Journal Montag, 13. September 2021 – Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings, 18 Jahre Bloggen

Dienstag, 14. September 2021 um 6:30

Seit Sonntagabend litt ich unter meiner Vergesslichkeit, die mich am Samstag beim Wandern wieder den Moskitos ausgeliefert hatte: Die Dutzende Stiche im Nacken, hinter den Ohren und an den Händen meldeten sich schmerzhaft. Aber sie waren nicht so schlimm, dass sie meinen Nachtschlaf gestört hätten (Fenistil FTW!), ich schlief nochmal gut (gegen den Partylärm mit Live-Band aus dem Nußbaumpark hatte ich allerdings die Fenster schließen müssen).

Das Gucken einer Show, in der die Kanzlerkandidat*innen in einem Fernseh-Studio von TV-Moderator*innen befragt miteinander reden sollen, gehört auch weiterhin nicht zu meiner politischen Meinungsbildung. Ich komme ja schon schwer damit zurecht, wie sich auf Twitter Zuschauer*innen über Fragmente daraus ereifern (und dass dafür das Wort “Triell” erfunden wurde – obwohl ich selbst ja selbst gerne mal Wörter erfinde, die mir praktischer erscheinen als der Bestand) – manchmal träume ich von einem ausschließlich schriftlich durchzuführenden Wahlkampf.

Milde Temperaturen, am Himmel Sonne und Wolken bei meinem frühen Fußmarsch in die Arbeit.

Mittags Quark mit Pfirsichen und Birne.

Fast pünktlicher Feierabend, denn ich war mit Herr Kaltmamsell fürs Kino verabredet. Auf dem Heimweg Einkäufe im Drogeriemarkt, zu Hause servierte der Herr zum frühen Abendessen ein Blumenkohl-Curry Alu Gobi, nach einem neuen, tomatigeren Rezept, aber auch sehr gut. Zum Nachtisch bestrich ich mir schnell eine Scheibe frisches Weißbrot mit Quittengelee.

Wir radelten durch den Spätsommerabend zum Cinema: Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings. Ich amüsierte mich ausgesprochen gut, endlich mal ein fast durchgehend Asien-stämmiger Cast in einem Marvel-Superheldenfilm. Und ich mochte die Überraschungen gegen die erwarteten Topoi: Der Schurkenvater schaut gut aus und guckt freundlich, der komische Sidekick des Helden, gespielt von der großartigen Awkwafina, ist weiblich – und keine Liebesgeschichte, sondern Freundin. Der selbstreflektive Humor. Die Musikmischung aus asiatischen Versatzstücken und Gangster-Rap. Außerdem freue ich mich immer wieder über Michelle Yeoh, seit sie mich vor 20 Jahren in Crouching Tiger, Hidden Dragon zum ersten Mal verzauberte. Schauspielerisch stiehlt allerdings Ben Kingsley als britischer Schauspieler Trevor allen die Show, meine Güte ist der gut (das hatte er ja schon bei seinem ersten Auftauchen im Marvel-Universum in Iron Man 3 getan). Nach dem gelungenen Black Widow also noch ein guter Superheldenfilm der Phase 4 (wie Fanboy Herr Kaltmamsell die nennt). Ich empfehle die Rezension in der Süddeutschen von Doris Kuhn: “Prügelei im Märchenwald”.

Heimradeln durch eine sternenklare Spätsommernacht.

Ende August wurde dieses Blog 18 Jahre alt, ich erspare Ihnen alle Scherze über Volljährigkeit (ob Sie mir vielleicht sogar die Behauptung glauben würden, dass ich alt genug für Erinnerung an Volljährigkeit mit 21 bin?).

