Archiv für September 2023

Journal Samstag, 23. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Jungbrunnen-Weg und Folgen unterlaufener Urlaubsgegenden

Sonntag, 24. September 2023

Gestern musste ich mich mehrfach daran erinnern, dass Samstag war – diesen Grad der Verurlaubung hatte ich seit vielen Jahren nicht mehr erreicht, ich weiß IMMER, welcher Wochentag ist.

Nacht wieder mit Mosquito-Unruhe, obwohl ich mich diesmal bereits vor dem Zu-Bett-Gehen flächendeckend mit Anti Brumm eingesprüht hatte. Und gestochen hat mich mindestens ein Vieh auch!

Ab sechs Angst und Sorgen (all die Details, die ich noch für den Berlin-Aufenthalt regeln musste!) (in Wirklichkeit genau ein Kontakt zur Ferienwohnungs-Vermieterin), ich stand lieber auf.

Für den Tag war trockenes Wetter angekündigt, allerdings ein paar Grad niedrigere Temperatur (einstellig) als in der mittelfristigen Vorhersage. Ich zog lieber zwei Shirts unter meine Wanderjacke, startete kurz vor zehn eine wieder längere Tour, nämlich den Jungbrunnen-Weg.

Er führte vor allem baumlose Höhen entlang, was immer wieder weite Ausblicke ermöglichte, allerings pfiff mir dabei auch ein unangenehm schneidender Wind um die Ohren. Die Wege waren schön und abwechslungsreich, ich kam durch Ortschaften mit samstäglicher Umtriebigkeit, wurde herzlich gegrüßt.

Überraschung: Schon zu meiner ersten geplanten Pause um zwölf hatte ich derart Hunger, dass ich mein erstes Pumpernickelbrot mit Frischkäse aß – gestern hatte ich zum Glück zwei dabei. Mein Körper spielte hervorragend mit, nicht mal der Nagel des linken kleinen Zehs, der am Vorabend vor Schmerzen getobt hatte (Ursache rätselhaft, in den Wanderschuhen hat er doch sogar besonders viel Platz), muckte auf.

Nach Pausen musste ich mich jeweils durch eine Weile zackiges Marschieren aufwärmen, erst gegen Ende des Wegs hatte die Sonne wirkliche Wärmkraft. Wirkung des kalten Winds: Zurück in der Wohnung glühte mein Gesicht noch Stunden nach. Na gut, ein bisschen bin ich bereit für Herbst.
(AUF DEM FELD
DIE KÜRBEN)

Viele Greifvögel gestern am Himmel, ich sah immer wieder Falken, einmal sogar drei gleichzeitig. Und ein paar Krähen auf einem kahlen Baum gegen den Himmel als Scherenschnitte – so gehört sich das. Außerdem wie schon in den Tagen davor: Schmetterlinge, ganz viele! (Vielleicht sogar ein Trauermantel.)

Aufbruch im Düsteren, Blick zurück auf Bad Steben.

Doch die ersten blauen Flecken zwischen den Wolken zeigten sich bald.

Auch gestern viel toter Wald. Wir können halt Romantik.

Im Hintergrund vor den Windrädern ein dominanter Solarpark.

Auf der Frankenwarte war ich ebenfalls schon vor vier Jahren gewesen.

Ich passierte aber auch lebendigen Fichtenwald.

Auf diesem Bankerl über Bobengrün (wenn die Grüns auch noch mit dir verwandt sind, Sabine, solltest du unbedingt mal vorbeischaun) machte ich um halb drei richtig Brotzeit mit Apfel und Pumpernickel. Auch hier schnitt der Wind unangenehm, ich zog zum Schutz die Kapuze hoch.

Brotzeitblick.

Auch gestern: SO VIELE ÄPFEL!

Herrlich federndes Moos unter den Stiefeln. Nach 21 Kilometern in gut sechs Stunden mit zwei Pausen war ich zurück in der Ferienwohnung – und kam zum ersten Mal nicht ins Kalte: Die Heizung hatte ich nur auf niedrigster Stufe angelassen, möglicherweise wärmten die umliegenden, ebenfalls geheizten Wohnungen? Diesmal hätte ich eine weitere Stunde Wandern gut geschafft – war dennoch froh ums Hinsetzen und Schuhe-Ausziehen.

Zum Abendessen brauchte ich Reste auf. Und lernte unter anderem, dass in Rührei mit Käse gar nicht beliebig viel Käse passt. Schwedenspeise freestyle erledigte restliche Milch, Joghurt, Frischkäse – na gut, Puddingpulver musste ich extra kaufen, irgendwas ist ja immer.

Abendunterhaltung: Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God ausgelesen (wunderbar geschrieben und etwas ganz Besonderes, dass ich unwillig über schon wieder unerwartet Autofiktion statt wirklich Erfundenes war, ist nun wirklich kein fachlicher Kritikpunkt), eine weitere Folge This is going to hurt (and hurt it did – ich identifiziere mich ungenehm mit Adams autodestruktivem Beziehungsverhalten). Im Bett begann ich neue Lektüre: Für Patrick deWitt, The Librarianist hatte ich mich in der Stadtbibliothek auf die Warteliste eingetragen, jetzt stand es zur Verfügung. Und jetzt aber wirklich völlig Ausgedachtes.

Fazit von vier Tagen Wandern um Bad Steben: Das hier ist eine wirklich schöne Gegend und für Wanderfreudige großartig. Auch am gestrigen Samstag (Wochenende!) begegnete ich keinen anderen Wandersleuten – wenn ich mal die kleine und die große Gruppe ganz am Anfang ausnehme, die aber andere Routen liefen. Das ist ein deutlicher Gegensatz zu den Wandergegenden südlich von München oder zum Bayerischen Wald, in denen ich zudem ständige Radler*innen ausweichen muss. Große Empfehlung für Menschen, die von überlaufenen Wandergebieten genervt sind. Zumal der gute Bahn-Anschluss weitere verlockende Gegenden in der Nähe auch ohne Autofahrten erschließt.

