerer Zeit schon mit der Sache gemein machen: “Genau! Böse, böse AfD!” Einer friedlichen und ordentlichen Demo Anstand abzusprechen und sie selbst als Hetzerei zu attackieren, stellt niemanden in gutes Licht.

Es regnete seit der Nacht wechselnd kräftig und gegen Mittag (Start der Demo war 13 Uhr am Goetheplatz) in den sprichwörtlichen Strömen. Herr Kaltmamsell und ich entschieden uns für die Ausstattung, die wir eigens für den Fall haben, dass bei solchem Wetter Drinbleiben keine Option ist: Wanderstiefel und superduperscheißteure Wanderjacken. Wenn Irland sie schon nicht auf die Probe stellte, dann sollte München das halt machen.

Auf dem Goetheplatz war die Lage für uns Demonstrantinnen und Demonstranten unübersichtlich. Von oben sah sie aber klasse aus.

Die nächste Stunde meinte der Regen alle fünf Minuten so: “Ihr dachtet, das war strömender Regen? DAS ist strömender Regen!” Eine Mitdemonstrantin vermutete Söders Hand am Regenregler. Aber Jacken und Schuhe hielten super, der Rest wurde halt nass – es war ja nicht kalt. Nach einer Stunde beruhigte sich das Wetter und warf nur noch hin und wieder mit ein paar Tropfen und Nieslern um sich.

Wir spazierten die Demostrecke entlang, ich sah sehr gemischte Bevölkerung um mich: Alte, Junge, Sonntagsstaat, zerlöcherte Kleidung um tätowierte Haut, Familien. Wie viele davon ähnlich wie ich sonst nicht auf Demonstrationen gehen, kann ich nicht beurteilen – weil ich ja zu wenige Vergleichsdemos kenne.

Die Polizei war ausgesprochen angenehm: Am Anfang dirigierte sie noch ein wenig, um die Menschen auf dem Goetheplatz außer Gefahr zu bringen, dann war sie immer mehr im Hintergrund, bei der Abschlusskundgebung auf dem Königsplatz so gut wie unsichtbar: Vielen Dank, super Job.

Auf der Kundgebung blieb ich nur, bis der Platz ordentlich voll war.

Dann ging ich heim und war sehr froh, meine nasse Jeans ausziehen zu können (die Jacke hatte super funktioniert).

Mehr Bilder hat die Süddeutsche Zeitung, auch eine Reportage.

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Um bei konstruktiver Kritik zu bleiben (so geht das übrigens): Dass gut integrierte Flüchtende abgeschoben werden, ist natürlich haarsträubend – doch es ist kein böser Wille der Behörden oder gar einzelner Politiker, sondern ein Fehler im System. Eva Horn erklärt:
“Warum wir ein Einwanderungsgesetz brauchen”.

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Um bei Behörden zu bleiben (“Die Übergänge sind immer das Schwerste.” Hüsch): Katrin Scheib erzählt
“Fliegen zwei Wellensittiche von Moskau nach München”.

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Der größte Lacher des Tages: Die Techniktagebuch-Redaktion hat die Mobilfunklöcher der Republik regionsspezifisch benamst.
“Seit dem 21.12.2017
Edgingen in Edgeland”.

Am meisten freute ich mich über “Edgingen (Sieg)”, weil ich den ja erst seit Samstag kapiere.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 21. Juli 2018 – Ausflug in den Westerwald

Sonntag, 22. Juli 2018 um 9:10

Gestern reiste ich mit Herrn Kaltmamsell zu einem lange geplanten Besuch in den Westerwald. Auch dort, müssen Sie nämlich wissen, leben Menschen, und manche davon schreiben ins Internet fesselnde Dinge. Diese konkreten Menschen hatte ich zuvor schon in München und Mallorca getroffen, nun wollte ich sie aber auch mal in ihrem heimischen Habitat sehen.

München war bei der Abfahrt düster, nach Norden hin wurde der Himmel immer heller.

In Frankfurt wurde gesegelt.

Beine vertreten beim Umsteigen in Köln Deutz.

Angekommen im westerwälder Mexiko.

Kurzes Sightseeing: Ach, da ist der!

Schöne Stunden mit Köstlichkeiten in fester und flüssiger Form, Latifundien-Besichtigung und Verabredung für nächste Treffen. Gelernt: Es gibt den Westerwaldsteig, der sich für meine diesjährige Oktoberfestflucht anbietet.

Große Bahnhofsliebe.

In München begann es bei unserer nächtlichen Heimkehr gerade zu regnen.

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Der Knaller der Freitagnacht: Beim Kraftwerk-Konzert in Stuttgart wurde live zur Raumstation ISS geschaltet – und Astronaut @Astro_Alex musizierte beim Stück “Spacelab” mit.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/rCQEzgtWv-E

What a time to be alive!
(Merken Sie, wie das Publikum auf diesen Knaller live reagiert? Eben nicht wie im Film mit spontanem Ausrasten, denn Verblüffung und Erstaunen führen beim Menschen erst mal zu Stille. Der frenetische Jubel ertönt erst später.) (Und Gerst trägt ein Captain-Future-Shirt! *KRAHAISCH*)

Mehr Infos zu diesem Auftritt.

Zur Musik von Kraftwerk habe ich eine besonders innige Bindung (ich habe vorsichtshalber überprüft, ob ich das nicht schon mal erzählt habe: habe ich nicht). Ich entdeckte sie mit etwa 12 Jahren in einem Italienurlaub in der Gegend von Terracina bei meiner Tante Barbara. Mein Onkel Roberto hatte von einem Montageeinsatz1 in den arabischen Emiraten diese Kassette mitgebracht (sehr wahrscheinlich eine Raubkopie, aber das Konzept kannte ich damals noch nicht):

Bei Tante Barbara lief immer Musik, ich steuerte unter anderem meine Hitparaden-Mitschnitte bei. Doch so etwas wie Kraftwerk hatte ich noch nie gehört, die Musik packte mich sofort. Da die weiteren Familienmitglieder meine Begeisterung nicht recht teilten, konnte ich die Kassette allerdings lange nicht so oft anhören, wie ich wollte. Zu meinem großen Glück ließ sich die Tante bei unserer Abreise auf einen Deal ein: Eine von meinen Kassetten mit lateinamerikanischem Crooning der 50er (fragen Sie mich nicht, woher ich dieses Faible hatte) gegen ihre Kraftwerk-Kassette.

Auch die B-Seite gefiel mir sehr gut, erst jetzt habe ich den Hintergrund des Albums Star Peace – Droids recherchiert. Der Guardian schreibt in seiner Serie “The 101 strangest records on Spotify”:
“Inspired by Star Wars, a young label manager decided that what the world needed was an album set in space”.

  1. Macht man das heute überhaupt noch: “auf Montage gehen”? []
die Kaltmamsell