We’ve come a long way. Von den Anfangszeiten mit Besucherzählern und Gästebüchern (nicht bei mir, aber grundsätzlich), mit Runterrechnen aller Bilder, weil die Seite sonst so lange geladen hätte, und Internetzugangszeit doch teuer war. Über all die Jahre, in denen eigentlich nur andere Bloggerinnen und Blogger hier lasen und kommentierten. Der Übergang zu ausschließlich längeren Texten, weil kurze Bemerkungen und reine Link- oder Foto-Posts zu Twitter gewandert waren. Die Veränderung der Bloglandschaft: Erst durch die Professionalierung Einzelner mit PR-Sponsoring (lange vor Erfindung des Begriffs “Influencer”) und durch Unternehmensblogs, dann weil die früheren persönlichen Blogtexte allmählich zu Facebook umzogen, auch weil man dort die Sichtbarkeit für ausgewählte Leser*innen regulieren konnte.

Mein Blog ist ein komplett überholtes Modell, das es noch nie brauchte, das deshalb auch nie Schule machte, ein Relikt aus den Aufbruchzeiten des Web, als es noch Verheißung war und nicht Bedrohung. Ich genieße seine Irrelevanz immer noch als Freiheit und tippe hartnäckig in diese völlig egale Ecke des Internets, damit es wenigstens einen kleinen Garten in den unendlichen Weiten des Webs gibt, in dem die Utopie des “Everybody has a voice” weiterlebt. Auch wenn die tägliche Bloggerei leicht zwanghafte Züge hat. Dank allen, die hier mitlesen, die sich beteiligen.

die Kaltmamsell

Journal Sonntag, 12. September 2021 – Häuslicher Sonntag

Montag, 13. September 2021 um 6:34

Wieder schön lang geschlafen.

Für gestern war strahlender Sonnenschein angekündigt, ich hatte einen weiteren Freibadschwumm mit Sonnen geplant. Doch das Wetter hielt sich wie schon am Samstag nicht an die Vorhersage: Es war überwiegend bewölkt, das zog mich nicht recht raus.

Kastani geht’s heuer nicht gut.

Also Planänderung: Ich legte mal wieder ausführliches Krafttraining daheim ein, mit Hanteln und Reha-Übungen.

Anschließend Körperpflege, Pediküre.

Frühstück um zwei: Brot aus der Gefriere mit Butter und Marmelade, zwei Pfirsiche.

Mild war es aber, ich las die Wochenendzeitung auf dem Balkon.

Es war dann Herr Kaltmamsell, der einen Spaziergang vorschlug (!). Das Wetter war freundlicher geworden, wir gingen über den Alten Südfriedhof zur Isar.

Hier steht eigentlich das Denkmal zur Sendlinger Mordweihnacht, wird wohl gerade restauriert. Der Schmetterling ist aber auch schön.

Von der Wittelsbacherbrücke aus gingen wir die Isar stadteinwärts, das hatte ich schon lang nicht mehr gemacht.

Ob diese Figur an der Reichenbachbrücke wohl “Montag” heißt?

Müller’sches Volksbad hinter der Baustelle Ludwigsbrücke.

Blick von der Maximiliansbrücke, über die ich sonst nie gehe.

Zurück daheim noch eine Runde Pflicht: Es hatte sich wieder eine gute Stunde Bügelwäsche angesammelt.

Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Nudeln mit dem Rest Short Ribs vom Freitagabend. Nachtisch ein wenig Eis, Schokolade.

Früh ins Bett weil müde.

die Kaltmamsell

Journal Samstag, 11. September 2021 – An der Isar entlang von Freising nach Moosburg

Sonntag, 12. September 2021 um 9:43

Wir wollten nochmal wandern. Auf der Bahnfahrt in den Bayerischen Wald waren wir auf die Idee gekommen, die Isar, die wir eine Weile sahen, entlang zu gehen: Eine Fortsetzung der Isarwanderung von Ismaning nach Freising vor vier Jahren.

Nach Ausschlafen bis acht und gemütlichem Morgen brachen wir gegen elf zum Bahnhof auf. Das Wetter war als durchwachsen angekündigt, wir packten Regenjacken ein (der Sonntag mit sicherem Sonnenschein passte uns nicht so gut). Ziemlich voll besetzte Regionalbahn nach Freising, die Bayern-Cosplayer darin deuteten bereits an: In Freising ist Volksfest (ohne infektionsträchtige Bierzelte und deshalb in “Familienpark” umbenannt).