Allerdings haben diese Ruhe und dieses Für-sich-sein einen Preis (wie ich ihn auch vor fünf Jahren auf dem herrlich einsamen und wunderschönen Westerwaldsteig zahlte): Abwesenheit von Gastronomie, vor allem unterwegs. Am Wochenende mag man noch Glück haben, dass Gaststätten in durchwanderten Orten geöffnet sind, wenn überhaupt vorhanden. Doch an Werktagen keine Chance: Ausflugslokale lohnen sich halt erst ab einem gewissen Grad der Überlaufenheit. Wenn man in einem Kurort wie Bad Steben unterkommt, ist zumindest abends für anständiges Essen gesorgt, kulinarische Offenbarungen (oder auch nur saisonale, lokale Zutaten) sollte man aber nicht erwarten.

Journal Freitag, 22. September 2023 – Oktoberfestflucht mit Bergknappenweg und Nachdenken über Frisurzwänge nach Altersgruppen

Samstag, 23. September 2023

Etwas zerstückelte Nacht, weil mich immer wieder Stechmücken-Surren wach hielt: Das Vieh / die Viecher ließen sich auch nicht durch nachträgliche Ganzkörper-Besprühung mit Anti-Brumm fernhalten. (So bekam ich auch nächtliches Regentröpfeln mit.) Doch ich bin ja im Urlaub, nach Aufwachen um sechs schlief ich nochmal anderthalb Stunden tief.

Ich hatte endlich ein Normalnull an Wohnungsgeruch hergestellt: Als ich aus dem Flur ins Wohnzimmer kam, roch ich lediglich meinen Morgenkaffee – ahhhh!

Für diesen als kühl und regnerisch angekündigten Tag hatte ich die kürzeste der vier recherchierten Touren geplant, den Bergknappen-Weg. Ich ließ mir Zeit mit dem Fertigmachen, turnte eine Runde Yoga-Gymnastik (Vorwärmen des Wohnzimmers mit Heizlüfter ermöglichte mir das sogar ohne Socken und Sweatshirt).

In voller Wandermontour ging ich auch erstmal auf einen Cappuccino; von meinem Aufenthalt vor vier Jahren erinnerte ich mich, dass der in der örtlichen Eisdiele gut gewesen war.

Eine kurze Wanderung war genau das Richtige für gestern, ich spürte die lange Strecke vom Vortag. Anfangs wurde ich ein wenig angetröpfelt, dagegen klappte ich die Kapuze über den Kopf. Richtig vergnügt machte mich, dass es auf halber Strecke kurz so richtig regnete: Ich war gerade im Wander-Flow und freute mich, dass meine Superduper-Wanderjacke die Tropfen so zuverlässig von mir abhielt, dass mir der Regen überhaupt nichts ausmachte.

Wieder hatte ich die gesamte Wanderung über die Wege für mich, begegnete nur um (Hundegassi) und in Siedlungen anderen Menschen.

Düsterer Himmel.

Thierbach mit der derzeit dominierenden Straßenlaternen-Deko.

Übrigens sehen die Apfelbäume hier wirklich ganz anders aus als bei uns in Oberbayern, sie sind voll der herrlichsten Früchte – hier vor der Thierbacher Mühle.

Über Naila. Wäre Donnerstag der Schlechtwettertag gewesen, hätte ich den Wochenmarkt in Naila mitgenommen: Das Städtchen ist größer und hat deutlich mehr Leben und Infrastruktur als Bad Steben. Inklusive einem Freibad, in dessen 50-Meter-Becken ich vor vier Jahren zweimal ausgiebig schwamm.

Der Bergknappen-Weg führte einmal quer durch Naila. Erstmal natürlich durch das neueste Einfamilienhaus-Gebiet, jedes Haus versehen mit einem weiteren halb so großen Haus – für die Autos.

Mein Blick blieb am Friedhof an einem Denkmal hängen.

“Den Opfern der Kriege”. Wie nah das durch den russischen Überfall auf die Ukraine wieder ist. Auch weil ich morgens diesen Theaterbericht von @Herzbruch gelesen hatte, der mich mitnahm: “CN-Krieg”. (Kurze Erinnerung, dass ich diese Nähe nur durch die geografische Nähe fühle, weltweit waren diese Kriege nie weg.)

Jetzt war es kurz nach eins, die Straßen und Bushaltestellen Nailas voller Schüler*innen. Und wieder fiel mir etwas an der aktuellen, aber schon seit Jahren bestehenden Mode auf. Es wird ja regelmäßig behauptet, das Styling von älteren und alten Frauen sei besonderen gesellschaftlichen Zwängen unterworfen.1 Zum Beispiel würden an alten Frauen lange Haare als unangemessen angesehen. (Wann ist eigentlich der Oma-Dutt aus den Stereotypen verschwunden?) Meine Beobachtungen, unter anderem dieses Jahr in Brighton hingegen ergeben: Es sind junge Mädchen und Frauen, die einem viel größeren Druck ausgesetzt sind, nämlich ihr Haar unbedingt lang zu tragen. Seit vielen Jahren sehe ich einen erheblich höheren Variantenreichtum in der Haartracht junger Burschen und Männer: Die tragen ihr Haar mal lang, mal kurz, mal halblang, mal teilrasiert, mal lustig ins Gesicht frisiert. Mädchen und junge Frauen hingegen: Langes Haar, stufenlos lang, egal welches Haar, und fast immer in der Mitte gescheitelt. Die seltenen Abweichungen, zum Beispiel auf Schulfotos, die Herr Kaltmamsell heimbringt, fallen extrem auf.

