Journal Montag, 28. Juni 2021 – Wandersouvenir
Dienstag, 29. Juni 2021 um 6:36Meh, wieder ein schlafloses Loch in der Nacht, das ich erst mit Wälzen (abwechselnd frierend mit Decke bis unters Kinn und schwitzend freigestrampelt), dann mit Lesen verbrachte.
Auch diesmal hatte ich mir (neben ein paar Mückenstichen) ein Souvenir an den Unterschenkeln erwandert:
Diesmal recherchierte ich gründlicher. Ausführliches Googlen inkl. Bildersuche ergaben: Purpura d’effort (vulgo Wanderkrätze – völliger Blödsinn, es sind keine Krätzmilben beteiligt) heißt der rote Ausschlag, den ich seit einigen Jahren nach Wanderungen in Wanderstiefeln an meinen unteren Beinen beobachte. Ich brauche nicht mal große Hitze, die benötigte Temperatur entsteht möglicherweise im Stiefelschaft. Die Medizin weiß nicht genau, woher das kommt oder was man dagegen tun kann (in Wanderforen natürlich verschiedenste Tipps, jedes “bei mir hat geholfen” trifft auf “bei mir nicht” – bitte beherrschen Sie sich), nur dass dieser Ausschlag vor allem “bei Frauen mittleren Lebensalters” auftritt und nicht schlimm ist. Hmpf.
Wunderbar frische Luft am letzten sonnigen Sommermorgen vor angekündigtem Wetterumschwung.
Mittags gab es Pumpernickel mit Butter, die erste Gurke aus Ernteanteil der Saison, besonders köstlich.
Emsiger Arbeitstag, aber ohne Hektik. Draußen wurde es mittelheiß.
Auf dem Heimweg kehrte ich für einen Einkaufsabstecher im Supermarkt ein, ich kaufte die gemeinsame Liste leer. Direkt vor Zuhause große Freude: Alle Baucontainer waren weg!
Daheim gönnte ich mir eine Runde Yoga für den oberen Rücken, die sich als recht zackig herausstellte – mache ich nochmal.
Mit der Post war ein Neuzugang in meinem Sport-Maschinenpark eingetroffen:
Eine Pilatesrolle. Ich probierte gleich mal die vom Orthopäden angeordnete Übung aus (längs rücklings drauflegen, seitlich ausgestreckte Unterarme und Kopf in den Boden drücken) und genoss dann Rumrollen – Übungen in dieser Haltung hatte ich schon in der Nach-Reha gerne gemocht.
Herr Kaltmamsell servierte ein spannendes Abendessen: Fenchel-Linsen-Curry, denn der Ernteanteil hatte reichlich Fenchel gebracht. Da auch eine Menge Fenchel-Grün dabei war, ließ er den Dill weg. Wurde mit Vollkornreis serviert, schmeckte ausgezeichnet.
Zu Joëls Montagsfrage fällt mir diesmal sogar etwas ein (witzigerweise sprach ich gestern über genau dieses Thema mit jemandem, dem ich zum 20. Geburtstag gratulierte):
Wann wurde dir bewusst, dass du erwachsen geworden bist? Gab es ein Ereignis, das dich das spüren ließ, und wie fühlte sich das an?
Das war mein 20. Geburtstag, der bislang einschneidendste meines Lebens. Ich war Zeitungsvolontärin, machte gerade Station beim Lokalradio, lebte seit einem Jahr allein. Und mich traf wie ein Schlag an diesem Geburtstag die Erinnerung, wie ich als 16-jährige 20-jährige gesehen hatte: Als erwachsene Frauen. Und das war ich jetzt also. Das Gefühl dazu: Kindheit und Jugend waren vorbei, ab sofort konnte ich das “SELBER!” nicht mehr nur behaupten, sondern es wurde vorausgesetzt. Diese Verantwortung drückte mich geradezu nieder.
Gleichzeitig bin ich bis heute überzeugt, dass ich dieses “erwachsen” bloß spiele und ich jederzeit auffliegen könnte.
§
Zu dem Missständen im Nußbaumpark, neben dem ich wohne, hatte ich in der nächsten Bürgerversammlung ein Projekt beantragen wollen, dass sie auf der Basis heutiger Forschungsergebnisse analysiert und mögliche Lösungen erarbeitet. Stellt sich heraus: Genau so ein Forschungsprojekt wurde gerade abgeschlossen, die Ergebnisse wurden vergangene Woche im Stadtrat vorgestellt.
“Ideen für ein attraktives Bahnhofsviertel”.
Jetzt würde ich allerdings gern noch die Studie selbst lesen, ich arbeite daran.