Auf der Wanderung bekamen wir einige Tiere zu sehen: Schon auf der Hinfahrt sah ich ein Reh vor einem Maisfeld und den ersten Falken. Die Wanderung bot dann Schwalben, Eichelhäher, endlich mal einen Grünspecht, Gänsesäger, Graureiher, Libellen, Schmetterlinge, Kormorane, auf der Heimfahrt saß ein Kaninchen im Feld. Blöderweise hatte ich die unangenehmen Tiere schon wieder vergessen: Stechmücken. Wieder hatte ich nur an Sonnenschutz gedacht und nicht an mein Mückenspray. Direkt am Fluss war das gar nicht schlimm, doch sobald wir uns in die Nähe von stehenden Gewässern begaben, von Pfütze bis Tümpel, also zu den Mücken-Brutplätzen, versuchten die Viecher mich zu fressen. Zum Glück schützten mich lange Hosenbeine und kurze Ärmel, doch ich ärgerte mich sehr über meine Dummheit. Zumindest habe ich das Fenistil für die Folgen bereits daheim.

Um Abwechslung in die Strecke zu bringen, hatte Herr Kaltmamsell eine alternative Route über Dörfer nördlich der Isar als Alternative herausgesucht. Dahin bogen wir bald Richtung Marzling ab und genossen Ausblicke übers Isartal, musste aber feststellen, dass es sich um eine Radwanderroute hauptsächlich auf Landstraße handelte. Da geht sich’s nicht schön, nach wenigen Kilometern kehrten wir an den Uferweg der Isar zurück (ebenfalls Radwanderweg, doch es waren nicht viele unterwegs). Was es dort nicht gab, waren Bankerl zum Pausenmachen. Wir ruhten uns auf einem als “Picknickplatz” deklarierten Baumstamm aus, ich aß Äpfel.

Das Wetter hielt, wir gingen meist in Sonnenlicht, das von Bäumen gefiltert wurde. Der Auwald war wildromantisch, wir sahen viele zerbrochene und umgestürzte Weiden.

In Moosburg hatte ich zum Einkehren einen Gasthof in der Nähe des Bahnhofs ausgesucht. Auf dem Weg dorthin von der Isar kreuzten wir die Stadt einmal, stellten fest, dass auch hier Volksfest war und dass das ein ganz bezauberndes Städtchen ist, einen eigenen Besuch wert. Hier erwischte uns auf den letzten Metern doch noch ein Regenschauer, jetzt aber wirklich verschmerzbar. Für die rund 20 Kilometer waren wir gut fünf Stunden unterwegs – und beide erstaunlich erschöpft. Allerdings hatten wir auch beide bereits beim Start gemerkt, dass wir unterdurchschnittlich fit und von der Woche müde waren.

Zur abschließenden Brotzeit gab es Kässpatzen für Herrn Kaltmamsell, den größten Teil eines Brotzeittellers für mich, außerdem den Beilagensalat meines Begleiters.

Die Bahn zurück nach München war wieder gut gefüllt, auf dem Heimweg holten wir uns noch zum Nachtisch ein Eis beim Nachbarschafts-Eisdieler.

Isar bei Freising.

Marzling

Aussicht übers Isartal.

Idyllischer als die im Verlauf der Wanderung immer breitere Isar war die ein Stück parallel fließende Moosach:

Aber an der Isar ging es sich auch schön.

Einkehren in Moosach:

§

20 Jahre war es gestern her, dass Terroristen vier Passagierflugzeuge als Massenmordwaffen verwendeten, zwei davon ins World Trade Center in New York flogen, eines ins Pentagon; das vierte – das hatte ich fast schon vergessen – wurde von eingreifenden Passagieren zum Absturz gebracht, ohne dass es mehr zerstören konnte (das hatte mich seinerzeit fast am meisten bewegt). Gestern fragte ich Herrn Kaltmamsell zum ersten Mal, wie er dieses Ereignis erlebt hatte – unsere Berufsleben waren damals sehr weit voneinander entfernt.