Regen im Froschgrüner Park von Naila.

Solche Räuberhöhlen-Unterführungen liebe ich.

Kurz vor zwei, der Regen hatte aufgehört, machte ich im Selbitz-Tal auf dieser Bank Brotzeit: Apfel, Pumpernickel mit Frischkäse, der Keks, der mit dem Cappuccino serviert worden war. Untermalt vom geliebten Rauschen der Silberpappeln am Bach.

Hinter Marxgrün bei der Modelsmühle mehr prächtig tragende Apfelbäume.

In Hölle folgte ich der Empfehlung des Wanderführers, einen Abstecher zum Mineralbrunnen der Höllenquelle zu machen.

Ich kostete auch brav: Yep, schmeckte genau so greislich metallisch, wie ich auch das Heilwasser in Bad Steben in Erinnerung hatte.

Der letzte Abschnitt folgte der Alten Bad Stebener Straße, die für den Autoverkehr gesperrt wurde.

Der lag auf der Straße, echt ehrlich! Und schmeckte so sensationell, dass ich umkehrte und versuchte, den Baum durch Astschütteln dazu zu bringen, weitere von sich zu werfen – vergebens.

Nach 16 Kilometern in gut vier Stunden war ich zurück am Startpunkt, das reichte aber auch für gestern. Kurzer Einkauf im Edeka.

Zurück in der Ferienwohnung stellte ich fest, dass die Heizung in Betrieb genommen worden war, hurra.

Als Abendessen gab’s Linsen (aus der Dose) mit angebratenem Knoblauch und mitgebratener roter Paprika. Schmeckte leider bei Weitem nicht so gut wie die kalte Version (ich hatte mir bei dieser Kälte was Warmes gewünscht). Wie gut, dass ich im Supermarkt heimische Elisenlebkuchen gekauft hatte, mit den haselnussigen aß ich mich satt.

Abendunterhaltung Lesen, Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God fast fertig.

§

Never gets old: Die Aufregung, wenn ich herausfinde, dass eines meiner Internet-Idole weiß, dass es mich gibt.

§

Wie ein Tierfilmer einen rennenden Hamster filmt, und das Ergebnis in Zeitlupe. Doch, das wollen Sie sehen.

  1. Manchmal halte ich es für möglich, dass ich persönlich so furchterregend wirke, dass sich niemand mir gegenüber blöde Bemerkungen zu Alkoholfreiheit/Kinderlosigkeit/Altern-ohne-Würde erlaubt. Oder ich gehe einfach wenig genug unter Leute? []

Journal Donnerstag, 21. September 2023 – Oktoberfestflucht mit den fränkischen Attraktionen Humboldtweg und Schäufele

Freitag, 22. September 2023

Lang geschlafen, auch ohne Ohrstöpsel und obwohl nachts erst Sirenen heulten, außerdem das Regionalbähnla in jeder Kurve mit Pfiff vor sich warnte.

Kunstduftquellen in der Ferienwohnung so weit wie möglich reduziert. Und so dachte ich: Wenn ich jetzt noch die Badtür konsequent schließe und so oft wie möglich Fenster öffne, könnte es allmählich einfach sauber riechen und nicht mehr wie eine Drogerieabteilung.

Die Vermieterin, die gleich nebenan wohnt, brachte einen Heizlüfter vorbei, weil doch am Freitag das Wetter kalt werden soll – und scheuchte mich mit ihrem Klingeln gerade vom Duschen abgetrocknet in die nächstbeste Kleidung zum Türöffnen. Ich hoffe, die Heizkraft macht das wett.

Ich kam ein wenig später los zu meiner Wanderung, weil Kleidungsverunsicherung. Erst war ich in kurzen Ärmeln startklar, doch in der Wohnung fror ich damit so, dass ich dann doch in meine Jacke schlüpfte. Gleich vor der Haustür lag die Außentemperatur aber deutlich über Wohnungskälte, durchaus T-Shirt-geeignet, also zog ich die Jacke wieder aus und verstaute sie im Rucksack.

Für gestern, den Tag mit dem schönsten Wetter, hatte ich als Wanderung die längste meiner Oktoberfestflucht ausgesucht: den Humboldtweg. Wieder war der GPS-Track besonders hilfreich, zumal ich allen Empfehlungen für Extra-Abstecher folgte. Einmal verlief ich mich trotzdem, weil ich eine Wegmarkierung falsch interpretiert hatte. Ein Routine-Check zehn Minuten nach der Abzweigung erwies meinen Irrtum, ich kehrte um.

Das Wetter superherrlich, die Strecke abwechslungsreich (wenn auch für meinen Geschmack zu viele Straßenabschnitte drin waren). Eine erste Pause machte ich recht früh, da meine Wanderschuhe reichlich Pflanzenfragmente eingesammelt hatten und ich eine Bank für Schuhe-Ausleeren und ein wenig Ausruhen nutzte.

Gestern hatte ich sogar Gesellschaft und begegnete einer anderen Wanderin, außerdem ein paar Radler*innen (einem ausgerechnet beim ein Mal Pinkeln – nicht weit ab vom Weg, weil ich davor anderthalb Stunden lang überhaupt niemanden gesehen hatte).

Ich fühlte mich munter und fit, genoss die Bewegung und die Ausblicke sehr, kam bei Steigungen ins Schwitzen und freute mich über meine Körpertüchtigkeit, die sie mir ermöglichte, sah interessante Gesteine (u.a. Diabas – Geolog*innen haben einfach die besten Wörter), außerdem wieder viele Eichelhäher, aber auch Bussarde, Falken, einen Rotmilan, ein Eichhörnchen mitten im Wald. Und einmal erschreckte ich ein Reheinen Hirschen – und dieser mich, als gefühlt nur einen Meter links von mir im Unterholz ein sehr großes Tier Fluchtgeräusche machte.

Vom Bad Stebener Bahnhof aus Richtung Hölle – ich bin mir sicher, dass jeder, wirklich jeder Witz mit diesem Ortsnamen bereits gemacht ist.

Wetterchen!

Ich verlottere im Alleinurlaub völlig und schminke mich nicht mal.

Abstecher 1: Rundweg zur Schutzhütte Wolfsbauer.

Oben Aussicht.

Unten Hölle. Dann ging’s fast eine Dreiviertel-Stunde auf einem Rad- und Fußweg eine Laster-befahrene Straße entlang.

Und zwar nach Issigau, berühmt für den Typografie-Unfall am Ortseingang (vielleicht) und eine ganz besondere Dorfkirche (sicher).

Abstecher 2: Die Kassettendecke von St. Simon und Judas aus dem 17. Jahrhundert zeigt 66 Bibelszenen.

Blick über Kemlas hinweg wieder auf viel toten Wald.

Abstecher 3: Wiedeturm, leider wegen Vandalismus geschlossen.

Hier machte ich um halb zwei Brotzeit: Ein Apfel, eine Nektarine, wenig Pumpernickel mit Frischkäse – das war gerade recht.

Manche toten Fichten können nicht ganz gefällt werden, weil sie eine Zusatzfunktion als Halterung für Wegmarkierung erfüllen.

Blankenstein, ich befand mich in einer historischen Bergbaugegend.

Den Lohbach entlang nach Lichtenberg hinauf.

Bitteschön: Diabas (es stand ein Schild davor). Ich schmeiß mich immer weg bei den Geologie-Erklärungen auf Wikipedia, die aus lauter Begriffen bestehen, die ich auch erstmal erklärt bräuchte.

Oben: Lichtenberg.

Mit Aussicht.

Der Ort Lichtenberg selbst ist auch sehr schmuck.

Die letzte Stunde der Wanderung ging ich direkt gegen die herbstlich tiefe Sonne und guckte eher auf den Meter Boden vor mir.

Nach Bad Steben kam ich aus einem ungewohnten Winkel zurück.

Wenn schon, denn schon: Abschließender Abstecher zum Humboldthaus.

Das waren dann 25 Kilometer in sechseinhalb Stunden mit einer kleinen und einer großen Pause. Dann doch anstrengend, zumal die Strecke einige knackige Auf- und Abstiege verlangt hatte. Wenn man am Ende einer Wanderung aus Sicherheitsgründen noch fit genug für eine weitere Stunde sein soll – hätte ich das gestern nur mit ordentlichem Zusammennehmen hinbekommen.

Die Haustür öffnete ich wieder in einen Kühlschrank, schlüpfte umgehend in mein Sweatshirt. Und jetzt entfernte ich auch die Duftbombe aus der Kloschüssel, die mittlerweile den Gesamtgeruch dominierte, und sicherte sie in einer Tüte auf der Terrasse (muss ich ja vor Auszug alles re-installieren). Ich kalkuliere durchaus die Möglichkeit ein, dass ich mich lediglich anstelle und eine Prinzessin-auf-der-Erbse-Nase habe, denn schließlich sehe ich doch an der Fernsehwerbung, dass künstliche Wohnungsbeduftung Mainstream ist.

Als Abendessen wünschte ich mir Schäufele, wenn schon Franken (auch wenn ich weiterhin verdorben bin durch das selbst gemachte Schäufele aus fränkischer Freundeshand). Was sich bei der Recherche als gar nicht so einfach herausstellte, das Lokal sollte ja fußläufig sein: Die seriöse Gastronomie hier ist vor allem italienisch, das Wirtshaus, in dem ich vor vier Jahren Schäufele gegessen hatte (so lala), gibt es nicht mehr, viele Gasthäuser öffnen unter Woche nicht. Laut deren Website servierte aber das Restaurant des Hotels Panorama das Gericht, nach einer Stunde Ausruhen spazierte ich dort hin.

Das Schäufele war sogar besonders gut: Zartes, saftiges Fleisch, resch-leichte Kruste (über Beilagen und Sauce reden wir einfach nicht). Dazu gab es ein besonders gutes alkoholfreies Weißbier. Um mich herum wenig Gäste, fast durchwegs Halbpension des Hotels.

Zurück in der Ferienwohnung passte nur noch wenig Schokolade zum Nachtisch rein.

Respekt: Der Heizlüfter tat seinen Job wirklich gut, ich schaltete ihn nur zweimal für wenige Minuten an, das reichte und ich brauchte keine Flauschdecke um die Schultern.

§

Auf instagram gesehen, dass es Rachel Roddys A to Z of Pasta jetzt auch auf Deutsch gibt:
Pasta von Alfabeto bis Ziti.
(Wenn Ulrike Becker die Übersetzung nicht verkackt hat: Empfehlung.)

Journal Mittwoch, 20. September 2023 – Oktoberfestflucht: Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg mit verschwindendem Frankenwald

Donnerstag, 21. September 2023

Nachtschlaf ganz ok, ich verstopfte irgendwann dann doch meine Ohren, weil mich bei aller Draußen-Ruhe die Hausgeräusche nervten und sich in meine Träume schlichen (vermutlich müsste ich mir Schlaf ohne Ohropax erst wieder mühsam antrainieren). Irritierend beim Einschlafen ein weiterer künstlicher Duft, wahrscheinlich ein weiterer Weichspüler in den Bettüberzügen, ich imaginierte sogar eine Minz-Note.