Immer noch ist die Brutalität der Tat so unfassbar, dass ich mich ihr nur anhand von Details nähern kann. Esquire schreibt über den Umgang mit Fotos des Ereignisses, genauer: mit den Fotos von den Menschen, die sich zwischen Einschlag der Flugzeuge und Zusammenbruch der Wolkenkratzer in den Tod stürzten.
“The Falling Man”.

Lange waren sich nämlich die Redaktionen einig gewesen, dass man diese Bilder nicht zeigen würde. Und alle Stellen, dass man diesen Aspekt ausblenden würde – bis hin zur Unmöglichkeit, die Zahl der so ums Leben gekommen Menschen zu erfassen. Das ändert sich wohl gerade.

die Kaltmamsell

Journal Freitag, 10. September 2021 – Wochenabschluss comme il faut

Samstag, 11. September 2021 um 8:49

Schlaf ok, dennoch freute ich mich auf Wochenende mit langem Ausschlafen.

Der Morgen war mild, es machte gar nichts aus, dass wir über Nacht die Balkontür hatten offenstehen lassen.

Sonniger Weg in die Arbeit, keine Jacke nötig.

Auf der Theresienwiese sammelte sich Polizei gerade mit einem Dutzend Mannschaftswagen vor dem Klimacamp.

Der Arbeitstag startete mit Emsigkeit, dieses ruhige Wegarbeiten mit nur wenigen Querschüssen mag ich.

Mittags gab es Gurke und Paprika aus Ernteanteil, außerdem sehr gute Birne mit Hüttenkäse. Nachmittags brauchte ich noch ein Stück schwarze Schokolade.

Den sonnigen und warmen Heimweg verlängerte ich durch einen Bogen über die Theresienwiese und ein paar Umwegen durchs Gärtnerplatzviertel für ein paar Einkäufe beim Eataly. Als ich um sechs heimkam, kämpfte Herr Kaltmamsell gerade mit einer überraschenden Fruchtfliegen-Plage: Ich mixte die bewährte Todesfalle von Cucina Casalinga.

Wir läuteten das Wochenende mit endlich mal wieder Cocktails im Auroom ein. Wirt Alex riet vom Draußensitzen ab, es werde gleich heftig regnen – und hatte recht, obwohl bei unserer Ankunft der Himmel blau war. Wir zeigten unsere Impfzertifikate vor, checkten mit der Corona-Warn-App ein und setzten uns an die Bar.

Herr Kaltmamsell hatte sich aus der Karte einen Cucumber Gimlet ausgesucht, ich ließ mich beraten: Mein Wunsch “herb mit Kick” wurde ein Missing Link, der mir sehr gut schmeckte. Erwachsen und vernünftig beließen wir es bei dem einen Cocktail, daheim warteten nämlich schmorende Short Ribs im Ofen auf uns, zu denen es ein Glas Wein geben sollte.

Auf dem Rückweg begegneten wir auf der Lindwurmstraße einer kleinen Demo mit mehr Polizei als Demo-Volk (und ohne Plakate oder Sprechchöre, es war nicht herauszufinden, worum es ging – Rat der PR-Fachfrau, den Ihnen auch Tante Trudi geben würde: Wenn Sie ein Anliegen durch eine Demo vertreten, stellen Sie sicher, dass man es erkennt).

Die Short Ribs vom Herrmannsdorfer waren ganz hervorragend geworden (mit Zwiebel, Ernteanteil-Karotten, Lauch und in Rotwein), der mallorquinische Wein passte zur Abendunterhaltung, die wir im Fernsehen gefunden hatten: Die Doku “Das andere Mallorca” von 1968. Pauschalurlaub zwischen damals noch Eselskarren – ein weiteres Zeitreiseziel auf meiner Liste.