Nach gemütlichem Morgen mit Bloggen, Milchkaffee, Internetlesen war ich um zehn startklar. Wetter wie angekündigt sonnig und immer wärmer.

Externe Wasserflasche, weil ich diesmal ja allein unterwegs war und niemanden regelmäßig bitten konnte, mir die Flasche in der Seitentasche des Rucksacks zu reichen. Und nicht ständig den Rucksack abnehmen wollte.

Vertrauter Anblick in Bad Steben.

Ich hatte mir für gestern den Frankenwald-Steigla Grenzer-Weg ausgesucht, stellte unterwegs fest, dass ich zumindest Teile davon vor vier Jahren schonmal gegangen sein musste. (Check ergab: Richtig, genau den war ich mit Herrn Kaltmamsell bei seinem Besuch gewandert.) Das Wetter war wundervoll, schon bald legte ich meine Wanderjacke ab und ging in kurzen Ärmeln.

Der Start der Strecke lag im Bad Stebener Ortsteil Carlsgrün, zu dem ich eine halbe Stunde spazierte. Schon jetzt zeigte mir der Ausblick auf die Gegend, in der ich wandern würde, dass auch der Frankenwald heftig unter Borkenkäfer und Trockenheit gelitten hatte – nicht ganz bis zur Mondlandschaft, die ich im Harz gesehen hatte, aber die reinen Nadelwaldabschnitte sahen schlimm aus.

Auf der gesamten Strecke begegnete ich weder Wanders- noch Radelleuten (nur einmal sah ich zwei Wanderer weit hinter mir, doch die folgten wohl einem anderen Weg), die einzigen Menschen waren Waldarbeiter, die tote Bäume fällten, schnitten, stapelten, transportierten – das allerdings an vielen Stellen.

Am Anfang der Route sah ich oft Vögel auffliegen, an deren markanten Farben ich zumindest festmachen konnte, dass ich sie nicht kannte. Später hörte ich ein paar Mal Mäusebussarde und sah sie auch am Himmel kreisen. Viele Eichelhäher waren unterwegs.

Eine Nacht in der Garderobe mit Kunstpfirsich-Beduftung hatten gereicht, um meine Wanderkleidung durchzuriechen: Zwischen dem Geruch des Springkrauts, der Sonne auf dem Weg oder der Rinde frisch gefällter Bäume stieg mir immer wieder eine Pfirsichnote in die Nase. Ich musste dringend alle Kunstduftquellen in der Wohnung wegbringen.

Gerade am Anfang der Strecke war ich dankbar für den GPS-Track, den ich mir aufs Smartphone geladen hatte, denn die Wegmarken der Beschreibung (Sportplatz, Bächlein) hatten nichts mit dem ausgeschilderten Weg zu tun. Außerdem war der Wald oft nicht mehr da, von dem in den Beschreibungen die Rede war. Die Ausschilderung war den größten Teil der Strecke sehr hilfreich, doch eben bei den Zweifelsfällen konnte ich den GPS-Track zu Hilfe nehmen.

Hinunter an die Muschwitz.

Nach zwei Stunden die erste Pause. Ich hatte in meiner Wander-Thermoskanne Milchkaffee dabei – und stellte fest, dass der mich nicht freute.

Im Wald kurz vor Schlegel – mit zeitgenössischem Hinweis.

Der Baum hat das Schild weitergefressen, siehe vor vier Jahren.

Im Ort Schlegel fiel mir diese ChrysanthemenDahlien-Pracht auf. Dahinter saß ein Mann, der meinen Blick auffing und mit dem ich ins Gespräch kam (spätestens an seinem Dialekt wurde mir bewusst, dass ich jetzt in Thüringen war).

Auf den Marienberg.

Blick auf Seibis – und weiteren Ex-Wald.

Zurück entlang der Muschwitz.

Kurz nach zwei machte ich in diesem Häusl an der Krötenmühle Brotzeit: eine Nektarine, Pumpernickel mit Frischkäse. War wohl zu viel, ich fühlte mich überfressen und sehr müde.

Von dort war es aber nicht mal mehr eine Stunde Wanderung. Insgesamt gemessene 19 Kilometer in fünfeinhalb Stunden mit zwei Pausen. Abschließend machte ich einen Abstecher in den Edeka, Roibuschteekauf.

Bei der Rückkehr in die kalte Wohnung gleich mal in dicke Socken und Sweatshirt geschlüpft, um leicht schweißfeucht nicht zu frieren. Doch ich konnte mich sogar noch ein halbes Stündchen auf die kleine Terrasse der Ferienwohnung in die wärmende Sonne setzen. Auf die Terrasse stellte ich auch die Kunstpfirsich-Geruchsbombe aus der Garderobe.

Als die Sonne von der Terrasse verschwand, nutzte ich meine Wander-Thermoskanne für heißen Tee, Wärmen funktionierte damit hervorragend.

Eine Runde Yoga-Gymnastik. Zum Nachtmahl gab’s Tomaten, Gurke, Paprika, Knoblauch mit Joghurt, frisch gekochte Nudeln untergemischt.

Was auf keinen Fall Nudelsalat war, denn Nudelsalat mag ich ja nicht. Nachtisch Schokolade.

Abendunterhaltung waren zwei weitere Folgen This is going to hurt, Freude über das Wiedersehen mit Harriet Walter, die sich mir als Fanny Ferrars Dashwood in der Sense and Sensibility-Verfilmung von 1995 unvergesslich gemacht hatte. Hier spielt sie die Mutter der Hauptfigur.

Journal Dienstag, 19. September 2023 – Oktoberfestflucht, aber aus Ferienwohnungen nichts gelernt

Mittwoch, 20. September 2023

Früh aufgestanden trotz Urlaub, um Herrn Kaltmamsell vor der Arbeit noch Milchkaffee machen zu können. Mein Schlaf war gegen Ende unruhig gewesen, die Sache mit der Hausarztpraxis belastete mich: Würde sie morgens vor meiner Abreise offen sein? Würde das Krankenkassenkartenlesegerät funktionieren? (Tat es nämlich schon mal bei einem Besuch nicht, ich musste mit meiner Krankenkasse telefonieren und eine Bestätigung meiner Versichertheit faxen – !! – lassen.) Würde man mir das Rezept einfach geben? Würde ich es in der Apotheke gleich einlösen können?

Ja, ja, ja, ja, stellte sich bei meinem Besuch kurz nach acht heraus, man habe zudem meine schriftlichen Anfragen durchaus erhalten und auch beantwortet. Warum diese Antworten nicht in meinem Postfach eingegangen waren, wusste niemand zu erklären.

Die Erleichterung über diesen guten Ausgang führte zu geradezu enthusiastischem Kofferpacken, für einen reinen Wanderurlaub beim vorhergesagten eher milden und eher trockenen Wetter war das übersichtlich wenig.

Problemlose und pünktliche Bahnreise, locker besetzte Wagen (ich ließ meine FFP2-Maske eingesteckt), bequemes Umsteigen, jetzt bin ich halt auch mal von München nach Nürnberg mit einer Ostbayern-Schleife über Landshut und Regensburg gefahren (?). Die fünfeinhalb Stunden Anreise gingen überraschend schnell rum, bislang sieht die Rückreise am Sonntag in einer Stunde weniger und mit einem Umsteigen weniger auch noch verfügbar aus.

Im fränkischen Zielort Bad Steben spazierte ich in nicht mal zehn Minuten zu meiner Ferienwohnung, ein ebenerdiges Appartment in einem recht neuen Mehr-Parteien-Haus am Ortsrand.

Noch beim Ausräumen meines Koffers begann ich zu frieren und bemerkte meinen Denkfehler: Ich hatte bei der Auswahl meiner Kleidung nur die Draußentemperatur beim Wandern einkalkuliert, nicht aber eine ungeheizte, schattig-kalte Ferienwohnung, hatte also nichts aus den unangenehmen Frier-Erfahrungen vor einem Jahr in San Sebastián gelernt.

Nach Lebensmitteleinkäufen im großen Edeka beim Bahnhof, den ich von meiner Reha vor vier Jahren gut kannte (die Küchenschränke der Ferienwohnung enthielten nicht mal Salz oder Zucker), zog ich über mein langärmliges Shirt ein Sweatshirt und wickelte mich in eine zum Glück bereitliegende Decke. WLAN funktionierte, also konnte ich eine Folge Yoga-Gymnastik turnen, machte aber bald eine Pause, um zwischen meine Reise-Yogamatte und den eiskalten Laminatboden das einzige Stück Teppich der Wohnung zu legen.

Fürs Abendessen hatte ich grünen Salat, Tomaten, Gurken, Paprika besorgt, machte dies mit einem daheim zusammengerührten und im Schraubglas mitgebrachten Dressing sowie gekochten Eiern an. Für den Nachtisch hatte ich Schokolade eingekauft. Dass ich keinen Tee besorgt hatte, bereute ich frierend bald (wird nachgeholt).

Neben der Kälte markant an der Ferienwohnung: Künstliche Raumdüfte, so zahlreich (in der Gardeobe z.B. Kunstpfirsich, Erinnerungen an die aromatisierten Tees meiner Jugend) und gut versteckt, dass ich ganz schön lang brauchte, bis ich als Quelle eines besonders aufdringlichen Geruchs die wärmende Decke um meine Schultern identifizierte, wahrscheinlich Weichspüler-penetriert.

Es hat hier einen riesigen Fernsehbildschirm, auf dem ich die Tagesschau guckte, dann wechselte ich aber zu meinem Laptop, denn: Fernsehserien kann ich ja eigentlich nicht, aber Emergency Room hielt ich seinerzeit fast bis zuletzt durch, weil ich Ärzteserien mag. Dachte ich, bis ich herausfand, dass ich nur diese Hardcore-realistische einzige wirklich mochte und mir bei allen anderen viel zu viel Privatleben der Ärzt*innen drin war, das mich nicht interessierte. Doch dann las ich von der britischen Serie This is going to hurt, dass sie auf den Memoiren eines Arztes basiert und das britische NHS erbarmungslos zeigt, las außerdem, dass die Hauptrolle vom großartigen Ben Wishaw gespielt wird. In der ZDF-Mediathek kann man außerdem die Originalversion einstellen. Davon guckte ich die ersten beiden Folgen, war sehr angetan.

Noch was Neues (Urlaub ist ja dazu da, aus dem Alltag und aus Gewohnheiten auszuscheren, was ich beim Alleinreisen am besten kann): Im Bett guckte ich zum ersten Mal im Leben eine ganze Weile Tiktok-Filmchen, inklusive Empfehlungen, und freute mich vor allem an beeindruckenden Tanzeinlagen.

Journal Montag, 18. September 2023 – Vor-Urlaubs-Anstrengung und Geburtstagsfeier

Dienstag, 19. September 2023

Besonders früher Wecker wegen eines beruflichen Einsatzes, die damit verbundene Unruhe hatte ein wenig meinen Nachtschlaf beeinträchtigt.

Geburtstagsküsse für Herrn Kaltmamsell. Torte gab’s dieses Jahr keine (Alter macht nachlässig), Geburtstagsgeschenk waren zwei neue Wander-/Joggingkappen.