Nachtisch Melone und Schokolade, ein Gläschen Limoncello.

die Kaltmamsell

Journal Donnerstag, 9. September 2021 – Spätsommer-Zugabe, bitteres Baklava

Freitag, 10. September 2021 um 6:41

Böse aufgewacht. Mit Elend in der Kehle in die Arbeit gegangen, unter fast wolkenlosem Sonnenhimmel.

In der Arbeit als Erstes die unangenehmste Aufgabe erledigt, für die ich erst mal einen Lösungsansatz finden musste. Das Resultat war zum einen Euphorie, weil ich sie hinter mir hatte, aber auch das Gefühl, bereits derart viel geschafft zu haben, dass ich mich nur mit Mühe zum Rest motivieren konnte.

Zu Mittag gab es den Pisto-Rest von der Vortages-Brotzeit mit zwei Scheiben Weißbrot, sehr gut.

Draußen war es wunderbar warm, aber in der Sonne nicht unangenehm; ich spazierte nach der Arbeit für Einkäufe zum Stachus, immer auf der Sonnenseite der Straßen. Daheim endlich mal wieder Yoga; ich stärkte und dehnte ausführlich meinen Rumpf, die Bewegung besänftigte auch diesmal das Elend.

Nachtmahl war nach zwei Wochen Pause Ernteanteil-Salat (Endivie und Paprika), dazu hatte Herr Kaltmamsell Weißbrotscheiben gefüllt und gebraten. Am Mittwoch hatte der Herr Baklava selbst gemacht und servierte es zum Nachtisch.

Sah ganz großartig aus und ich freute mich – doch irgendetwas daran schmeckte brutal bitter, da stimmte was nicht. Wir fanden keine Erklärung, selbst wenn ein verdorbener Walnusskern dabei gewesen wäre, hätte ihn Herr Kaltmamsell doch bei Ausbreiten zum Rösten auf dem Blech entdeckt, verbrannt war auch nichts. Also gab es mittelgute Honigmelone (die Lieferung aus Crowd Farming hatte nach sechs Wochen – ! – ein wenig Aroma entwickelt) und ein wenig schwarze Schokolade zum Nachtisch.

§

Eine Folge Planet Wissen nachgeguckt, “Die Welt der Gerüche”.

Hochinteressant und mit zwei sehr sympathischen Menschen als Experten im Studio (beide mit deutlichem bayerischen Spracheinschlag). Prof. Thomas Hummel, Leiter des interdisziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken an der Universitätsklinik Carl Gustav Carus in Dresden, gefiel mir nicht nur wegen seiner gelassenen Heiterkeit, sondern auch weil er, nach Geschlechterunterschieden gefragt, präzise formulierte: “Wenn Geschlechterunterschiede gefunden werden, dann riechen Frauen besser.” Oder wie er auf die Möglichkeit verwies, dass weibliche Körpergerüche als positiver wahrgenommen werden, “das kann natürlich auch mit Sozialisation zu tun haben”. (Und er spricht von “eleganter Forschung” <3)

die Kaltmamsell

Journal Mittwoch, 8. September 2021 – Guerilla-Blumenwuchs

Donnerstag, 9. September 2021 um 6:27

Nach recht gutem Schlaf verkatert und müde vom Wecker geweckt worden, eine Stunde später als sonst ins Bett merke ich halt schon.

Zackig gebloggt, ich hatte diesmal nichts vorgeschrieben. Trotzdem halbwegs pünktlich das Haus verlassen, in einen sonnigem Morgen.

Auf dem Weg in die Arbeit war mir im Westend bereits am Dienstag ein Wohnhaus aufgefallen, an dessen Kante zum Gehweg einige Pflanzen und Blumen wuchsen, die ich hier nicht erwartet hatte. Sehr wahrscheinlich hatten sie sich von den Balkonen darüber ausgesät.