Besonders früher Marsch in die Arbeit (in kurzen Ärmeln nur leicht gefröstelt). Zum Glück musste ich nur dieses eine Mal ums aktive Oktoberfest herumgehen, denn nachdem in den vergangenen Jahren bereits die Fahrradwege am umgebenden Bavariarung gesperrt waren, sind es dieses Jahr auch die Gehwege: Ich musste auf der Straße laufen.

In der Arbeit Zackigkeit, aber alles nach Plan. (Mal wieder: Wenn sich ein berufliches Problem durch Bewerfen mit meinem privaten Geld in übersichtlicher Höhe lösen lässt – super! Das ist meine Art, outside the box zu thinken.)

Insgesamt herrschte allerdings Schlagzahl in unangenehmer Höhe. Zwischen Besprechungen und Rumrennen schoss ich kurz raus auf einen Mittagscappuccino.

Spätes Mittagessen: Apfel, missglücktes Frühstückssemmelchen, Quark mit Joghurt. Jetzt verdunkelte sich der Himmel immer mehr, es regnete hin und wieder.

Am Nachmittag zügiges Wegarbeiten und Regeln für zwei Wochen Urlaub. Ich machte fast pünktlich Feierabend, denn ich musste die Jagd nach einem Medikamentenrezept fortsetzen: Vor meiner Abreise benötigte ich noch ein Rezept von meiner Hausarztpraxiskette mit durchtechnisierter Kommunikation. Dafür hatte ich vergangenen Donnerstag eine Anfrage per Website-Formular gesendet, auf dem es hieß, sie werde spätestens nach drei Stunden beantwortet – aber keine Antwort erhalten. Nach Feierabend ging ich auf Verdacht (diese Praxis veröffentlicht online keine Öffnungszeiten) zu dieser Praxis – sie war geschlossen. Jetzt versuchte ich es per Terminvereinbarung, die es explizit auch für Abholung eines Folgerezepts gibt, am gestrigen Montag nach Feierabend. Um am Sonntag eine SMS mit Verschiebung dieses Termins auf den späten Vormittag zu bekommen – den ich natürlich absagen musste, denn da war ich in der Arbeit. Gestern Vormittag versuchte ich es telefonisch – erreichbar war nur eine Bandansage mit vielen Alternativen (“drücken Sie die 4”), und neben der Anweisung, deren App runterzuladen (wie bitte?), sollte ich eine Anfrage per Online-Formular stellen, sie werde spätestens nach drei Stunden beantwortet. Ohne große Hoffnung tat ich das also nochmal, mit genauso wenig Antwort.

Mittelpünktlicher Feierabend, ich ging über einen Umweg entlang der ruhigeren Südseite der Theresienwiese nochmal zur Arztpraxis, daran ein Schild, dass sie an diesem Montagnachmittag geschlossen sei, am Dienstag aber “zu den gewohnten Zeiten” (?) geöffnet. Mal sehen, ob ich es vor der Abfahrt meines Zugs schaffe, bei einem definitiv letzten Besuch dieser Praxis an mein Rezept zu kommen. Ich stehe ja auf Durchtechnisierung, sie setzt allerdings voraus, dass die Beteiligten damit umgehen können.

Auf den letzten Metern wurde ich leicht feuchtgeregnet. Daheim nur kurzes Auspacken, ich führte Herrn Kaltmamsell zum Abendessen aus; unter den wenigen feinen Lokalen, die auch Montagabend öffnen, hatte er sich die Brasserie Colette ausgesucht. In weiterem Regentröpfeln spazierten wir dorthin.

Es gab ein paar erste Male, unter anderem zum Aperitif einen French 75: Gefiel mir sehr gut.

Und dann die berühtme Bouillabaisse des Hauses mit Rouille auf Brioche und extra angegossener Flüssigkeit. Tatsächlich ausgesprochen köstlich.

Auch beim Hauptgang hatten wir auf dasselbe Lust: Thunfisch Niçoise auf Artischockenpüree.

Mit ein wenig Anstrengung schafften wir Dessert: Für den Herrn Crème brûlée mit Zitronensorbet, für mich Tarte au chocolat – bei diesem Namen hatte ich allerdings keinen Rührteigkuchen erwartet, sondern eine Mürbteigschale mit Schokoladenfüllung. Schmeckte trotzdem.

Den abschließenden Schnaps gab’s daheim, der Herr musste am nächsten Morgen früh raus in die Arbeit.

§

Regelmäßiges Großereignis bei der Deutschen Bahn (nur kurz zur Sicherheit und zur Erinnerung: Ich bin begeisterte Bahnreisende.): Fahrplanwechsel. Und zwar auch heimlich zwischen den offiziellen im Juni und Dezember. Rein statistisch müssten doch dadurch einfachere Verbindungen diejenigen aufwiegen, die durch den Wechsel komplizierter werden. Tun sie aber nicht. Vanessa kann eine komplette Reise in die Tonne treten und fährt nun doch mit dem Auto in den Urlaub, meine heutige Verbindung von München 330 Kilometer ins Nordfränkische dauert durch die Umstellung mit fünfeinhalb Stunden lediglich eine gute Stunde länger als ursprünglich recherchiert und enthält einen Umstieg mehr (mit jeweils 15 Minuten Umstiegszeit, drücken Sie mir bitte die Daumen). Noch ein Glück.

§

Luisa Neubauer, Klimaaktivistin und Mitgründerin von Fridays for Future, fasst auch meine Verzweiflung in Wörter:
“Kulturkampf kann man nur verlieren”.

Lange hatte man gehofft, dass genug Klimakatastrophen die Politik schon zum Handeln bringen würden, der Katastrophensommer 2023 bricht mit dieser Vorstellung, nirgends ist angemessenes politisches Handeln in Sicht.

(…)

Statt Kampf gegen die Klimakrise bringt das Jahr 2023 bisher vor allem eins: Kampf um Kultur. Jede Fahrradstraße, jede Wärmepumpe, jedes Windrad wird zum Angriff auf die Republik, jeder Meter Autobahn zur Festung bürgerlicher Freiheitsfundamente.

Doch Neubauer hat durchaus eine Idee, woran das liegt – auch wenn ich mir ihre Gegenvoschläge nicht konkret umgesetzt vorstellen kann.

Journal Sonntag, 17. September 2023 – Vorm Trachtenumzug weggelaufen

Montag, 18. September 2023

Nach recht guter Nacht ein emisger Sonntagmorgen: Bettwäschewaschen, Frühstücksbrötchenbacken, ausführliches Bloggen von Null, Maniküre. Bis ich mich fertigmachen konnte für meinen Isarlauf, waren dreieinhalb Stunden seit Aufstehen vergangen.

Die Frühstücksbrötchen werden ich noch üben müssen, diesmal habe ich nicht sehr aktive Trockenhefe im Verdacht als Ursache für mäßiges Ergebnis.

Vor dem Radeln zum Tivoli checkte ich erst nochmal gründlich den Verlauf des Trachtenumzugs zum Oktoberfest. (Diesen Umzug würde ich München-Besuchenden übrigens jederzeit empfehlen, ist wirklich eine tolle Show in seiner Pracht und Vielfalt. Wobei ich vermute, dass man die ohne Tribünen- oder Fensterplatz an der Route am besten am Fernsehbildschirm mitbekommt.) Mit dem Radl durchs Glockenbachviertel an die Isar und dort Richtigung Norden müsste ich durchkommen.

Das schaffte ich nur beinahe. Ab der Museumbrücke nach Norden standen nämlich die Trachtler*innen mit ihren Wagen an für den Einsatz. Eine Polizistin, die ich um Rat fragte, versicherte mir zwar, auf dem Radweg komme man an denen vorbei, doch der Radweg war voll Trachtenvolk, und eine Dirndlträgerin mit Warnweste bat, Fahrräder zu schieben. (Tipp an die “Letzte Generation”: Mit Dirndl unter der Warnweste wird man offensichtlich nicht schon bei Sichtung festgenommen.) Ich schob eine Weile, sah jedoch vor mir nur belegten Radlweg, soweit das Auge reichte – und nahm dann doch den Kabelsteg auf die andere Seite der Isar, um dort zum Friedensengel zu fahren.

Leider musste ich mich nochmal ärgern: Immer noch sind ab Emmeramsbrücke alle Fuß- und Radlwege rechts und links der Isar auf beiden Seiten zur Föhringer Brücke und unten durch ohne Alternative gesperrt. Nicht nur ist kein Fortschritt der seit Monaten andauernden Bauarbeiten sichtbar, die Sperrung wird immer härter durchgezogen (unter einer Brücke, die weiterhin stabil genug für Autoverkehr drüber ist).

Das Laufen ging mittelgut, leichte Schmerzen wie von zu viel Sitzen an den Sitzbeinhöckern (als erste Online-Recherchen gleich mal “Ursache: Bewegungsmangel” ergaben, ließ ich sie bleiben). Das Licht war großartig, die Luft für die Jahreszeit deutlich zu warm, ich hätte nochmal in kurzen Hosen laufen können.

Beim Heimradeln waren alle oktoberfestlichen Hindernisse verschwunden.

Frühstück um zwei: Rest Linsen mit Ofen-Fenchel und -Karotten vom Freitagabend, ein halbschariges Frühstücksbrötchen, reichlich Zwetschgenstreuselkuchen.

Der Nachmittag verging mit Lesen auf dem Balkon, Bügeln, Herr-Kaltmamsell-Geburstagsgeschenk ein bisschen einpacken, Yoga-Gymnastik. Das Abendessen kam ausnahmsweise von mir: Ich wollte selbstgemachtes Zwetschgen- und Apfelmus aus letztjähriger Ernte (Geschenke) aufbrauchen und zwar mit Kaiserschmarrn. Was die Zubereitung spannend machte: Mittlerweile setzen auch die anderen beiden Induktionsherdplatten manchmal mit Fehlermeldung E aus. Gestern zumindest ließen sie sich durch Aus- und Wiederanschalten wieder in Gang setzen.

Früh in frisch überzogenes Bett (AAAAHHH!) zum Lesen, neue Lektüre ist Sigrid Nunez, A Feather on the Breath of God. Ich freute mich auf echt ehrlich Ausgedachtes aka Fiction – allerdings las sich bereits der Anfang nach einer weiteren autofiktionalen Familiengeschichte.

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Kluge Gedanken 1: Die kluge Marina Weisband nahm bei Anne Will die Taktik von Hubert Aiwanger als beispielhaft für populistisches Argumentieren auseinander, hier der Ausschnitt damit. Und sie hat einen Vorschlag, mit welcher Erzählung demokratische Kräfte in der Politik gegenhalten können.

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Kluge Dinge 2: @musevg erklärt in einem Thread den “hybriden Krieg, den Putin gegen uns und die anderen liberalen Demokratien Europas führt”, nämlich echte Probleme auszulösen und diese dann für Propaganda zu nutzen, von Syrien bis Ukraine-Krieg.

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Auch mal Musik hier: Hozier “Take me to church” kennen Sie vermutlich (wenn’s sogar ich kenne), aber hier als Auftritt in der U-Bahn.
via @DonnerBella