Fürs Mittagessen hatte ich eine Portion des Gemüse-Pisto mitgenommen, außerdem war noch Birchermuesli vom Dienstag übrig.

Ruhiges Arbeiten, interessante Kontakte, ich war aber sehr müde und hatte Mühe mit Konzentration.

Auf dem Heimweg kaufte ich im Vollcorner ein, Vorräte und Brotzeit der nächsten Tage, außerdem war mir der Kräutertee im Büro ausgegangen.

Fürs Abendessen hatte Herr Kaltmamsell Biergarten vorgeschlagen, schließlich war das Wetter nochmal spätsommerlich. Wir gingen in den Schnitzelgarten, ich genoss mein halbes Cordonbleu und die Pommes dazu, die andere Hälfte nahm ich als Donnerstagsfrühstück für Herrn Kaltmamsell mit. Ich fühlte mich blöd im Hirn, zum Glück übernahm der Herr die Konversation und erzählte mir von seinem Tag.

Zu Hause Süßigkeiten, früh ins Bett.

§

Psychotherapeut Tim Lawrence stellt klar:
“Everything Doesn’t Happen For A Reason”.

via Frau Klugscheisser

Sie zitiert daraus:

Grief is brutally painful. Grief does not only occur when someone dies. When relationships fall apart, you grieve. When opportunities are shattered, you grieve. When dreams die, you grieve. When illnesses wreck you, you grieve.

Übersetzt:
Trauer tut brutal weh. Trauer wird nicht nur durch Tod ausgelöst. Wenn Beziehungen zerbrechen, trauert man. Wenn Chancen verschwinden, trauert man. Wenn Träume sterben, trauert man. Wenn eine Krankheit zuschlägt, trauert man.

Und das ist wirklich, wirklich nicht in erster Linie eine Chance für Charakterverbesserung; Lawrence findet es völlig in Ordnung, den Kontakt zu Menschen abzubrechen, die “Es wird schon zu was gut sein” für Trost halten.

I hate to break it to you, but although devastation can lead to growth, it often doesn’t. The reality is that it often destroys lives. And the real calamity is that this happens precisely because we’ve replaced grieving with advice. With platitudes. With our absence.

Wieder übersetzt:
Ich eröffne es Ihnen nicht gern: Auch wenn Schicksalsschläge zu Weiterentwicklung führen können, tun sie das oft nicht. In Wirklichkeit zerstören sie oft ganze Leben. Und das eigentliche Unglück: Das passiert, weil wir Trauer durch Ratschläge ersetzt haben. Durch Platitüden. Durch unsere Abwesenheit.

Dazu passt der Hinweis eines Freundes, der einen furchtbaren Verlust erleiden musste. Als man ihm nach einiger Zeit vorwarf, er bade ja in seiner Trauer, meinte er, er bade nicht darin, er dusche.

die Kaltmamsell

Journal Dienstag, 7. September 2021 – Mit Familie Hazel Brugger geguckt

Mittwoch, 8. September 2021 um 7:00

Der Morgen begann mit Pflanzengießen, ich mache das inzwischen verlässlich (die meiste Zeit meines Lebens mussten die Topfpflanzen in meiner Wohnung selbst zurechtkommen, alle paar Tage fiel mir ein, dass sie Wasser brauchen – allerdings mit steigendem Alter immer häufiger): Balkonpflanzen jeden Tag, restliche Topfpflanzen jeden zweiten.

Fußweg in die Arbeit wieder in schönster Morgensonne. Ich verfolgte die Geschehnisse um die derzeitige IAA (nur zum Festhalten für mein künftiges Ich: Die erste große Messe in Präsenz nach den Corona-bedingten Absagen ist – natürlich – die Internationale Automobilmesse, die nach München verlegt wurde, unter anderem weil Frankfurt den Veranstaltern zu Auto-kritisch geworden war) vor allem aus beruflicher Perspektive, es gibt ein breites Auto-kritisches Gegenprogramm.

Ebenfalls durch berufliche Zusammenhänge ergab sich am Telefon eine zufällige Wiederbegegnung mit einem ehemaligen Arbeitskollegen (ich meldete mich mit “$Arbeitgeber, Kommunikation, mein Name ist Kaltmamsell”, er so: Pause, Pause “DIE Kaltmamsell?”), die mich sehr freute. Wir plauderten eine Weile und ich habe den Eindruck, dass jetzt wieder Kontakt besteht.

Mittags ein Apfel und Birchermuesli.

Pünktlicher Feierabend, denn ich war mit der Bruderfamilie zu Hazel Brugger verabredet: Alle bis auf meinen Bruder waren wegen einer anderen Angelegenheit eh in München, Herr Kaltmamsell hatte sie tagsüber ein wenig zu Einkäufen und zum Klima-Camp auf der Theresienwiese begleitet. Ich holte unterwegs beim Bäcker Brot fürs Abendessen, sicherte kurz vor der Haustür einen Verdacht: Nachdem ich jetzt zum dritten Mal beim Passieren der neuen Portalklinik aus einem offenen Fenster der oberen Etagen recht eindeutige menschliche Laute hörte, weiß ich, dass mindestens einer der Kreißsäle auf die Nußbaumstraße raus geht. Ausgesprochen informativ. (Ich sehe mich in 16 Jahren eine junge Frau kennenlernen, die von einem Geburtstag an einem Nachmittag Anfang September spricht und dass sie im Münchner Zentrum auf die Welt kam. “Ah, das habe ich wahrscheinlich gehört.”)

Es gab Pisto für alle, allerdings wollten nur Herr Kaltmamsell und ich Spiegeleier dazu. Zum Deutschen Museum gingen wir zu Fuß (minus Frau Schwägerin, die von Anfang an, also seit Anfang 2020, nicht eingeplant war) durch ein sommerlich genutztes Feierabend-München mit vielen Draußensitzenden, dort stieß mein Bruder zu uns, der nach seinem Feierabend die Bahn genommen hatte.

Das Publikum war im Innenhof des Deutschen Museums in den zusammen gebuchten Gruppen platziert, jeweils viel Abstand dazwischen, wir saßen links recht weit vorn. Hazel Brugger zeigte ihr neues Programm “Kennen Sie diese Frau?” zum ersten Mal in Deutschland, nannte es auch vorsichtshalber “Vorpremiere”. Es war ein schön typisches Hazel-Programm von geradezu staubender Trockenheit (Details in der Besprechung vom Schweizer Tagblatt), mit einer sympathischen Hazel, immer wieder unterbrochen von den SEHR LAUTEN Glocken des Deutschen Museums (die Künstlerin hatte uns darauf vorbereitet), und mit einer abschließenden Abstimmung durch Klatschen, welche Nummern uns besser und weniger gut gefallen hatten. Als Zugabe las Hazel Brugger noch ein paar Pointen aus dem mitgebrachten Skript des neuen Programms vor – sie bewiesen, dass es sich auf jeden Fall lohnen wird, auch die routiniertere Fassung anzusehen.

Wir spazierten durch eine wunderbare Sommernacht zurück zu uns, vorbei an vollen Straßencafés und Schanigärten. Dort gab es für Hungrige noch etwas zu essen und Süßigkeiten, herzlicher Abschied von der Familie.

§

Ein gestern viel geteilter Heise-Artikel weist darauf hin, dass es eine alternative zum “bewussten” Konsum gibt: keinen.
“Missing Link: Kaufen Sie kein Elektroauto! Von falschen Konsum-Versprechungen”.

via Buddenbohm

(“Noch 300 Shirts und Hosen aus wirklich nachhaltiger Produktion kaufen, und wir haben die Textilindustrie Umwelt- und Arbeitnehmer-freundlich gemacht” erinnert mich ja arg an Garfields “Noch drei Schachteln von diesen Diät-Keksen, und ich bin dünn wie ein Strich.”)

die Kaltmamsell